Protocol of the Session on November 7, 2007

(Beifall bei der SPD - Glocke)

Herr Dr. Schäfer, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Harlinghausen?

Aber gerne.

Herr Harlinghausen, bitte.

Herr Kollege Dr. Schäfer, kann es sein, dass Sie Ihre Aussage mit einer anderen Tatsache verwechselt haben - das war die Streichung von 28 Millionen D-Mark im Kinder- und Jugendbereich in den letzten drei Jahren Ihrer Regierungstätigkeit?

- Ich habe das überhaupt nicht verwechselt. Ich spreche über die Mittel, die diese Senatorin im Sozialbereich und im Jugendbereich gestrichen hat.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Über den Rest sprechen Sie nicht!)

Des Weiteren spreche ich nicht über 1997, sondern über das Jahr 2007. Wenn nun bei diesen unsäglichen Versuchen, Statistiken zu verfälschen oder mit Statistiken zu fälschen, wie Herr Claußen das eben gerade auch wieder im Zusammenhang mit den Gesetzentwürfen zum SOG hinbekommen hat, wenn diese Versuche, über die Statistik alle Delikte zu zählen und zu übersehen, dass es heute nicht um alle Delikte geht, sondern dass es ausschließlich um Gewaltdelikte insbesondere durch Jugendliche und um die auf das Vierfache angestiegene Anzahl von Opfern geht, wenn Sie das nicht verstehen, wenn Sie darauf nicht einzugehen bereit oder in der Lage sind, dann verfehlen Sie das Thema radikal.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Zu der Frage Angst und Schrecken verbreiten: Angst und Schrecken wurde nicht durch uns verbreitet, sondern durch die Meldungen dieser Woche. Die Meldungen dieser Woche waren Meldungen über Tatsachen, denen Sie sich stellen müssen.

Drittens, Herr Claußen: Es stimmt nicht, dass wir lageabhängige Kontrollen abgelehnt haben. Es war in unserem Entwurf ebenso enthalten und den haben Sie abgelehnt.

(Beifall bei der SPD)

Hinter allem, was insbesondere von Herrn Hesse als Erfolge aufgezählt wurde, Cop4U, Familien-InterventionsTeam, Feuerbergstraße, steht die Frage: Welche Erfolge hatte das denn? Sie haben Dinge eingeführt, aber die hatten keine Erfolge. Ganz offenkundig waren die fehl am Platz und sind schlicht und ergreifend wirkungslos im Zusammenhang mit der Frage Gewalt von Jugendlichen gegen Jugendliche. Sie haben heute schlicht und ergreifend das ganze Thema verfehlt. Sie haben sich nicht darauf eingelassen, die wirklichen Probleme mit zu debattieren. Sie sind ausgewichen, Sie sind auf der Flucht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Frau Blömeke.

A C

B D

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Angst und Schrecken verbreiten - das hat in dieser Debatte wenig zu suchen, denn es geht vielmehr um ein reales Problem. Aber, ehrlich gesagt, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion, kann ich mich noch sehr gut an den Wahlkampf 2001 erinnern. Wenn irgendjemand Angst und Schrecken verbreitet hat, war es damals nach dem unsäglichen Mord des Lebensmittelhändlers, Herrn Dabelstein, die CDU-Fraktion. Das war ein katastrophaler Wahlkampf, in dem Sie Angst und Schrecken verbreitet haben. Eine Stimmungsmache, die sich bis heute fortsetzt und die hat in dieser Debatte in der Tat wenig zu suchen.

Ich will noch einmal darauf zurückkommen, dass wir ein reales Problem haben. Keiner aus unserer Fraktion macht Panik. Aber wir haben ein Problem und das muss erkannt werden. Jede einzelne Tat ist schon eine Tat zu viel. Es geht auch überhaupt nicht darum, ob sich das angehäuft hat oder ob eine Steigerung stattgefunden hat.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Es gibt aber kein Patentrezept, Frau Blömeke!)

