Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/1269 zur Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für den Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, wir treten gemäß unserer Tagesordnung jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung für 45 Minuten. Das heißt, die Sitzung wird um 13.05 Uhr fortgesetzt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunk- änderungsstaatsvertrag), Drucksache 5/1279.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) (Erste Lesung) – Drucksache 5/1279 –
Das Wort zur Einbringung hat der Herr Ministerpräsident Dr. Ringstorff. Herr Ringstorff, Sie haben das Wort.
(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Vielleicht machen wir hier noch mal eine Auszeit, fünf Minuten oder so. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Damit dann mehr Menschen dem Minister- präsidenten zuhören können.)
Herr Ministerpräsident, ich bitte um Entschuldigung. Es wurde eben um eine Auszeit von fünf Minuten gebeten. Bitte entschuldigen Sie das.
Das Wort zur Einbringung hat der Herr Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff. Herr Ringstorff, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Thema Rundfunk beschäftigt uns auch heute wieder
im Landtag. Nunmehr liegt Ihnen der Entwurf zum Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor. Ich denke, dieser wird uns ein ganzes Stück weiter bringen, was die Rechtsklarheit im Rundfunkrecht angeht. Der Entwurf des Staatsvertrages enthält eindeutige Regelungen, wie die Zulassung von bundesweitem privaten Rundfunk zu erfolgen hat. Gleiches gilt auch für die Aufsicht über diesen Rundfunkbereich. Die Koordination der Zulassung und Aufsicht wird einer Kommission der Landesmedienanstalten übertragen. In der Diskussion war auch eine Medienanstalt aller Länder, die ausschließlich für solche bundesweiten Sachverhalte zuständig sein sollte.
Das nun erreichte Verhandlungsergebnis ist ein Kompromiss, glaube ich, mit dem wir leben können. Der Staatsvertrag schafft erstmals technologieneutrale Vorgaben für Plattformanbieter. Wer Rundfunk und Telemedien zu einem Gesamtangebot zusammenfasst, trifft eine Auswahlentscheidung. Die Regelungen der Paragrafen 52 folgende stellen sicher, dass dabei die mediale Vielfalt und damit die Zuschauerinteressen gewahrt werden. Das ist auch ein Beitrag im demokratischen Meinungsbildungsprozess.
Meine Damen und Herren, öffentlich-rechtlicher Rundfunk steht für Qualität und das kostet Geld. Das Ende der laufenden Gebührenperiode am 31. Dezember 2008 ist nicht mehr in weiter Ferne. Eine Beschlussfassung des Landtages für die nächste Gebührenperiode von 2009 bis 2012 wird also noch im zweiten Halbjahr 2008 erforderlich sein und deshalb ist ein Ausblick auf den Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag angebracht. Die Ministerpräsidenten der Länder werden morgen auf der Ministerpräsidentenkonferenz den Entwurf zur Kenntnis nehmen. Dann können die Anhörungen und die Unterrichtungen der Landtage erfolgen.
An dieser Stelle vielleicht schon so viel: Die zuständige Kommission, die KEF, hat eine Gebührenerhöhung vorgeschlagen. Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt in seinem richtungsweisenden Urteil vom 11. September 2007 das Gebot der Trennung der medienpolitischen Konkretisierung des Rundfunkauftrages einerseits und der Gebührenfestsetzung andererseits präzisiert. Daher wird der Elfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag die KEFEmpfehlung unverändert 1:1 umsetzen. Die Rundfunkgebühr soll danach ab 01.01.2009 um 95 Cent und somit auf 17,98 Euro pro Monat steigen.
Wegen des Urteils wird es im Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag keine inhaltlich konkreten Regelungen zur Rundfunkgebühr geben. Diese Diskussion gilt es gründlich vorzubereiten. Wir werden es deshalb für die ab 2009 laufende Gebührenperiode nicht schaffen, für das Gebührenverfahren Änderungen an den sozialen Befreiungstatbeständen vorzunehmen. Diese hätten in erheblichem Umfang Auswirkungen auf das Gebührenaufkommen. Eine grundlegende Strukturreform kann somit erst zum 01.01.2013 erfolgen. Seien Sie jedoch versichert, dass mit Hochdruck an den diskutierten Gebührenmodellen gearbeitet wird.
Und in diesen Zusammenhang gehört auch die derzeit aktuelle Diskussion um die Werbefreiheit des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Den Befürwortern gebe ich als Denkaufgabe mit, dass ein Verzicht auf die Werbe- und Sponsoringeinnahmen derzeit eine Rundfunkgebührerhöhung von 1,40 Euro pro Monat und Gebührenzahler
ausmachen würde. Ich weise auch darauf hin, dass der Werbeanteil der Öffentlich-Rechtlichen ungefähr bei sieben bis acht Prozent des gesamten Werbeaufkommens liegt und somit keine Gefährdung für die privaten Anbieter bedeutet.
Was aus Sicht Mecklenburg-Vorpommerns jedoch nicht so lange warten kann, ist eine Regelung zur saisonalen Abmeldung insbesondere privat vermieteter Ferienwohnungen. Die Rundfunkanstalten haben in diesem Bereich bis 2006 eine temporäre Abmeldung akzeptiert, wenn die Ferienwohnung nicht ganzjährig zur Vermietung angeboten wurde. Mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der 2005 die Ferienwohnungen den Hotels gleichgestellt hat, sollte eigentlich eine generelle Verbesserung erfolgen. Dies darf nicht durch Änderungen der Verwaltungspraxis konterkariert werden. Die morgigen Beratungen der Ministerpräsidentenkonferenz werden zeigen, ob zur Lösung dieses Problems eine staatsvertragliche Regelung erforderlich ist oder nicht. Für mich, meine Damen und Herren, ist das Ergebnis wichtig, aber es muss natürlich auch rechtssicher sein.
