Protocol of the Session on August 27, 2020

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Dieser wird festgezurrt, die fiktiven Hinzurechnungen werden wieder abgezogen, und das dann verbleibende zu versteuernde Einkommen wird mit dem dann höheren Durchschnittssteuersatz multipliziert.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Oh Gott!)

Das führt dazu, dass die Steuerlast durch die eigentlich steuerfreien Entgeltersatzleistungen steigt.

Daraus ergeben sich mehrere Probleme: Grundsätzlich sind Arbeitnehmer nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Wir sind nicht im Seminar hier.)

da sie ihre Einkommensteuer in Form der Lohnsteuer bereits abgeltend entrichten. Nun haben wir deutschlandweit in Spitzenzeiten sieben Millionen Menschen in Kurzarbeit gehabt, 180.000 davon in MecklenburgVorpommern. Diese Menschen sind nach aktuellem Rechtsstand bei einem Kurzarbeitergeld von mehr als 410 Euro automatisch verpflichtet, eine Steuererklärung im nächsten Jahr abzugeben, denn der Progressionsvorbehalt wird nicht durch die Lohnsteuer abgebildet. Verschiedene Institutionen warnen daher bereits und rechnen vor, dass jeder Monat in Kurzarbeit 70 bis 80 Euro zusätzliche Steuern bedeuten kann.

Ich habe in der Praxis viele Leute kennengelernt, die das Finanzamt als eine Art Sparkonto ansehen und die dann mit ihrer Steuererstattung sich einen Urlaub finanzieren oder dringend benötigte Anschaffungen tätigen. Wer nun aber von Kurzarbeit betroffen ist, kann dagegen im kommenden Jahr eine böse Überraschung erleben und gegebenenfalls sogar nachzahlen.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Das ist ein Umstand, der vielen aus verständlichen Gründen bisher noch nicht gewahr ist. Wer bisher keine Steuererklärung abgegeben hat, wird möglicherweise auch im kommenden Jahr keine abgeben wollen, mit der Folge, dass die Finanzämter nach Verstreichen der Einreichfrist am 31.07.2021 Aufforderungen zur Abgabe der Steuererklärung werden versenden müssen. Das geschieht dann unter Androhung von Zwangsgeldern und Verspätungszuschlägen.

Damit nehme ich den zweiten Punkt meiner Argumentation vorweg: der Arbeitsaufwuchs in den Finanzämtern. Zwar sind die Finanzbehörden digital schon recht gut aufgestellt und viele Daten, wie im Übrigen auch das Kurzarbeitergeld, werden elektronisch übermittelt, dennoch haben die Bürger das Recht, dass ihre Bescheide bei aller digitalen Erleichterung gewissenhaft und sorgfältig erstellt werden. Anderenfalls drohen eine erhöhte Zahl an Einsprüchen und möglicherweise Klagen, die zusätzlichen Verwaltungsaufwand und Frust in der Bevölkerung bedeuten.

Schlussendlich kann man grundsätzlich die Frage stellen, ob es redlich ist, eine an sich steuerfreie Entgeltersatzleistung indirekt zu besteuern. Der Finanzminister hat es angedeutet, es gibt da durchaus viele Für und Wider, die ich aber im Einzelnen nicht weiter erläutere und die auch nicht hier hingehören.

Durch Anträge der Fraktionen der FDP und der AfD im Deutschen Bundestag wurde die Aussetzung des Progressionsvorbehaltes des Kurzarbeitergeldes bereits debattiert. CDU und SPD lehnten die Vorstöße jedoch ab, allerdings – und das stimmt mich durchaus zuversichtlich – mit dem Verweis, einen eigenen Vorschlag im Rahmen des Jahressteuergesetzes einzubringen. Darauf dürfen wir gespannt sein. Ein bisschen Druck kann da helfen, deshalb stimmen wir diesem Antrag auch zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Egbert Liskow.

(Heiterkeit und Zurufe von Rainer Albrecht, SPD, und Tilo Gundlack, SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe meine Unterlagen extra schon liegen lassen, ich werde nicht noch mal das System erklären. Der Finanzminister hat das sehr gut gemacht, sodass wir eigentlich faktisch wissen, worum es geht. Ich möchte aber noch mal politisch darauf eingehen.

Und, Frau Rösler, gut gemeint ist nicht immer gut gemacht, und in diesem Falle, glaube ich, entspricht es auch nicht den Intentionen der Linksfraktion, dass diejenigen, die arbeiten und teilweise sehr wenig Geld bekommen, nachher mehr bezahlen sollen als die Leute, die nicht arbeiten und Kurzarbeitergeld kriegen. Es gibt nämlich auch viele Leute, die in der Zeit weitergearbeitet haben, Erzieh..., nicht Erzieherinnen, ich sage jetzt Kassiererinnen oder andere Leute.

