Es ist sicher nicht die vorrangige Aufgabe der Opposition, die unerledigten Hausaufgaben der Regierung zu machen, aber die Art und Weise, die Peinlichkeit, die mittlerweile die Diskussion erreicht hat, sollte uns schon dazu bewegen, hier als Landtag zu diskutieren und vom Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern Schaden abzuwenden, indem wir der Regierung Handlungsanweisungen mitgeben und nicht auf eine Kommission, die nun schon wieder tätig wird, warten. Denn nach dem brutalen Überfall auf die Vietnamesen in Eggesin erfolgte durch den Generalbundesanwalt eine konsequente Strafverfolgung und, wie ich glaube, auch eine durchaus angemessene Verurteilung der Gewalttäter. Aber obwohl der Generalbundesanwalt sein Einschreiten mit der drohenden Gefährdung der Rechtsordnung begründet hat und das Oberlandesgericht in sehr deutlicher Sprache auf die Handlungsdefizite bei der Bekämpfung der Ursachen des gewalttätigen Rechtsextremismus und der Ausländerfeindlichkeit hingewiesen hat, musste es erst noch zu den verabscheuungswürdigen Straftaten in Lassan kommen, ehe sich die Landesregierung überhaupt bemüßigt sah, nun endlich etwas zu tun.
Besonderer Kritik haben Sie sich, Herr Innenminister, ausgesetzt, denn wir wissen immer noch nicht, wann Sie von den Überfällen erfahren haben.
Aber wir werden es vielleicht am 31.05. erfahren, nachdem Sie entgegen der Ihnen obliegenden Verpflichtung dem Innenausschuss hierzu keine Auskunft geben konnten.
Was wir jedoch nicht in Ordnung finden, ist, dass Sie das Problem so dilettantisch angehen, dass Ihre erste sachbezogene Reaktion der Vorschlag ist, Rechtsextremisten Räume zur Verfügung zu stellen.
Die Kritik, die Sie ja erfahren haben vorweg von Michel Friedmann, dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, von Ihrem eigenen Ministerpräsidenten, Ihrem Fraktionsvorsitzenden und auch dem Koalitionspartner, die durfte Sie nicht unvorbereitet treffen, denn Sie haben das einfach so in den Raum gestellt.
Wenn Sie unseren Antrag lesen, wissen Sie, dass wir zwar den Vorstellungen des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung folgen, aber dann konsequent.
(Monty Schädel, PDS: Aber akzeptierte Jugend- arbeit ist doch überall danebengegangen. – Georg Nolte, CDU: Ach Gott! – Reinhardt Thomas, CDU: Das ist ja der Witz.)
Dann haben Sie, nachdem das also auf Widerstand stieß oder auf Abneigung, verkündet, Sie werden jetzt den Generalstaatsanwalt unseres Landes anweisen, härter durchzugreifen.
Ja, das, Herr Innenminister, haben Sie vor einem Mikrofon, Sie haben vor einem Mikrofon genau dies gesagt.
Sie haben das auch bis heute nicht richtiggestellt. Und auch der Herr Justizminister – der ist ebenfalls nicht da – hat es offenbar aufgegeben, Ihnen den Unterschied zwischen der Ressortverantwortung
Aber unser Ministerpräsident hatte dann nichts Besseres zu tun, als die Bürgerinnen und Bürger unseres Landesteils Vorpommern damit zu verunglimpfen, dass Vorpommern – übrigens entgegen der eindeutigen Zahlen Ihres Extremismusberichtes, der erst kürzlich vorgelegt worden ist, Sie haben ihn hier zitiert – als Schwerpunkt rechtsextremer Straftaten anzusehen sei. Sie hätten das hier richtigstellen können, es ist Ihr Bericht. Allerdings, Sie haben hier gesagt, die rechtsextremen Straftaten sind in ‘99 gegenüber ‘98 zurückgegangen. Ich empfehle Ihnen die Lektüre der Seite 28 Ihres Berichts. Da steht, die Gewaltdelikte sind von ‘98 auf ‘99 um 3,9 Prozent nicht gefallen, sondern gestiegen. Also was ist denn nun richtig?
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle auf eins hinweisen, Herr Ritter hat es zitiert: Da wird jetzt eine neue Kommission eingesetzt. Er hat gesagt, dass die Gesellschaft von der Landesregierung aufgerufen wird, etwas zu tun. Alles richtig. Aber damit, dass man jetzt erst richtig anfängt, zeigt man doch, dass man die ganze Zeit gar nichts getan hat.
Kabinettsbeschluss vom 9. Mai 2000. Und wenn Sie den ganz nüchtern lesen, werden Sie feststellen, dort stehen ganz konkrete Maßnahmen drin. Ich muss allerdings zugeben, dass er sehr widerwillig von der einen Seite der Koalition akzeptiert worden ist, ‘98, insbesondere von der Kultusministerin. Aber es gibt diesen Kabinettsbeschluss. Was man nur tun muss, man muss die Maßnahmen querbeet über die Zuständigkeiten in der Landesregierung umsetzen. Und wenn Sie das getan hätten, würden Sie jetzt nicht mit leeren Händen dastehen.
