Protocol of the Session on February 28, 2007

Der Hauptunterschied ist die Struktur. Ich persönlich habe bei der GAL in der Strukturfrage keine Bewegung festgestellt, in anderen Sachen schon, aber in der Strukturfrage nicht. Bei der SPD habe ich Bewegung gesehen, nur mache ich irgendwo immer Fragezeichen. Meine Frage in diesem Fall ist, wo die Reise hingehen soll. Sie wollen einerseits die Schule für alle, aber auf der anderen Seite das Gymnasium dann doch nicht antasten. Ist das für Sie

eine Frage, die auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt wird – dann ist es unehrlich –, oder haben Sie ein konkretes Ziel, wie das Herr Lein formuliert hat, dass Sie das Gymnasium abschaffen wollen? Dann müssen Sie das aber auch klar und deutlich sagen und nicht der eine so und der andere so reden.

(Beifall bei der CDU)

Ich würde vorschlagen, dass die SPD, wenn sie ein bisschen Zeit hat, einmal versucht, die Ergebnisse der Enquete-Kommission nachzuarbeiten und zu einer gemeinsamen Linie zu kommen. Dann wissen wir auch, woran wir bei Ihnen sind.

Ein bisschen habe ich persönlich den Verdacht gehabt, dass die Enquete-Kommission bei Ihnen ein wenig eingesetzt wurde – Sie waren seinerzeit sehr interessiert daran –, um von der innerparteilichen Diskussion dieses Themas abzulenken oder ein bisschen Zeit zu gewinnen. Sie haben gedacht, wir können erst einmal im Rathaus eine Kommission gründen, da wird dann ein bisschen gearbeitet und dann vergeht die Zeit. Nur ist jetzt der Zeitpunkt gekommen und die Fragen von damals holen Sie ein. Das ist leider so und das muss ich Ihnen vorhalten.

Zum Thema "9 macht klug": Wenn man das durchliest, liest sich das ganz nett.

(Beifall bei Antje Möller GAL)

Man kann es aber nicht anders sagen: Es ist nicht die richtige Antwort auf die Fragen. Wenn ich mir das anschaue, kommt es mir mehr wie eine Vision der späten Sechzigerjahre vor und insofern ist es in meinen Augen wirklich nicht mehr die richtige Antwort. Aus dieser PISAStudie kann man alles herleiten.

(Gerhard Lein SPD: Nicht ganz, nicht ganz!)

Dann können Sie das gegliederte System genauso mit guten Argumenten verteidigen wie mit Finnland und der Schule für alle. Die Frage ist nur, was die tragfähige Antwort für Hamburg ist. Ich glaube, wir haben mit der Stadtteilschule und dem Gymnasium, mit diesem Zwei-SäulenModell, die richtige Antwort für unsere Stadt gefunden.

(Beifall bei der CDU – Gerhard Lein SPD: Was ist mit den Förderschulen?)

Den Freunden von der SPD, die jetzt noch mit ihrer Vision hinterher hecheln, was die Schule für alle oder wie immer Sie das nennen wollen, angeht, sei gesagt, die Arbeitsteilung kann natürlich nicht so aussehen, dass wir die Hauptschule abgeschafft haben und Sie das Gymnasium abschaffen und dann trifft man sich in der Mitte. Das wäre in meinen Augen die Strukturdebatte nicht zu Ende gedacht, sondern wichtig ist, dass wir jetzt Entscheidungen treffen, die für die Zukunft tragfähig sind. Wir können nicht permanent das System Schule unter Druck halten, immer wieder reformieren und reformieren und in den Prozess einsteigen, sondern die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, müssen auch für einen längeren Zeitraum Bestand haben. Das ist ganz wichtig, denn das System Schule braucht Ruhe und Kraft, um das zu machen, wofür es eigentlich da ist, nämlich guten Unterricht und nicht ständig über Strukturen zu reden.

(Beifall bei der CDU)

Die Debatte war sehr wichtig, weil sie Antworten auf Fragen gibt, die sich sowohl durch das Elternwahlverhalten

als auch durch viele andere Punkte ergeben haben. Nur, wenn diese Debatte zu Ende ist, dann muss der Blick auf andere Themenfelder gehen; wir können nicht immer wieder anfangen. Insofern finde ich die Debatte über die Schule für alle nicht gut, denn wir brauchen jetzt nach den getroffenen Entscheidungen Ruhe.

Ich halte das für eine langfristige Lösung und unser weiteres Ziel muss guter Unterricht sein. Das ist natürlich eine Angelegenheit, die ganz wichtig ist und tagtäglich weiter gedacht werden muss, aber wir dürfen nicht immer wieder aufs Neue über Strukturen reden.

