Protocol of the Session on June 30, 2006

Entschuldigung, der Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/2352 mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Linkspartei.PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung des Antrages. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS auf Drucksache 4/2309 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS auf Drucksache 4/2309 mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion der Linkspartei.PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 42: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Altenhilfeplanung für Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 4/2302.

Antrag der Fraktion der CDU: Altenhilfeplanung für Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/2302 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Altenhilfeplanung für MecklenburgVorpommern muss auf die Tagesordnung im politischen Geschäft gestellt werden. Immerhin haben wir festzustellen, dass seit fünf Jahren eine Planung in diesem Lande fehlt. In besonderer Weise brauchen wir eine Rahmenplanung, auch mit Blick auf das Landespfl egegesetz, das am 31.12.2007 ausläuft, und da vor allem die PDS

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Linkspartei!)

gesagt hat, dass dieses fortgeschrieben werden soll, da im Kern das Pfl egewohngeld in dieser Novelle steckt.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten, die auch für Mecklenburg-Vorpommern vorhanden sind, das heißt, ambulante Strukturen, vorstationäre Strukturen. In besonderer Weise will ich darauf hinweisen, dass wir in den letzten Jahren im Vergleich von 1999 an gesehen eine Steigerung von Pfl egebedürftigkeit im Land um etwa acht bis neun Prozent zu konstatieren haben. Das heißt, in der Pfl ege werden in Mecklenburg-Vorpommern circa 50.000 Bürgerinnen und Bürger gepfl egt und davon in der Häuslichkeit über 34.000.

Meine Damen und Herren, auch die Verbesserung der Qualität der Pfl ege insgesamt muss in diesem Rahmen eine Rolle spielen. Und da geht es auch um die Frage der Heime und um neue Strukturen, die sich aus dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz ergeben könnten und ergeben, also vernetzte Strukturen, die Pfl egeklinik und Reha miteinander verbinden und vernetzen. Des Weiteren brauchen wir Angebote für die Familien, die Pfl ege besser leisten können, indem sie auch in die Lage versetzt werden, dieses von der Grundlage her zu schaffen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige Zahlen nennen, wie es sich bei der Verteilung der Leistungsempfänger in der Pfl egeversicherung verhält. Von den Bürgerinnen und Bürgern, die heute gepfl egt werden, sind etwa 31 Prozent unter 70 Jahre, 24,7 Prozent sind zwischen 70 und 80 Jahre alt, zwischen 80 und 90 Jahre sind es immerhin 31,2 Prozent und über 90 13 Prozent. Daraus ergeben sich die Aufgaben für die Zukunft. Wir hatten vorher schon in einem Tagesordnungspunkt das persönliche Budget angesprochen. Die Leistungen der Pfl egedienste sind auf dem Prüfstand. Eine neue Lebenswelt im Alltag ist zu erwarten. Darauf muss sich auch unser Land vorbereiten. Dazu brauchen wir eine Altenhilfeplanung. Wir brauchen die Stärkung und Unterstützung sowie die Entlastung der Familien. Wir brauchen die Förderung und die Begleitung sowie das Fitmachen ehrenamtlicher Helfer, um das Pfl egepotenzial insgesamt besser ausnutzen zu können.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt im Rahmen der Gesundheitswirtschaft und der Beschäftigungslage in der Pfl ege wird sein – es sind immerhin

13.000 Bürgerinnen und Bürger hier im Land mit Pfl ege beschäftigt –, wir brauchen neue Betätigungsfelder, innovative Wohnformen und Betreuungsformen. Wir brauchen eine stärkere Position der Pfl ege im Gesundheitsmarkt, wir brauchen die Etablierung von Mischformen, von ambulanten und stationären Versorgungen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen auch eine neue Qualität bei der Ausbildung in der Pfl ege, also professionelles Handeln. Dazu wollen wir anstoßen und auch anregen, diese Altenhilfeplanung auf den Weg zu bringen. Nun höre ich wieder Stimmen, da es die CDU beantragt, müssen wir es ablehnen, um später selbst einen Antrag einzubringen. So wird es wahrscheinlich wieder sein.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Viele andere Beispiele in der Geschichte beweisen das. Des Weiteren muss in dieser Pfl egeplanung auch die Frage beantwortet werden, wie sich im ländlichen Raum die Versorgung zukünftig gestalten soll, welche altengerechten Wohnformen wir in Mecklenburg-Vorpommern installieren wollen und welche gezielten Unterstützungen auch für Seniorenwohnformen entwickelt werden können. Das oberste Ziel ist, ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen im Alter sehr lange zu garantieren, und dem wollen wir uns zuwenden. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Glawe.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Dr. Linke.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Glawe, Sie haben in Ihrer Rede sehr bemerkenswerte, auch für die tägliche Arbeit im Bereich der Pfl ege bedenkenswerte Ausführungen gemacht. Zu Ihrem Antrag konkret möchte ich sagen, ein Blick in das Gesetz erleichtert oft die Standpunktfi ndung.

