Protocol of the Session on December 11, 2013

Ich will aber noch einen sehr ernsten Punkt ansprechen, der daraus resultiert, dass ich in den letzten Tagen ferngesehen habe.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh! – Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Rose, bitte kommen Sie zum Schluss.

Einen Satz noch. Ich fand es unerträglich, dass ich im Fernsehen hören musste, dass ein neugewählter Bundestagskandidat der LINKEN gesagt hat, der Bürgermeister dieser Stadt sei ein Rassist. Ich finde, das muss korrigiert und zurückgenommen werden. Das gehört sich nicht.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Heintze.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Rechenspielen von Dora und Wolfgang

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

würde mich in der Tat einmal die dahinterliegende Methode interessieren. Ich würde es auch eher auf den Satz bringen, den der Kollege Rose gesagt hat: Es gab zentrale Projekte für die CDU, es gab ein zentrales Projekt für die SPD. Beide Parteien haben ihre zentralen Forderungen im Koalitionsvertrag durch- und, wie ich glaube, gut zueinander gebracht. Das ist es, was für uns entscheidend ist. Da hilft auch nicht Ihre Pflichtübung, Herr Kluth, dreimal von Murks zu sprechen. Wenn Sie das Wort Murks noch ein viertes Mal erwähnt hätten,

dann wäre es inhaltlich auch nicht gehaltvoller geworden. Das war eine liberale Pflichtübung.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Pflichtübungen gab es auch bei den anderen Kolleginnen und Kollegen. Für die GRÜNEN hat Herr Kerstan die umweltpolitische Pflichtübung in den Mittelpunkt gestellt, die LINKEN haben den Klassenkampf in den Mittelpunkt gestellt, die FDP hat Murks in den Mittelpunkt gestellt. Wenn das Ihre Beiträge zu diesem Koalitionsvertrag sind, dann ist mir nicht bange. Dann ist der Vertrag nämlich gar nicht so schlecht, wie er hier gemacht werden soll.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich kann Ihnen das an einem zentralen Feld der CDU belegen. Zwei wesentliche Punkte in diesem Koalitionsvertrag sind das Thema Haushaltskonsolidierung und mehr Investitionen. Beides, und zwar auch das, was konkret in diesem Koalitionsvertrag vereinbart ist, hilft Hamburg extrem. Hamburg hilft es, dass der Bund sich verpflichtet, 2014 den strukturellen Ausgleich herzustellen und 2015 ohne neue Schulden auszukommen. Ich glaube, Hamburg ist gut beraten, sich von dem von SPD und CDU auf Bundesebene festgeschriebenen Ziel eine Scheibe abzuschneiden. Ich glaube, auch in Hamburg ist ein Ende der Neuverschuldung vor 2020 möglich, und ich würde mich freuen, wenn der Wind dieses Koalitionsvertrags auch ein bisschen stärker in Hamburg wehen würde. Dann hätten wir nämlich auch ein lohnendes Ziel, an dem wir gemeinsam als CDU und SPD hier in Hamburg arbeiten könnten.

(Beifall bei der CDU)

Des Weiteren geht es darum, die Investitionsorientierung zu stärken. Auch hier profitiert Hamburg extrem, sei es im Infrastrukturbereich, sei es bei Bauprojekten, die von zentraler Bedeutung für die Wirtschaftskraft der Hansestadt sind. Auch hier sieht der Koalitionsvertrag sehr viel Wichtiges vor. Denn auch hier ist gut verhandelt worden und ein gutes Ergebnis für Hamburg herausgekommen.

Es geht weiter. Hamburg wird 2014 komplett bei der Grundsicherung entlastet, bei der Eingliederungshilfe entlastet, es gibt Entlastungen bei Kitas, Schulen und Hochschulen mit bundesweit 6 Milliarden Euro. Insgesamt beträgt die Entlastung für die Kommunen in den nächsten vier Jahren 30,1 Milliarden Euro. Wenn man einmal die üblichen Schlüssel zugrunde legt, dann bringt Hamburg dieser Koalitionsvertrag eine Entlastung von rund 760 Millionen Euro. Als Haushaltspolitiker in diesem Parlament nenne ich das einen großen Erfolg. Ich kann nur hoffen, dass der Koalitionsvertrag an diesen Stellen genauso umgesetzt wird.

