Protocol of the Session on February 9, 2011

Ein zweiter Punkt in diesem Bereich ist die parlamentarische Kontrolle. Herr Dr. Bischoff und Herr Völsch haben schon darauf hingewiesen, dass der Unterausschuss für öffentliche Unternehmen aufgewertet werden muss. Er wird im Moment häufig ein bisschen lieblos und lustlos von den Kollegen wahrgenommen. Wir müssen dafür sorgen, dass er ein zentraler, vielleicht dem Haushaltsausschuss gleichgestellter Ausschuss wird, in dem mit Kritik und Leidenschaft weitergearbeitet wird. Es geht darum, dass auch in der nächsten Legislaturperiode nicht vergessen wird, der Bank regelmäßig die Quartalsberichte abzufordern und kritisch nachzufragen. Einige Kollegen verzichten häufig auf die kritischen Nachfragen und sehen lieber zu, dass sie so einen Ausschuss schnell hinter sich bringen. Ich würde mir bei dem einen oder anderen Kollegen etwas mehr Biss wünschen.

Wir müssen natürlich – darüber ist heute noch nicht gesprochen worden – auch das Geschäftsmodell, das die HSH Nordbank jetzt aufgelegt hat, weiter sehr kritisch verfolgen, denn die Bank muss sicherstellen, dass sie mit diesem Geschäftsmodell wieder Gewinne machen kann.

Als weitere Folge müssen wir die Privatisierung der Bank konsequent umsetzen. Es gibt keinen Grund, warum die Freie und Hansestadt Hamburg Eigner einer Bank wie der HSH Nordbank sein soll.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Also müssen wir schauen, dass wir einen Käufer finden. Börsengang scheint mir ein Irrweg gewesen zu sein. Börsengang ist eine Ursache dafür, weshalb die Bank so hohe Renditeziele verfolgt hat. Wir sollten diese Bank nicht an irgendwelche Heuschrecken verkaufen wollen, die vornehmlich an hohen Renditen interessiert sind, sondern wir sollten uns darum bemühen, institutionelle Anleger zu finden, die an einer solide geführten Bank mit einer vernünftigen, aber keiner maßlosen Rendite interessiert sind.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL – Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Ich bitte nochmals um Ruhe. – Danke.

Eine weitere Konsequenz ist, dass die Rechte des PUAs gestärkt werden müssen. Auch das haben meine Vorredner teilweise schon ausgeführt und ich freue mich, dass wir da einig sind. Wir haben gemerkt, wie der Untersuchungsausschuss häufig an seine Grenzen gestoßen ist wie zum Beispiel beim Aussageverweigerungsrecht, bei den Geheimhaltungsvorschriften, aber auch bei den Beschlagnah

memöglichkeiten, insbesondere im Umgang mit den Unternehmen, die privatwirtschaftlich organisiert sind und zu Hamburg gehören. Ein PUA ist ursprünglich geschaffen worden, um Behördenvorgänge aufzuklären. Wir werden es aber in Zukunft häufiger mit Gesellschaften öffentlichen oder privaten Rechts zu tun haben, die keine klassische Behörde sind.

Dann müssten wir uns die Frage stellen, welche Möglichkeiten es eventuell gibt, so eine Doppelbefassung, wie wir sie bei der HSH Nordbank hatten mit einem Untersuchungsausschuss in Kiel und einem in Hamburg, zu vermeiden. Man könnte vielleicht gemeinsame Untersuchungsausschüsse einrichten. Das ist deshalb relevant, weil wir mittlerweile in Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein eine ganze Reihe von landesübergreifenden Unternehmen haben, die immer auch Gegenstand eines PUAs werden könnten.

Ich komme zum letzten Punkt. Die Rechte des Rechnungshofs müssen gestärkt werden. Wir brauchen einen kompetenten Rechnungshof – und er ist auch kompetent –, der wirklich in die Bilanzen und in die Geschäftsführungen hineinschauen kann. Hier stehen wir erst am Anfang und müssen die rechtlichen Grundlagen ändern.

