Protocol of the Session on September 5, 2013

(Dr. Till Backhaus, SPD: Oh, das auch noch!)

als Folge des Antibiotika-Skandals,

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

um hier nur mal zwei Aspekte zu nennen,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Da wird ja ein Vokabular abgespult!)

sind eben nicht einem Ursachenprinzip folgend Kosten der Agrarindustrie, nein, es sind Kosten der Allgemeinheit. Alle Steuerzahler haben diese zu tragen.

Die Folgen für die Länder des Südens – ich meine jetzt die Länder in Südamerika, Afrika, auf der Südhalbkugel – sind noch ärger, da dort in der Regel noch weniger auf die Umweltrelevanz der eingesetzten Pestizide geachtet wird. Die Welternährungsorganisation FAO hat in mehreren Studien bereits klargestellt, in den Ländern des Südens ist der ökologische Landbau die Landbaumethode mit den höheren Erträgen bei gleichzeitig geringeren Folgen für Natur und Umwelt. Und Nahrungsmangel ist in der Regel eine Folge von politischen Unruhen und keine Folge von fehlenden Importen.

Natürlich, das World Food Programm hat schon vielen Menschen in Not mit Hilfslieferungen das Leben gerettet, doch die Argumente der Agroindustrie konzentrieren sich ja nicht auf etwaige Hilfsleistungen für Trockenregionen oder für Flüchtlingslager, nein, sie schauen auf den anzustrebenden Zustand globaler Nahrungsmittelexporte von Nord nach Süd. Hier geht es um Gewinne, die in den Industrienationen erzielt werden sollen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Es geht doch gar nicht um in Not geratene Bevölkerungen, die infolge von Bürgerkriegen ihre Felder nicht bestellen können

(Tilo Gundlack, SPD: Was Sie hier tun, das tue ich nachher auch.)

oder die als Flüchtlinge in Trockenregionen geraten sind.

(Udo Pastörs, NPD: Das System aber mittragen.)

Vielleicht trägt ja auch die abnehmende Begeisterung vieler Menschen in Deutschland für tierische Produkte, namentlich Fleisch, zu diesen Exportstrategien bei.

(Udo Pastörs, NPD: Sie kritisieren. Nennen Sie doch Beispiele, die Sie kritisieren.)

Wird jedoch der Agrarmarkt der Entwicklungsländer mit subventioniertem Milchpulver oder mit Importgeflügelfleisch aus der EU – in Gänsefüßchen – beglückt und

wenn dann gleichzeitig die Felder der Bauern in den Ländern des Südens mit Cashcrop-Produkten für die Futtermittelmengen der EU bepflanzt sind, dann entstehen zwar Gewinne für die Erzeuger in den Industrieländern,

(Zurufe von Tilo Gundlack, SPD, und Michael Andrejewski, NPD)

aber es entsteht gleichzeitig ein Mangel an Nahrungsmitteln in der fruchtbaren Erde der Entwicklungsländer.

(Zuruf von Michael Silkeit, CDU)

Denn dort, wo Soja für das Futter unserer Schweine,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

unseres Geflügels und für unsere Milchkühe angebaut wird,

(Egbert Liskow, CDU: Was machen die GRÜNEN denn für eine Politik hier?)

da kann keine Hirse für die eigene Ernährung der Menschen des Südens wachsen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Warum wollen die das nicht?)

Neuerdings wird diese Not noch durch den Anbau von Zuckerrohr oder Ölpalmen verstärkt,

(Zuruf von Michael Silkeit, CDU)

also von Anbaufrüchten für die Anwendung des Agrosprits.

Ich habe nur zehn Minuten.

Wenn wir heute mit diesem Antrag eine Agrarwende an den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern herantragen, so tun wir dies auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Trilog-Gespräche und der Anhörung im Agrarausschuss zu Fragen der nationalen Umsetzung dieser Agrarreform oder des Reförmchens, wie selbst Minister Backhaus zugibt, und vor dem Hintergrund des gerade verhandelten Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU.

Die Ihnen in unserem Antrag vorliegenden Punkte brauchen gerade jetzt eine hohe Aufmerksamkeit, geht es doch um eine tatsächlich zeitgemäße und zukunftsfähige Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern in einer sich ändernden Gesamtsituation. Bedenken Sie: Die Subventionen der sich dem Ende neigenden EU-Förderperiode, bei denen derzeit jeder konventionell arbeitende Betriebsinhaber für die von ihm bewirtschaftete Fläche eine Pauschale von über 320 Euro pro Hektar erhält, hatten wohl und haben immer noch eine gewisse Signalwirkung. Die Tendenz zu großen Betrieben hält an, eigentlich nicht verwunderlich, denn mit einem 1.000-Hektar-Betrieb werden jährlich entsprechend über 300.000 Euro Subventionen eingenommen. Dazu kommen natürlich noch die Gewinne aus dem Verkauf der Produkte, Getreide oder Raps und so weiter.

