Protocol of the Session on March 31, 2010

Ich befasse mich auch schon etwas länger mit Sport, aber mir war die ganze Palette der Gegenmaßnahmen, die dort aufgelistet wurden, dann doch neu. Es wäre sehr sinnvoll, einmal im Einzelnen durchzugehen und abzuwägen, ob wir durch die Bürgerschaft oder den Ausschuss noch bestimmte Sachen verstärken oder Anstöße geben können. Insofern erschließt sich mir diese Parlamentstaktik, die Sie hier betreiben, überhaupt nicht. Herr van Vormizeele, Sie werden heute in der "Welt" in Bezug auf das Thema Gewalt – nicht Gewalt im Sport, sondern vor und nach dem Sport – mit der Bemerkung zitiert:

"Ich habe nichts gegen das Thema, aber die Selbstbefassung ist nicht der richtige Weg."

Sie sollen erklärt haben, wenn man einen Antrag stellen würde, dann würde sich das ganz anders darstellen. Ich zitiere Sie deshalb mit dieser Äußerung, denn das wäre doch diese Drucksache.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Die muss aber gut sein!)

Sie können gleich noch einmal reden.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Muss ich ja gar nicht, wenn Sie mich ansprechen!)

Diese Drucksache könnte doch als Grundlage dienen, wenigstens im Bereich des Vereinssports und darüber hinaus die ganzen Sachen noch einmal abzufragen. Insofern ist meine Bitte, dass alles das, was in dieser Großen Anfrage steht, noch einmal die Chance erhält, im Ausschuss genauer geprüft zu werden.

Ich möchte nur noch zwei Bemerkungen machen. Frau Timmermann hat schon darauf hingewiesen und es geht auch mir so, dass ich in der Einschätzung ein bisschen verunsichert bin. Auf der einen Seite lässt die Gewerkschaft der Polizei verlautbaren, dass die gewalttätigen Konflikte bei Fußballspielen im letzten Jahr um 30 Prozent über dem Schnitt der letzten zehn Jahre gelegen hätten, und dann gibt es Hinweise auf entsprechende gewaltsame Erscheinungen in den Fanklubs. Wenn ich mir aber andererseits die Antworten anschaue, die in der Großen Anfrage stehen, dann ist das – das haben auch die Vorredner gesagt – überhaupt

(Horst Becker)

nicht begründet. Der Vorsitzende des Supporters Club vom HSV, Herr Bednarek, sagt, Fakt sei, dass nicht mehr Straftaten als früher begangen würden. Das heißt, wir müssen auch diesen Punkt, ob mehr Straftaten begangen werden, genauer hinterfragen oder ist das nur eine Frage unserer Wahrnehmung oder der Erfassung.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Sie haben eine Frage gestellt und ich beantworte sie nur!)

Dazu gibt es aber auch Gegenstimmen und das könnte man sinnvoll im Ausschuss erörtern.

Es spielt noch ein zweiter Punkt eine Rolle. Man müsste die ganzen Maßnahmen, die entwickelt wurden – zum Teil mit öffentlicher Unterstützung –, systematisch noch einmal diskutieren, eventuell auch unter Hinzuziehung von Experten, und könnte dann überlegen, ob bestimmte Sachen verstärkt werden müssen. Ganz wichtig erscheint mir vor diesem Hintergrund auch noch einmal ein Blick auf den Umgang, der außerhalb des Spielfeldes und der Sportplätze stattfindet. Wir haben bestimmte Auseinandersetzungen im Vorfeld und im Anschluss an die Spiele und da sagt der Sportsoziologe Pilz zu Recht, dass für viele europäische Ultras das Verhalten der Polizei oft unverhältnismäßig überzogen und willkürlich sei. Ich will nicht behaupten, dass er recht hat, aber wenn ich heute in der "tageszeitung" den Polizeichef von Hannover richtig verstanden habe, dann war die Deeskalationsstrategie ein wichtiger Punkt, der zur Beruhigung in Hannover beigetragen hat. Das sind alles Dinge, die meines Erachtens sinnvoll und weiterführend diskutiert werden könnten. Deshalb noch einmal die Bitte an Sie, die Drucksache an den Sportausschuss zu überweisen, damit wir das weiterbearbeiten und sehen, mit welchem Resultat wir dann das Plenum noch einmal befassen können.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Balcke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es bezeichnend ist, dass der Innensenator zu vorgerückter Stunde zu dieser nach unserer Auffassung für Hamburg wichtigen Debatte kommt, aber immerhin ist er da.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Er hört nicht zu, wie immer!)

Er hört nicht zu, aber das ist nichts Neues.

Die Problematik, die wir im Moment in Hamburg haben, ist zweischneidig. Zum einen haben wir ein massives Problem mit dem grölenden Fußballfan-Mob, der zum Teil durch Hamburgs Straßen zieht, mit dem sich die Innenbehörde auseinander

setzen muss und der insbesondere im Bereich des Profisports zum Tragen kommt. Auf der anderen Seite haben wir ein massives Problem im Amateurbereich. Aus der Großen Anfrage ist hervorgegangen, dass 50 Spielabbrüche pro Jahr zu verzeichnen sind. Pro Woche wird ein Spiel im Amateurbereich aufgrund von Gewalttaten abgebrochen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das bei 60 000 Spielen!)

Die Gewalttaten sind nicht näher aufgeschlüsselt. Das wäre beispielsweise ein Auftrag für die Regierungsfraktionen, insbesondere für die CDU, Ihre Behörde einmal darauf hinzuweisen, dass genau da angesetzt wird und entsprechende Fragen gestellt werden.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Weil Sie sie nicht gestellt haben!)

