Protocol of the Session on March 15, 2012

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Seit 2010 weiterentwickelt.)

Trotzdem habe ich das umzusetzen, egal, wie es weiterentwickelt ist – Stellenabbau auch im Bereich der Landeskultur und Denkmalpflege.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Ich habe eine Situation vorgefunden, dass dieser Abbau der Stellen nicht untersetzt ist durch eine Aufgabenkritik und die Kolleginnen und Kollegen und Mitarbeiter darauf hinweisen, dass sie nicht in der Lage sind, mit dem Stellenbestand, den sie haben, ihre Aufgaben noch zu erledigen. Da gibt es genau zwei Möglichkeiten, diese Fragen zu lösen. Die eine Möglichkeit ist, auf die Aufgabenkritik zu verzichten, einfach zu sagen, die alten Stellen müssen wieder her, das darf nicht weiter reduziert werden. Die zweite Möglichkeit ist, die Aufgabenkritik vorzunehmen.

Ich habe, glaube ich, in den ersten zwei Wochen der Amtsübernahme das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege über den Staatssekretär gebeten, eine sehr weitgehende Aufgabenkritik vorzunehmen und sich die Frage zu stellen, welche Aufgabe ist überhaupt noch leistbar, welche muss überhaupt gemacht werden. Denn seien wir mal ehrlich, hier wurden wieder große Reden gehalten über die Rolle der Bedeutung der Denkmalpflege. Hier sitzen viele Kommunalpolitiker und ich spreche mal aus, was die mir sagen unter vier Augen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Sie leiden manchmal unter den Denkmalen, weil hier Dinge unter Denkmalschutz gestellt wurden, bei denen man sich die Frage stellen kann, muss das sein.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: So ist es.)

Das Ergebnis davon ist, es stehen Bauruinen in Ortschaften.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Es gibt Bürgermeister, die kommen zu mir und sagen, da würde ich niemals einen Investor für finden. Wir können uns jetzt angucken, ob das 20 Jahre lang weiter vor sich hin gammelt und das Ortsbild beschädigt

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Bis es zusammenfällt.)

oder ob wir irgendeine Lösung finden. Das Moorbad Bad Doberan ist ja vor Kurzem noch mal durch die Zeitung gegangen.

Also ich finde, wenn wir über Denkmalpflege reden, dann müssen wir auch mal die Frage stellen, ob alles, was hier unter Denkmalschutz gestellt wurde, wirklich auch die nächsten Tausenden Jahre für das Erbe der Menschheit erhalten bleiben muss oder ob hier und da vielleicht auch ein bisschen übertrieben wurde, was aber zur Folge hat, dass auch Arbeitskapazitäten gebunden werden und Finanzen. Man könnte sich in einer inhaltlichen Debatte darüber unterhalten, was ist eigentlich der Kulturschatz, den wir unseren nachfolgenden Generationen wirklich erhalten wollen, und für den tun wir dann auch etwas, und wo müssen wir uns dann eben auch mal etwas beschränken. Diese Debatte vermisse ich in diesem Zusammenhang völlig

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

und diese Debatte werden wir führen. Das kündige ich hiermit an im Zusammenhang mit der Aufgabenkritik beim Landesamt für Kultur und Denkmalpflege.

Es ist gefragt worden, was passiert denn jetzt bis zum Neubau der Depots in der Stellingstraße. Das kann ich Ihnen sagen. Es ist eine Zwischenlösung in Schwerin-Süd gefunden. Das heißt, die Depots und Restaurierungswerkstätten werden dort hinziehen. Im Juni soll das abgeschlossen sein, dass das dort bezugsfertig ist, und dann, bis zum Ende des Jahres, sollen die Außenlager des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege, die hier in der Kritik standen wegen der entsprechenden Zustände, diese Außenstellen sollen leergezogen sein. Wir werden eine vernünftige Übergangslösung haben, die nicht ich herbeigeführt habe, sondern mein Vorgänger, Herr Tesch. Ich habe jetzt nur die Ehre, die Umsetzung in Empfang zu nehmen. Also dass dort nichts getan wird, kann man an der Stelle auch nicht sagen. Dieser Punkt wird abgearbeitet und beim ersten Punkt kündige ich eine Aufgabenkritik an und dann werden wir uns darüber unterhalten.

Wenn Sie fragen, aber die Stellen sind ja abgebaut, die müssen ja vollzogen werden, wie kann man in der Zeit, in dem laufenden Betrieb eine Aufgabenkritik machen – ganz einfach. Das Finanzministerium, das werden Sie ja dem Haushaltsentwurf entnehmen, hat zugestimmt, den Vollzug von kw-Vermerken auszusetzen, um überhaupt die Möglichkeiten zu haben, ein solches Konzept zu entwickeln und die Aufgabenkritik zu organisieren. So weise ist die Finanzministerin, dass sie auch überhaupt die Möglichkeit gibt, Konzepte zu entwickeln. Sie hat aber nicht die kw-Vermerke außer Kraft gesetzt. Die müssen wir erbringen wie jeder andere auch.