Es gibt es auch in dem System, dass man hinzuverdienen darf als Kurzarbeiter. Wie wollen Sie das regeln? Oder es gibt Unternehmen, die sogar aufstocken. Erst mal stockt der Staat ja teilweise die Kurzarbeitergelder auf, aber manchmal sind es ja Unternehmen, die bis zu 95 Prozent aufstocken.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: So ist es.)

Und warum sollen die nachher noch begünstigt werden, dass sie nicht versteuern? In der Endkonsequenz haben die nachher mehr, die Kurzarbeitergeld bekommen haben und aufgestockt haben, als die, die arbeiten. Und wo soll das sozial sein?

Und ich denke mal, man kann das auch nicht mit einem einfachen Beschluss oder mit einem einfachen Gesetz regeln, dass man diese Fälle alle ausschließt. Also deswegen, glaube ich, auch wenn das vielen Leuten in Mecklenburg-Vorpommern hier vielleicht helfen würde, hilft es aber vielmehr den Leuten in den Altbundesländern, wo die großen Konzerne sitzen, die gerade bei den Kurzarbeitergeldern großzügig aufstocken können und entsprechend helfen. Und wir als Steuerzahler, die das Geld ja erarbeiten müssen, würden sozusagen nachher diese Zeche bezahlen müssen. Und ich glaube, das ist nicht gerecht. Es hilft ja schon, dass man Kurzarbeitergeld bekommt in dieser Situation, und deswegen glaube ich, dass wir diesen Antrag zu Recht ablehnen.

Und vielleicht so viel, man muss manchmal auch einfach mal überlegen, trifft es nur auf MecklenburgVorpommern zu oder trifft es für die ganze Bundesrepublik Deutschland zu. Wir selber können das Steuerrecht ja auch nicht ändern. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die SPDFraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Gundlack.

(Minister Reinhard Meyer: Mach mal ein Beispiel, Tilo! – Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Also jetzt hätte ich aber gern noch mal detaillierte Beispiele! – Zurufe von Susann Wippermann, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Frau Präsidentin!

(Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

(Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

Keine Angst, ich will jetzt keinen Exkurs über das deutsche Steuerrecht halten.

(Zurufe vonseiten der Fraktion der SPD: Ooh! – Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

Mich hat nur das Beispiel von der Kollegin Rösler so ein bisschen stutzig gemacht. Also wenn ich das richtig verstanden habe, hast du gesagt, 2.600 brutto. Den Koch, den Koch in Mecklenburg-Vorpommern zeig mir bitte mal, der 2.600 Euro brutto monatlich bekommt!

(Henning Foerster, DIE LINKE: Dein Minister hat von 2.000 Euro Kurzarbeitergeld gesprochen. Das rechne mal hoch!)

Nein! Nein, sie hat 2.600 brutto Gehalt gesagt, im Monat,

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Ja.)

und es gibt keinen Koch, glaube ich, der nicht einen eigenen Laden hat, der das verdient.

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Ich kenne da etliche.)

Also ich kenne keinen Tarifvertrag in MecklenburgVorpommern, und ich habe gerade noch mal geguckt,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und ich habe mir auch einen Tarifvertrag angeguckt eines namhaften großen Hotels an der Ostseeküste, wo drinsteht, nie im Leben 2.600. Also wenn mit Beispielen, dann mit Beispielen, die auch in der Realität vorhanden sind!

(Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

Das macht mich auch nicht stolz, es gibt aber auch Tarifverträge, wo das verankert worden ist.

(Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Das ist traurig! Das ist traurig!)

Das ärgert mich dann auch, dass mit solchen Zahlen hantiert wird, die nicht stimmen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Dann kritisiere mal deinen Minister! Was hat der denn für ein Beispiel gebracht?! – Zuruf von Thomas Schwarz, SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

(Minister Reinhard Meyer: Das war kein Koch, Herr Foerster, kein Koch!)

Mit dem vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE wird in Ziffer II die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundesebene konsequent für eine Abschaffung des Progressionsvorbehaltes bei Kurzarbeitergeldbezug einzusetzen.

(Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Hier möchte jetzt DIE LINKE noch einmal etwas wiederholen, was im Bundestag schon passiert ist, denn der Bundestag hat sich über einen Progressionsvorbehalt bei Kurzarbeitergeldbezug schon mal unterhalten oder vielmehr abgestimmt, beschlossen. Das ist nämlich in der 168. Sitzung des Deutschen Bundestages passiert. Das war ein Montag, der 29. Juni 2020. Da gab es mehrere Anträge, auch Entschließungsanträge, zu diesem Thema. Es wurde der eine oder andere schon benannt gerade.