Protocol of the Session on September 24, 2015

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich würde mich in meinen Ausführungen auf zwei Petitionen konzentrieren wollen. Frau Bernhardt hat alles zur Südbahn gesagt und ich glaube, da ist nichts zu ergänzen. Ich würde mir einfach wünschen, dass die SPD und die CDU nicht immer in ihrer Blockadehaltung verharren, denn das ist auch ein Stück weit Demokratie zu sagen, wenn uns die Argumente überzeugen, dann lasst es uns wenigstens überweisen, sodass die Regierung sich damit beschäftigen muss.

Aber ich möchte auf zwei Anhörungen zu sprechen kommen. Bei einer war ich zugegen, nämlich „Opferschutz als Pflichtaufgabe“. Herr Dachner hat das ja schon erwähnt, einige Petentinnen sind da gewesen, es wurde auch das Sozialministerium gehört. Ich denke, gerade in der Petition ist etwas deutlich geworden, was ja seit 25 Jahren Thema ist. Vor 25 Jahren sind die ersten Frauenhäuser hier in Mecklenburg entstanden. In vielen Jahren haben sie zwar – nein, auskömmlich nicht – eine Finanzierung gehabt, aber gerade in Zeiten knapper

Kassen scheint es in Teilen ein Rollback zu geben. Das war auch der Ansatz dieser Petition, nämlich Opferschutz als Pflichtaufgabe.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Ich weiß, dass es noch Einschätzungen der Landesregierung gab, insbesondere des Sozialministeriums, eben zu Finanzierungsvorschlägen, und am 01.10. wird dies im Petitionsausschuss diskutiert werden, dann wahrscheinlich wieder nicht öffentlich.

Eine Bitte hätte ich, nämlich, dass in dem Zusammenhang nicht an der alten Blockadehaltung festgehalten wird, sondern dass wir tatsächlich auch noch mal beispielsweise im Finanzausschuss oder im Innenausschuss die Möglichkeit haben, die Finanzkonzepte zu diskutieren. Es wäre eine Bitte, weil es um den Opferschutz geht und es darum geht, ihn perspektivisch besserzustellen, damit sie nicht wie Bittsteller jedes Jahr bangen, beispielsweise das Frauenhaus oder die Opferschutzberatung zu bewerkstelligen.

Ein zweiter Punkt – da weiß ich, dass es in unserer Fraktion doch so ein paar Grinsemomente gab – ist der deutsche Schlager im Radio. Ich hatte seinerzeit von dieser Anhörung gehört und scheinbar hat das auch zu einigen Irritationen geführt. An dieser Stelle sei mir deshalb eine Bemerkung grundsätzlicher Art gestattet. Meine Fraktion setzt sich, wie hinlänglich bekannt, entschieden für Transparenz und Bürger/-innenbeteiligung ein. Dazu gehört ganz klar auch die Öffentlichkeit von Ausschüssen. Dass der Petitionsausschuss in diesem Zusammenhang aus Datenschutzgründen immer eine Sonderstellung einnimmt, stellen wir überhaupt nicht in Abrede. Die Herstellung einer situations- und fachbezogenen Öffentlichkeit sollte jedoch aus unserer Sicht, wann immer möglich, genutzt werden. Ich sage es noch mal: wann immer möglich!

Dass das auch der Vorsitzende des Petitionsausschusses so sieht, wurde deutlich am Beispiel der öffentlichen Sitzung zum Thema „Der deutsche Schlager im Radio“, auch Helene-Fischer-Quote genannt. Dort waren aufgrund des vom Ausschussvorsitzenden erkannten hohen öffentlichen Interesses sogar Vertreterinnen und Vertreter der Medien zugegen. Anders als in der Geschäftsordnung des Landtages vorgesehen, waren sogar Äußerungen von den Zuschauerbänken möglich.

Nun zähle ich persönlich nicht zu den deutschen Schlagerfans und vertrete die Position, dass die Medien in ihrer Programmgestaltung unabhängig sein sollen. Diese Mehrheitsauffassung des Ausschusses manifestiert sich auch im einstimmigen Votum zum Abschluss der Petition. Wohl aber bin ich ein Fan öffentlicher Ausschusssitzungen. An dieser Stelle möchte ich mich deshalb noch einmal ganz deutlich dafür aussprechen, dass diese Offenheit zukünftig im Petitionsausschuss nicht nur für das gesungene, sondern auch für das gesprochene Wort gilt

(Heiterkeit und Beifall Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dass Sie es auch engagierten Bürgerinnen und Bürgern öfter ermöglichen, an der Beratung der von ihnen eingebrachten Themen persönlich teilzunehmen.

