Protocol of the Session on May 22, 2019

Sie treffen damit doch nicht uns als Fraktion DIE LINKE, sondern Sie treffen damit die Menschen, die mit uns gemeinsam an diesem Antrag gearbeitet haben, die in die Veranstaltungen gekommen sind, die in unsere Sprechstunden kommen; die nehmen Sie in ihren Anliegen gar nicht ernst. Sie versuchen uns zu bashen und uns zu unterstellen, wir würden die Menschen instrumentalisieren. Aber andersherum wird ein Schuh daraus und wir laden Sie ein.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte noch einmal die Zahlen nennen. Wir hatten 2015 eine Armutsgefährdungsquote von 17,4 Prozent, 2016 18,3 Prozent, 2017 18,7 Prozent. Das ist eine Steigerung aufgrund Ihres Maßnahmenkatalogs. Sie müssen doch einmal Stellung dazu nehmen – wir haben diese Diskussion schon öfter gehabt –, dass Sie in der Armutsbekämpfung so wenig Ehrgeiz entwickeln. Wir versuchen jetzt mit diesem Antrag aufzuzeigen, durchdekliniert durch alle Lebensbereiche, dass auch das Land durchaus in der Lage ist, wirksame Maßnahmen sofort auf den Weg zu bringen. Natürlich ist dieses BuT-Paket auf Bundesebene zu diskutieren. Natürlich brauchen wir eine Kindergrundsicherung auf Bundesebene. Natürlich brauchen wir viele arbeitsmarktregulatorische Dinge auch auf Bundesebene. Aber wir müssen nicht die Hände in den Schoß legen, wir können hier tätig werden, und das ist unser Angebot an Sie alle gemeinsam. Das schlagen Sie aus, und das ist im Grunde ein Schlag in das Gesicht der Menschen

(Dirk Kienscherf SPD: Nun mal ein bisschen runterkommen!)

und nicht in die Fraktion DIE LINKE.

(Beifall bei der LINKEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Noch einmal ein konkretes Beispiel. Sie haben uns vorgeworfen, wir würden nicht auf Prävention setzen. Das ist aber doch gerade unser Ansatz, und das ist auch eine Antwort auf Ihre Unterstellung, wir würden immer Wünsch-dir-was machen

(Dirk Kienscherf SPD: So ist das!)

und hätten keine Ahnung, was das am Ende des Tages kostet. Gerade die Prävention wäre etwas sehr, sehr Wirksames, auch wenn man es nur ökonomisch sehen würde. Der Bezirk Harburg hat über die Fraktionen hinweg gerade deutlich gesagt, dass im Jugendhilfebereich ein Defizit von 400 000 Euro klafft; das fehlt in der Prävention. Sie werden am Sonntag Ihre Quittung dafür bekommen, weil Sie das ignorieren

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch Blödsinn jetzt!)

und weil Sie die Bezirke nicht angemessen ausstatten in der sozialen Infrastruktur, in der niedrigschwelligen präventiven Arbeit, die nötig und wichtig ist. Ich kann es ehrlicherweise nicht verstehen, und ich verstehe auch nicht, wer Sie politisch berät. Das müssen Sie mir einmal erklären.

(Beifall bei der LINKEN)

Am Ende möchte ich noch etwas sagen: Für uns sind Armutspolitik und Armutsbekämpfung keine Wohlfahrtsstaatspolitik im Sinne von Samaritertum; das machen die Wohlfahrtsverbände in der Stadt sehr gut. Wir brauchen eine Politik, wo alle Men

schen wieder ihr Recht auf Teilhabe und Mitsprache wahrnehmen können.

(Dirk Kienscherf SPD: Das machen wir ja!)

Wenn wir alle gemeinsam dafür kämpfen, dass die Kinderrechte ins Grundgesetz kommen, dann leitet sich genau das daraus ab: Kinder haben ein Recht darauf,

(Dirk Kienscherf SPD: Aber gegenüber den Eltern!)

gesund und in Würde und Teilhabe groß zu werden. Das schaffen Sie als Rot-Grün bei Weitem nicht für alle Kinder, und das ist eine Schande.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion erhält nun Herr Schwieger das Wort.