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Und das, denke ich, sollte auch bei der Abfassung von Landtagsanträgen gelten. Ihr Anliegen ist im Gesetz verankert. Gemäß Paragraf 5 Absatz 2 des Landespfl egegesetzes hat das Sozialministerium im Zusammenwirken mit den kommunalen Landesverbänden mindestens alle vier Jahre eine Pfl egerahmenplanung für die ambulante, teilstationäre und stationäre Pfl ege aufzustellen. Das heißt also, die Inhalte, die inhaltlichen Vorgaben sind defi niert. Sie werden in der täglichen Arbeit umgesetzt und insofern kann ich nicht erkennen, inwieweit der Antrag zur Erstellung einer Altenhilfeplanung über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht. Er bietet auch von der inhaltlichen Strukturierung her keine neuen Aspekte. Ich halte ihn nicht für erforderlich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Harry Glawe, CDU: Das ist ja unglaublich! Wer hat Ihnen das denn wieder aufgeschrieben?! Das ist ja unglaublich! Das gibt’s doch gar nicht! 2001 haben das alle Kommunen zugearbeitet und Sie haben das dann nicht mehr weitergemacht. Das ist ja nicht zu fassen!)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Jörg Heydorn von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Lieber Herr Glawe, ich schätze Sie ja sonst sehr,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

aber das, was Sie hier gerade ausgeführt haben, hat mit dem Thema Altenhilfeplanung nicht so wahnsinnig viel zu tun. Ich war auf kommunaler Ebene einmal für Altenhilfeplanung verantwortlich zu einer Zeit, als man damit noch, ich sage mal, durchschlagende Wirkung erzielen konnte, weil die Finanzierung daran gekoppelt war. Heute haben wir leider etwas andere Verhältnisse. Man könnte sagen: Plant mal ruhig! Im Grunde genommen macht sowieso jeder, was er will.

Wir haben mit Inkrafttreten des Pfl egeversicherungsgesetzes eine Situation, dass diejenigen, die Einrichtungen betreiben wollen, nicht mehr davon abhängig sind, ob sie in irgendeiner Altenhilfeplanung aufgenommen wurden, sondern sie müssen fachliche Voraussetzungen erfüllen und können dann einen Versorgungsvertrag abschließen. Das heißt, es kann sie keiner mehr daran hindern. Als Beispiel kann man sich hier Schwerin angucken. Hier schießen quasi die stationären Pfl egeeinrichtungen wie die Pilze aus der Erde, könnte man fast sagen. Im letzten Jahr sind zwei oder drei an das Netz gegangen. In diesem Jahr werden zwei oder drei neu gebaut, ohne dass die Kommune als Träger der Altenhilfe hier in irgendeiner Form Einfl uss darauf nehmen könnte. Das ist im Grunde genommen passé. Gleiches gilt auch für ambulante Pfl egedienste. Derjenige, der einen ambulanten Pfl egedienst eröffnen will, ist heute nicht mehr in der Situation, dass er sich beim Sozialträger deswegen melden muss, sondern er wendet sich an die Pfl egekasse, muss die qualitativen Voraussetzungen nachweisen, und damit ist im Grunde genommen dann die Sache auch geregelt. Wenn er die erfüllt, dann wird ein Versorgungsvertrag gemacht.

Also das ist die eine Seite der Medaille, dass man heute mit dem Bereich einfach im Wettbewerb ist, und die andere Seite der Medaille, Herr Glawe, ist, es geht hier, wenn ich Ihren Antrag richtig verstanden habe, um das Thema Forcierung der Ambulantisierung. Für den ambulanten Bereich ist das Land nicht verantwortlich, sondern der ambulante Bereich gehört planungsmäßig in die Zuständigkeit der örtlichen Sozialhilfeträger und ist damit der Landesebene entzogen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Aber, Herr Glawe, ich will Ihnen eine Möglichkeit aufzeigen – Sie haben gleich noch Gelegenheit, darauf einzugehen –, wo wir die Möglichkeit gehabt hätten, wirklich aktiv auf das Thema Ambulantisierung Einfl uss nehmen zu können.

Und zwar ist mir Folgendes passiert: Am Rande des Hauptstadtkongresses in Berlin habe ich mit jemandem gesprochen, der mir Folgendes erzählte. Er kam aus Niedersachsen und sagte, unsere Sozialamtsleiterin hier im Kreis ist jetzt dabei, das Thema Heimabwehr zu organisieren. Für jeden, der jetzt in eine stationäre Pfl e

geeinrichtung aufgenommen werden soll, werden Überprüfungen eingezogen, ob denn wirklich die stationäre Aufnahme in die Einrichtung notwendig ist. Das passiert in Niedersachsen. In Niedersachen gibt es auch ein Sozial hilfefi nanzierungsgesetz. Nur das sieht ein bisschen anders aus als das unsrige. Da gibt es auf der örtlichen Ebene ein Interesse daran, dass eine Aufnahme in stationären Einrichtungen nicht stattfi ndet.