Wir, Herr Innenminister, unterstützen allerdings, wir unterstützen Ihre Forderung aus praktischen Überlegungen, dass für Jugendliche, die gefährdet sind, mit rechtsextremem Gedankengut auch Räume zur Verfügung stehen. Aber nicht etwa damit sie Ruheräume haben, nicht in Ihrer naiven Form. Damit setzen Sie sich nämlich dem Vorwurf aus, den Michel Friedmann erhoben hat, Sie wollten Ruheräume schaffen,
und das ist gerade jetzt noch mal vom Ausländerbeirat so falsch gesehen worden, ich hoffe, falsch. Ich hoffe, Sie denken in diesem Punkte wie wir. Ich hoffe, dass Sie wissen, dass Sie die Kommunen damit nicht alleine lassen können. Sie müssen sich dann zugleich in der Landesregierung dafür stark machen, dass die entsprechenden Stellen geschaffen werden für qualifizierte Pädagogen und Sozialarbeiter. Denn das ist nicht eine Sonntagsaufgabe, was hier geleistet werden muss. Dieses Spannungsfeld zu überbrücken, mit gewaltbereiten Jugendlichen zu arbeiten, mit solchen, die auch noch rechtsextreme Anschauungen vertreten, das ist keine leichte Sache. Damit können Sie die Kommunen nicht alleine lassen. Da müssen Sie sich dann schon mal dafür einsetzen, dass Sie nicht nur Luftblasen formulieren, sondern auch etwas umsetzen.
Meine Damen und Herren, der Innenminister hat wenig Verständnis für die rechtspolitischen Forderungen gezeigt und hat dann auf Thüringen, auf Sachsen und wohin auch immer hingewiesen. Hier haben Sie Verantwortung und hier hatten Sie, Herr Innenminister, auch als innenpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion bis 1998, zumindest im Landtag, Verantwortung.
Und denken Sie mal daran, wie Sie sich gesperrt und gesträubt haben zum Beispiel gegen die Verschärfung im Versammlungsrecht.
Sie haben eben den Artikel 8 zitiert. Herr Innenminister, Sie sollten sich mal mit Ihren Kollegen, die etwas tiefer, glaube ich, in die Materie eingestiegen sind, unterhalten. Ich weiß, dass es in der Innenministerkonferenz überwiegend die Auffassung gibt, dass das, was heute versammlungsrechtlich einfach rechtlich geregelt ist im Paragraphen 15 des Versammlungsgesetzes, die Polizei vor Schwierigkeiten stellt, die sie nicht lösen kann. Ich will Ihnen das erläutern.
Sie haben gesagt, das geht alles nicht. Aber, Herr Innenminister, das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil
deutlich auf die erhebliche Störung des Rechtsfriedens und des Rechtsbewusstseins hingewiesen. Wie lange soll es eigentlich noch gehen, dass wir die gleichen Bilder von NPD-Aufmärschen sehen, die dann von der Polizei begleitet werden? Es ist doch immer wieder das gleiche Muster: Zur Abwehr dieser Veranstaltung organisieren sich demokratische Bürgerbündnisse – darauf ist hier hingewiesen worden – am gleichen Ort. Diese werden dann, und das muss leider hier gesagt werden, weil es Fakt ist, auch häufig von gewaltbereiten Gruppen aus dem linksextremistischen Spektrum benutzt. Sie entsinnen sich, hier in Schwerin hat es die Polizei glücklicherweise im Griff gehabt.
(Angelika Gramkow, PDS: Sie waren gar nicht da, Sie können das gar nicht einschätzen. – Zurufe von Georg Nolte, CDU, und Peter Ritter, PDS)
Ach, Frau Gramkow, ich weiß doch, dass Sie das angezettelt haben. Wer hat denn den Antrag in die Stadtvertretung gebracht, ein bestimmtes Haus in einer Weise zu benennen, so dass „Graswurzel“ und andere hierher gekommen sind? Sie haben dafür gesorgt.
(Volker Schlotmann, SPD: Na wer ist denn „Graswurzel“? Sie haben doch überhaupt gar keine Ahnung! Sie strotzen vor Arroganz und nehmen dann Begriffe wie „Graswurzel“ in den Mund und wissen gar nicht, was es ist. Da können wir uns gerne mal drüber unterhalten. – Monty Schädel, PDS: Das ist das schlechteste Beispiel, was Sie anführen können. – Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)
(Angelika Gramkow, PDS: Die Ausführungen des Staatsschutzes im Ordnungsausschuss haben Sie wohl nicht mitgekriegt?)