Zweiter Punkt, sehr, sehr spannender Punkt. Ich freue mich, dass in diesem Hause plötzlich die kulturpolitische Bedeutung der kleingeisteswissenschaftlichen Fächer entdeckt wird. Da freue ich mich ganz persönlich, weil, wie Sie wissen, ich ein Absolvent eines solches Faches bin. Ich weiß nicht, ob alle, die jetzt ihr Herz dafür entdeckt haben, auch selber Absolventen solcher Fächer sind.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber jedenfalls freut mich diese Neuorientierung. Jetzt müssen wir uns doch hier nicht in die Tasche lügen oder uns gegenseitig Märchen erzählen, indem gesagt wird: Ja, die Universitäten würden solche Fächer doch gerne vorhalten, wenn wir ihnen nur das Geld geben würden.

Dann reden wir mal über die Universitäten oder die Hochschulen. Wir haben über 30 Millionen Euro Rücklagen an den Hochschulen, auch an der Universität Greifswald. Wer hält die Universität Greifswald eigentlich davon ab, den Bereich Ur- und Frühgeschichte auszustatten?

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Marc Reinhardt, CDU: Niemand. – Dr. Margret Seemann, SPD: Richtig.)

Das liegt nicht am Geld. Das liegt daran, dass es in einem Senat der Universität Greifswald niemals eine Mehrheit gäbe für ein solches Fach, weil dort Mediziner sitzen und Juristen und andere, die sich die Frage stellen, brauchen wir das wirklich – ich spreche jetzt mal ganz hart die Wahrheit aus, wie es in einer Universität zugeht –: Brauchen wir eigentlich Leute, die verstaubte Gegenstände, die andere mal irgendwann ausgegraben haben aus der Erde, pflegen, putzen und in Museen stellen?

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ich finde, ja.)

Oder brauchen wir medizinische Forschung, gut ausgebildete Juristen, Maschinenbau oder sonst was?

(Andreas Butzki, SPD: Berufsschullehrer.)

Berufsschullehrer. Da ist die bittere Wahrheit, dass alles, was sich der Traditionspflege widmet,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

in einer modernisierten Marktwirtschaft und Marktgesellschaft unter globalisierten Bedingungen in erhebliche Schwierigkeiten gerät, in ganz erhebliche Schwierigkeiten gerät.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Frage ist: Was wollen Sie, was will die Landesregierung?)

Warten Sie doch mal ab, ich bin doch noch nicht fertig. Ich hab ja zum Glück noch ein paar Minuten.

Was ist denn jetzt eigentlich die Geschichte der Ur- und Frühgeschichte in Mecklenburg-Vorpommern? Die ist wie folgt: Es gab eine Hochschulreform Rot-Rot. – Ist Herr Koplin noch da? Der unterhält sich nur kurz. – Rot-Rot! Und da haben Rot-Rot Folgendes beschlossen, da war ich sehr stolz drauf damals: Wir haben gesagt, wir machen eine Hochschulreform und nehmen Überkapazitäten aus der Landschaft, aber es gibt ein Prinzip, das wird durchgehalten: Kein einziges Fach wird in MecklenburgVorpommern ganz abgeschafft. Keines! Alle bleiben sie mindestens einmal erhalten.

Es gibt einen Fall – deshalb war ich stolz, dass wir diese Regelung geschaffen hatten –, wo dies nicht gelungen ist, und das ist die Ur- und Frühgeschichte. Es gab nämlich mal eine Zielvereinbarung mit der Universität Ros

tock, die haben wir erzwungen. Da haben Herr Bluhm, Herr Koplin, alle haben mitgestimmt, wo die Universität Rostock verpflichtet war, drei Stellen zur Verfügung zu stellen für Ur- und Frühgeschichte. Der Landtag hat es gefordert. Die Universität hat sich nicht darum gekümmert, hat sie nicht interessiert. Damals war Direktor Herr Strothotte. Er war als Betriebswirt etwas anders disponiert und das Ministerium hat nicht auf die Einhaltung der Zielvereinbarung gedrungen. So einfach ist das. Deswegen hat es dann die Ur- und Frühgeschichte in Rostock nicht gegeben.

