Protocol of the Session on March 15, 2012

(Udo Pastörs, NPD: Der ist asozial, ja.)

Das Arbeitslosengeld II ist eine staatliche Unterstützungsleistung –

(Udo Pastörs, NPD: Der ist asozial, der Staat. Das Ergebnis sieht man.)

und da helfe ich Ihnen gerne auf die Sprünge, Herr Pastörs –, die für Arbeitssuchende, also für Menschen, die erwerbsfähig sind, gedacht ist. Durch diese Leistung soll die individuelle Hilfebedürftigkeit vermieden, beseitigt oder vermindert werden. Rente hingegen, meine Herren, ist ein Einkommen ohne Arbeitsleistung, ein sogenanntes Ruhegehalt. Menschen, die dieses Einkommen beziehen, suchen keine Arbeit, sie haben ein Alter erreicht, in dem sie sich zurücklehnen dürfen

(Udo Pastörs, NPD: Danke für Ihre Aufklärung. Darauf wären wir gar nicht gekommen.)

und dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen.

Ja, deswegen mache ich das ja.

Diese sozialen Systeme stehen nebeneinander, wobei einem System immanent ist,

(Udo Pastörs, NPD: Nicht nebeneinander, sie stehen gegeneinander. Ich habe es Ihnen gerade erklärt, warum.)

dass eine dauerhafte Bedarfsunterdeckung vermieden werden soll.

Die Verbindung der beiden Systeme besteht nun darin, dass die Rente, die am Ende eines Berufslebens liegt, Vorrang haben soll. Die Leistung am Ende des Arbeitslebens ist in Anspruch zu nehmen, und zwar zum frühestmöglichen Termin. Das arbeitsmarktliche Sozialsystem erfährt dadurch eine Entlastung, meine Damen und Herren,

(Udo Pastörs, NPD: Arbeitsmarktliches Sozialsystem – was ist das für eine Vokabel?)

um jüngere Menschen bis in die erneute Erwerbstätigkeit oder schlechtestenfalls allerdings bis zur Rente finanziell zu begleiten.

(Stefan Köster, NPD: Sie treiben die Menschen in die Armut.)

Rechtsdogmatisch ist dieser Systemübergang doch wohl nachvollziehbar und logisch. Es ist im Übrigen, da darf ich Ihnen vielleicht ein wenig nachhelfen, in Paragraf 7 Absatz 4 SGB II ausdrücklich festgeschrieben. Diese

Normen haben Sie in Ihren freischwebenden Ausführungen wohl nicht gesehen oder geflissentlich ungenannt gelassen.

(Udo Pastörs, NPD: Was festge- schrieben ist, das soll so bleiben.)

Eine staatliche Leistung soll schließlich nur dann die Bedarfe decken, wenn diese nicht anders zu decken sind. Und genau das ist beim Eintritt in das Rentenalter nicht mehr der Fall, abgesehen davon, dass der Eintritt in die Berufstätigkeit nach langer Arbeitslosigkeit in diesem Alter nicht wahrscheinlicher wird.

(Udo Pastörs, NPD: Nee, in diesem System bestimmt nicht.)

Der von Ihnen, meine Herren, so schön isoliert im Antrag zitierte Paragraf 12a SGB II steht zur Umsetzung dieser Rechtssystematik aber keineswegs allein in der bundesrepublikanischen Rechtslandschaft. Vielmehr darf ich Ihr Augenmerk auf unverzichtbar verknüpfte Normen lenken und damit Ihrem inneren Rechtsverständnis ein wenig auf die Pelle rücken. Es gilt nicht nur der Rechtssatz „Rente geht der Leistung nach SGB II vor“, sondern es wurden zum individuellen Schutz der Leistungsbezieher durch Paragraf 65 Absatz 4 SGB II Fälle geregelt, in denen dieser Systemübergang nicht vorgesehen ist.

Mir ist schon klar, dass Schlagworte wie Vertrauensschutz und unbillige Härte sich bei Ihnen offensichtlich nicht durchsetzen können, aber diese Grenzen des Systemübergangs sind für jeden demokratischen Rechtskundigen unerlässlich und deutlich erkennbar. Die Aufforderung eines Leistungsträgers, Altersrente zu beantragen, ist eine Ermessensentscheidung. Berücksichtigung finden dabei die normierten Ausnahmen für den Systemübergang, wenn beispielsweise der Anspruch, darauf haben Sie ehrlicherweise schon hingewiesen, auf die Sozialleistung erst nach dem 01.01.2008 entstanden ist

(Udo Pastörs, NPD: Alles schon vorgetragen worden.)

und der Leistungsbezieher vor diesem Tag das 58. Lebensjahr vollendet hatte. Sie sehen also, wir schweben nicht frei im luftleeren und sinnentleerten Raum, sondern es werden sauber Sachverhalte und Ausnahmen subsumiert und entsprechendes Ermessen ausgeübt. Die von Ihnen, meine Herren, suggerierte Altersverarmung wird ganz sicher nicht durch einen Systemwechsel verursacht.

(Udo Pastörs, NPD: Aber sozial durch Ihr System.)

Ein solches Versagen der Sozialsysteme zu unterstellen,

(Udo Pastörs, NPD: Dann haben Sie den Systemwechsel vielleicht beseitigt.)

wäre wohl ein Fehlgehen des Antrages und sicherlich nicht im Sinne einer demokratischen Betrachtung.