Und, Herr Dachner, Sie haben ja eine Empfehlung von mir bekommen. Ich hoffe, dass wir häufiger öffentliche Anhörungen haben und dass wir – das Beispiel hatte Frau Bernhardt vorhin genannt – eben auch nach Möglichkeiten suchen, dass Menschen mit Handicap oder ohne Handicap, auch Menschen anderer Herkunft ihre Möglichkeit haben, dort ihre Position darzustellen. Es sollte nicht ein Akt der Gnade sein oder der Mehrheit, ob das dann geschieht. Ich danke für die Aufmerksamkeit und wir werden dem Bericht zustimmen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Gajek.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schütt für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Petitionen sind ein grundlegendes Element unserer Verfassung. Jedem einzelnen Bürger wird dadurch garantiert, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen mit Sorgen, Bitten und Nöten an die Volksvertreter wenden zu können. Die Bandbreite der Themen der Petitionen ist sehr vielfältig, so vielfältig, wie das Leben nun mal ist.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat vorhin schon jemand gesagt.)

Die Bedeutung von Petitionen kommt insbesondere dann zum Ausdruck, wenn aufgrund einer Petition ein Stein ins Rollen gebracht wird.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen daher ein Beispiel nennen, das uns Mitglieder des Petitionsausschusses tatsächlich bewegt hat. Die Petentin hat im Jahr 2003 aufgrund ihrer schweren Erkrankung den Status „erheblich gehbehindert“ erhalten und ist mittlerweile 80 Jahre alt. Nach einer Hüftoperation, die anschließend mit starken Schmerzen verbunden war, stellte sie im Oktober 2013 einen neuen Antrag in der Hoffnung, einen höheren Behinderungsgrad anerkannt zu bekommen. Als durch den Antrag dann ein neues Verfahren eröffnet werden musste, verlor die Petentin wider Erwarten die Schwerbehinderteneigenschaft und entsprechend ihren Schwerbehindertenausweis. Sie hat nun nur noch den Status „behindert“.

Die Petentin konnte nicht nachvollziehen, wieso ihr in ihrem hohen Alter und vor allem aufgrund der Schmerzzustände nach der Operation der Schwerbehindertenstatus vom Landesamt für Gesundheit und Soziales aberkannt wurde. Das Landesamt begründete seine Entscheidung damit, dass sich die gesetzlichen Grundlagen zur Feststellung des Behindertenstatus im Jahr 2010 durch die Novellierung der Versorgungsmedizin-Verordnung geändert haben. Dementsprechend wird ihre Behinderung infolge eines Kunstgelenkersatzes und der Funktionsbehinderung des Hüftgelenks geringer eingestuft, als dies vor der Änderung der Verordnung der Fall war. Die Feststellung des Gesundheitszustandes der Petentin erfolgte demnach rechtmäßig aufgrund der neuen Kriterien.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Petitionsausschuss führte eine Ausschussberatung zu dieser Angelegenheit durch. Im Laufe der Beratung äußerten die Abgeordneten

Kritik an der Durchführung des Feststellungsverfahrens, denn als sich im Anhörungsverfahren andeutete, dass der Grad der Behinderung herabgestuft werden soll, erhielt die Petentin ein Schreiben vom Landesamt für Gesundheit und Soziales. Dieses deutete missverständlicherweise darauf hin, dass der Versorgungsarzt den Vorgang vor dem endgültigen Bescheid noch einmal prüfen und auch noch eine weitere Kontaktaufnahme mit der Antragstellerin erfolgen wird. Diese Kontaktaufnahme ist allerdings nie erfolgt. Stattdessen wurde die Petentin mit der Zusendung des Bescheides vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Landesamt gab diesen Fehler zu und kündigte dem Petitionsausschuss gegenüber an, dass diese Textpassage zukünftig nicht mehr verwendet wird, da diese fehlinterpretiert werden könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Endeffekt ist es nun so, dass alle anderen Antragsteller zukünftig von dieser Entscheidung profitieren werden. Nur die Petentin, die den Stein ins Rollen brachte, wird davon unberücksichtigt bleiben. Der Petitionsausschuss entschied deshalb, dass die Petition der Landesregierung überwiesen werden soll, um das Anliegen noch einmal zu überprüfen und möglichst eine Lösung zu finden.

