Nun kennt aber auch die SPD die Umfrageergebnisse und auch die SPD steht vor der Wahl. Daher versucht sich natürlich auch die SPD in Wählerverdummung. Sie behauptet also, dass sie nicht die Gymnasien abschaffen will, sondern nur das Abschulen. Meine Damen und Herren von der SPD, ich weiß nicht, ob Sie die Erklärungen der Gymnasialschulleiter gelesen haben. Sie haben ganz klar erklärt, was sie davon halten, auf diese Weise das Gymnasium für Alle durch die Hintertür einzuführen, nämlich gar nichts.
"Im Interesse der Kinder muss aber weiterhin die Möglichkeit erhalten bleiben, wenn nötig, die Entscheidung der Eltern, ihr Kind auf ein Gymnasium zu schicken, am Ende der zweijährigen Beobachtungsstufenzeit beratend zu korrigieren."
In Ihrem Wahlprogramm steht nun leider das Gegenteil. Sie bieten wieder einmal Verwirrung pur. Wollen Sie das
Gymnasium durch die Hintertür abschaffen oder nicht? Gibt es am Ende der sechsten Klasse noch Schulformwechsel, ja oder nein? Werden Sie die Forderungen der Gymnasialleiter erfüllen, ja oder nein? Erklären Sie das doch heute einmal den Wählerinnen und Wähler an diesem Pult. Zweieinhalb Wochen vor der Wahl wäre das langsam an der Zeit.
Da nun die SPD bildungspolitisch ein bisschen orientierungslos umhertorkelt, hätte doch nun Ihr Bürgermeisterkandidat wirklich einmal die Chance ergreifen müssen, bei der Bildung seines sogenannten Kompetenzteams ein eindeutiges Statement abzugeben.
Er hätte beispielsweise für den Bildungsbereich Herrn Professor Lehberger berufen können. Er ist zwar Sozialdemokrat, aber trotzdem ein hervorragender Fachmann. Das soll es geben. Er hat als stellvertretender Vorsitzender der Enquete-Kommission maßgeblich dazu beigetragen, dass wir dort zu dem Zwei-Säulen-Modell gekommen sind.
(Wilfried Buss SPD: Das war Herr Wunder!) - Nein, das war schon Herr Professor Lehberger. (Wilfried Buss SPD: Nein, das war Herr Wunder!) - Ich glaube, ich habe die Beratung geführt und nicht Sie, Herr Buss.
Herr Naumann hat sich aber als Bildungsberater ausgerechnet einen klaren Verfechter der Einheitsschule geholt. Also favorisiert Herr Naumann offenbar doch die Einheitsschule oder was soll uns dieses Signal sagen?
Nun habe ich heute auf der ersten Seite im "Hamburger Abendblatt" vielleicht die Begründung hierfür gefunden. Dort hat die GAL vier Punkte benannt, warum sie mit der CDU nicht koalieren könnte. Das Problem ist, dass in drei Punkten davon die SPD bisher mit uns übereingestimmt hat. Das würde dann also wahrscheinlich auch ein rotgrünes Bündnis ein bisschen schwierig machen.
Von daher verstehe ich, dass die SPD, um die Koalitionsoption offen zu halten, jetzt natürlich anfängt, beim ZweiSäulen-Modell zu wackeln.
Ich habe mich aber generell gefragt, welches Signal Herr Naumann mit diesem Bildungsberater setzen wollte. Dieser Berater - der Name ist hier noch nicht so richtig bekannt, weil er sich irgendwie rar macht. Er heißt Carl Tham. Die meisten von Ihnen werden ihn nicht direkt kennen. Er war einmal schwedischer Bildungsminister.
Nun fragt man sich, was Herr Naumann von diesem Menschen lernen will. Ein Blick in die PISA-Ergebnisse zeigt zuerst einmal schnell, dass Schweden in den PISARankings hinter Deutschland liegt, und zwar mit absteigender Tendenz. Noch nie war Schweden so schlecht, wie 2006, als diejenigen Kinder getestet worden sind, die in die Schule gekommen sind, als Herr Tham dort regierte.
Auch bei der sozialen Gerechtigkeit sieht es schlecht aus. Ein Professor der Universität Göteborg stellt ausgerechnet bei einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung fest, dass soziale Ungleichheit leider ein sichtbares Problem
im schwedischen Schulsystem bleibe. Es gebe in Schweden einen deutlichen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Erfolg im Schulsystem.
Die schwedische Einheitsschule von Naumann-Berater Tham ist also leistungsschwach und ungerecht, sagen PISA und die Friedrich-Ebert-Stiftung.
Darüber hinaus zeigt eine weitere aktuelle Studie wiederum der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass die Einheitsschule von Tham in schwedischen Großstädten genau die negativen Folgen hat, vor denen wir hier immer warnen. Ich zitiere:
"Gegenwärtig stellt sich die Situation so dar, dass das Gros der Freischulen" - also der Privatschulen -
"in den Ballungszentren Stockholm, Göteborg und Malmö zu verzeichnen ist und dort dem einheitlichen Bildungssystem sukzessive die Grundlage zu entziehen droht. 2006/2007 besuchte in den Ballungszentren der drei Großstädte schon jeder siebte Grundschüler eine freistehende Schule.
(Wilfried Buss SPD: Das ist doch wie bei uns! - Gerhard Lein SPD: Er will die Waldorf-Schulen abschaffen!)