Die in Rostock anzusiedeln, ist übrigens fachlich auch überzeugender. Die Ur- und Frühgeschichte ist vor allem eine Grabungswissenschaft. In Rostock gibt es die klassische Archäologie und Ingenieurwissenschaften. Es wäre geradezu profilbildend zu sagen, wir machen ein Nukleus aus Ingenieurwissenschaften, klassischer Archäologie und Ur- und Frühgeschichte in Rostock und bauen da richtig etwas auf. Deswegen muss ich sagen, der Standort Greifswald überzeugt mich nicht, auch wenn ich dankbar bin, dass es überhaupt noch einen gibt, der sich in diesem Lande mit diesem Thema beschäftigt. Aber das hat nichts mit einer angemessenen Ausstattung für wissenschaftliche Ausbildung zu tun. Das heißt, wenn man ein Fach betreiben will, braucht man mindestens drei Stellen und selbst das ist eine Bulimieausstattung. Das weiß auch jeder.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Bulimieausstattung!)

So, was machen wir dann weiter? Natürlich ist es gut begründbar – Frau Berger, da bin ich ganz bei Ihnen –, in diesem Lande wieder Ur- und Frühgeschichte als ordentlichen Studiengang einzurichten. Es ist die Frage: Wie, wie machen wir denn das? Da sage ich Ihnen gleich, Hochschulstellen mit einer großen Finanzdebatte hier im Land wird es nicht geben. Wir haben einen Hochschulkorridor, der ist festgelegt, der geht bis 2017 und darüber hinaus und damit war es das. Wenn wir das nicht anders handhaben, ist klar, was passiert. Dann kommt hier jeder und sagt, ich habe hier auch noch eine schöne Idee.

Ich mache Ihnen folgendes Angebot: Wenn Sie das alles ernst meinen und wirklich den Mut haben, realistische Politik hier zu machen mit uns gemeinsam, dann würde ich folgenden Vorschlag unterbreiten, den zu prüfen.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir bilden eine Expertengruppe.)

Wir schauen uns mal …

Nicht eine Expertenkommission, die können wir beide dann machen. Mal gucken, ob Sie es politisch durchhalten, die Entscheidung mitzutragen.

Ich erkläre hiermit, ich würde nicht sagen feierlich, aber mit ernstem Willen, prüfen wir doch mal, ob wir bei einer sehr scharfen Aufgabenkritik am LAKD, einer sehr scharfen Aufgabenkritik am Denkmalschutzgesetz es hinbekommen, aus der Kernverwaltung des Landes, und dann sage ich, dem Denkmalschutz, Stellen rauszubrechen oder freizusetzen, nicht Mitarbeiter zu entlassen, sondern Stellen, die nicht mehr besetzt sind, einer Hochschule zur Verfügung zu stellen mit einer entsprechenden Verpflich

tung, diesen Studiengang wieder aufzubauen. Denn der Hinweis, den Herr Koplin gebracht hat, ist ja völlig richtig, zu sagen, man kann den Studiengang so konstruieren, dass er einen erheblichen praktischen Anteil erhält, mit Praktika et cetera, und diese Praktika können diese Studierenden wunderbar in diesem Lande ableisten. Hier gibt es grandiose historische Funde. Dann könnten wir ein bisschen Reisegeld zur Verfügung stellen für die Praktika und dann hätten wir quasi das, was an Personal im LAKD verloren geht, nicht nur ausgeglichen, sondern weit, weit übertroffen.

Dann könnten wir uns sogar die Frage stellen, ich male dieses Bild mal weiter, ob der Lehrstuhlinhaber für Ur- und Frühgeschichte – und ich sage Ihnen jetzt mal ausdrücklich, an der Universität Rostock, und das hat nichts damit zu tun, dass ich da einen Wahlkreis habe, sondern das gehört aus meiner Sicht fachlich zum Thema klassische Archäologie, da kann man aber drüber streiten, da kann man auch anderer Meinung sein –, dann überlegen wir doch mal, ob dieser Professor für Ur- und Frühgeschichte nicht gleichzeitig der zukünftige Leiter eines Landesmuseums für Ur-und Frühgeschichte sein kann. Es gibt den Landtagsbeschluss, der ist zwar nicht mehr gültig, weil wir Diskontinuität haben, aber die Idee, ein entsprechendes Landesmuseum zu haben, ist ja immer noch in der Luft. Und eigentlich ist das eher so die Linie. Dann überlegen wir doch mal, ob der Museumsleiter nicht ein Professor an der Universität Rostock sein könnte. Es gibt auch andere Einrichtungen, da ist jemand ein Professor und leitet eine Forschungseinrichtung. Warum nicht eigentlich ein Museum? Dann hätten wir mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Ich erkläre hiermit ausdrücklich, ich werde ab heute genau diesen Vorschlag prüfen und ich bin auch bereit, die Konsequenzen zu tragen, Frau Berger. Ich bin gespannt, ob Sie dazu auch bereit sind. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Petereit für die Fraktion der NPD.

(Heinz Müller, SPD: Er will nicht.)

Die NPD hat ihren Redner zurückgezogen.