Protocol of the Session on May 9, 2007

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die positiven Sozialisierungseffekte werden unzweifelhaft bei Kampfsportarten erreicht. Hinzukommen Effekte, wie größere innere Ruhe, Geduld und Fähigkeit zur Konzentration. Ich glaube, darüber sind wir sind uns alle einig.

Wie Sie wissen, habe ich als Abgeordneter meine politische Heimat in dem wenig begüterten Stadtteil Jenfeld. Dort haben wir eine lange Zeit auch eine Initiative gehabt, die Jugendarbeit mit einer Taekwondo-Gruppe betrieben hat, die sehr erfolgreich war.

Die CDU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrages in den Sport- und in den Schulausschuss, um dort mit Ihnen weiter zu diskutieren. Ich möchte nachfolgend ausführen, was wir in dem Ausschuss mit Ihnen besprechen wollen, damit Sie, Herr Buss, dann nicht überrascht sind.

(Wilfried Buss SPD: Hier überrascht mich gar nichts!)

Es muss zunächst sicherlich noch einmal über die Frage gesprochen werden, ob wir allein den Boxsport in dieser Form fördern und einbringen können. Ich denke, andere Sportarten, wie Judo, Karate oder Ringen, haben zumindest eine gleichwertige Funktionalität und können auch in gleicher Weise eingebracht werden. Das müsste noch einmal durchdacht werden.

(Beifall bei Wolfhard Ploog CDU)

Die zweite Frage ist, wie kann der Boxsport umgesetzt werden und welcher Mitteleinsatz ist hierfür erforderlich, denn auch der Boxsport kommt nicht ohne Material aus, wie Herr Schmidt bereits richtig ausgeführt hat. Wir benötigen natürlich die richtige Ausrüstung, denn nur so macht es auch den Schülern Spaß, zu trainieren.

Letztlich müssen wir im Ausschuss auch darüber diskutieren, welches äußere Bild eine Schule erzeugen soll? Wir müssen natürlich berücksichtigen, dass Schulen nach außen gegenüber Eltern und potenziellen Schülern eine positive Darstellung haben müssen. Hierbei stellt sich natürlich die Frage, wie man das erreichen kann, wenn Kampfsportarten ganz offen propagiert und durchführt werden. Ich bin aber der Meinung, dass das durchaus möglich ist. Bitte stimmen Sie für die Ausschussüberweisung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Jan Quast SPD)

Das Wort bekommt Frau Dr. Lappe.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe im Hause - Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbrechen- de): Falls es zu Irritationen gekommen ist. Zurzeit redet ausschließlich Frau Dr. Lappe.

Auch meine Fraktion unterstützt im Prinzip diesen Antrag. Wir freuen uns darüber, dass er im Schulausschuss und im Sportausschuss diskutiert werden kann. Sie werden vielleicht ein bisschen überrascht sein, dass ausgerechnet auch von uns ein positives Votum kommt. Aber Boxen ist inzwischen auch ein Frauensport

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Zurufe von der SPD: Bravo, bravo!)

und einige Frauen boxen nicht einmal schlecht. Vielleicht erinnern Sie sich auch noch daran, dass unter berühmten Kriegsdienstverweigerern nicht ganz unbekannte Boxsportler gewesen sind, beispielsweise Muhammad Ali. Und der erste Bundeswehrverweigerer 1957 war auch ein Boxsportler, namens Klaus Pomrehn. Das habe ich extra für diese Debatte herausgesucht und vielleicht wissen das auch noch einige von Ihnen.

Auch für uns gibt es gegenüber dem Boxsport keine Vorurteile. Ich glaube, dass es grundsätzlich Möglichkeiten gibt, durch Sport im Bereich der Gewaltprävention und im Bereich der Opferprophylaxe vorbeugend zu arbeiten. Das ist für mich ein Aspekt, der bis jetzt noch nicht aufgetaucht ist. Der Sport - und insbesondere auch der Kampfsport - ist natürlich nicht nur die Gelegenheit, Aggressionen zu begegnen, sondern auch einzelne Mädchen und Jungen darin zu bestärken, möglicherweise keine Opfer zu werden. Ein weiterer Aspekt wäre dann der Integrationsaspekt.