Dieser PUA wird ein Erfolg gewesen sein, wenn das Thema HSH Nordbank in der nächsten Legislaturperiode nicht in Vergessenheit gerät, das heißt, wenn wir als Parlament in der nächsten Legislaturperiode die Tätigkeit der HSH Nordbank konsequent weiterverfolgen. Wir als Bürgerschaft müssen die erforderlichen skizzierten Gesetzesänderungen auf den Weg bringen, die erforderlich sind, um eine Kontrolle effizienter zu machen und Untersuchungsausschüsse wieder als schärfstes Schwert des Parlaments zu gestalten. Wir müssen dies umsetzen und hierüber in die Debatte kommen. Ich glaube, es gibt dafür schon eine gute Mehrheit in diesem Hause. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und bei Thomas Völsch SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Krüger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank hat knapp ein drei viertel Jahre gearbeitet, um aufzuklären, wie es zum Desaster der HSH Nordbank im Jahr 2008 gekommen ist. Es ist nicht irgendeine Bank, über die wir geredet haben, sondern es ist eine Bank, die mit deutlicher Mehrheit Hamburg und Schleswig-Holstein gehört hat. Der Untersuchungsausschuss hat seine Arbeit leider nicht beenden können, viele vorgesehene Zeugen sind nicht befragt worden und trotzdem ist ein außerordentlich umfangreicher Zwischenbericht entstanden. Das Ergebnis haben einige mei

(Andreas Waldowsky)

ner Kollegen eben schon beleuchtet, aber ich würde es gern noch einmal zusammenfassen.

Es gibt mehrere Faktoren, die zusammengekommen sind, es gibt aber keine zentrale Verantwortlichkeit bei einer Person, das ist ganz eindeutig.

(Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Entschuldigen Sie, Herr Krüger.

Meine Damen und Herren! Der Einzelne mag vielleicht ganz leise reden, aber wenn so viele reden, dann haben wir hier einen ziemlich hohen Lärmpegel. Ich bitte Sie also, die Gespräche draußen zu führen oder sie letztendlich einzustellen. Ansonsten kann weder der Redner etwas verstehen noch wir. – Ich bedanke mich bei Ihnen.

Es sind vier bis fünf Punkte zusammengekommen. Zum einen konnte diese Bank mit den Bundesländern im Rücken natürlich sehr günstig Mittel aufnehmen und deshalb günstige Geschäfte machen. Das war ein klarer Wettbewerbsvorteil, der später abgestellt wurde, und diesen Vorgang musste man in der Tat kritisch sehen, zumindest im Nachhinein. Diese Menge an günstigen Mitteln, die die Bank zur Verfügung hatte, führte dazu, dass dieses Geld gar nicht im normalen Kreditgeschäft untergebracht werden konnte. Das heißt, die Bank hat sich andere Marktbereiche ausgesucht wie Immobiliengeschäfte oder Kreditersatzgeschäfte. Das Auslandsengagement, das mehrfach kritisiert wurde, ist beileibe keine Erfindung der HSH Nordbank gewesen. Das sind Dinge, die die Vorgängerbanken schon für sich in Anspruch genommen hatten. Die Hamburgische Landesbank lobt sich um das Jahr 2001/2002 herum im Internet wegen ihres außerordentlich erfolgreichen Auslandsengagements.

Hier muss man betonen, dass die beiden Bundesländer natürlich über die Ausschüttungen, die sie bekommen haben, als die Bank erfolgreich war, nicht wirklich unglücklich waren. Über diesen Erfolg und das schnelle Bankwachstum ist der Aufbau der internen Organisation ein wenig zu kurz gekommen. Das lag zum einen vielleicht an dem Zusammentreffen zweier völlig unterschiedlicher Bankenkulturen. Die schleswig-holsteinische Landesbank kam eher aus dem Bereich der Kreissparkassen, in Hamburg war sie schon eine Geschäftsbank. Jedenfalls war das Ergebnis, dass wir zwar einen sehr großen Marktbereich hatten, aber kaum eine eigene Risikobewertung vornehmen konnten. Deshalb war die Bank darauf angewiesen, sich auf Wirtschaftsprüfer zu verlassen, auf die Bankaufsicht und auf Rating-Agenturen, also auf Externe, die alle übrigens immer sehr positiv waren. In der Folge war es natürlich klar, dass die weltweite Finanzkrise die HSH Nordbank besonders hart getroffen hat, weil sie in der eigenen Struktur kein

Frühwarnsystem hatte und sich deshalb auch relativ spät mit den Auswirkungen konfrontiert sah.