Zunächst ist festzuhalten, dass die beiden Verbände, sowohl der HSB als auch der Hamburger Fußball-Verband, großartige Arbeit geleistet haben, denn sie sind es maßgeblich, die sich in den letzten Jahren mit der Problematik der Gewalt im Fußball auseinandergesetzt haben und nicht der Senat und erst recht nicht diese beiden Fraktionen.

(Beifall bei der SPD)

Bezeichnenderweise ist es so, dass seit Jahren durch die Verbände verschiedenste Maßnahmen nicht nur angestoßen, sondern auch durchgeführt wurden. Auf der anderen Seite, und das ist so bedauerlich, hat sich der Senat bisher komplett aus der Diskussion und aus der Begleitung oder gar der Finanzierung entsprechender Präventionsprojekte herausgehalten. Das ist schädlich.

In den letzten Tagen hat sich dann Senator Ahlhaus in der Presse geäußert, dass das wohl ein Problem im Profisport sei und man dem begegnen müsse. Allein auf Taten warten wir seit Monaten und Jahren gemäß dem Motto: Wir kündigen an, aber wir setzen nichts um. Das reicht nicht.

(Beifall bei der SPD)

Vor diesem Hintergrund, und da verstehe ich die beiden Fraktionen nicht

(Olaf Ohlsen CDU: Das kannst du auch nicht!)

Sie begreifen sowieso nichts –, ist es so wichtig, dass diese Diskussion natürlich im zuständigen Ausschuss geführt wird. Wo kommen wir denn hin, wenn wir hier eine Debatte führen, die im Protokoll festgehalten wird, allerdings im zuständigen Ausschuss keinerlei Beachtung findet. Ich drücke da mein Unverständnis aus und wenn ich mit den Kollegen Fachsprechern rede, dann rollen die auch die Augen. Ich frage mich, wo die Order herkommt, dieses Thema im zuständigen Ausschuss nicht zu diskutieren. Das ist unglaublich.

(Dr. Joachim Bischoff)

(Beifall bei der SPD)

Wir kommen zu einem weiteren Problem neben dem Profibereich, der durch Herrn Ahlhaus hoffentlich abgehandelt wird. Wir werden Sie daran messen, ob wir tatsächlich einen Runden Tisch und eine breite Debatte zu diesem Thema bekommen, das so wichtig ist. Sie wollen das auf der Innenministerkonferenz ankündigen, Herr Ahlhaus. Wir wollen Sie an Ihren Taten messen, bisher waren es lediglich Ankündigungen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Taten gab es zum Beispiel am letzten Wochenende, St. Pauli gegen Rostock!)

Wir werden schauen, was dabei herauskommt. Wir sind skeptisch, um es vorsichtig auszudrücken.

Das andere Problem – offensichtlich haben die meisten von Ihnen, leider auch die Sportpolitiker, die Antwort nicht gelesen – befindet sich im Amateurbereich. Es befindet sich in einem für Hamburg sehr problematischen Feld, und zwar haben wir ein massives Migrationsproblem im Bereich Sport.

(Zurufe von der CDU)

Da sollten Sie zuhören, weil es gerade für die GAL interessant wird.

Wir haben ein großes Problem in Bezug auf Gewaltaufkommen bei Migrationsmannschaften. Das ist faktisch dargelegt. Damit müssen wir uns auseinandersetzen und ich erwarte von der CDU – von der GAL erwarte ich es nicht, das gebe ich zu –, dass sie sich mit diesem Thema auseinandersetzt. Dieses Thema müssen wir diskutieren und ich begreife nicht, warum Sie nicht in der Lage sind, sich einen massiven …

(Zurufe von der CDU)

Das glaube ich, dass Sie das nicht interessiert. Uns interessiert es und deswegen sind Sie hier völlig disqualifiziert. Uns interessiert es sehr wohl, ob wir ein Migrationsproblem haben.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Herr Balcke, ich hoffe, Sie können bei der allgemeinen Lautstärke hier die Glocke hören. Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Möller?

Ja, gerne.

Danke schön. Ich wollte nur noch einmal zum Migrationshintergrund nachfragen. Verstehe ich Sie richtig, dass der Migrationshintergrund sozusagen auch der Auslöser für gewalttätige Aktionen ist?

Frau Möller, das habe ich nicht gesagt.

(Zurufe von der CDU)

Das ist überhaupt nicht ausgeschlossen. Ich kann mich nur auf die Aussagen beziehen, die in der Beantwortung der Großen Anfrage zum Tragen kommen, und da steht drin, dass es im Ergebnis ein Problem gibt bei Mannschaften, die Spieler mit einem Migrationshintergrund haben, und zwar insbesondere im Bereich der Gewalt.

(Zurufe von der CDU – Wolfgang Beuß CDU: Jetzt seien Sie einmal vorsichtig, aber ganz vorsichtig!)

Für mich ist nicht nachvollziehbar – und da wundere ich mich über die GAL, die meistens diskutieren und in Podiums- und sonstigen Diskussionsrunden Konflikte entschärfen möchte –, warum die von Ihnen groß angekündigten sogenannten Konfliktteams bisher überhaupt nicht in Erscheinung getreten sind. Das ist doch Ihr ursprüngliches Interesse. Hier hätten Sie die Möglichkeit, auch natürlich im Rahmen des Sportausschusses, diese Diskussion zu führen. Ich fordere Sie auf, sich dieses Themas anzunehmen und zu schauen, was in der Beantwortung der Anfrage steht. Es ist Ihre Behörde, die diese Zahlen erhoben und darüber Auskunft gegeben hat. Dieses Problem müssen wir, Herr Erkalp, im Sportausschuss diskutieren.