Allerdings muss auch darauf hingewiesen werden, dass der Sport an sich diese Dinge nicht erreicht, sondern nur dann, wenn die Sportart von Menschen unterrichtet wird, die entsprechend darauf vorbereitet sind, gewaltpräventiv zu arbeiten und den Jugendlichen tatsächlich Fairnessgedanken sowie Antigewalt nahe zu bringen. Hierzu gehört auch, Vorurteile abzubauen und das freie Umgehen miteinander. Nur wenn die Schulen in der Lage sind, ein entsprechendes sozialpädagogisches Begleitprogramm, wie es beispielsweise in Niedersachsen gemacht wird, durchzuführen, macht das Ganze einen Sinn. Nur dann wird es die Effekte zeigen, die wir uns bei diesem Konzept wünschen. Ich hoffe und wünsche mir, dass wir ausreichend Gelegenheit haben werden, im Ausschuss darüber zu diskutieren und das Konzept noch näher erläutert bekommen. Vielleicht erhalten wir auch aus Niedersachen Informationen, welche Erfahrungen dort gemacht worden sind.

Ein Anliegen meinerseits wäre noch, dass wir bei allen solchen Konzepten auch eine Evaluierung im Auge haben, weil es daran mangelt. Sowohl bundesweit als auch in Hamburg hat es bereits diverse Gewaltpräventionsprojekte gegeben, aber wir wissen nicht genau, wie sie gewirkt haben, weil es nur ganz wenige belastbare Ergebnisse gibt. Daher würde ich mir wünschen, dass dieses Konzept entsprechend evaluiert wird und wir uns auch die anderen Programme, die es in Hamburg gibt, daraufhin mal genauer anschauen. Es bringt nichts, wenn wir in eine Sache Geld investieren, bei der wir hinterher gar nicht wissen, ob das Resultat herauskommt, was wir gerne wollen. - Danke.

(Beifall bei der GAL und bei Lars Dietrich CDU)

Das Wort bekommt Herr Böttcher.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schmidt, das Petitum Ihres Antrags können wir eigentlich sofort unterstützen. Als wir die Begründung und Ihre Einleitung gelesen haben, blieben noch ein paar Fragen offen, die im Ausschuss zu klären sind.

Sie haben für mich ganz deutlich den Unterschied zwischen dem Profi- und dem Amateurboxsport aufgezeigt, den ich vollkommen unterstreiche. Nur eine Sache müssten wir meiner Meinung nach im Ausschuss noch diskutieren.

Wenn man in der Schule Sport anbietet, dann ist dieser immer nach Vorbildern gerichtet. Und das ist nun einmal der Profiboxsport, der die Jugendlichen vielleicht anleitet. Hierbei wäre es ganz besonders wichtig, dass dieser Boxunterricht von ausgebildeten Trainern geleitet wird, die darauf achten, dass dieser Fairness- und Integrationsgedanke nicht von dem Bild des Profiboxsports, das sie vielleicht abends im Fernsehen gesehen haben, kaputtgemacht wird.

Ich möchte auch noch gern im Ausschuss diskutiert haben, dass alle diese positiven Dinge, die Sie von dem Projekt erwarten, nicht nur der Boxsport, sondern auch andere Kampfsportarten leisten können, die wir mit zu betrachten haben. Ich weiß beispielsweise von Projekten, in denen in der Schule Ringkämpfe angeboten werden und hierdurch das ganz natürliche Bedürfnis von Jungen, sich aneinander zu messen, in vernünftige Bahnen geleitet wird. Das ist keine Prügelei auf dem Schulhof, sondern dieses Bedürfnis des Kräftemessens kann in den Pausen irgendwo auf der Ringmatte mit Regeln und dem Fairnessgedanken ausgetragen werden. Die Schule Teichweg berichtet aus ihren Judoklassen, dass im Unterricht Disziplin und Konzentration der Schüler merkbar sind, weil der Judosport eine positive Auswirkung hat.

Mir wäre es also wichtig, dass wir im Sportausschuss vielleicht noch einmal darüber diskutieren, ob wir die positive Erwartung dieses Projekts nicht auf alle Kampfsportarten, wie beispielsweise Ringen, Taekwondo oder Judo, ausdehnen können, denn nicht jede Schule kann Boxen durchführen und die vorgenannten Sportarten können auch zu positiven Entwicklungen führen.

Im Übrigen habe ich heute erfahren, dass es in Hamburg bereits ein Projekt gibt. Die Grundschule Rellinger Straße ist gerade dabei, einen Boxunterricht mit Trainern einzuführen. Vielleicht können wir uns auch von den Erfahrungen in Hamburg berichten lassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer einer Überweisung der Drs. 18/6127 federführend an den Schulausschuss und mitberatend an den Sportausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Überweisungsbegehren ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zum Punkt 4 der Tagesordnung, Drs. 18/5669, Große Anfrage der GAL-Fraktion: Hamburg verwaltet die Arbeitslosigkeit – ARGE-Bilanz 2006.

