Aber lassen Sie uns bitte, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst einmal einen Blick auf das Thema Zukunftsverträge werfen. Der Begriff des Zukunftsvertrages stammt aus Niedersachsen. Er ist dort am Ende des vorigen Jahrzehnts in die Regierungspolitik eingeflossen, und wenn wir uns mal angucken, was wir in Niedersachsen unter Zukunftsverträgen verstehen, dann sind dies ausschließlich Konsolidierungsverträge. Der Ansatz und der Gedanke, man könne mit der kommunalen Ebene doch über die gesamte Bandbreite gemeinsam interessierender Fragen einen Vertrag schließen, der war in Niedersachsen nie Gegenstand der Diskussion.
Und selbst diese Konsolidierungsverträge werden in Niedersachsen in den Folgejahren – Sie können sich das gern im Detail anschauen – mehr und mehr lieblos abgearbeitet. 2013 im November titelt der „Weser-Kurier“ bereits „Zukunftsverträge ohne Zukunft“ und niemand widerspricht ihm.
Und wenn wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, Zukunftsverträge allein als Konsolidierungsverträge neh- men, lieber Herr Holter, dann haben wir in diesem Land eine ganze Reihe von solchen Verträgen, nur dass wir sie nicht Zukunftsverträge nennen, sondern es sind Verträge – so wie in Niedersachsen –
die massiv dazu beitragen, die Zukunft dieser kommunalen Körperschaften zu sichern. Auf den ersten Vertrag dieser Art mit der Landeshauptstadt Schwerin hat der Innenminister bereits hingewiesen. Es gibt inzwischen weitere mit der Hansestadt Wismar und mit Landkreisen.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir Zukunftsvertrag in der engen Form sehen, wie es die Erfinder dieses Begriffes sehen, dann haben wir in diesem Land eine ganze Menge Zukunftsverträge, nur wir nennen sie nicht so.
Also, dass ich eine Schleife mache, mit so einer Kritik kann ich ja leben. Jedenfalls können Sie mir nicht sagen, dass das, was ich hier sage, nicht zutrifft. Das ist schon mal gut.
So, und jetzt lassen Sie uns bitte noch mal in den Koalitionsvertrag gucken. Sie haben – das kann man natürlich machen, das kann man machen, wenn man bestimmte Ziele verfolgt –, Sie haben ihn natürlich unvollständig zitiert. Da steht nicht nur, dass wir einen solchen Vertrag abschließen, sondern da steht ganz konkret, was in diesem Vertrag drinstehen muss. Da steht nämlich etwas von einem Konsolidierungsfonds drin
und da steht etwas von einem Kofinanzierungsfonds drin. Dieser Konsolidierungsfonds von 100 Millionen Euro, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht zur Verfügung und er steht zur Verfügung über das Geld, das wir im Finanzausgleichsgesetz den Gemeinden geben, hinaus.
100 Millionen Euro zusätzlich zur Konsolidierung unserer kommunalen Körperschaften, der besonders betroffenen. Zum Teil ist dieses Geld ausgezahlt, zum Teil allerdings noch nicht, weil manchmal das Abschließen von Verträgen eben seine Zeit dauert. Ich darf da auf meinen eigenen Landkreis Vorpommern-Greifswald verweisen, wo sich das als ausgesprochen schwierig darstellt.
Aber wir haben das, was wir inhaltlich in diesen Punkt des Koalitionsvertrages hineingeschrieben haben, an diesem Punkt – Konsolidierungsfonds – erfüllt.
Und der zweite Punkt, der in dieser Ziffer der Koalitionsvereinbarung steht, ist der Kofinanzierungsfonds. Meine sehr verehrten Damen und Herren, 50 Millionen – und auch diese 50 Millionen zusätzlich zu den FAG-Mitteln – werden der kommunalen Ebene zur Verfügung gestellt, um ihnen aus der vielfach beklagten Situation herauszuhelfen, dass sie die Möglichkeit hätten, Fördermittel zu bekommen, aber die Eigenmittel nicht haben. Genau da setzt dieser Fonds an, stellt 50 Millionen zur Verfügung, um eben diese Eigenmittel darzustellen, und bis heute ist dieses Geld im Wesentlichen abgeflossen, in kleinen Teilen zugesagt und wir haben damit fast 230 Millionen an Investitionen ausgelöst.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn zusätz- lich initiierte Investitionen auf der kommunalen Ebene von 230 Millionen Euro Ausdruck von gescheiterter Regierungspolitik sind, na, dann scheitere ich gern, Herr Holter!
(Stefanie Drese, SPD: Tja! – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das macht die Kommunen zu Bittstellern, Herr Müller. Aus der Rolle kommen sie nicht raus.)
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie hier ein Scheitern feststellen, Herr Holter, dann weiß ich nicht, ob Sie überhaupt noch gewillt und in der Lage sind, die Realität wahrzunehmen.
230 Millionen zusätzliche Investitionen sind nicht Scheitern, sondern sind eine ausgesprochen erfolgreiche Landespolitik.
Für mich – und nicht nur für mich – brauchen wir noch ein Stück mehr. Wir brauchen nicht nur Kofinanzierung und Konsolidierung, wir brauchen auch gemeinsame Gestaltung der Zukunft. Und das, was wir an Vertrag – und es ist bitte schön ein Vertrag zwischen der Landesregierung und den kommunalen Verbänden – abgeschlossen haben zur zukünftigen Gestaltung des Finanzausgleiches in diesem Land, das, meine sehr verehrten Damen und Herren, halte ich für ein hervorragendes Beispiel von einer Form von Zukunftsvertrag. Wir schließen einen Vertrag zwischen Land und kommunaler Ebene, um gemeinsam Zukunft zu gestalten. Wir stimmen uns sehr genau ab, wie ein zukünftiges FAG entstehen soll.