Es geht um die einzelne Tat und um die Jugendlichen. In diesem Zusammenhang erneuere ich unsere Forderung seitens der GAL-Fraktion, dass es nur zum Erfolg führt, wenn wir die Probleme wirklich bei der Wurzel packen. Solange die CDU-Fraktion nicht erkennt, dass Armut und soziale Ausgrenzung nachweislich Aggressionen und Gewaltbereitschaft erzeugt, solange die CDU-Fraktion nicht bereit ist, genau hier anzusetzen, solange werden Ihre Konzepte nicht erfolgreich sein.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Aus diesem Grund hat das auch überhaupt gar nichts mit Kuschelpädagogik zu tun, wenn wir uns hier hinstellen und sagen, Prävention sei das A und O. Deswegen muss man auch anfangen, wenn die Kinder ganz klein sind. Man muss in der Kita anfangen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Richtig!)

Das setzt sich in der Schule fort. Aber Ihre Maßnahmen in der Schule begrenzen sich darauf, dass Sie Lehrerinnen und Lehrer zu Hilfspolizisten machen.

(Bernd Reinert CDU: Das stimmt doch gar nicht, Frau Blömeke!)

Das ist kein Konzept, das in der Schule zur Gewaltprävention oder zur Lösung dieses Gewaltproblems beiträgt.

(Bernd Reinert CDU: Sie reden hier doch wider besseres Wissen!)

- Herr Reinert, Sie können sich doch auch hinstellen und eine Frage stellen. Vielleicht lasse ich die jetzt auch zu.

In der Kita haben wir ganz genau dasselbe Problem. Wir erleben in meinem Fachbereich, dass die ganzen Programme zur geschlechterspezifischen Arbeit von diesem Senat nicht aufgegriffen werden. Ich hatte eben schon versucht zu erklären, dass die Jugendgewalt, die wir haben, eine Gewalt von Jungen ist. Jungen müssen stärker in den Fokus unserer Politik gerückt werden. Das sage ich ganz bewusst auch als Grüne, denn vielen ist vielleicht bekannt, dass wir immer Mädchen in den Fokus unserer Politik gerückt haben. Wir haben die Mädchenarbeit gestärkt. Das ist auch ganz wichtig. Das ist auch nach wie vor wichtig. Aber wir müssen erkennen, dass zunehmend Jungen Verlierer unserer Gesellschaft sind.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Auch auf Ihrer Landes- liste, Frau Blömeke!)

Deswegen muss sich ein großes Politikfeld dieser jungenspezifischen Arbeit widmen. Da erkenne ich null Bemühungen seitens des Senats und auch seitens der Sozialsenatorin, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen.

Es gibt wahrlich gute Programme in Hamburg. Das ist die präventive Arbeit, bei der wir ansetzen müssen. Ich habe vorhin auch die Cliquenarbeit erwähnt. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir das gesamte Lebensumfeld der Jugendlichen in die präventive Arbeit einbeziehen. Es geht nicht nur um Schule, es geht auch um die sogenannten Peergroups und die ganzen Freundeskreise. Das hört sich jetzt alles nicht so spannend an. Vor allen Dingen für die Bürgerinnen und Bürger stellt sich zunächst die Frage nach dem, was dabei herauskommt. Ich kann Ihnen garantieren, dass es langfristige Maßnahmen sind, die wir ergreifen. Das ist eine langfristige Hilfe, die zum Erfolg führt, weil genau dieser Ansatz am Beginn der Probleme auch wirklich zum Erfolg führt.