Meine Damen und Herren, das Thema Rundfunk wird uns also auch in Zukunft beschäftigen. Wie aufgezeigt, gibt das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in vielem die Richtschnur vor. Unsere obersten Richter haben klargestellt, dass auch in einer digitalen Welt besonderes Gewicht auf der Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Systems liegt. Und wir – Landesregierung und Landtag – sind verpfl ichtet, die dafür notwendigen Bedingungen zu schaffen. Es ist deshalb wichtig und richtig, die Balance zwischen öffentlichrechtlichen und privaten Anbietern nicht einseitig zu verändern, denn meiner Meinung nach brauchen wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Über unsere Erwartungen an ihn und seinen Auftrag werden wir dann, meine Damen und Herren Abgeordnete, in den nächsten Monaten diskutieren. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von folgenden Prämissen und Grundsätzen hat sich die Fraktion DIE LINKE bei der Bewertung des Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages leiten lassen:
Erstens. Für die Sicherung des Fortbestandes des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedarf es angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und Konvergenz der Medien sowie sich verschärfender Konzentrationstrends am Markt und Globalisierung durch internationale Investoren qualitativ neuer und effektiverer Regularien sowie Regulierungsmechanismen und Instrumente.
Zweitens. Diese neuen Regulierungsmechanismen müssen mit einer Demokratisierung der bisher allein auf die Ministerpräsidenten beziehungsweise Direktoren der Landesmedienanstalten fokussierten Regulierungsbefugnisse einhergehen, wobei die Staats- und Politikferne jederzeit zu gewährleisten ist.
Drittens. Die Regulierungskompetenzen und Entscheidungen müssen dabei gebündelt werden, wobei das Subsidiaritätsprinzip beibehalten sowie standortbezogene Regulierungsentscheidungen möglichst vermieden werden.
Viertens. Das Angebot regionaler und lokaler Sender beziehungsweise von Programmveranstaltern soll beibehalten und weiterhin ausgebaut, konzernunabhängige Produzenten gestärkt sowie jegliche Formen von Bürgermedien – Offene Kanäle und Ausbildungskanäle, Campus-Programme, nichtkommerzieller Lokalfunk – in ihrem Fortbestand geschützt und eine Entwicklungsgarantie zugestanden werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund und den Einzelregelungen des vorliegenden Staatsvertrages ist meine Fraktion zu dem Ergebnis gekommen, diesem nicht zuzustimmen, und zwar aus Sicht aktuell getroffener Regelungen und weiterer Änderungsbedarfe in verschiedenen Fragen, denen die Ministerpräsidenten und die vorbereitenden Staatskanzleien mit diesem Staatsvertrag nicht gerecht wurden.
Erster Schwerpunkt der Kritik ist die Neuorganisation der Medienaufsicht. Aus der bisherigen Kommission zur Ermittlung der Konzentration wird eine Kommission für Zulassung und Aufsicht, kurz ZAK.
Diese besteht dann aus sechs Sachverständigen der KEK sowie sechs Direktoren beziehungsweise Präsidenten der Landesmedienanstalten. Statt Bürokratieabbau kommt es aus unserer Sicht hier zum Verwaltungsaufbau.
Die bisherige Kommission zur Ermittlung der Konzentration hat mit ihren sechs Sachverständigen sowie sechs Mitarbeitern bei einem Etat von etwas mehr als 1 Million Euro in zehn Jahren etwa 400 Entscheidungen getroffen. In den letzten Jahren gab es nicht eine wesentliche Kritik an der KEK, bis auf die eine, nämlich dass sie versucht hat, die Expansion des Springer-Konzerns und die damit dominierende Meinungsmacht zu verhindern. Übrigens war sie sich in dieser Bewertung mit dem Bundeskartellamt einig. Wer die KEK also so reformiert, wie jetzt geschehen, will sie offensichtlich nicht effektiver und unabhängiger machen, sondern verfolgt Standortinteressen und macht Lobbypolitik,
denn diese Veränderungen des Staatsvertrages kommen vor allem den kommerziellen Medienunternehmen Bayerns, Hamburgs und Nordrhein-Westfalens zugute. Ob das alles unserem Land wirklich zum Vorteil gereicht, bleibt aus unserer Sicht mehr als fraglich.
Zweitens. Die Neuregelung der Befreiungstatbestände für Rundfunkgebühren ist mit dem vorliegenden Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht gelungen. Die Befreiungsregelungen sollten angepasst werden. Hier hat der Landtag mit Beschluss – ich darf daran erinnern – vom 07.12.2006 auf der Grundlage eines Antrages meiner Fraktion und dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU dem Ministerpräsidenten den Auftrag erteilt, entsprechend tätig zu werden. Das Ergebnis ist gleich null. Es ist noch viel schlimmer, es ist verschoben mindestens auf den Zeitpunkt 2013, wenn man dem Ministerpräsidenten richtig zugehört hat.