Protocol of the Session on January 17, 2018

Entscheidet sich der Beamte für die pauschale Beihilfe – und es ist vollkommen egal, Herr Tode, ob in der PKV oder in der GKV, das hat doch über

haupt nichts miteinander zu tun, ob dies in der GKV oder PKV geschieht –, entledigt sich der Dienstherr seiner Fürsorgepflicht aus genau dieser persönlichen Verantwortung. Der Dienstherr hat keinen Einfluss auf das Versorgungsniveau in der GKV oder in der PKV – ich hoffe, lieber Herr Tode, an dieser Stelle werden Sie mir nicht widersprechen – und wegen des beabsichtigten unwiderruflichen Wegfalls auch keine Möglichkeiten, amtsunangemessen Versorgungslücken zu schließen. Das ändert übrigens auch nichts daran, dass die Gewährung einer zusätzlichen Beihilfe im Ausnahmefall nach Paragraf 80 Absatz 9 des Hamburgischen Beamtengesetzes zur Vermeidung unbilliger Härten unberührt bleibt, wie Sie es formulieren. Und bei der Pauschale schreiben Sie in den Gesetzentwurf "mögliche", Frau Senatorin. Aber genauso nebulös bleiben Sie dann auch bezüglich der Steuerfreiheit. Da heißt es doch tatsächlich in Ihrem Gesetzentwurf – ich zitiere –:

"Bei der Gewährung einer pauschalen Beihilfe handelt es sich um eine neue Form der Leistung. Da sie als pauschale Fürsorgeleistung mit den sozialversicherungsrechtlichen Ausgaben des Arbeitgebers nach §§ 249 bzw. 257 SGB V vergleichbar ist, geht der Senat davon aus …"

das steht da so –

"dass die Pauschale für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers"

nach den einschlägigen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes

"steuerfrei ist."

Liebe Frau Senatorin, glauben und hoffen soll ja bekanntermaßen Berge versetzen. Hier in der norddeutschen Tiefebene würden wir uns bei einer parlamentarischen Befassung mit einem Gesetzentwurf eher mit Tatsachen, Fakten und nötigenfalls, falls vorhanden, auch fachlich vertieftem Wissen des Senats auseinandersetzen als mit vagen Vermutungen. Wovon der Senat und der Bürgermeister sonst so ausgehen, das haben wir ja nun im letzten Jahr beim G20-Gipfel unter Beweis gestellt.

(Zurufe)

Und so ziehen sich die Prognosen und vagen Vermutungen wie ein roter Faden durch Ihren Gesetzentwurf. Auch bei den Kosten und Auswirkungen bleiben Sie vage und nebulös. Da beziffern Sie im Gesetzentwurf bei den Schätzungen, welche Ausgaben auf den Haushalt zukommen, die Mehrkosten im Jahr 2018 auf geschätzte 2,4 Millionen Euro und auf mindestens 5,8 Millionen in den Folgejahren. Sie schreiben im nächsten Satz, dass die genaue Anzahl der freiwillig in der GKV versicherten Beamten gar nicht bekannt ist, weil dieses Merkmal bisher gar nicht erfasst worden sei. Das veran

lasst uns, nach wie vor dabei zu bleiben, dass dieser Gesetzentwurf verfassungsrechtlich mehr als bedenklich ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Lenders. – Das Wort erhält nun für die GRÜNE Fraktion Frau Blömeke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lenders, ich kann nur sagen: Wir haben Vertrauen in die Verfassungsmäßigkeit und in die Prüfung des Senats. Wenn Sie das nicht haben, Herr Gladiator oder Herr Lenders, dann gehen Sie doch mitsamt der CDU-Fraktion vor das Verfassungsgericht und klagen Sie dagegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf: Sie stehen so oft vor Gericht!)

Es ist einfach hier nicht angebracht, irgendwo aus dem hohlen Bauch zu sagen, das sei alles nicht verfassungsgemäß, auch wenn das alles geprüft wurde.

(Dennis Gladiator CDU: Wir haben das be- gründet! Da hätten Sie gerade zuhören sol- len!)

Ja, Sie haben Gründe, das ist genau der Punkt. Sie sprechen hier von Fakten und die Fakten kommen bei Ihnen einfach nicht richtig vor; die sind dürftig.

