Protocol of the Session on February 26, 2014

so absurd ist es, vom Länderfinanzausgleich auf die Wirtschaftskraft eines Landes zu schließen. Sie müssten es doch besser wissen, Herr Heintze. Der Länderfinanzausgleich ist Teil eines mehrstufigen Systems der Steuerverteilung in Deutschland und kein Indikator für die tatsächliche Leistungsfähigkeit und Wirtschaftskraft eines Landes. Es geht vielmehr darum, die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen. Kennzahlen für die Entwicklung der Wirtschaftskraft sind das Bruttoinlandsprodukt, die Erwerbstätigkeit und die Entwicklung von Löhnen und Gehältern. Sie picken sich Zahlen heraus, die Ihnen ins Bild passen, und ignorieren, wie die Entwicklung tatsächlich ist.

Die Löhne und Gehälter sind in den letzten Jahren in Hamburg kontinuierlich gestiegen, 2012 um 4,8 Prozent, für 2013 werden 3,5 Prozent erwartet.

(Birgit Stöver CDU: Es gibt aber auch ande- re Zahlen!)

Beide Daten sind besser als der Bundesdurchschnitt.

Die Erwerbstätigkeit ist in Hamburg um fast 2 Prozent in 2012 und um 1,1 Prozent in 2013 gestiegen. Auch mit diesen Werten stehen wir doppelt so gut wie der Bundesdurchschnitt da.

(Beifall bei der SPD)

Das Bruttoinlandsprodukt ist in Hamburg 2012 um 1,2 Prozent gestiegen, die Werte für 2013 liegen erst im April vor. Das zeigt, wie unseriös die CDUUnterstellung einer sinkenden Wirtschaftskraft in Wirklichkeit ist, zumal die Zahlen der ersten Quartale 2013 darauf hindeuten, dass Hamburg erneut wächst, und zwar auch hier deutlich stärker als der Bundesdurchschnitt.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen sei angemerkt, Herr Heintze, dass in den gut neun Jahren der CDU-Regierungstätigkeit das Bruttoinlandsprodukt in Hamburg um gut 7 Prozent hinter der Entwicklung im Bundesdurchschnitt zurückgeblieben ist, seit dem Regierungswechsel 2011 Hamburg aber wieder über dem Bundesdurchschnitt liegt. Das sind die Tatsachen.

(Beifall bei der SPD)

Das alles zeigt zwei Dinge: Erstens kann die CDU Wirtschaft nicht besser und zweitens hat der Länderfinanzausgleich nichts mit der tatsächlichen

(Dr. Roland Heintze)

Wirtschaftskraft zu tun. So polemisch, wie Sie die Bezeichnung "Nehmerland" oft nutzen, so falsch ist sie in Bezug auf Hamburg. Ich will Ihnen das gerne erklären, um Ihnen aus Ihrer selektiven Wahrnehmung herauszuhelfen. Das wird allerdings etwas fachlich.

Der Länderfinanzausgleich ist nur die dritte von vier Stufen der Steuerverteilung in Deutschland. Die erste Stufe umfasst die Umsatzsteuerverteilung. Diese erfolgt zunächst nach Einwohnerzahl. Danach aber werden zugunsten der besonders steuerschwachen Länder zulasten der steuerstarken Länder zusätzliche Ergänzungsanteile verteilt. Hamburg hat als steuerstarkes Land 2013 hier zusätzlich fast 250 Millionen Euro aufgebracht.

(Wolfgang Rose SPD: Hört, hört!)

Der Länderfinanzausglich im engeren Sinne, auf den Sie mit Ihrer politischen Rosinenpickerei allein zielen, hat aber nur den Zweck, die Finanzkraft in Deutschland auszugleichen. Hier sind für 2013 wahrscheinlich 87 Millionen Euro fällig. Das hat aber insbesondere damit zu tun, dass der Finanzausgleich wirkt, dass nämlich vor allen Dingen die Finanzkraft der ostdeutschen Länder und Berlins wächst, es also eine Angleichung der Finanzkraft in Deutschland gibt. Das heißt,

(Dietrich Wersich CDU: Dass wir Geld be- kommen!)

dass im Vergleich zur Finanzkraft aller Länder die Finanzkraft der westdeutschen Länder sinkt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Sodass wir Geld bekommen!)

Fazit bleibt, Herr Wersich: Unterm Strich hat Hamburg 2013 rund 160 Millionen Euro im horizontalen Finanzausgleich für die anderen Länder beigetragen. Das ist Fakt.

(Beifall bei der SPD)

Hamburg ist und bleibt ein Land mit überdurchschnittlicher Wirtschaftskraft, welches deshalb seinen solidarischen Beitrag im Konzert der Länder leistet. Beides, große Wirtschaftskraft und Solidarität, ist gut.

