Protocol of the Session on October 11, 2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben hier einen Antrag vor uns liegen, der programmatische Fragen aufwirft, beantwortet und ganz locker das System der Sozialleistungen vernachlässigt.

(Udo Pastörs, NPD: Ganz locker.)

Ich will es möglichst kurz machen.

Die NPD sieht die Gefahr des Volkstodes,

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

deswegen soll ein Fördersystem geschaffen werden, das, Zitat, „ausschließlich deutschen Familien und Kindern zugute kommen darf“, Zitatende.

(Stefan Köster, NPD: Vollkommen richtig.)

Ich lasse die Betonung des Deutschseins beiseite, denn das führt hier zu nichts.

(Michael Andrejewski, NPD: Ein schlimmes Verbrechen. – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Aber Ihre Vorstellungen, Ihre geldwerten Ideale, die haben mich dann schon interessiert und ich habe sie mir genauer angesehen.

(Udo Pastörs, NPD: Ja.)

Aktuell hat ein Haushalt, bestehend aus einer Mutter und einem Vater, beide SGB-II-Leistungsempfänger, mit einem 6-jährigen Kind einen Anspruch von 914 Euro. Zusätzlich wird die vollständige angemessene Miete nebst Heizkosten übernommen.

(Michael Andrejewski, NPD: Das reine Paradies.)

Wir nennen das Kosten der Unterkunft.

Kindergeld wird von der Familienkasse überwiesen und es wird als Einkommen berücksichtigt, also auf die Sozialleistungen des SGB II angerechnet. Bei einem weiteren Kind, das beispielsweise 12 Jahre alt ist, erhöht sich der Anspruch des ALG II bei diesem Beispiel auf 1.169 Euro zuzüglich der Kosten der Unterkunft. Mit einem dritten Kind, sagen wir, 15 Jahre alt, steigt der Anspruch auf 1.458 Euro zuzüglich der Kosten der Unterkunft.

Gehen wir nun von Ihren Antragsforderungen aus, dann wäre das Kindergeld kein anzurechnendes Einkommen mehr. Es würde also nicht auf die Sozialleistungen des SGB II angerechnet. Demzufolge erhöht sich der Anspruch auf die existenzsichernden Leistungen. Ich habe nachgerechnet und komme bei meinem Beispielpaar mit einem Kind auf eine Forderung von 1.098 Euro, Miete und Nebenkosten sind noch nicht miteingerechnet. Zusätzlich mit einem zweiten Kind ergibt sich ein Betrag von 1.537 Euro, zuzüglich der Kosten der Unterkunft. Und bei einem dritten Beispielkind komme ich auf 2.016 Euro netto, auch zuzüglich der Kosten der Unterkunft.

Wenn ich jetzt noch Ihre gesamten familienpolitischen geldwerten Forderungen wie Muttergeld oder ein erhöhtes Kindergeld laut Ihrem Wahlprogramm zugrunde lege, dann lande ich beim letzten Fall bei insgesamt 4.413 Euro netto.

Meine Damen und Herren, ich fange an, mich zu fragen, warum ich eigentlich hier noch stehe.

(Stefan Köster, NPD: Das frage ich mich auch. – Udo Pastörs, NPD: Ich auch.)

Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, aber zurzeit keine Arbeit haben,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

die sollen auch Leistungen erhalten, und die Kinder sollen existenzsichernde Leistungen erhalten. Ich glaube, das steht außer Frage. Aber eine weitere existenzsichernde Leistung noch aufzusatteln, das entspricht weder meinem Verständnis eines ausgeglichenen Sozialsystems,

(Udo Pastörs, NPD: Ausgeglichen!)

noch kann ich das mit dem Grundsatz „Arbeit muss sich lohnen“ in Einklang bringen.

Meine Damen und Herren, was soll ich den Menschen nach einem anstrengenden Arbeitsalltag mit einem kleinen oder knappen mittleren Einkommen, das stets gerade über der Leistungsbemessungsgrundlage liegt, sagen? Sozialpolitisch sehe ich eine Schieflage, die völlig

falsche Anreize schafft. Es steht zu befürchten, dass Ihre Rundumwohlfühlsubvention mit familienpolitischem Touch langfristig auch die „Generation mit dem Berufswunsch Hartz IV mit Kindern“ hervorbringt. Das wird mit uns nicht passieren.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist eine Unverschämtheit! Sie unterstellen jedem Hartz-IV-Empfänger, dass er nicht arbeiten will.)