Doch jedes Ding hat bekanntlich mehrere Seiten. Die Kehrseite dieser Tendenz zu großen Betrieben ist logi

scherweise eine sinkende Zahl an Agrarbetrieben im Land. Wir haben einen Verlust zu beklagen von 707 Betrieben in dem Zeitraum von 2007 bis 2010. Die Landesagrarpolitik fördert seit vielen Legislaturen das Fortbestehen dieser Tendenz zu immer weniger großen Betrieben im Lande. Diese Art der Landespolitik richtet sich unserer Auffassung nach nicht an dem ganzen Land und der ganzen Bauernschaft, nein, sie richtet sich maßgeblich an den Anforderungen der 341 Betriebe aus, die über 1.000 Hektar groß sind.

(Udo Pastörs, NPD: Ah!)

Besonders frappierend ist noch ein anderer Gesichtspunkt, wir sind schon öfter darauf eingegangen: Die Wertschöpfung des Agrarsektors ist in MecklenburgVorpommern nur sehr gering entwickelt. Es werden hier im großen Stil Rohstoffe, wie Raps, Getreide und so weiter, produziert und es werden Tiere gemästet. Doch die Weiterverarbeitung zu Nahrungsmitteln, und damit einem wesentlichen Teil der Wertschöpfung, findet in viel zu hohem Maß außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern statt.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das wollen Sie jetzt auch noch kaputtmachen. Da sind Sie ja fest dabei.)

Doch selbst die Produktion dieser Rohstoffe ist wahrlich kein Aushängeschild für das Land. Mit einem Arbeitskräftebesatz von nur 1,3 Menschen pro 100 Hektar zeigt sich sehr deutlich, dass von den EU-Subventionen kaum etwas in die Schaffung oder den Erhalt von Arbeitsplätzen fließt. Mit dieser geringen Zahl von noch nicht einmal eineinhalb Menschen steht Mecklenburg-Vorpommern einsam am unteren Ende eines bundesweiten Vergleiches.

(Egbert Liskow, CDU: Ihr wollt doch gar keine Menschen, ihr wollt doch bloß Naturschutzgebiete. Das ist ja Wahnsinn!)

Nun müssen wir uns bei dieser auch globalen Problematik doch vordringlich mit den Möglichkeiten der Landesregierung und den Einflussmöglichkeiten auf Bundesratsebene befassen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Daher gilt es, einen Landtagsbeschluss aus dem Jahr 2000 auf der Drucksache 3/1280 zu verändern. Die Kopplung der Verpachtung landeseigener Flächen an eine Mindestgröße von 0,4 Großvieheinheiten pro Hektar sollte unserer Überzeugung nach ersetzt werden durch eine prioritäre Vergabe an arbeitsintensive Betriebe des ökologischen Landbaus. Denn das Ziel, mit der Vergabepraxis tatsächlich einen positiven Beschäftigungseffekt zu erreichen, konnte nicht nachweislich erreicht werden.

Wie viel Zeit ist noch? – Zwei Minuten.

(allgemeine Unruhe – Michael Silkeit, CDU: Los, schneller! – Stefan Köster, NPD: Jetzt aber schnell!)

Im jüngst vorgelegten Evaluierungsbericht zur Verpachtung landeseigener Flächen durch die Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern wird diese These aufgestellt: Die Vergabekriterien Vieheinheiten und Intensivkulturen

führen automatisch zu einem höheren Bedarf an Arbeitskräften und mehr Wertschöpfung. Das bleibt aber leider nur eine Behauptung. Es ist nicht belegt.

(Egbert Liskow, CDU: Ihr wollt doch gar nicht so viele Tiere hier. – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Die jetzige Vergabepraxis muss verändert werden, sie muss ökologisiert werden.

(Egbert Liskow, CDU: Und Pferde schon gar nicht.)

Daher unsere Forderung: Binden Sie die Verpachtung landeseigener Flächen nicht an die Nutztierhaltung, sondern ersetzen Sie diese Praxis durch eine prioritäre Vergabe an arbeitsintensive Betriebe des ökologischen Landbaus.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Heinz Müller, SPD: Zum Beispiel Gestüte. – Zurufe von Minister Dr. Till Backhaus und Tilo Gundlack, SPD)