(Beifall bei der SPD – Birgit Stöver CDU: Deswegen Nehmerland ist!)

Meine Damen und Herren! Ich bedaure es sehr, dass die CDU den Länderfinanzausgleich in dieser Form zum Thema gemacht hat. Dadurch, dass Sie dieses Thema populistisch aufgreifen, verkürzt darstellen und versuchen, aus dem Begriff "Nehmerland" ein politisches Stigma zu machen, spielen Sie Bayern und Hessen in die Hand – zum Schaden Hamburgs. Sie stellen damit nämlich das Prinzip der Solidarität unter den Ländern infrage, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion.

(Dietrich Wersich CDU: Das ist jetzt ein bisschen kühn, oder?)

Hamburg ist aber gerade bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, die in den nächsten Jahren auf der Tagesordnung steht, auf die Solidarität aller Länder angewiesen, denn wir haben mit dem Stadtstaatenprivileg bei der Einwohnerwertung viel zu verlieren. Wir brauchen also Verbündete. Was wir nicht gebrauchen können, ist ein Missbrauch dieses Themas für die politische Profilierung einer Oppositionspartei.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat das Wort Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Länderfinanzausgleich ist ein Thema, bei dem selbst Spezialisten und Finanzexperten so manches Mal die Wirkungsmechanismen nicht ganz durchschauen oder Probleme haben zu erklären, was dort eigentlich passiert und warum es passiert. Das ist sicherlich so. Aber letztendlich hat sich in den letzten Jahren die Berechnung des Länderfinanzausgleichs nicht geändert, und das, was Sie angeführt haben, Herr Quast – ein Großteil des Steueraufkommens in Hamburg wird umverteilt und Ähnliches –, war natürlich auch in all den Jahren so, als Hamburg ein Geberland war. Insofern haben Sie zwar dargestellt, wie kompliziert der Finanzausgleich ist und wie schwer zu erklären, aber warum Hamburg in Ihrer Regierungszeit von einem Geber- zum Nehmerland geworden ist, dafür haben Sie nicht einmal ansatzweise eine Erklärung geliefert.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Wir haben es dabei mit einem Effekt zu tun, wo es nicht darum geht, dass die Wirtschaftskraft Hamburgs real sinkt, denn letztlich geht es nicht um die Wirtschaftskraft – da gebe ich Ihnen recht, Herr Quast –, sondern es wird einzig und allein auf die Einnahmeseite geguckt und dann umverteilt. Die Situation ist einfach die – und da muss man sich schon die Frage stellen, was da eigentlich passiert –, dass die Einnahmen in Hamburg nicht so stark steigen wie in anderen Bundesländern. Nur das ist der Grund, warum Hamburg am Ende zum Nehmerland wird. Natürlich ist es so, dass die ostdeutschen Länder aufholen, aber das betrifft die anderen Geberländer genauso, die sich in der Rangfolge nicht verändern.

Wir haben die Situation, dass die Menschen verstärkt vom Land in die Städte ziehen, aus den Flächenländern in die Ballungszentren hinein, und gleichzeitig Einwohnerzahl und Steuereinnahmen wichtige Faktoren beim Länderfinanzausgleich sind. Es ist aber sehr deutlich, dass Hamburg nicht mehr so stark von diesem Trend profitiert wie in

(Jan Quast)

der Vergangenheit. Es stellt sich in der Tat die Frage, woran das liegt und was Politik tun kann, um das zu ändern. Wir haben den Eindruck, dass dieser Senat mit seiner Parole "Ohne den Hafen ist Hamburg nichts" und der Strategie, einzig und allein auf den Hafen zu setzen,

(Hansjörg Schmidt SPD: Da haben Sie eben bei "Tourismus" etwas nicht mitbekommen!)

genau auf den Bereich gesetzt hat, der in den letzten Jahren die größten Probleme hatte. Wir haben immer noch die Schifffahrtskrise, obwohl der Rest der Wirtschaft läuft. In dieser Stadt ist insbesondere die Schiffsfinanzierung ein Riesenproblem, und der Senat liefert nicht einmal ansatzweise Antworten, wie die HSH Nordbank – unser aller Lieblingsbank, mit der wir uns seit Jahren beschäftigen – und die große Schiffsfinanzierungsbranche neben dieser Bank wieder auf einen grünen Zweig kommen können. Wir finden es nicht falsch, dass Sie sich mit dem Hafen beschäftigen, aber der Hamburger Hafen braucht ein neues Geschäftsmodell und die Schiffsfinanzierung braucht ein neues Geschäftsmodell. Und in diesem Bereich gibt es von diesem Senat keine Antworten. Auch das ist ein Grund, warum Hamburg im relativen Vergleich zu anderen Bundesländern zurückfällt.

