glaube ich, die Rolle rückwärts ist zumindest keine Antwort, die mir als allererstes einfiele, wenn ich in die aktuelle Situation komme. Alles andere können Sie in der Diskussion viel besser. – Vielen Dank!
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP – Zuruf von Julian Barlen, SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Zu Beginn, werte AfD-Fraktion, ich halte den Titel Ihrer Aktuellen Stunde für höchstproblematisch.
Es ist eben aus meiner Sicht kein Konflikt, der sich dort in der Ukraine abspielt und wie es die AfD suggeriert, sondern seit zwei Wochen führt Russland Krieg gegen die Ukraine.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP – Zuruf von Martin Schmidt, AfD)
Das möchte ich hier noch mal ganz klar sagen. Es ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechtes, der dort stattfindet, und eben kein Konflikt.
Und die Frage, welche Auswirkungen das auf uns hat, die ist selbstverständlich legitim. Für mich persönlich steht sie gerade aber nicht im Vordergrund. Im Vordergrund steht für mich die Frage, wie kann das Blutvergießen in der Ukraine gestoppt werden.
Russland mit Sanktionen zu belegen und wirtschaftlich zu isolieren, ist ganz sicher richtig. Die Auswirkungen der Sanktionspolitik werden sich aber vollends erst mittel- und langfristig auswirken. Das Blutvergießen und das Sterben in der Ukraine, das findet aber jetzt statt.
Gleichzeitig verbietet sich aus einer Vielzahl von Gründen ein direktes militärisches Eingreifen. Mit dieser Frage werden wir uns aber vielleicht erneut befassen müssen,
Der Glaube, das werde Russland schon nicht machen, der ist aus meiner Sicht sehr trügerisch. Menschen, die das behaupten, Russland werde dem Baltikum nichts tun, die haben bis vor Kurzem auch behauptet, Russland werde auf keinen Fall Krieg in der Ukraine führen. Wir sollten uns allerdings nicht der Illusion hingeben, dass die Situation in Russland von heute auf morgen besser wird, falls Putin gestürzt werden sollte. Ich höre und ich lese – und ich habe es ja vorhin hier auch wieder gehört – allerorten, Russland sei nicht Putin. Das ist ebenso wahr wie hohl. Es ist eben nicht nur Putins Krieg. Wladimir Putin ist seit über 20 Jahren im Amt. Er hat Russland nach seinen Vorstellungen geformt und die Opposition weitgehend ausgeschaltet. Seine Politik wird nach wie vor von der Mehrheit der Eliten und auch der Bevölkerung getragen. Es ist deswegen eben nicht nur der Krieg des Wladimir Putin.
Inzwischen wird sogar offen davon geredet, ob es eine deutsche Mitverantwortung gibt. Wir haben uns über Jahre in eine gefährliche Energieabhängigkeit begeben und den russischen Militärapparat indirekt mitfinanziert. Es ist kein Geheimnis, dass auch ich das in der Vergangenheit nicht ausreichend hinterfragt habe. Gleichzeitig gibt es in Deutschland nach wie vor Politikerinnen und Politikern, die die russische Aggression von Wladimir Putin lange verharmlost haben, etwa nach der Annexion der Krim oder während des Krieges im Donbass. Die Herren der AfD gehören da sicher dazu. Es gibt aber natürlich auch Politikerinnen und Politiker in anderen Parteien, auf die das zutrifft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was sich in der Ukraine abspielt, ist ein humanitäres Desaster. Millionenstädte werden von Panzerarmeen bedroht und aus der Luft angegriffen. Vor allem Frauen und Kinder und alte Menschen fliehen in Panik, während wehrfähige Männer zurückbleiben, um das Land zu verteidigen, und das im Europa des 21. Jahrhunderts! Selbstverständlich müssen wir Menschen, die aus diesem Land fliehen, Schutz bieten. Wir müssen dies tun natürlich im Verbund mit unseren europäischen Nachbarn, aber ich sehe auch keine andere Möglichkeit, als unsere Hand ganz, ganz weit auszustrecken und zu helfen.
Kurzfristig ist es außerdem ganz sicher richtig, die ukrainischen Streitkräfte mit Waffen zur Verteidigung auszurüsten. Die Lieferung von Panzerabwehrwaffen und Boden-LuftRaketen ist der richtige Weg.
Mittel- und langfristig werden zudem die Sanktionen dazu beitragen, die russische Expansion zu stoppen. Die langfristig wirksamste Aktion wäre sicherlich der Verzicht auf fossile Energie aus Russland. Das heißt aber konkret, wir haben jetzt ungefähr sieben Monate Zeit, eine innenpoli
tische Debatte in Deutschland zu führen, welchen Preis wir bereit sind, für den Verzicht auf russisches Gas zu bezahlen. Und dieser Preis drückt sich nicht nur in Euros aus, sondern vielleicht auch im Wohlstandsverzicht oder in einer energiepolitischen Kehrtwende. Gegenwärtig dürfen wir dort keine Denkverbote gelten lassen. Kurzfristig brauchen wir aber erst mal eine Diskussion darüber, ob man die Energiesteuer nicht erheblich absenken kann. Die Preise an den Tankstellen sind selbst für Normalverdiener kaum noch zu stemmen. Wir alle ahnen, dass diese Preise noch weiter steigen werden. Deswegen sollte der Bund zumindest vorübergehend auf einen Teil der Steuern verzichten.
