Protocol of the Session on October 17, 2014

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Hättet ihr gleich noch eine Ablehnung gespart.)

weil die Frage, wie bewerten wir hier Ihren Antrag oder wie gehen wir damit um, ist die gleiche Begründung wie beim vorhergehenden Antrag. Wir halten nichts davon, mit einem gesonderten Offshorekonzept das Thema anzugehen, sondern wir betrachten diese berechtigten Fragen als Bestandteil des angekündigten Energiekonzeptes einfach besser platziert. Insofern ist aber die heutige Debatte notwendig und auch richtig. Allerdings in der Umsetzung, wie gesagt, gehen die Koalitionsfraktionen – wie ich finde, völlig richtig – einen anderen Weg und halten demzufolge Ihren Antrag für entbehrlich und werden ihn auch ablehnen.

Im Übrigen verweise ich auf den eigentlich bekannten Vorschlag des Landesenergierates zum Energiekonzept des Landes, verabschiedet und einstimmig beschlossen im Landesenergierat Anfang August 2013. Dort befinden sich bereits wichtige Aussagen, zumindest für die Potenziale der Offshorewindenergie. Dieses Gesamtpotenzial ist dort definiert mit 5 bis 6 Gigawatt, davon in der AWZ 4 Gigawatt, und demzufolge an Küsten innerhalb der 12Meilen-Zone 1,3 Gigawatt. Das sind klare Aussagen, die so wie bisher im Entwurf des Energiekonzeptes stehen, zugegebenermaßen als Potenzial definiert. Aber daraus gewisse Zielsetzungen abzuleiten, ich glaube, das dürfte dann nicht so schwierig sein – ich gebe zu, Zahlen noch vor Verabschiedung des EEG. Nichtsdestotrotz, wenn man sich mal konkret anguckt, was ist erreicht worden im Land Mecklenburg-Vorpommern im Bereich Offshorewindenergie, dann werden wir feststellen, dass tendenziell dieses Potenzial, wie ich finde, als völlig realistisch einzuordnen ist.

Wie sieht die aktuelle Situation aus? Wir haben bereits am Netz im Betrieb Baltic 1 mit 50 MW und Arcadis Ost ist gerade genehmigt worden, mit 350 MW demnächst am Netz, beides im Küstenmeer. In der AWZ bereits im Bau sind Baltic 2 mit 290 MW, Arkona-Becken Südost und Wikinger, genehmigt mit 320 beziehungsweise 400 MW, und auch bereits genehmigt GEOFReE mit 25 MW. Das heißt in der Summe: Bei den Anlagen, die momentan im Betrieb sind, die im Bau sind und auch genehmigt sind, haben wir bereits jetzt zu erwarten, dass wir in etwa sechs bis acht Jahren 1,4 Gigawatt praktisch am Netz haben werden. Das eigentliche Zwischenziel bis 2023, das wurde im Landesenergierat auch diskutiert, mit 2 Gigawatt

wäre unter dem Gesichtspunkt „neues EEG“ durchaus realistisch.

Ob man, Herr Minister, und in welcher Form das konkret in das Konzept schreibt, sei mal dahingestellt. Ich kann Ihre taktischen Überlegungen durchaus nachvollziehen. Unabhängig davon sind diese Potenziale und auch die bisher erfolgten Ausbauschritte Fakten, also bereits Realität und machen deutlich, welche großen Chancen bei uns vor der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern mit der Offshorewindenergie verbunden sind.

Meine Damen und Herren, wenn man sich diese Zahlen zu Gemüte führt und sie sich ansieht, wird man sehr schnell erkennen, es wird alleine mit Windenergieanlagen weit auf der Ostsee, am besten nur in der AWZ, nicht funktionieren. Wir werden damit praktisch unsere Ziele nicht erreichen. Hinzu kommt, dass natürlich gerade die Anlagen im Bereich der 12-Seemeilen-Zone selbstverständlich kostengünstiger sind, in der Regel zumindest, als in der AWZ, auch wenn sicherlich die Baugründe zum Teil etwas schwieriger sind. Aber allein von den Tiefen und von den Entfernungen auch für die Leitungskorridore sind Windparks im Küstenmeer deutlich kostengünstiger als in der AWZ. Insofern muss es unser Interesse sein, in der Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogramms, im aktuellen LEP, möglichst viele neue Eignungsgebiete und Leitungskorridore für Offshorewindenergie auch innerhalb des Küstenmeeres zu sichern.