Praktisch bedeutet dies, dass sich ein Trend hin zu Schulen in den besseren Vierteln der Städte ergibt, was die soziale Segregation fördert und dass die kommunalen Schulen [also Ihre Einheitsschulen] mit denen in privater Trägerschaft konkurrieren müssen. Das führt in einigen Fällen bereits zu sozialer Gettoisierung und zum Qualitätsverlust an kommunalen Schulen."
Einfacher ausgedrückt, in Schwedens Großstädten gehen die reichen Kinder auf die Privatschule und die armen Kinder gehen auf die staatliche Einheitsschule. Ist das die Zwei-Klassen-Gesellschaft, die die SPD hier einführen will?
Viel schlimmer für die Betroffenen ist aber, dass Carl Thams Schweden in einer Disziplin wirklich Spitze ist. Seit 1995, also ein Jahr nach dem Amtsantritt von Herrn Tham ist die Jugendarbeitslosigkeit in Schweden laut Friedrich-Ebert-Stiftung kontinuierlich gestiegen. Sie hat inzwischen einen Wert von 20 Prozent weit oberhalb aller europäischen Normen erreicht.
Aber nur um die Arbeitslosigkeit zu steigern, benötigen Sie doch nun wirklich keine Beratung. Das haben Sie doch bisher eigentlich immer ganz gut allein geschafft.
Falls Sie doch noch einen Berater benötigen, Herr Naumann, können Sie Herrn Schröder fragen, der Sie bereits bei den Gaskraftwerken berät. Hinsichtlich Arbeitslosigkeit hat er auch seine Erfahrung.
Eines muss man Carl Tham natürlich zugute halten. Er war bei seiner Präsentation ehrlich. Angesichts seiner eigenen Misserfolge in Schweden hat er nämlich Hamburg empfohlen, dass man nicht nach Schweden, sondern nach Finnland schauen sollte. Hier fragt man sich natürlich, warum sich Herr Naumann nicht gleich einen
Die Schweden haben sehr früh gemerkt, dass Carl Tham sie auf den bildungspolitischen Holzweg führt. Zum Ende der Amtszeit von Carl Tham verloren die schwedischen Sozialdemokraten fast 9 Prozentpunkte und erreichten das bis dahin schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte. Herr Tham wurde im Übrigen nicht mehr in das neue Kabinett berufen.
Der Einheitsschulberater von Herrn Naumann ist also nicht nur ein PISA-Verlierer, sondern auch noch ein Wahlverlierer. Von daher habe ich das fast etwas schade gefunden, dass er am Sonntag ausgerechnet die erste Pseudo-Kabinettsitzung von Herrn Naumann zum Thema Bildung geschwänzt hat.
Falls einer von Ihnen demnächst Herrn Naumann trifft, kann ich ihm jemanden empfehlen, der ihn im Umgang mit Schwänzern beraten kann. Sie sitzt oben auf der Senatsbank und wird dort auch noch sehr lange bleiben.
Das Entscheidende ist doch, dass Sie von Ihrem Rohrkrepierer, den Sie noch im Herbst präsentieren wollten, mit Ihrer platten Kampagne nach dem Motto "Ich kämpfe für Ihre Schule" ablenken wollen. Das hat sich alles nicht bewahrheitet, weil selbst die Schulen, wie Sie inzwischen einsehen mussten, sich verbeten haben, dass man sie hierfür entsprechend einspannt. Wir schaffen keine Gymnasien ab. Das wissen Sie auch selbst, dass dem so ist, wenn es um die angebliche Unsicherheit bei der SPD geht. Sie können aber weiterhin darauf bestehen, dann erhalten Sie hierzu täglich von uns die passende E-Mail: Wir schaffen keine Gymnasien ab.
Worum geht es eigentlich, außer, dass Sie, Herr Heinemann, wieder einmal die übliche Art und Weise der selektiven Sicht von Daten nutzen und versuchen, uns die Schreckgespenster von Stockholm und ihren Privatschulen darzustellen.
(Wolfhard Ploog CDU: Das war schlimm genug!) - Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber dann wollen wir doch einmal bei den Fakten bleiben. Herr Kollege der freien Schulen, wie hoch ist die Zahl denn in Hamburg? In Stockholm geht jeder siebte und in Hamburg jeder achte in eine freie Schule. Was ist denn hier der große Unterschied? Das ist doch nichts Weltbewegendes. Wegen der schlechten Bildungspolitik, die Sie seit sechs Jahren betreiben, ist bereits jetzt jeder achte Schüler mit zunehmender Tendenz auf einer Privatschule. Das ist Fakt, was Sie nicht wahrhaben wollen, und ist der Punkt, um den es geht. A B C D (Zurufe von der CDU - Beifall bei Gerhard Lein SPD)
Ich komme zum letzten Punkt der selektiven Wahrnehmung des Kollegen Heinemann. Herr Tham ist gar kein Mitglied bei den Sozialdemokraten. Er ist ein Liberaler, um das auch einmal deutlich zu machen. Hier geht es mehr um die entsprechenden Fakten und nicht darum, jemanden immer wieder in eine Schublade zu packen. Das müssten Sie sich endlich einmal klarmachen. Sie sollten nicht immer auf dieser oberflächlichen Tour durch Hamburg gehen.