Ich darf zur Vervollständigung der Rechtslage noch auf die Unbilligkeitsverordnung, die zur Ausführung des Paragrafen 12a SGB II erlassen wurde, hinweisen. Darin wird ausgeführt, in welchen Fällen der Systemwechsel hin zur Altersrente unbillig wäre. Ohne Sie auch noch in die Einzelheiten einführen zu wollen, darf ich aber zu

sammenfassend feststellen, der Gesetzgeber hat sich mit der Bandbreite der möglichen Konstellationen und Situationen, in denen ein Leistungsbezieher lebt, beschäftigt und hat diese umfassend in dieser Verordnung normiert. Unbillige Härte, eine Ermessensentscheidung über den Systemwechsel ist damit ausgeschlossen, ganz deutlich, es handelt sich um notfalls vollständig gerichtlich überprüfbare Ermessensentscheidungen. Auch lässt mich Ihre Empörung über die Möglichkeit der Ersetzung des Antrages durch den Leistungsbezieher durch einen behördlichen Antrag so gar nicht los. Ich darf mich insoweit auf Paragraf 5 Absatz 3 SGB II beziehen. Auch die Ersetzung eines Antrages kann nach entsprechender Ermessungsausübung und nach entsprechender Aufforderung, einen Antrag zu stellen, erfolgen, und nur dann, so ist es genau normiert, erneut eine Ermessensentscheidung.

Ein Überrennen des Leistungsbeziehers, wie es in Ihrem Antrag durchschimmert, kann ich beim besten Willen nicht auch nur andeutungsweise erkennen. Ich kann Ihnen versichern, unsere Rechtsprechung, die ich mir für die heutige Meinungsbildung angesehen habe, geht sehr behutsam mit den Belangen der Leistungsbezieher um. Zugleich konnte ich mich überzeugen, dass auch die betroffenen Verwaltungen viel Fachkompetenz aufweisen und regelhaft fürsorgliche Entscheidungen erwägen und umsetzen.

Nun, meine Damen und Herren, die verwaltungsseitige Folgeabwägung, wie gesagt, rechtlich durch die Sozialgerichtsbarkeit überprüfbar, beinhaltet beide Interessenlagen. Regelmäßig hat dann das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten. Und das ist auch gut so.

Sie gestehen mir nach alledem zu, dass ich mir ein Vollversagen aller rechtsstaatlichen Prüfungssysteme nicht vorstellen kann. Ich kann und werde mich insofern nicht Ihren Ausführungen rechtlich und menschlich angstschürender Art anschließen. Das, meine Herren, wäre nicht sozial, nicht gerecht und nicht demokratisch. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Vielen Dank, Herr Texter.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich könnte, Herr Texter, würde ich Sie gern auf Tournee schicken durch MecklenburgVorpommern, von Saal zu Saal, damit Sie dort betroffenen Menschen mit der Arroganz, mit der Sie hier aufgetreten sind, dieses Zeug von Rechtssystematik und Rechtsdogmatik erklären.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Tatsache ist, wenn ein Bürger 40 Jahre eingezahlt hat und man ihm 7 Prozent seiner Rente wegnimmt, weil er mit 63 langzeitarbeitslos wird und zwangsverrentet wird – da sind das fast drei Jahre Einzahlzeit, die man ihm wegnimmt –, das ist Diebstahl, das ist Rentenklau

(Udo Pastörs, NPD: Rechts- staatlich nehmen sie die weg.)

und nichts anderes.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das hat überhaupt nichts Sozialrechtliches und nichts Demokratisches. Es geht hier auch um eine Frage, die noch über Hartz IV hinausgeht, nämlich die wahre Verschuldung des Staates. Das sind nicht nur 2 Billionen, die immer ausgewiesen werden, es sind, wie viele sagen, bis zu 7 Billionen, weil hinzukommen noch die Pensionsansprüche und Rentenanwartschaften, für die es keine Rückstellungen gibt.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

Da kommt eine gigantische Lawine auf Sie zu,

(Udo Pastörs, NPD: Die implizierten Schulden.)

die Sie zermalmen wird als System, wenn Sie sich nichts einfallen lassen. Und da gibt es nicht viele Möglichkeiten. Eine Möglichkeit ist, Sie schreiben an die EZB und sagen, druckt mal 7 Billionen. Das ist ja jetzt das neue Dogma, die neue Theorie, wonach man unbegrenzt Geld drucken kann

(Udo Pastörs, NPD: Alles rechtsstaatlich.)

und Inflation ausgestorben ist wie die Pocken. Oder Sie stellen, was Sie auch nicht wollen, die Zahlung ans Ausland ein, die wir vielfältig leisten. Oder Sie müssen sich eben Tricks ausdenken, wie man schlau die Leute um ihre Rente bringen kann, prellen kann. Ein Trick davon ist die Rente mit 67.

(Udo Pastörs, NPD: Genau.)

Die Urheber wissen ganz genau, dass kaum einer so lange arbeiten kann. Es ist also eine klare Rentenkürzung. Ein anderer Trick ist dieses Rentenstrafrecht gegen HartzIV-Bezieher und weitere Tricks werden vielleicht folgen. Ob Sie da allerdings all die Billionen wirklich wegfegen und ob Sie das politisch überleben, werden wir sehen. Denn alt heißt nicht mehr gebrechlich und resigniert wie früher, die meisten Gutbürger, auch Sarrazin-Anhänger sind ältere Leute. Die lassen sich nichts gefallen.

(Udo Pastörs, NPD: Hoffentlich.)