Das gute Ergebnis für Hamburg bedeutet für uns als CDU aber auch, dass wir darauf achten werden, was der Senat mit diesen Entlastungen von

(Dora Heyenn)

seiten des Bundes macht. Was macht der Senat mit den Impulsen, die aus Berlin kommen? Da bin ich gespannt, was das für unsere politische Arbeit bedeutet. So gut die Signale sind, so sehr werden wir in Hamburg aufpassen müssen, dass sie auch in konkrete Politik umgesetzt werden. Die Steuerund Haushaltspolitik habe ich bereits genannt, aber meines Erachtens ist auch das Absinken der Investitionsquote auf inzwischen 6 Prozent des Haushalts ein Fehler. Auch hier bietet der Koalitionsvertrag Impulse, die den Senat veranlassen sollten, noch einmal darüber nachzudenken, ob man nicht einmal praktische Politik in Hamburg daraus macht. Das würden wir uns als CDU wünschen.

Fazit: Der Koalitionsvertrag ist gut. Die Impulse, die in Hamburg ankommen, sind auch gut. Und jetzt geht es darum, dass wir diese Impulse in gute Politik für Hamburg umsetzen. Dafür werden wir uns als CDU-Fraktion in den nächsten vier Jahren massiv einsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Tjarks hat das Wort.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Jetzt kommt der Makler!)

– Wenn Sie noch weitere gute Ideen brauchen, Herr Dressel, dann melden Sie sich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Heintze, Sie haben die Debattenbeiträge der Opposition als Pflichtübung dargestellt. Ich habe aber eher das Gefühl, dass in Hamburg die Truppen der Großen Koalition noch nicht richtig beisammen sind. Der Bürgermeister hält eine Rede, die er wahrscheinlich genauso vor dem SPD-Parteikonvent gehalten hätte. Man möchte ihm am liebsten zurufen: Hier wird nicht darüber abgestimmt, Olaf, das muss die SPD schon selbst machen.

(Gerhard Lein SPD: Was richtig ist, bleibt richtig!)

Die CDU weiß dementsprechend die ganze Zeit über nicht, ob sie dazu klatschen oder ob sie eher heulen soll, weint dann der FDP Krokodilstränen nach, um in der eigenen Rede wiederum die SPD anzugreifen. Das, meine Damen und Herren, passt noch nicht zusammen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von Diet- rich Wersich CDU)

Ich glaube, der rote Faden, der diese Debatte eigentlich durchziehen sollte, ist die Frage, was das für Hamburg bringt. Es gibt ein Projekt – und es ist keine Pflichtübung, Herr Heintze, das zu nennen, es ist den GRÜNEN wichtig –, nämlich die Energiewende. Das ist das größte industriepolitische

Projekt Europas. Die Position des Bürgermeisters dazu ist zwar nicht ganz klar, aber es hat sich auch eher die Kollegin Kraft aus Nordrhein-Westfalen durchgesetzt. Wenn die EEG-Umlage so abgeschmolzen wird, wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, dann werden wir ein großes Problem bekommen. Wir sind die Welthauptstadt der Windenergie, weil Schwarz-Grün etwas dazu getan hat, weil Sie etwas dazu getan haben. Wir haben hier die großen Firmen, und was ist das Resultat? In Deutschland werden viel weniger Windanlagen an den Markt gehen. Am Tag der Bekanntgabe ist die Aktie von Nordex um 30 Prozent abgestürzt. Das ist es nämlich, was Sie für den Wirtschaftsstandort Hamburg im Bereich erneuerbare Energie verhandelt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! In einem weiteren Punkt ist auch für Hamburg alles offen. Es soll alles und jedes bezahlt werden; dazu komme ich gleich noch. So gibt es die berühmten Milliarden für die Infrastruktur. Aber schauen wir uns einmal an, was zum Nord-Ostsee-Kanal im Koalitionsvertrag steht. Erstens sollen die Gebühren erhöht werden und zweitens heißt es, dass er funktionstüchtig gehalten werden soll. Funktionstüchtigkeit ist das Minimum dessen, was man eigentlich haben möchte. Wir würden sogar gern Seite an Seite mit Ihnen streiten, aber wir wissen noch nicht – vielleicht im Gegensatz zu Ihnen –, wer Kabinettsmitglied wird. Der letzte Minister war ein Bayer, und der hat dem Nord-Ostsee-Kanal nicht besonders gut getan. Hier müssen Sie überhaupt erst einmal liefern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann die Mütterrente, die Rente mit 63. Je nachdem, für welchen Zeitraum man das berechnet, kostet es einen dreistelligen Milliardenbetrag. Im Koalitionsvertrag sind jenseits davon 23 oder 30 Milliarden Euro vereinbart worden. Es stellt sich doch die Frage, wie das eigentlich bezahlt werden soll. Sie wollen viel mehr ausgeben, aber nicht mehr einnehmen, denn in dem Punkt hat sich die CDU durchgesetzt,