Allerdings, das möchte ich auch deutlich sagen, für die SPD-Fraktion ist völlig klar, dass dabei selbstverständlich mit Augenmaß und mit hoher Sensibilität die Anforderungen sowohl von Tourismus als auch Naturschutz berücksichtigt werden müssen.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Das schränkt logischerweise das theoretische Potenzial in der Realität stark ein. Aber ich glaube, wer es ernst meint mit der Energiewende, wer es ernst meint mit Off- shorewindenergie, wird an einer Neuausweisung von Offshorewindeignungsgebieten im Küstenmeer nicht vorbeikommen und kann nicht darauf verzichten.

Ich möchte, meine Damen und Herren, dann noch kurz eingehen auf Punkt 2 des Antrages von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wenn man so will, hat man eine klassische Oppositionsforderung, das sei mir gestattet, hier zu sagen, weil in diesem Punkt 2 von uns erwartet wird – oder vom Landtag –, dass wir die Landesregierung auffordern, sie möchte sich auf Bundesebene für gute Rahmenbedingungen für Offshorewindenergie einsetzen. Ich halte diesen Punkt 2 ehrlich gesagt für überflüssig, weil ich glaube, das dürfte inzwischen auch die Opposition erkannt haben und hat es zum Teil auch verbal bereits sogar anerkannt, dass gerade bei der Neugestaltung und Reform des aktuellen EEG unsere Landesregierung beim Thema Offshore nicht nur sehr aktiv war, sondern durchaus erfolgreich war, was teilweise dazu führte, dass es Kritiker im Land gab, die der Meinung waren, die Landesregierung setzt sich zu stark für Offshoreinteressen ein und zu wenig für andere Bereiche der Energiewende. Ich halte diese Forderung für unberechtigt. Aber eins kann man der Landesregierung wirklich nicht vorwerfen, dass sie sich nicht konsequent und auch erfolgreich eingesetzt hat für relativ gute Rahmenbedingungen auf Bundesebene für die Entwicklung der Offshorewindenergie, und das gegen starken Widerstand vor allen Dingen natürlich der

bekannten süddeutschen Länder, in dem Falle auch parteiübergreifend.

Insofern noch mal zum Schluss ganz klar die Ablehnung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Auf die Aspekte der regionalwirtschaftlichen Auswirkungen wird mein Kollege Jochen Schulte eingehen. Ich möchte mich an dieser Stelle noch mal ausdrücklich dafür bedanken, dass die Landesregierung das Thema Offshorewindenergie so weit nach vorne getrieben hat und so erfolgreich ist. – Insofern vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Borchert.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Lück für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon viel gesagt worden. Im Antrag der Bündnisgrünen wird im ersten Punkt das Konzept zur Windenergienutzung auf See gefordert, mit anderen Worten also das Offshorekonzept fürs Küstenmeer. Da ist das Land zuständig. Im Punkt 2 werden auf Bundesebene verlässliche Rahmenbedingungen gefordert für den Windenergieausbau bis 2030. Also da sagen wir: Ganz ohne Offshorewindkraftnutzung geht es nicht. Meine Vorredner meinen sogar, sie ist notwendig, um die Energiewende zu meistern. Wir vertreten jedoch den Standpunkt, so viel wie nötig, nicht so viel wie machbar. Unabhängigkeit von wenigen Stromanbietern, dezentrale Strukturen und Beteiligungsmöglichkeiten sind mit Offshorewindparks kaum zu machen.