Die Fakten lese ich zum Beispiel in der Drucksache, die Fakten habe ich hier gehört von der Senatorin und die Fakten sind die, die wir nachlesen können, wie die Einführung der pauschalen Beihilfe funktionieren soll. Aber die Fakten, Herr Lenders, kommen bei Ihnen einfach zu kurz.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich finde, dass Sie sich selbst an dieser Stelle entblößen,

(Joachim Lenders CDU: Das tue ich nicht!)

und zwar entblößen in der Richtung, dass das Wort Gerechtigkeit oder Solidargemeinschaft für Sie ein Fremdwort ist. Das ist der Grund, warum die CDU hier für mich wirklich – na ja, also ich meine, ich bin ja auch nicht in der CDU, zum Glück nicht – überhaupt nicht akzeptabel ist. Umso mehr ärgere ich mich in der Tat auch – und da komme ich auch wieder auf die Sondierungsgespräche – über die Blockadehaltung der CDU in diesem Punkt, denn ich glaube, wir können in Deutschland nur weiterkommen, wenn es erhebliche Reformen gibt. Und die Reformen liegen in der Solidargemeinschaft und in mehr Gerechtigkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielleicht noch einmal einen Schritt zurück, wenn ich wieder zu den Beamten komme. Ich kann einfach nicht verstehen, Herr Lenders … Wenn wir noch einmal einen Schritt in die Geschichte gehen: Seit 2009 besteht für die Beamten sozusagen eine Verpflichtung zur Krankenversicherung. Da sind wir uns einig.

(Joachim Lenders CDU: Ja, steht im Ge- setz!)

In der Regel ist das eine private Versicherung, die durch Beihilfe ergänzt wird. Da sind wir uns auch einig. Und nur unter bestimmten Voraussetzungen können Beamte in eine gesetzliche Versicherung, die sie freiwillig tragen und für die sie dann doppelte Beiträge zahlen müssen. Das ist doch nicht gerecht.

(Zuruf von Joachim Lenders CDU)

Ich kann nicht verstehen, was Sie daran gerecht finden. Nun erhalten alle Beamten eine pauschale Beihilfe. Ich will noch einmal sagen: Auch ich habe eine Rückmeldung von Beamten gekriegt, die dankbar dafür sind.

(Beifall bei der SPD)

Das sind nämlich auch Beamte, die zum Beispiel vielleicht viele Kinder haben, das sind Beamte, die auch gesundheitlich Probleme haben. Die haben jetzt die Möglichkeit, ohne finanzielle Verluste in eine gesetzliche Kasse zu gehen. Dafür kommt die Stadt auf. Ich kann nicht verstehen, was es daran zu kritisieren gibt, Herr Lenders. Ich kann ehrlich gesagt auch nicht die Beamten verstehen, die sich dazu lautstark geäußert haben. Das kann mir ja gern noch einmal erklärt werden. Zu mir kommen auch Beamte in der Rückmeldung, die für diesen Vorstoß sehr dankbar sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Frau Blömeke, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung oder Zwischenfrage des Abgeordneten Lenders?

Ja, da ich gleich nur noch zwei Sätze habe. Ja, Herr Lenders.

Ich habe die Frage, Frau Blömeke: Was machen Sie denn mit den Beamten, die dann möglicherweise, wenn das Gesetz in Hamburg Realität wird, in das Land Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein et cetera wechseln, wo genau diese Gesetzesvorlage nicht da ist? Dieser Beamte wäre dann, wenn er davon Gebrauch macht, in einer gesetzlichen Krankenversicherung. Das gibt es dort nicht. Zahlt der Hamburger Senat dann den

nicht mehr Hamburger Staatsbediensteten in Schleswig-Holstein diese Pauschale weiter?

Also erst einmal machen wir hier Politik für Hamburg.

(Zurufe von der CDU: Ah!)

Ich denke, dass es an dieser Stelle … Ich bin nicht verantwortlich für die anderen Bundesländer, nein, aber ich habe auch gehört, dass die anderen Bundesländer, ich habe es ja schon gesagt, nach Hamburg schielen.

(Dennis Gladiator CDU: Dann darf man nicht so einen Alleingang machen! Das ist gefähr- lich!)

Ich habe die Senatorin gehört, die gesagt hat, dass andere Bundesländer sicherlich hier noch nachkommen werden. Herr Lenders, ich hätte am liebsten, und dazu stehe ich auch …

(Jörg Hamann CDU: Ja, natürlich!)

Herr Hamann, können Sie sich mal wieder etwas einkriegen?

Ich stehe auch dazu, dass ich am liebsten auf Bundesebene eine Änderung gehabt hätte, eine weitreichende. Diese Änderung hätte Bürgerversicherung geheißen.

(Zurufe)

Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass wir in der Koalition hier unterschiedliche Dinge besprechen. Denn jetzt haben wir in Hamburg die Einführung der pauschalen Beihilfe – das finden wir richtig und gut – und auf Bundesebene hätte ich gern die Bürgerversicherung gehabt und ich weiß, SPD und LINKE auch. Das ist überhaupt kein Widerspruch; den können Sie jetzt wie die Haarnadel suchen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Befürchtung, dass wir in Hamburg jetzt die Bürgerversicherung einführen, ist natürlich ein bisschen absurd, denn das können wir in Hamburg als Bundesland gar nicht.

(Dennis Gladiator CDU: Ein Glück!)

Schade, schade, kann ich sagen. Aber wir können ein Stück zur Gerechtigkeit beitragen,

(Zuruf von Joachim Lenders CDU)