Die Verantwortung lag zunächst einmal eindeutig beim Vorstand, das sagten alle meine Kollegen auch. Die Organisationsstruktur hat eindeutig nicht den Bedürfnissen einer international agierenden Bank entsprochen. Man muss aber auch sagen, dass der Aufsichtsrat vielleicht nicht im erforderlichen Maße nachgefragt hat.

Das, liebe Kollegen, gilt aber für alle Aufsichtsratsmitglieder, nicht nur für die wenigen von der Politik entsandten. Selbst der private Anteilseigner Flowers hat nicht so intensiv nachgefragt, dass es zu einer Veränderung der Geschäftspolitik oder der Strukturen gekommen ist. Die Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein, egal, welcher Couleur, also wer Ministerpräsident oder Bürgermeister war, und auch die beiden Parlamente haben vielleicht nicht in dem Maße nachgefragt, wie es erforderlich gewesen wäre.

(Arno Münster SPD: Das ist doch nicht wahr! Die haben doch gemauert!)

Kollege Münster, auch in Schleswig-Holstein, wo es zu der Zeit eine SPD-geführte Regierung gab, ist es nicht passiert.

Ich habe den Eindruck, dass beide Landesregierungen und beide Parlamente ein bisschen nach dem Motto verfahren sind, dass nichts erfolgreicher ist als der Erfolg, und darüber die eine oder andere kritische Frage nicht gestellt haben.

Erlauben Sie mir an der Stelle eine private Bemerkung. Ich glaube, ein Ergebnis des PUAs ist, dass der Staat sich nicht eignet, selbst Banker zu sein und Banken zu betreiben. Der Börsengang war deshalb eigentlich eine gute Idee und ich hoffe, dass sehr schnell eine Möglichkeit geschaffen wird, diese Bank aus öffentlicher Hand zu nehmen. Der Staat ist dort nicht der richtige Berater.

Ich sage sehr deutlich, dass es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass irgendwelche sachfremden Erwägungen wie beispielsweise Spekulationen hinsichtlich der Verschiebung des Börsengangs stattgefunden haben; dafür gibt es keinen einzigen Beleg.

Deshalb ist dieser Zwischenbericht offensichtlich auch einstimmig erfolgt und aus diesem Grund hat es mich ein wenig verwundert, dass im Nachhinein Minderheitenvoten eingereicht wurden. Sie dienen doch eigentlich dazu, seine Position darzustellen, wenn man eine abweichende Meinung hat. Es ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil zum Entwurf des Berichts 135 Änderungsvorschläge eingegangen sind, von denen bis auf zehn alle sofort einstimmig durchgewunken wurden. Lediglich zehn sind strittig abgestimmt worden, davon acht bis neun im Sinne der SPD- beziehungsweise der Links-Fraktion. Wenn es also nun zu Minderheiten

voten kommt, dann ist das ein bisschen dem 20. Februar geschuldet.

Der PUA hat zu einem sehr komplexen Thema gearbeitet und gleichzeitig auch die Grenzen von Untersuchungsausschüssen aufgezeigt. Mehrere Gerichtsverfahren mit Anwälten und mit der Bank selbst machen deutlich, dass das schärfste Schwert des Parlaments wohl ein wenig nachgeschliffen werden muss. Ein Beispiel hierfür ist das sehr unbefriedigende Verfahren bei der Beschlagnahme von Akten bei der Bank. Allein schon der Umstand, dass man eine Beschlagnahme überhaupt machen musste, spricht schon für sich. Insofern würde ich mich freuen, wenn der Interfraktionelle Antrag, den wir gestellt haben und der auch vorsieht, das PUA-Gesetz zu überarbeiten, Ihre Zustimmung findet.