Herr Hesse, erlauben Sie mir noch einen Satz. Das Geschlossene Heim Feuerbergstraße als Erfolgsmodell zu bezeichnen, ist wirklich der Witz hoch drei. Über 50 Prozent der Jugendlichen die dort waren, sind wieder rückfällig geworden. Das hat so wenig Erfolg, dass man es kaum messen kann. Ich möchte einmal behaupten, dass die wenigen Jugendlichen, die dort herausgekommen sind, nicht wegen der Feuerbergstraße nicht wieder rückfällig geworden sind, sondern man muss schon sagen, dass sie es trotz der Feuerbergstraße geschafft haben, zu überleben und nicht wieder rückfällig zu werden. Ich glaube, dass die Methode Feuerbergstraße und eine Erziehung hinter Mauern in einem geschlossenen Umfeld nicht tauglich sind, die Probleme der Jugendlichen zu beseitigen. Auch hier muss es zu einer engmaschigen Arbeit zwischen Familien und Jugendlichen kommen.

Die GAL hat dafür gute Konzepte erstellt, zum Beispiel das Konzept der intensiv betreuten Wohngruppen, in denen die Jugendlichen verbindlich 24 Stunden rund um die Uhr von einem oder mehreren Pädagogen betreut werden.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das ist schon gescheitert!)

Das ist der Unterschied, Herr van Vormizeele, Sie geben den Erziehern ein Schlüsselbund in die Hand und sagen: "Schließe einmal die Tür ab, der Jugendliche bleibt da alleine." Und wir sagen, der Jugendliche muss mit den Pädagogen zusammen sein. Nur so kann ihm geholfen werden. Ihr Kollege, Herr Hesse, meint, die Jugendlichen mit Psychopharmaka ruhig zu stellen.

(Zuruf von Klaus-Peter Hesse CDU)

Das ist die Therapie der CDU - ein Armutszeugnis, Herr Hesse.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Spethmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, man kann feststellen, dass Frau Blömeke durchaus ein paar gute Ansätze gezeigt

hat, was die Jungenarbeit betrifft. Ich finde, das ist durchaus ein Punkt, über den wir weiter sprechen können. Aber fangen Sie erst einmal bei Ihrer eigenen GALLandesliste an. Das wäre auch nicht schlecht.

(Beifall bei der CDU)

Bei der GAL kann ich alles nur unter einem Punkt zusammenfassen - kuscheln, kuscheln, kuscheln. Aber das ist es nicht. Wenn Sie von Armutsproblematik reden: Eine der Mütter hat ganz klar gesagt, es sei kein Armutsproblem in Ihrer Familie, in der der Sohn Täter geworden ist. Das ist nicht die Frage. Sondern wir haben tatsächlich eine Frage der Sozialisation und nicht der Armut. Insoweit liegen Sie da auch vollkommen falsch.

(Beifall bei der CDU)

Bei der SPD mangelt es langsam wirklich an Seriosität. Herr Schäfer, Sie haben ein gutes Beispiel gebracht. Was haben Kinderkuren mit Jugendkriminalität zu tun? Wenn Ihnen nicht mehr einfällt, ist das ziemlich erbärmlich.

(Beifall bei der CDU)

Ein weiterer Beweis der mangelnden Seriosität, Herr Dr. Dressel, ist Ihr Vorwurf über das heutige Fehlen des Justizsenators. Der Justizsenator weilt bei der Justizministerkonferenz. Ich finde es unfair, so etwas zum Thema zu machen. Der Staatsrat weilt auch dort. Das ist mangelnde Seriosität, die Sie beweisen. Ich kann noch weitere Punkte bringen.

(Beifall bei der CDU)

Ein weiteres Mal möchte ich Sie ansprechen, Herr Dr. Dressel. Sie tönen, der Senat möge aktiv werden. Das tut er. Aber werden Sie einmal aktiv im Bereich der Seriosität auf Bundesebene. Ich nenne hier einmal schlagwortartig ein paar Punkte, bei denen die SPD auf Bundesebene etwas machen kann, es aber verhindert - ihre Bundestagsfraktion, Ihre SPD-Bundesjustizministerin: Einführung Warnschussarrest, Anwendung des allgemeinen Strafrechts auf Heranwachsende, was grundsätzlich angewendet werden sollte - beides verhindert von der SPD-Fraktion. Machen Sie doch dort etwas, anstatt hier groß herumzutönen und Rhetorik zu machen. Machen Sie dort etwas und nicht hier.