Wie Sie sehen, kommt unserer Arbeit im Petitionsausschuss eine besondere Bedeutung zu, wenn es darum geht, Fehlentscheidungen zu erkennen und dem Petenten zu helfen. – Vielen Dank. Auch wir werden dem Antrag zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Schütt.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe um das Wort gebeten, um eine Klarstellung vorzunehmen.

Ich möchte erst mal dem Bürgerbeauftragten Herrn Crone recht herzlich danken für seine wirklich gelungene Festveranstaltung zum 20-jährigen Bestehen des Bürgerbeauftragten in Mecklenburg-Vorpommern.

In einem Podiumsgespräch haben alle Fraktionen noch mal deutlich gemacht, wie wichtig das Petitionswesen und die Arbeit des Bürgerbeauftragten sind. In diesem Podiumsgespräch gab es auch die Frage, es stand ja unter dem großen Punkt: „Petitionswesen – Chance auf mehr politische Teilhabe?“. Es gab von den Diskutanten kurze und knappe Antworten, unter anderem eine Antwort in Bezug auf die bessere Einbeziehung der Petenten in das Petitionsverfahren, was geändert werden müsste, mehr Transparenz und viele andere Vorschläge. Da entstand, das will ich zugeben, der Eindruck, dass die Petenten in unserem Land nicht einbezogen werden im Petitionswesen.

Und, Herr Dachner, ich weiß nicht, was Ihnen mitgeteilt wurde über die Diskussion, aber es wurde, glaube ich, ganz deutlich klargestellt, dass es selbstverständlich für das Petitionsausschusssekretariat ist, dass die Petenten in allen Fragen, in allen Arbeitsschwerpunkten mit einbezogen sind und durch das Petitionsausschusssekretariat immer auf dem Laufenden gehalten werden und so weiter und so fort.

Worum es uns aber geht,

(Zurufe von Manfred Dachner, SPD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

worum es uns aber geht, ist doch in Bezug auf die …

Herr Dachner, wissen Sie, Sie erzählen hier über eine Veranstaltung, und ich weiß nicht, was Ihnen da mitgeteilt wurde, wo Sie leider als Ausschussvorsitzender nicht teilgenommen haben. Und vom Hörensagen sich hier hinzustellen, ohne mit den Mitgliedern, die dort gewesen sind, das Gespräch zu suchen, das finde ich schon sehr schwierig. Damit tun Sie uns als Petitionsausschuss nun wirklich keinen Gefallen.

Es ist deutlich gemacht worden, quer durch alle Fraktionen, dass wir diese Fragen, die wir dort diskutiert haben, mal gemeinsam auf einen Prüfstand stellen wollen und dass wir darüber reden wollen. Über eine Veranstaltung zu reden, an der man nicht teilnimmt, und hier Vorwürfe zu machen, das halte ich für unredlich und auch in Bezug auf das Petitionswesen in unserem Land dem Petitionswesen nicht gerade förderlich. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Borchardt.

Ums Wort gebeten hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Dachner für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Also dass Frau Borchardt sich hier noch mal zu Wort melden wird, hat mich überhaupt nicht verwundert. Das war klar. Widerspruch kann Frau Borchardt ohnehin nicht vertragen.

(Gelächter bei Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und Gegendarstellungen, die Sie machen, sind immer nur halb wahr. Da sollten Sie auch bei der Wahrheit bleiben. Es war genauso, wie ich es hier geschildert habe. Danach wurde dann halb die Sache berichtigt und nicht anders war es.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Welche Pressemitteilung war das denn, Herr Dachner? Das weiß doch kein Mensch.)

Und dann müssen Sie sich immer die Frage stellen, was Sie sagen und wie es wahrgenommen wird.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Dann reden Sie doch mal vorher mit uns!)

Und ich habe weder mit einem CDU-Abgeordneten gesprochen noch mit einem SPD-Abgeordneten gesprochen,

(Zurufe von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern mit ganz anderen Leuten, die auf mich zugekommen sind. Und warum sollten die mich dann belügen? Dann habe ich mich erkundigt und genauso war es. Und diese beiden Abgeordneten des Hauses, die das

genauso dargestellt haben – ich werde sie hier nicht mit Namen nennen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, machen Sie mal!)