Protocol of the Session on September 24, 2014

Meine Damen und Herren! Mit dem Bundesratsbeschluss vom Freitag wurden außerdem klare Verbesserungen für die Situation von Flüchtlingen in Deutschland beschlossen. So wird die Residenzpflicht ab dem vierten Monat nach Beginn des Aufenthalts in Deutschland abgeschafft. Das ist eine seit Langem erhobene Forderung aus der Flüchtlingsbewegung. Verwandtenund Arztbesuche werden erleichtert und der bürokratische Aufwand reduziert. Gleichzeitig wird sichergestellt – ich hoffe, dass es auch tatsächlich gelingt –, dass die größeren Städte, die aufgrund ihrer Wirtschaftskraft eine große Anziehungskraft ausüben, nicht in höherem Maße belastet werden. So werden die Sozialleistungen weiterhin nur an dem in der Wohnsitzauflage festgelegten Wohnsitz erbracht. Das muss einer Stadt wie Hamburg wichtig sein.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge wird erleichtert. Bisher mussten Flüchtlinge vier Jahre warten, bis sie ohne Vorgangsprüfung eine Arbeit aufnehmen durften. Diese Frist wird jetzt deutlich verkürzt, sodass eine viel schnellere Integration und Eigenversorgung der Flüchtlinge erfolgen kann. Das ist gut, denn die Menschen wollen nicht

(Senator Detlef Scheele)

auf die Fürsorge des Staates angewiesen sein. Sie wollen arbeiten und eigenständig ihre Familien ernähren. Dieser Kompromiss wird sowohl den Ländern und Kommunen, aber auch den hier lebenden Flüchtlingen in den nächsten Monaten weiterhelfen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich begrüße die Debatte über eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in Europa, die Bundesinnenminister de Maizière angestoßen hat. Es geht dabei nicht darum, das geltende Verfahren Dublin II außer Kraft zu setzen, sondern es geht im Gegenteil darum, dass alle Länder ihren Verpflichtungen nachkommen, dass es Klarheit gibt und dass dann alle Länder der EU sich an der Aufgabe beteiligen, Flüchtlinge aufzunehmen. Diese Aufgabe ist zu groß, als dass sie nur eine Handvoll Staaten bewältigen können. Alle europäischen Staaten müssen sich daran beteiligen. Eine Quotenregelung wäre gut. Und ja, dann müssten sich auch Bulgarien und Rumänien beteiligen.

Es steht noch eine Reihe weiterer Themen an, derer sich die Länder und der Bund annehmen müssen und werden. Auf einige dieser Themen bin ich in den letzten Wochen eingegangen. Der Bund muss sich in der Frage bewegen, uns Ländern Bundesimmobilien zur Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen. Ich habe dazu an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben geschrieben und mich zusätzlich mit meinen Kollegen aus Berlin und Bremen an die zuständigen Bundesministerien gewandt. Wir brauchen mehr Unterstützung des Bundes, sowohl finanziell als auch bei der Flächensuche.

(Beifall bei der SPD)

Die Personalausstattung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss ausgebaut werden. Ende Juli gab es einen Rückstau von 120 000 unbearbeiteten Anträgen. Nicht nur für die Flüchtlinge sind die langen Verfahren unzumutbar, sondern sie führen auch bei Ländern und Kommunen zu erhöhten Kosten.

Wir müssen auch über eine Verteilung von 16- bis 18-jährigen unbegleiteten Flüchtlingen reden. Dass in Thüringen im Jahr 2013 ein Einziger zu versorgen war, während wir in Hamburg 487 Minderjährige versorgt haben, wird nicht so bleiben können.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Unterbringung von Flüchtlingen außerhalb der Landesgrenzen muss weiter diskutiert werden. Dort, wo es mehr Fläche gibt, wo gar Wohnraum leer steht oder abgerissen wird, müssen mehr Flüchtlinge untergebracht werden können. Es ist nicht hinnehmbar, dass der Abriss von Wohnraum und Gebäuden in einem Teil der Repu

blik parallel zur Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten stattfindet.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg wird all diese Themen im Rahmen der nächsten Ministerkonferenzen auf verschiedenen Ebenen im Länderkreis und mit der Bundesregierung thematisieren.

Zum Schluss: Sie sehen, wir arbeiten verlässlich und zielstrebig auf verschiedenen Ebenen. Wir reformieren Bundesrecht, wir mobilisieren Immobilien des Bundes, und wir kümmern uns um eine künftig andere Verteilung, ohne die Finanzverantwortung zu ändern; das will ich ausdrücklich hinzufügen. Wir arbeiten konzentriert und mit guter Information gegenüber Politik und Bürgern unser Flächenprogramm ab, und wir wertschätzen das unermüdliche ehrenamtliche Engagement der Hamburgerinnen und Hamburger, das steigt und steigt. Ich sichere Ihnen zu, dass wir bei der Lösung der vor uns liegenden Aufgaben die Belange der ganzen Stadt im Blick haben, die der Einheimischen und die der Flüchtlinge. Das ist wichtig, denn die Belastungen an der einen oder anderen Stelle sind enorm. Mein Dank gilt daher ausdrücklich auch den Hamburgerinnen und Hamburgern, die in ihrem Umfeld Einschränkungen hinnehmen. Wir haben auch diese Einschränkungen im Blick. Der eine oder andere hat hier auf die soziale Balance hingewiesen, die die Voraussetzung für das große Engagement und die große Solidarität ist. Auf die soziale Balance und auf die Situation einheimischer Bevölkerung in unmittelbarer Nähe der Flüchtlingsunterkünfte werden wir ein Auge haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Bekeris von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir wünschen uns alle, dass die Lage in der Flüchtlingsunterbringung weniger angespannt wäre, aber die Krisensituation in der Welt und das Schicksal der Menschen auf der Flucht machen es erforderlich, dass wir uns in der Bürgerschaft immer wieder mit diesem Thema befassen. Denen ein festes Dach über dem Kopf zuzusichern, die bei uns Schutz vor Verfolgung und Krieg suchen, ist einerseits eine Herkulesaufgabe – da schaue ich zur LINKEN hinüber –, und andererseits ist es das Einlösen eines Anspruchs. Es ist Verpflichtung und Verantwortung für unsere Stadt, für uns alle gemeinsam und parteiübergreifend.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir keine Zeltunterbringung im Winter wollen, dann dürfen wir nicht erst im Frühjahr damit fertig werden.