Der PUA macht aber auch deutlich, mit welcher Komplexität Abgeordnete sich haben auseinandersetzen müssen, denn lange nicht alle unserer Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss waren Fachjuristen oder Banker. Ich glaube, dass es trotzdem sehr gut gelungen ist, den Sachverhalt aufzuklären. Es liegt auch mit daran, dass wir häufig so lange nachgefragt haben, bis die Experten eine Antwort gegeben haben, die man verstehen konnte. Mit Verlaub, ich hatte manchmal den Eindruck, dass wir im Anschluss bestimmte Geschäfte der Bank besser verstanden haben als die Banker zu der Zeit, als sie sie abgeschlossen hatten.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb geht mein sehr herzlicher Dank an alle Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die sehr intensive, engagierte und zeitlich intensive Mitarbeit. Der eine oder andere von uns fragt sich jetzt manchmal, was er freitags abends ohne PUA tun soll, aber da kann vielleicht der Wahlkampf Abhilfe schaffen.

Bei allen Differenzen in der Sache ist es dennoch eine sehr gute, sachliche und persönlich gute Atmosphäre gewesen, die ich als sehr angenehm empfunden habe. Ein ganz besonderer Dank geht an die Mitarbeiter des Arbeitsstabs, die heute hier sind, für die wirklich hervorragende Beratung, für die Zuarbeit und Unterstützung. Dies gilt natürlich auch für die beteiligten Fraktionsmitarbeiter. Der Arbeitsstab hat mit großer Kompetenz, hohem Engagement, großer Zuverlässigkeit und wirklich ungewöhnlichem Einsatz oft bis in die Nacht, an Wochenenden und selbst Weihnachten und Neujahr seine Arbeit geleistet und dadurch erst den Bericht möglich gemacht.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Reichel, Sie und Ihr Team haben wirklich tolle Arbeit geleistet.

"Die Welt" hat einmal berichtet, dass sich einer der ersten PUAs in Hamburg – Hamburg hat rund

40 Untersuchungsausschüsse hinter sich –, es muss der zweite gewesen sein, mit den Folgen des Hungerwinters 1946/1947 befasst hat und wie man so eine Situation künftig verhindern könne. Ich will dies nicht wirklich vergleichen, bin aber sicher, dass unser Untersuchungsausschuss einer der wichtigsten in der Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft war. Das Ergebnis, der Zwischenbericht, liegt Ihnen heute vor.

(Beifall bei der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte den Interfraktionellen Antrag aus der Drucksache 19/8675 annehmen und das Petitum des Berichts des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses HSH Nordbank aus der Drucksache 19/8300 in der beantragten, geänderten Fassung beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist somit einstimmig beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 29, Drucksache 19/8252, Bericht des Sozialausschusses: Hamburg setzt die UN-Behindertenrechtskonvention um – Inklusion als Leitorientierung staatlichen Handelns.

[Bericht des Sozialausschusses über die Drucksache 19/2909: Hamburg setzt die UN-Behindertenrechtskonvention um – Inklusion als Leitorientierung staatlichen Handelns (Antrag der Fraktion der SPD) – Drs 19/8252 –]

Wird das Wort gewünscht? – Herr von Frankenberg, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu später Stunde kommen wir zu einem sehr wichtigen Thema. Wenn man es genau betrachtet, ist es ein Meilenstein in der Politik für Menschen mit Behinderung.

(Präsident Dr. Lutz Mohaupt übernimmt den Vorsitz.)

Wir stehen sicherlich nicht am Anfang, aber auch noch längst nicht am Ende. Wir stehen heute vor einer wichtigen Entscheidung. Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, es ist ein Paradigmenwechsel. Das Thema war uns allen im Parlament sehr wichtig und im Sozialausschuss ganz besonders. Mir persönlich liegt sehr daran, dass wir versuchen, in diesem Themenbereich einen Konsens zu erzielen, dass wir versuchen, gemeinsam für die Menschen mit Behinderung in Hamburg viel zu erreichen.