Ihren im Übrigen auch nicht gegenfinanzierten Antrag lehnen wir aus diesen Gründen ab.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schade, dass Sie offenbar keine Berührungspunkte in der Praxis und im täglichen Leben mit Hartz-IV-Empfängern haben, sonst wüssten Sie, dass die meisten Betroffenen, die Kinder haben, keine Menschen sind, die den Wunsch haben, Hartz-IV-Empfänger zu sein, keine Arbeit und Kinder,

(Detlef Lindner, CDU: Das hat keiner gesagt.)

sondern die meisten, die ich kenne, sind alleinerziehende Mütter, die Arbeit haben, die mies bezahlt wird, Friseurinnen zum Beispiel, die noch eine Aufstockung kriegen und denen man dann das Kindergeld wegnimmt und es ihnen aufs Einkommen auch noch anrechnet. Und wenn Sie Ahnung von der Praxis hätten, wüssten Sie auch, dass das als größte Ungerechtigkeit empfunden wird, viel mehr als Sanktionen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist auch eine.)

Die Leute können es kaum glauben und denken, der Berechnungsbogen wäre irgendwie falsch gestaltet. Und wenn man ihnen sagt, das ist die Rechtslage, dann können sie es erst mal kaum fassen.

In diesem Zusammenhang möchte ich mal ausnahmsweise die „LandtagsNachrichten“ zitieren, die neue Ausgabe 7/2013 vom 9. Oktober. Da hat Ihr neuer Hofbarde Herr Michael Seidel von der „Schweriner Volkszeitung“ eine Gastkolumne geschrieben,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Überschrift „Nichtwählen tut der Demokratie nicht gut“, in der er aus Versehen mal was Richtiges gesagt hat. Er hat gesagt, ich zitiere, Zitatanfang: „Wer vertritt die Interessen derer, die sich an den Rand gedrängt fühlen oder es tatsächlich sind? Wehe uns, wenn diese Menschen wählen gingen!“

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

In der Tat, wenn alle, die so ungerecht behandelt werden, wählen gehen würden, dann würde Ihnen Hören und Sehen vergehen,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

dann würden Sie nicht mehr singen: „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ oder „Tage wie diese“.

(Udo Pastörs, NPD: Pink!)

Und was Ihre Sorge um das fein ausbalancierte Sozialsystem betrifft: Sie verkennen, dass wir uns in einer Notstandslage befinden. Da können Sie nicht mehr von fein ausbalanciertem Zeug daherreden. Das, was wir jetzt erleben hinsichtlich des Geburtenrückgangs, der schwachen neuen Generation, der Überalterung und der kommenden Renten- und Pensionslasten und Belastungen durch die Gesundheitsfürsorge für die immer ältere Bevölkerung, ist eine Katastrophe, vergleichbar der Flutkatastrophe 1962 in Hamburg, nur nicht so spektakulär, schleichend, aber trotzdem verheerend, und wird zu Verwerfungen führen, die Sie sich gar nicht vorstellen können.

Und da können Sie nicht mehr sagen, hier sparen wir noch 184 Euro pro Kind und balancieren wir hier aus, balancieren wir da aus, sondern müssen um jeden Preis versuchen, eine Familienförderungspolitik auf die Beine zu stellen, die dazu führt, dass es wieder mehr Geburten gibt. Und das ist zu machen, wie Frankreich etwa bewiesen hat. Entweder Sie machen das oder Sie gehen den Bach runter.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Wir haben ja gehört, wie viele Kinder Sie haben.)

Die Amerikaner haben dafür einen schönen Begriff, eine „do or die situation“, tu was oder beiß ins Gras. Und in so einem Wohlstandsstaat müssen Sie alles mobilisieren, was Sie haben.

Dann schauen Sie sich am besten mal die Euroreden an von den Herren Draghi oder auch Ihrer Frau Merkel oder Schäuble. Wenn der Euro scheitert, scheitert Europa. Wenn die Familienpolitik scheitert, dann scheitert dieses ganze Land. Sie müssen da jeden Cent mobilisieren, den Sie haben, und wenn Sie alles andere zumachen und wenn Sie die Botschaften zumachen weltweit, egal, ein aussterbendes Land braucht keine Vertretungen mehr. Machen Sie die Bundeswehr zu, egal. Was soll man noch verteidigen, wenn es kein Volk mehr gibt und keine Kinder? Das ist kein ideologisches Gerede von Volkstod, das werden Sie im nächsten Jahrzehnt bitterlich erfahren, wenn die Wirklichkeit an Ihre Tür klopft.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Alle anderen Optionen können Sie vergessen. Sie können versuchen Aktion Rentenklau, nicht, um sich die Rentenlasten zu ersparen. Das heißt, man erhöht das Rentenalter so weit, dass es keiner mehr erlebt.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nehmen Sie sich eigentlich selbst noch ernst?)