(Senator Detlef Scheele)

(Beifall bei der SPD)

Womit wir uns aber auch beschäftigen, nicht nur wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, sondern wir alle als Stadt und als Gesellschaft, ist die Frage, wie wir die Unterbringung schaffen. Es geht dabei doch um viel mehr als um ein Dach überm Kopf. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir schon lange Vorreiter sind, indem wir zum Beispiel Kinder von Flüchtlingen in die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets einbeziehen. Ich kann mir nämlich keine bessere Werbung vorstellen für das Zusammenleben von Flüchtlingen und Hamburgerinnen und Hamburgern, als dass wir unsere Kinder von Anfang an im Sportverein, beim Musizieren oder bei gemeinsamen Schulausflügen zusammenkommen lassen. So bleiben die Kinder der Flüchtlinge nicht außen vor, sie bleiben nicht draußen, sondern sie gehören dazu.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch so, dass wir am besten zueinander finden, wenn wir uns auf Augenhöhe begegnen. Deshalb möchte ich noch einmal hervorheben, was am Freitag im Bundesrat beschlossen wurde. Der Arbeitsplatz spielt eine zentrale Rolle. Es ist ein Riesenschritt, dass Flüchtlingen der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert wird und dass Asylbewerber und Geduldete nun schon nach drei Monaten eine Arbeit aufnehmen können. Das ist gut,

(Beifall bei der SPD)

denn arbeiten zu dürfen, stärkt das Gefühl, willkommen zu sein und kein Bittsteller mehr zu sein, sondern ein Teil der Gesellschaft zu werden, in der man Schutz gesucht hat. Und auch das ist eine gute Umsetzung.

(Beifall bei der SPD)

Die Vorrangprüfung fällt weg, und die Residenzpflicht wird nach Hamburger Vorbild geändert. Das sind Initiativen, die wir hier gestartet haben, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

Wir beobachten vor Ort etwas wirklich Bemerkenswertes. Da, wo Flüchtlinge untergebracht sind, organisieren sich die Menschen in der Nachbarschaft. Sie wollen helfen, sie spenden und organisieren Angebote rund um die Unterkünfte. Manche machen es alleine, manche als Gruppe oder auch als ganze Kirchengemeinde, und sie tun es aus einem ganz persönlichen Bedürfnis heraus, denn die Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, sollen unterstützt werden. Allen, die hier mithelfen, die Flüchtlinge zu unterstützen, gilt auch hier noch einmal unser Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine verehrten Damen und Herren! Bis jetzt zeigt sich Hamburg als eine soziale und engagierte Stadt, was die Flüchtlingsunterbringung angeht.

Unterstützen wir das alle zusammen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Dr. Föcking von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Dressel, selbstverständlich tragen wir die Anstrengungen für eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge in Hamburg mit. Das ist für uns nicht nur eine gesetzliche, sondern auch eine menschliche Verpflichtung. Und natürlich freuen wir uns über die vielen Hamburgerinnen und Hamburger, die sich dafür ehrenamtlich engagieren.

(Beifall bei der CDU, der SPD und bei Katja Suding FDP)

Aber bei dieser Anmeldung können Sie nicht erwarten, dass wir kritiklos zuschauen, wie wenig organisiert die Unterbringung derzeit vonstattengeht.

(Beifall bei der CDU)

Sie merken selbst, dass in der Stadt die Kritik an der Art und Weise wächst, wie die Menschen hier untergebracht werden sollen und wo,

(Kazim Abaci SPD: Sie reden es herbei!)

in teilweise riesigen Einheiten und konzentriert auf relativ wenige Stadtteile. Sie haben schon vor einem Jahr versprochen, für Ausgewogenheit zu sorgen, aber wer letzte Woche ins "Hamburger Abendblatt" blickte, wurde eines Besseren belehrt. Immer wieder versuchen Sie, die Opposition für Ihre Maßnahmen zu vereinnahmen oder unseren Bezirkspolitikern den Schwarzen Peter zuzuschieben, wenn scheinbar nicht genügend geeignete Flächen gefunden wurden. Sicher, die Flüchtlingszahlen sind in den letzten Monaten noch einmal stark und so vielleicht nicht vorhersehbar gestiegen,

(Wolfgang Rose SPD: Ah ja!)

aber ganz so unvermutet, wie Sie jetzt tun, kam die Entwicklung dann doch nicht. Wir reden hier bereits seit zwei Jahren über das Thema. Damals war Senator Scheele übrigens noch so ehrlich zu sagen, dass der Vorteil von wenigen großen Standorten immerhin sei, dass dann nicht an so vielen Stellen Konflikte mit Anliegern drohen würden.

(Wolfgang Rose SPD: Ach, nee!)

Das war schon damals ebenso kurzsichtig wie heute,

(Beifall bei der CDU)

denn sehenden Auges riskieren Sie jetzt, dass an einigen Stellen auf Kosten der Einwohner dort und