(Dietrich Wersich CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

und gleichzeitig gilt die Schuldenbremse. Das ist nicht nur nicht nachhaltig, das ist nicht nur nicht generationengerecht, sondern das ist auch ein bisschen schizophren. Das wird Ihnen am Ende auf die Füße fallen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann ist noch die Frage – und dazu haben wir den salbungsvollen Worten des Bürgermeisters nichts entnehmen können –, was alles nicht im Koalitionsvertrag steht. Sie freuen sich darüber, weil Sie meinen, dass Sie dafür dann das nächste Mal

(Dr. Roland Heintze)

auch gewählt werden können. Vielleicht wählen aber auch einige den Koalitionsvertrag demnächst nicht. Was fehlt, ist das Thema Kooperationsverbot, das Thema echte Homo-Ehe, es ist die Frage, warum das Betreuungsgeld noch existiert und es ist auch die Frage nach einer echten Staatsangehörigkeitsrechtsreform. Es gibt jenseits des Koalitionsvertrags viel zu tun. Sie haben in Interviews immer wieder gesagt, dass Sie das sozialliberale Erbe antreten wollen. Wir haben uns immer gefragt, was Sie eigentlich mit sozialliberalem Erbe meinen. Das Einzige, was wir dazu aus dem Koalitionsvertrag herauslesen konnten, ist die Mövenpick-Steuer. Die ist immer noch da. Das ist das liberale Erbe; jetzt wird das ein sozialliberales Erbe. – Vielen Dank. In Deutschland kann es noch weitergehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Hackbusch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Diskussion um den Berliner Koalitionsvertrag birgt natürlich immer das Problem, dass man sich 125 Punkte heraussuchen, alle einzeln durchdiskutieren und dementsprechend an allen Aspekten irgendetwas bewirken kann. Ich glaube, es ist nicht vernünftig, das zu machen. Ich habe mitbekommen und mich auch darüber gefreut, dass die SPD gesagt hat, sie wolle, wie der Bürgermeister ausgeführt hat, einige Dinge am Arbeitsmarkt politisch wieder etwas ordentlicher machen. Das will ich hier ausdrücklich begrüßen, möchte Sie aber daran erinnern, dass gerade die SPD und der Bürgermeister diejenigen waren, die während Rot-Grün und der Großen Koalition den Arbeitsmarkt sehr durcheinandergebracht haben,

(Beifall bei der LINKEN)

und viele schlechte Situationen, wie sie nun bei der Leiharbeit und den Werkverträgen entstanden sind, überhaupt erst initiiert haben. Das nun ein bisschen zu korrigieren, ist schon einmal etwas Gutes, aber aufgrund dessen kann man nicht Sozialdemokrat werden.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- sel SPD: Das verlangen wir auch nicht!)

Meine Damen und Herren! Ich will versuchen, die gesamte Diskussion anhand der Überschrift zu organisieren, die Herr Dressel uns vorgeschlagen hat. Herr Dressel hat gesagt, das Entscheidende ist – und das stimmt auch –, was am Ende für die Menschen dabei herauskommt.

(Sören Schumacher SPD: Richtig viel!)

Das ist immer sehr schwer zu messen. Das wissen wir auch, darüber gibt es etliche Debatten, aber es

gibt auch harte Fakten und Zahlen, die wir uns ansehen können. Das eine ist der Armuts- und Reichtumsbericht, den die Bundesregierung in diesem Jahr aufgelegt hat und der darstellt, wie sich Armut und Reichtum verteilen und wie sich die Situation der Menschen in den vergangenen zehn Jahren verändert hat. Das sind zehn Jahre unter Rot-Grün und vor allen Dingen auch unter der Großen Koalition von 2005 bis 2009, an die wir uns gut erinnern können. Was sind die Kennzeichen des Armutsund Reichtumsberichts dieser Bundesregierung? Erstens hat die Spaltung zwischen Arm und Reich kräftig zugenommen, zweitens ist in dieser Zeit der Reichtum der Allerreichsten explodiert und drittens hat das Armutsrisiko kräftig zugenommen. Das ist die Bilanz von sozialdemokratischer Mitregierung in den vergangenen zehn Jahren. Aufgrund dessen sind wir äußerst skeptisch, ob diese Trippelschritte, die uns als positiv dargestellt worden sind, in der Grundsubstanz wirklich etwas für diese Gesellschaft bringen.