(Glocke)

So eine Lösung muss über einen längeren Zeitraum laufen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Ernst.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will gar nicht mehr viel sagen, aber Herr von Frankenberg, schauen Sie doch über Hamburg hinaus und sehen, wie über Schulstrukturen in Deutschland geredet wird. In Schleswig-Holstein koalieren Sie mit der SPD, die dort die Gemeinschaftsschule ins Schulgesetz geschrieben hat, und tragen das mit, zwar widerwillig, aber Sie sind dort Koalitionspartner. In Bayern gibt es geheime Papiere der CSU, die Hauptschule abzuschaffen. In Brandenburg gab es ein Papier, was wir leider nie bekommen haben, wo sich die Grünen hätten vorstellen können, in Berlin-Brandenburg den Weg einer Schule für alle über zwei Säulen zu gehen. Es geht also längst bunt zu und gar nicht mehr getrennt nach politischen Präferenzen. Deshalb finde ich Ihren Beitrag auch ein Rückfall in alte Schlachten.

(Beifall bei der SPD und bei Gudrun Köncke GAL)

Faktisch ist es so, dass die Enquete-Kommission sich konkreten Strukturveränderungen gestellt hat. Ich nehme für die SPD in Anspruch, dass wir uns der Herausforderung gestellt haben, endlich die Perspektive einer Schule für alle mit konkreten Schritten zu verbinden. Das will ich auch selbstkritisch an die progressive Zunft der Schulpolitik in Deutschland sagen. Das Problem war immer, dass die Schule für alle gewollt war, aber niemand gesagt hat, wie man dort hinkommt.

Ich als Politikern möchte ausdrücklich sagen, dass es hier um Politik geht, Christa Goetsch. Natürlich ist es fachlich richtig, eine Schule für alle zu machen, und wenn wir ein weißes Blatt Papier hätten und das Schulsystem neu erfinden würden, würden wir gar nicht auf die Idee dieser ganzen Schulformen kommen, die sich historisch in Hamburg herausgebildet haben. So viel Phantasie kann man gar nicht haben. Aber wir sitzen nicht vor einem weißen Blatt Papier, sondern unser Ausgangspunkt ist eine jahrzehntelang gewachsene Schulstruktur, tief verankerte Wertschätzung, tiefe Bindung, Wertvorstellungen, Bildungsvorstellungen, die Menschen haben. Deshalb reden wir hier über Politik, nämlich wie man Politik so gestaltet, dass Menschen es akzeptieren können, dass sie die Wege mitgehen können. Dieser Herausforderung haben wir uns als SPD gestellt und auch einen Beitrag dazu in die Enquete-Kommission gegeben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Manuel Sarrazin GAL: Man kann auch Menschen überzeugen!)

Herr Heinemann hat das Wort. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass die Aktuelle Stunde nach meiner Uhr nur noch vier Minuten dauert.

– Kein Problem. Wir wollten nur beweisen, dass wir eine komplette Debatte nur mit Schulpolitik führen können.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht noch drei Aspekte zum Abschluss. Unabhängig davon, wie man zu der Frage steht, ob man eine Schule für alle will oder nicht, müssen wir doch konstatieren – das haben wir in der Enquete-Kommission auch bemerkt –, dass die Schulen und die Lehrer heute, so wie sie unterrichten, offensichtlich mit der Heterogenität, die sie heute schon in den Schulen vorfinden, noch nicht so umgehen können und nicht die Ergebnisse erzielen, die wir uns wünschen. Wir haben immer über die Frage der Konzentration auf die Mittelköpfe diskutiert, wir haben Probleme an den Gymnasien, an den Hauptschulen und genauso an den Gesamtschulen. Es werden weder die Leistungsstarken noch die Leistungsschwachen gefördert.

Die Frage, die wir uns stellen müssen unabhängig von jeder Vorstellung, wie die Zukunft aussehen soll, ist doch, ob man eine fehlende Fähigkeit, mit einem bestimmten Maß an Komplexität und Heterogenität umzugehen, dadurch am besten lösen kann, dass man die Heterogenität noch größer macht oder ob man nicht erst einmal probieren sollte, mit der gegebenen Heterogenität, so wie sie ist, lernen umzugehen. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt, wovor ich dringend warnen möchte: In der Vergangenheit hat man in der Schulpolitik Kompromisse immer so geschlossen, indem man einfach eine weitere Schulform gegründet hat.