Mittel- und langfristig hat der Krieg für uns auch eine rüstungspolitische Seite, denn wer den Frieden will, der muss sich auch auf den Krieg vorbereiten. Deutschland wird in den kommenden Jahren aufrüsten müssen. Militärische Abschreckung ist das wirksamste Mittel, um den Krieg fernzuhalten.
Die Abwesenheit von Krieg ist zwar kein Frieden, aber die Abwesenheit von Krieg ist die wesentliche Voraussetzung dafür, irgendwann zum Frieden zurückzufinden. Eine andere Rüstungspolitik wird sich natürlich auch auf Mecklenburg-Vorpommern auswirken. Als Standort von militärischen Großverbänden ist das Bundesland aus einer Vielzahl von Gründen gut geeignet. Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie der Bundesregierung keine Steine in den Weg legt, wenn bei uns Standorte vergrößert oder neu geschaffen werden müssen. Gleichzeitig gehe ich davon aus, dass es demnächst mehr Truppenbewegungen durch Mecklenburg-Vorpommern geben wird. Die Verstärkung der Ostgrenze unseres Verteidigungsbündnisses ist die logische Folge des russischen Angriffskrieges. Auch hier erwarte ich, dass die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung maximal kooperiert.
Und natürlich gibt es durch den Krieg auch unmittelbare wirtschaftliche Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern. Diese halten sich allerdings in Grenzen. In dem letzten Jahr sind nur 2,6 Prozent unserer Exporte nach Russland gegangen, knapp über 5 Prozent unserer Importe kamen aus Russland. Als Handelspartner ist Russland für MecklenburgVorpommern nicht von herausragender Bedeutung.
Trotzdem gibt es bei uns natürlich auch Firmen, dessen Geschäftsbeziehungen zu Russland empfindlichen Schaden nehmen. Das Wirtschaftsministerium muss sich diesen Firmen jetzt helfend zur Seite stellen, gleichzeitig muss natürlich auch die Landesregierung ihre Außenhandelsstrategie neu erfinden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frieden mit Russland ist für Deutschland von essenzieller Bedeutung, aber die Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden ist, dass Russland die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine achtet und akzeptiert, und zwar
einschließlich des Donbass und einschließlich der Krim. Daran dürfen wir auch zukünftig nie wieder den Hauch eines Zweifels aufkommen lassen. – Ich danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit.
Einen Moment bitte, Herr Koplin, bevor Sie beginnen! Herr Peters, bevor Sie den Saal verlassen, oder Sie haben es bereits, aber vielleicht hören alle Übrigen mit: Ich bitte doch – und ich habe es mehrfach gesagt in vorherigen Sitzungen –, nicht zu kommentieren, wenn ein Redner ans Pult kommt, schon gar nicht in der Art und Weise, wie Herr Peters es gerade gemacht hat.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser grausame Krieg mitten in Europa muss sofort beendet werden, das ist oberste Aufgabe aller Bemühungen der Welt, Europas, Deutschlands und Mecklenburg-Vorpommerns. Es muss das Trachten aller Menschen sein, auch bei uns. Wir brauchen Frieden!
Das aktuelle Gebot der Stunde ist die humanitäre Hilfe für Frauen und Kinder, für alle Menschen, die vor diesem Krieg fliehen müssen. Die grenzenlose Solidarität, die wir überall im Land in diesen Tagen erleben, ist ermutigend und ein Zeichen der Hoffnung. So haben – ich möchte mal vier Beispiele kurz nennen –, so haben in Neubrandenburg 70 Frauen und Männer ein Netzwerk gebildet, das rund um die Uhr am Bahnhof bereitsteht, um Geflüchteten zu helfen. In Tutow richteten Einwohnerinnen und Einwohner Wohnungen für Geflüchtete her. In Schwerin brachten viele Menschen am vergangenen Samstag Sachspenden in eine eigens bereitgestellte Straßenbahn, und der Landesgeschäftsführer des DRK MecklenburgVorpommern sagte mir gestern Abend, dass 11 von 14 seiner Kreisverbände Notunterkünfte betreuen. Ein deutschukrainischer Verein sammelt Spenden für die Bezahlung von Laboruntersuchungen für schwangere Frauen und krebskranke Flüchtlinge. Nicht nur die vielen privaten Initiativen, die vielen Frauen, Männer und Familien, die sich engagieren, verdienen größten Respekt und Dank,
auch das Land und die Kommunen handeln vorbildlich und geben den Geflüchteten Sicherheit und die Chance auf eine Verschnaufpause von den Strapazen ihrer Flucht und den traumatischen Geschehnissen.
Und angesichts des Redebeitrags der Themensetzerinnen und Themensetzer dieser Aktuellen Stunde, wissen Sie, ich
finde, Herr Tadsen, das ist ein vergiftetes Bild von Menschenfreundlichkeit, das Sie zeichnen. Sie haben in Ihrer Rede wieder deutlich gemacht, dass Sie unterscheiden in Geflüchtete erster Klasse und Geflüchtete zweiter Klasse,