Frau Vorsitzende, vielen Dank. Warum erinnert mich immer die zweite Rednerin oder der zweite Redner der LinksFraktion an eine Situation mit einem trotzigen Kind, das aufstampft und sagt, es habe aber trotzdem recht? Das ist immer ein bisschen schwierig.

(Beifall bei der SPD)

Wenn es eines Zeichens bedurft hätte, dass es ein Wahlkampfantrag ist, dann war das Ihr Auftritt gerade, Frau Boeddinghaus.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Was an- deres fällt Ihnen nicht ein!)

Sie haben es selbst gesagt, Sie haben uns die Quittung und was sonst noch alles angedroht.

Ich fand auch die Aussage, die SPD entdecke im Wahlkampf ihre soziale Ader, pädagogisch schwierig. Das ist eine Unverschämtheit, das ist eine grobe Unverschämtheit.

(Beifall bei der SPD)

Auch Ihre Aussage, Frau Boeddinghaus – legen Sie einmal das Handy weg, dann können Sie besser zuhören –,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Ich hör ja nichts, Herr Schwieger!)

wir würden die Hände in den Schoß legen, finde ich unglaublich schwierig. Wenn wir in den Auseinandersetzungen und in den Beratungen des Ausschusses – Auseinandersetzungen sind es im Ausschuss doch eigentlich gar nicht – und gerade im Sozialausschuss so fleißig sind und so häufig zu einvernehmlichen Äußerungen kommen, dann verstehe ich diese Konfrontation nicht.

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Schwieger, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann zu?

Nein danke. Ich muss noch ein bisschen Zeit für die FDP haben.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Bravo!)

Das tut mir nun ein bisschen leid.

(Beifall bei Anna-Elisabeth von Treuenfels- Frowein – Michael Kruse FDP: Für eine Zwi- schenfrage bekommen Sie zusätzliche Zeit!)

(unterbrechend) : Herr Kollege Schwieger, meine Damen und Herren, dann kläre ich das noch einmal auf. Bei Zwischenfragen und deren Antworten wird selbstverständlich die Zeit gestoppt.

Entschuldigung, das war der falsche Ansatz. Geben Sie mir bitte noch einmal ein bisschen Zeit, um auf die FDP einzugehen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Sagen Sie mal was zu 18 Prozent Armutsgefährdungsquo- te!)

Das fand ich echt schwierig, ein Setzen auf die Marktwirtschaft. Da haben wir doch so viele Zeichen in der Geschichte gehabt, dass das nicht immer funktioniert, bis hin zu irgendwelchen Fällen, dass große Firmen – wie heißt es so schön auf Englisch: too big to fail – vom Staat gerettet werden. Also das kann ich mir kaum vorstellen.

(Daniel Oetzel FDP: Das ist nicht Marktwirt- schaft, wenn der Staat rettet! Sie haben mich bewusst falsch verstanden!)

Genau. Dann lassen wir nach FDP-Meinung die Firmen verbluten, und Tausende von Arbeitskräften gehen flöten. Das ist FDP-Marktwirtschaft pur. Das ist wirtschaftsradikale FDP-Politik.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Genauso die Aussagen von Frau Nicolaysen zur Wohnungspolitik: Das solle man dem Markt überlassen und ein Drittelmix sei viel zu viel. Das finde ich unglaublich schwierig.

(Michael Kruse FDP: Das hat sie nicht ge- sagt!)

Das hat sie gesagt.

Das kann doch nicht die Mehrheitsmeinung der FDP-Fraktion sein.

Jetzt wieder zur LINKEN. Ich lasse Sie jetzt in Ruhe, Herr Kruse, Sie brauchen sich nicht mehr weiter aufzuregen. Noch einmal zu der LINKEN.

(Sabine Boeddinghaus)

(Zurufe)

Ja, ich bin dabei. Sorgen Sie einmal bei der FDP für Ruhe, dann klappt das auch.