Oder man hat noch einen Schulversuch durchgeführt. Auch hier in Hamburg: Wir haben die sechsjährige Grundschule gehabt, wir habe IHR gehabt, immer noch einen Schulversuch und noch einen und am Ende sieht ein Schulwesen so aus, wie es heute in Hamburg aussieht. Man macht gerade in Schleswig-Holstein den gleichen Fehler. Immer noch eine Schule kann nicht die Lösung sein. Deshalb ist es richtig, dass wir uns für zwei Schulformen ausgesprochen haben. Es können sich dabei natürlich auch Gymnasien – wie wir es in der Vergangenheit in Tonndorf gemacht haben, aber das sind Einzelfälle – aufgrund der Schülerzahlen zur Stadtteilschule entwickeln, genauso wie sich eine Stadtteilschule theoretisch zum Gymnasium entwickeln kann.

Eines ist mir wichtig: Eine Gesamtevaluation kann erst nach mindestens einem gesamten Schülerdurchlauf erfolgen, denn wir können nicht alle Schulen mitnehmen und zur Veränderung auffordern und gleichzeitig ankündigen, sie müssten sich vielleicht in vier Jahren schon wieder in eine ganz andere Richtung entwickeln und in acht noch einmal in eine andere. Wir können die Schulen zu einer Reformanstrengung – die in allen Schulformen notwendig ist – nur bewegen, wenn wir ihnen auch eine Perspektive und Sicherheit geben, nicht für unendlich viele Jahre, aber zumindest für etwas mehr als einen Schülerdurchlauf, also für 15 bis 20 Jahre. Das muss die Perspektive sein. Dann stellen wir uns gern mit neu und

anders aus- und fortgebildeten Lehrern und einer anderen Gesellschaft einer neuen Diskussion. Dann schauen wir, wie wir uns in 20 Jahren entscheiden. Wir sollten aber nicht heute schon sagen, wir änderten jetzt alles, das sei aber alles nur kurzfristig und vorübergehend, in Wirklichkeit wollten wir etwas ganz Anderes. Dann bekommen wir die Schulen nicht motiviert, sich diesem Reformprozess zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Wortmeldungen zu den Themen der Aktuellen Stunde mehr. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir kommen zu den Punkten 3 und 3 a der heutigen Tagesordnung, der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz und der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt.

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz – Drucksache 18/5828 –]

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt – Drucksache 18/5872 –]

Die Fraktionen haben vereinbart, dass die Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können. Die Stimmzettel liegen Ihnen vor, sie enthalten bei den Namen Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Kreuzen Sie aber bitte bei jedem Namen nur ein Kästchen an. Mehrere Kreuzchen bei einzelnen Namen beziehungsweise weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zur Ungültigkeit führen. Auch unausgefüllte Zettel gelten als ungültig. Bitte nehmen Sie nun Ihre Wahlentscheidung vor. Ich darf die Schriftführerinnen bitten, mit dem Einsammeln der Wahlzettel zu beginnen.

(Die Wahlhandlung wird vorgenommen.)

Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Jetzt sind alle abgegeben. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden ermittelt. Ich werde Sie Ihnen im Laufe der Sitzung bekanntgeben.

Wir kommen zu den Punkten 14 und 19 der heutigen Tagesordnung, dem Bericht des Kulturausschusses zum Thema Elbphilharmonie und dem gemeinsamen Bericht des Haushaltsausschusses und des Stadtentwicklungsausschusses zum Haushaltsplan 2007/2008: Sonderinvestitionsprogramm Hamburg 2010 – Realisierung des Projektes Elbphilharmonie, Nachforderung von Haushaltsmitteln im Einzelplan 1.1 und im Einzelplan 3.3 der Kulturbehörde.

[Bericht des Kulturausschusses zum Thema "Elbphilharmonie" (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drucksache 18/5689 –]

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Ergebnisse siehe Seite 3996 C

[Gemeinsamer Bericht des federführenden Haushaltsausschusses und des mitberatenden Stadtentwicklungsausschusses über die Drucksache 18/5526: Haushaltsplan 2007/2008, Sonderinvestitionsprogramm "Hamburg 2010" (SIP), "Realisierung des Projekts Elbphilharmonie", Nachforderung von Haushaltsmitteln im Einzelplan 1.1 "Senat, Personalamt", Einzelplan 3.3 "Kulturbehörde" (Senatsvorlage) – Drucksache 18/5824 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 18/5895 und 18/5896 ein interfraktioneller Antrag sowie ein Antrag der SPD-Fraktion vor.

[Interfraktioneller Antrag: Kinder und Jugendliche zur Musik – Drucksache 18/5895 –]

[Antrag der Fraktion der SPD: Realisierung des Projekts Elbphilharmonie – Drucksache 18/5896 –]