Schauen wir uns die Situation bei uns in MecklenburgVorpommern einmal an. Unser Sozialhilfefi nanzierungsgesetz, das wir jetzt erst novelliert haben, führt nicht dazu, dass der Ambulantisierung, dem Vorrang der ambulanten Hilfe, Rechnung getragen wird. Das führt signifi kant nicht dazu. Ein Beispiel aus Schwerin ist jetzt auch durch die Zeitung gegangen, da gab es einen Träger, der eine ambulante Einrichtung für Wohngruppen von Menschen mit Demenz gebaut hatte. Der örtliche Sozialhilfeträger weigerte sich nachhaltig, das zu bezahlen. Das hat etwas mit unserem Sozialhilfefi nanzierungsgesetz zu tun, Herr Glawe. Und ich kann mich erinnern, dass gerade Ihre Fraktion es gewesen ist, die in der Diskussion um das Sozialhilfefi nanzierungsgesetz das Thema „Orientierung an den Ist-Kosten“ am meisten hochgehalten hat. Sie als die Kommunalpartei haben gesagt: Ist-Kosten sind für uns das Leitmaß aller Dinge. Und das führt dazu, dass das Thema Ambulantisierung und Ausdifferenzierung eben nicht in dem Maße passiert, wie es eigentlich passieren könnte und wie es offenbar in anderen Bundesländern auch möglich ist.

Und wenn wir uns unser Landespfl egegesetz einmal ansehen, Herr Glawe, gibt es heute in diesem Landespfl egegesetz schon die Möglichkeit, Modellvorhaben zu fi nanzieren, sowohl im investiven als auch im Betriebsbereich, aber bei laufendem Aufwand. Also wenn Sie die Einrichtungen kennen, dann können Sie die, die modellhaft etwas implementieren wollen, darauf hinweisen, dass unser Landespfl egegesetz heute diese Möglichkeiten schon bietet.

Also wenn Sie die Einrichtungen kennen, dann können Sie die, die modellhaft etwas implementieren wollen, darauf hinweisen, dass unser Landespfl egegesetz heute diese Möglichkeiten schon bietet.

Unser Landespfl egegesetz, Herr Glawe, ist damals in der Diskussion auch stark von Ihnen kritisiert worden. Es verpfl ichtet einzelne unterschiedliche Versorgungsbereiche zur Zusammenarbeit. Krankenhäuser beispielsweise und die Kranken- und Pfl egekassen sind auf der Grundlage unseres Landespfl egegesetzes verpfl ichtet zusammenzuarbeiten, müssen sich also abstimmen und koordinieren, um dem Interesse der Pfl egebedürftigen Rechnung zu tragen. Dieses Projekt ist überregional positiv zur Kenntnis genommen worden. Das ist auch in unterschiedlichen Fachzeitschriften publiziert worden, das können Sie sich mal ansehen, Herr Glawe. Das ist eine Geschichte, die gut und richtig war, an der Sie sich damals aber nicht beteiligt haben.

(Harry Glawe, CDU: Was?)

Ja. Das Gesetz haben Sie auch abgelehnt, Herr Glawe.

(Harry Glawe, CDU: Das sind aber falsche Informationen.)

Das weiß ich aber noch ganz genau.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Ja, ja, hören Sie doch auf! Das haben wir sogar gemeinsam gemacht.)

Wenn wir uns das Thema Koordination und Zusammenarbeit ansehen, Herr Glawe, dann gibt es schon an der einen oder anderen Stelle Pfl egekonferenzen,

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja, ja.)

die solche Dinge besprechen. Wir haben diese Pfl egekonferenzen auf der Landesebene – ich glaube, bei der letzten waren Sie auch zugegen –, wo solche Sachen erörtert werden und wo solche Absprachen getroffen werden. Solche Pfl egekonferenzen haben wir aber auch auf der örtlichen Ebene. Auch die Kreise und kreisfreien Städte sind durchaus dazu berechtigt und wenn sie klug sind, dann richten sie solche Pfl egekonferenzen ein. Zwingen können wir sie nicht.

Also noch einmal: Das Instrument der Altenhilfeplanung ist heute nicht mehr hinreichend, um die Dinge zu lösen, die Sie eigentlich wollen. Das, was Sie vorgetragen haben, ist sinnvoll und richtig, aber mit Altenhilfeplanung nicht mehr zu erreichen.

(Harry Glawe, CDU: Ach, hören Sie doch auf!)