Wenn Hamburg bei einem so wichtigen Bereich wie dem Hafen keine Antworten hat, wäre es umso wichtiger, in anderen Bereichen Initiativen zu sehen, mit denen der Senat wirtschaftliche Akzente setzen will. Denn unsere Stadt hat nie nur auf den Hafen gesetzt,

(Arno Münster SPD: Ihr habt doch das Geld aus dem Hafen genommen!)

sondern sie hatte immer auch andere starke Bereiche, die von der Wirtschaft und vom Senat gefördert wurden. Und dieser Senat konzentriert sich auf seine Wahlversprechen, die im Wesentlichen Ausgaben im Betriebshaushalt sind, aber Initiativen, die Wirtschaftskraft dieser Stadt zu stärken, sind Fehlanzeige. Das ist in der jetzigen Situation eindeutig zu wenig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU – Erster Vizepräsident Frank Schira über- nimmt den Vorsitz.)

Die Welt entwickelt sich weiter, Stichwort Globalisierung und Wissensgesellschaft, und Wissen ist einer der größten Faktoren der Wirtschaftskraft. Aber dieser SPD-Senat in Hamburg hat einen Blick auf die Globalisierung, als ob diese Hamburg nur insofern beträfe, dass ein paar Container mehr oder weniger nach Hamburg kommen. Das ist ein fundamentaler Fehlschluss und einer der Gründe, warum Hamburg sich in diesen Jahren nicht so gut entwickelt, wie es sich entwickeln könnte. Deshalb, Herr Bürgermeister, hat das auch etwas mit Ihnen zu tun, denn bei Ihnen kann man kein Bild der Zukunft Hamburgs erkennen. Man kann kein Bild er

kennen, wo die Reise hingehen soll, außer das, worauf Hamburg in der Vergangenheit gesetzt hat, und das ist in einer sich rapide verändernden Welt, in der wir uns befinden, eindeutig zu wenig. Wir haben noch Möglichkeiten, gegenzusteuern, aber damit müssten Sie jetzt einmal anfangen. Man bräuchte einmal eine Antwort von Ihnen und ein Bild, wohin die Reise gehen sollte. Das ist in der Tat etwas, was wir hier einfordern müssen und wo die Politik in dieser Stadt Antworten geben muss. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Suding hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirklich überrascht wird wohl niemand darüber gewesen sein, dass Hamburg im Länderfinanzausgleich inzwischen vom Geberland zum Nehmerland geworden ist. Ob allerdings die CDU-Fraktion sich wirklich einen Gefallen damit getan hat, das heute hier zum Thema anzumelden, möchte ich doch stark bezweifeln, denn wenn man sich die Zahlen anschaut, sinkt schon seit 2006 und damit zwei Jahre nach Beginn der Alleinregierung der CDU die relative Finanzkraft der Stadt Hamburg, also die Finanzkraft der Stadt im Vergleich zu anderen Bundesländern. Sie sank in den Zeiten der Regierung kontinuierlich: 2006 lag die relative Finanzkraft noch bei 115 Prozent, und 2010, in dem Jahr, als die schwarz-grüne Koalition zerbrach, lag sie nur noch bei 102 Prozent. Liebe Kollegen von der CDU, den erhobenen Zeigefinger nehmen wir Ihnen hier nicht wirklich ab. Die Schieflage haben auch Sie maßgeblich mit zu verantworten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ein Grund zur Freude für die SPD kann das natürlich nicht sein, denn die SPD hat diese Entwicklung in den vergangenen Jahren nicht stoppen können. Sie haben nichts entgegensetzen können, das hätten Sie aber tun müssen. 2013 ist Hamburg erstmals seit 19 Jahren wieder Nehmerland im Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und fällt damit sogar hinter unser Nachbarland Niedersachsen zurück. Lieber Herr Quast, auch die Einbeziehung der Umsatzsteuer und all Ihre Erklärungen, die Sie hier abgegeben haben, ändern überhaupt nichts daran, dass sich die Finanzkraft der Stadt dramatisch verschlechtert hat. Kein anderes Bundesland hat seit 2006 einen derart großen Verlust an relativer Finanzkraft hinnehmen müssen wie Hamburg, und dafür tragen sowohl die SPD als auch die CDU Verantwortung.

(Beifall bei der FDP)

In der Vergangenheit wurde versäumt, entsprechend gegenzusteuern und wirkungsvolle Maßnah

(Jens Kerstan)