Wir stimmen uns sehr genau ab, wie wir mit dem Gutachten umgehen, wer Gutachter sein soll, wie der Gutachtenauftrag lautet, wie das Verfahren ist, wie der Gutachter durch kommunale Vertreter begleitet wird. Und dass uns ein solcher Vertrag gelingt, Herr Holter, das ist für mich nicht Beispiel und Indiz für gescheiterte Landespolitik, das ist für mich Beleg und Beweis für eine ausgesprochen erfolgreiche Landespolitik,
damit wir hier nämlich einen Weg finden, gemeinsam die heiße Frage des FAGs zu lösen. Das ist für mich erfolgreiche Landespolitik.
Und wenn wir dann im Zuge dieses Vertrages – wir alle haben ja bedauert, dass das so lange dauert, ich bedauere das auch, aber wenn man den Gutachter fragt, dann geht das wohl nicht anders –, wenn wir dann sagen, gut, für diese Übergangszeit, das ist eben lang, stellen wir euch noch mal über das Geld im Finanzausgleichsgesetz hinaus 160 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, meine sehr verehrten Damen und Herren,
dann kann man nicht sagen, dass das Ausdruck gescheiterter Regierungspolitik ist, sondern da glaube ich, dass das Ausdruck von ausgesprochen erfolgreicher Regierungspolitik ist.
Hier von einer Stillhalteprämie zu sprechen, wie Sie das tun, Sie merken, glaube ich, gar nicht, dass Sie in dem Willen, uns – das heißt, der Koalition und der Landesregierung – vors Schienbein zu treten, beiden Vertragspartnern vors Schienbein treten und auch den kommunalen Verbänden hier sagen, dass sie sich auf irgendwelche halbseidenen Geschäfte einlassen. Darüber würde ich an Ihrer Stelle einmal nachdenken, was Sie eigentlich tun!
Und noch etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren: Ich glaube, solche Verträge sind ja gar nichts Neues. Denken Sie bitte an einen Vertrag, der schon recht lange zurückliegt, nämlich die Vereinbarung zwischen dem Land und den kommunalen Verbänden zur Umsetzung des
Konnexitätsprinzips! Wir haben damals – das ist mehr als zehn Jahre her – eine richtig gute Gesetzgebung hier gemacht, aber sie braucht eine Ausführung und wir haben darüber einen Vertrag geschlossen. Es zeigt sich, dass es sehr gut war, dass wir dies getan haben, es zeigt sich aber auch, dass ein solcher Vertrag nach mehr als einem Jahrzehnt überarbeitungsbedürftig ist.
Wir, die SPD, aber ich denke, das wird die CDU genauso sehen, haben gegenüber dem Städte- und Gemeindetag – das ist ja einer der Wahlprüfsteine des Städte- und Gemeindetags – erklärt, dass wir hier natürlich gesprächsbereit sind. Die kommunale Ebene ist dabei, ihre Forderungen, ihre Anliegen zusammenzutragen und zu formulieren, und wir werden dann darüber reden. So gehört sich das unter vernünftigen Vertragspartnern. Das sind wir in der Vergangenheit gewesen, das sind wir in der Gegenwart und das werden wir auch in der Zukunft sein, und das ist nicht Ausdruck gescheiterter Politik, sondern das ist Ausdruck von sehr vernünftiger Politik.
Und jetzt hätte ich beinahe noch die 100 Millionen Soforthilfe vergessen, die der Innenminister angesprochen hat. Nein, die kommen natürlich vor. Und es kommt vor allen Dingen vor das Instrument Kommunalgipfel, aus dem diese 100 Millionen resultieren. Der Kommunalgipfel – Sie haben selbst dankenswerterweise in Ihrer Rede darauf hingewiesen – ist ein Instrument, das wir seit 2013 praktizieren.
Ich glaube, dass dieses Instrument des unmittelbaren Gespräches zwischen der Landesregierung – und vor allen Dingen der Spitze der Landesregierung, also des Ministerpräsidenten, und es ist ja auch etwas, was stark mit dem Namen Erwin Sellering verbunden ist – und der kommunalen Ebene, damit man unmittelbar die Probleme löst, dass dieses ein sehr erfolgreicher Weg ist, miteinander Probleme zu lösen, viel besser als ein starrer Zukunftsvertrag, den man abschließt, unterschreibt und dann in die Schublade legt.
Und noch etwas – und da verstehe ich Ihre Erregung, lieber Kollege Ritter, von vorhin überhaupt nicht –: Ich finde es ausgesprochen wichtig, dass wir bei diesem kommunikativen Prozess zwischen Landesregierung und kommunaler Ebene nicht nur über Haushaltsprobleme und über Finanzprobleme reden, sondern dass wir große gesellschaftliche Aufgaben, die wir gemeinsam haben, und das ist der humane und vernünftige Umgang mit der Frage von vielen, vielen Menschen, die zu uns kommen, der Frage der …
(Vincent Kokert, CDU: War damit Heinz Müller und seine Rede gemeint? – Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)
dass wir die Landtagssitzung ordnungsgemäß fortsetzen können. Ich bitte doch die Technik zu klären, dass zukünftig solche Durchsagen vielleicht nicht in der Lautstärke erfolgen.