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Hamburg verwaltet die Arbeitslosigkeit

A C

B D

- ARGE – Bilanz 2006 - Drs. 18/5669 -]

Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? - Frau Köncke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich versuche, das Folgende ganz positiv zu formulieren. Die Armen dieser Stadt hätten zumindest in Zeiten wachsender Konjunktur eine berechtigte Hoffnung auf Beschäftigung beziehungsweise auf eine Förderung in den Arbeitsmarkt.

Die Realität sieht leider ganz anders aus. Die Anzahl der Leistungsberechtigten nach dem SGB II hat sich innerhalb eines Jahres um gut 10.000 Menschen auf über 200.000 erhöht, davon allein 51.000 Kinder. Bei den Kindern haben wir einen Anstieg von 2.100 zu verzeichnen und das mit ausgewiesenermaßen schlechteren Start- und Bildungschancen sowie schlechteren Perspektiven.

Der Senat hat die Talentstadt ausgerufen und fördert Standortfaktoren, um nach außen zu leuchten, ohne die Talente dieser Stadt zumindest einmal wahrzunehmen. Lassen Sie mich die stattfindende Vernachlässigung an einigen Ergebnissen aus unserer Großen Anfrage belegen.

Die soziale Spaltung der Stadt verstärkt sich nicht nur durch die Ausleseprozesse am Arbeitsmarkt, sondern ausgewiesenermaßen auch durch die Fehlsteuerung der ARGE, die diese Stadtteile zusätzlich benachteiligt. Konkret gesagt, problematische Stadtteile sind wesentlich schlechter mit Personal ausgestattet, zeigen schlechtere Integrationserfolge und ein Anwachsen der Transferleistungen. Zu konstatieren ist, dass es den Menschen in Bezug auf Förderung und Betreuung heute schlechter geht als vor der Arbeitsmarktreform.

Die Kompetenzen der ehemaligen Sozialämter, die insbesondere im Bereich der sozialen Betreuung lagen, sind zerschlagen und neue Kompetenzen sind nicht ersetzt worden, geschweige denn die versprochene verbesserte Förderung.

Die Anfrage belegt gleichermaßen ein gleichbleibendes, ziemlich einfaltsloses Förderangebot, das den Bedingungen des Hamburger Arbeitsmarktes nicht gerecht wird. 60 Prozent der Integrationsmittel gehen in Ein-Euro-Jobs, nur 8,2 Prozent wurden in Fort- und Weiterbildung investiert. Und das angesichts eines heute schon bemerkbaren Fachkräftemangels.

Ein weiterer Punkt, den ich zumindest als Ergebnis der Großen Anfrage herausstellen möchte, ist, dass bis heute keine konzeptionelle Entwicklung der Hamburger ARGE erkennbar ist. Weiterhin fehlt es an einer entsprechenden Personalentwicklung. Die meisten bleiben mit der Leistungsgewährung beschäftigt. Nur 29 Prozent des Personals arbeiten direkt in der Vermittlung beziehungsweise im Fallmanagement.

Ich möchte hier als endgültiges Ergebnis herausstellen: Das Projekt der Hamburger ARGE, das wir anfangs auch gefördert haben, ist gescheitert.

(Doris Mandel SPD: Ja! - Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Mit dieser Wertung stehen wir im Übrigen nicht allein. Auch der Bundesrechnungshof stellt fest, dass der Grundsatz des Förderns nicht ausreichend umgesetzt wird. Das hat ganz deutlich strukturelle Ursachen.

Das Ziel der Verbesserung, Leistung aus einer Hand zu gewähren - darum ging es doch -, wird in Hamburg grundsätzlich ad absurdum geführt, wenn das am meisten gebrauchte Integrationsmittel, dieser Ein-Euro-Job, jetzt in die HAB ausgelagert und zentralisiert wird. Herr Uldall, das mag Ihr verzweifelter Versuch sein, sich den Kompetenzverwirrungen der ARGE zu entziehen. Aber in Bezug auf das angestrebte Ziel, nämlich Leistungen aus einer Hand zu gewähren, ist dieser Fluchtversuch völlig kontraproduktiv.

(Beifall bei der GAL)

Weiterhin bleiben die Befugnisse der beteiligten Akteure ungeklärt und verschleißen sich. Das möchte ich gern einmal aus einem Papier des Bundesinnenministeriums zitieren. Dort heißt es nämlich, ich zitiere:

"In Gesamtverantwortung, in Umsetzungsverantwortung, in Umsetzungsmitverantwortung, Leistungsträgerverantwortung, Gewährleistungsverantwortung und so weiter. "