Die nach unten korrigierten Ziele für den Offshorewindenergieausbau entsprechen dem real Machbaren. Der Offshoreausbau erfolgt sehr viel langsamer als ursprünglich erwartet, und wie wir alle wissen, lassen sich die Zahlen in die eine oder andere Richtung natürlich immer korrigieren. Wie unberechenbar Politik ist, erleben wir aktuell. So wird spekuliert, ob Deutschland zum „Zweistromland“ werden könnte.

(Heinz Müller, SPD: Mesopotamien.)

Von einem nördlichen und einem südlichen Energiemarkt und Energiepreis ist die Rede, weil die CSU keine neuen Stromtrassen will. Der Norden würde dann auf der Windenergie sitzen bleiben, während der Süden auf Solarenergie setzt und neue Gaskraftwerke bauen lassen will. Das kann und will ich hier jetzt nicht weiter vertiefen, das ist auch heute nicht unser Thema. Vielmehr will ich auf die Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogramms eingehen.

Seit Monaten wird heftig über die Ausweisung von Off- shorevorrang- und -vorhaltsgebieten im Küstenmeer diskutiert. Selbst die GRÜNEN, so lese ich im Antrag, monieren, dass es wohl auch übertrieben wurde mit der Ausweisung der Flächen im Küstenmeer, wenn ich den Antrag richtig verstehe in der Begründung, und deshalb seien die Widerstände so groß.

In der Tat sieht die Landesregierung oder das Energieministerium Potenziale für Windkraftnutzung im Küs- tenmeer, die mehr als ambitioniert sind. So schloss

der dem Landesplanungsbeirat mit Arbeitsstand vom Februar 2013 vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogramms Windenergieanlagen außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten nicht ausdrücklich aus. Im Bundesfachplan Offshore vom März dieses Jahres wird deutlich, was diese Ausweisung bedeutet hätte. Im Bundesfachplan steht zwar die deutsche Ausschließliche Wirtschaftszone, die AWZ, im Fokus, aber die Planungen Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns für das Küstenmeer werden zumindest nachrichtlich aufgenommen. Während man – und hören Sie mal gut zu – in Schleswig-Holstein von einer Leistung von 125 bis 150 Megawatt ausgeht, meldet unser Energieministerium, also das Ministerium Mecklenburg-Vorpommern, sage und schreibe ein Potenzial von 4.000 bis 8.000 Megawatt auf einer Fläche von 565 bis 1.130 Quadratkilometern.

Im Entwurf des Landesraumentwicklungsprogramms zur ersten Beteiligung wird zumindest Windkraftnutzung außerhalb von Vorrang- und Vorhaltsgebieten ausgeschlossen. Derzeit umfassen Vorrang- und Vorhaltsgebiete zusammen 590 Quadratkilometer. Damit wäre eine Leistung von 4.000 Megawatt machbar, wenn man die Kapazität von Baltic 1 zugrunde legt. Bei leistungsstärkeren Anlagen wäre es noch deutlich mehr. Was das für eine Größenordnung ist, zeigt ein Vergleich:

In der gesamten AWZ der Ostsee werden laut Bun- desfachplan Offshore für den Planungshorizont bis zum Jahr 2030 drei Cluster für Offshorewindkraftnutzung vorgesehen. Insgesamt wird mit einer Leistung der Windparks von 3.660 Megawatt gerechnet. Davon sind ein gutes Drittel genehmigte Windparks. 50Hertz, für die Errichtung und den Betrieb der Übertragungsnetze für den deutschen Teil der Ostsee zuständig, geht von perspektivisch 5.000 Megawatt aus. Da frage ich mich schon: Übertreibt es Mecklenburg-Vorpommern mit der Flächenvorsorge für Offshore im Küstenmeer?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein.)

Die Frage muss erlaubt sein,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja. – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

die muss man stellen können hier, auch in der Debatte.

Selbst wenn der Mindestabstand zwischen Küste und Vorrang- beziehungsweise Vorhaltsgebieten von sechs auf zehn Kilometer erhöht werden würde, ständen immer noch knapp 300 Quadratkilometer Fläche für Offshorewindkraftnutzung zur Verfügung. So geht es aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bündnisgrünen hervor. Auch das wäre immer noch reichlich viel Flächenvorsorge, denn der Planungshorizont des neuen LEP wird wie das LEP aus 2005, so hat es der Minister auch gesagt, wieder gut zehn Jahre betragen. Auch im Vergleich zur AWZ, für die aktuell für alle drei Cluster zusammen 178 Quadratkilometer Fläche für Windenergie vorgesehen sind, wirkt die Flächenvorsorge für das Küstenmeer reichlich überdimensioniert.

Minister Pegel räumt ein, dass es bei der derzeitigen Flächenausweisung nicht bleiben wird. Insbesondere – und das ist uns allen auch bekannt – Tourismusbereiche, aber auch Kommunen kritisieren den Mindestabstand von sechs Kilometern scharf.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Und, das möchte ich hier in der Debatte auch noch mal sagen, das ist wirklich ein großes Problem. Minister Pegel betont jedoch wiederholt,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

wie wichtig Offshorewindkraftnutzung für die Wirtschaft des Landes und gute Industriearbeitsplätze sei.

(Rainer Albrecht, SPD: Auch für die Kosten.)

Sicher ist jedoch nicht, ob und inwieweit Firmen zum Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommern wirklich davon profitieren. Wissen Sie das? Können Sie diese Frage beantworten?

Sie fordern, Herr Jaeger, auch eine saubere Debatte ein in dieser Frage, bringen das Beispiel Spanien. Ihre Argumentation ist aber meiner Meinung nach auch diskussionswürdig. Tatsachen sprechen eine andere Sprache.

Und da bin ich schon bei dem Beispiel Spanien. Der spanische Energiekonzern Iberdrola wird den 1,4 Milliarden Euro teuren Offshorepark Wikinger nordöstlich von Rügen in der AWZ bauen. Zum Monatsanfang verkündete ein Sprecher von Iberdrola, man sei in der finalen Phase der Vertragsverhandlungen mit ausgewählten Lieferanten für Kabel, Fundamente, Umspannplattformen und die Windkraftanlagen.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir haben in Spanien 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Das ist normalerweise ein Thema für die LINKEN.)

Nur die Hälfte der gesamten Investitionen soll in Aufträge für deutsche Unternehmen fließen. Der Baustart ist für 2015 vorgesehen. Den ersten Auftrag zum Bau der 70 Mil- lionen Euro teuren Fundamente für die Umspannplattform vergab Iberdrola jedenfalls an eine spanische Firma und wohl auch die Umspannplattform. Damit geht natürlich der Stralsunder Werftenstandort Nordic Yards leer aus.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, so ist das manchmal.)

Iberdrola baut derzeit ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Berlin. Die Turbinen kommen aus Amerika, die kommen nicht aus Berlin. Also das sind Tatsachen. Und so könnten wir natürlich auch viele andere Gründe nennen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was ist das für eine Diskussion jetzt? – Heiterkeit und Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Gründe der Globalisierung natürlich. Da haben Sie recht vom Argument her, aber es könnte noch viele weitere Beispiele dafür geben, Kolleginnen und Kollegen.

(Rainer Albrecht, SPD: Ja, die haben keinen Plan. Die haben keinen Plan. Macht doch mal vernünftige Vorschläge!)

Anfang September dieses Jahres besuchte der Energieausschuss das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie am Rostocker Standort. Zu den Aufgaben des

Bundesamtes gehört die jährliche Aufstellung des schon erwähnten Bundesfachplanes Offshore für die AWZ. Aufschlussreich war die Antwort von Herrn Dr. Nolte vom Bundesamt auf die Frage von Dietmar Eifler im Rahmen des Besuches, ob denn die derzeit ausgewiesenen Flächen ausreichend seien, um die energiepolitischen Ziele bis 2030 erreichen zu können. Ja, war die Antwort.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die festgelegten Ziele sind mit den durch Raumordnung festgelegten Flächen als auch mit der installierten Leistung bis 2025 und 2027 erreichbar.