Protocol of the Session on February 14, 2007

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Maier.

(Michael Neumann SPD: Unser Herr Maier!)

– Ne, ne, ne! Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Das ist eine etwas inkompatible Debattensituation. Frau Martens hat eine Herzensangelegenheit zur Debatte gestellt, die Sie von vorne an bis jetzt verfolgt, nämlich dieses Projekt "10°KUNST". Das ist auch schön, dass sie dafür wirbt und bei jeder Gelegenheit betont, wie wichtig ihr das sei.

Die Drucksache des Senats ist alles andere als eine Herzensangelegenheit. Das ist ein sehr dürres Blättchen, worin fünf Punkte gemeinsam abgehandelt sind. Zum

Kulturwirtschaftsbericht gibt es sechs Zeilen, worin steht, dass er entstanden ist. Es gibt auch zu der Herzensangelegenheit von Frau Martens zwei Stellungnahmen, allerdings sind diese eine Dublette. Es wird auf beide Anfragen dasselbe 165 100-Euro-Projekt dargestellt und beschrieben. Der größte Teil ist also eine Dublette.

Dann kommt ein Teil, der sich mit einem Informationsblatt "KUNST in hamburg" beschäftigt. Da geht es darum, einen Folder zu machen, der den Sprung über die Elbe als Kunstaktivität betont: Hamburg nördlich der Elbe und Harburg südlich der Elbe. Jetzt geht der Sprung ja über den Mittelteil und da kommt die Stellungnahme des Senats zu der bemerkenswerten Aussage, dass der Mittelteil im Folder fehlt, und weswegen? Einerseits Unhandlichkeit, viel Platz und so weiter, vor allen Dingen aber, weil es dort noch keine Kunstinstitutionen gibt, die auf dem Faltblatt "KUNST in hamburg" vertreten sind, das heißt, ein schwarzes Loch in der Mitte. Wenn man sagt, es gibt den Sprung über die Elbe, dann muss man also schon ziemlich springen, damit dieses schwarze Loch unter Einschluss von Wilhelmsburg überwunden wird.

Man landet dann schließlich beim Punkt KL!CK und da sind wir uns alle einig, dass das eine richtig tolle Geschichte ist. Ich muss selbstkritisch sagen, dass das ein Projekt ist, das schon lange verfolgt wurde, schon bevor ich im Senat war, dann während ich im Senat war. Wir haben es, glaube ich, schließlich auf den Weg gebracht, aber ich hatte damals große Skepsis, ob das am Osdorfer Born etwas werden könnte. Diejenigen, die das betreiben, haben es wirklich zu einer Sache gemacht, die in der ganzen Stadt für alle Kinder von großem Interesse ist und auch am Osdorfer Born angenommen worden ist und dort zum Stolz dieses Stadtteils beiträgt. Das muss ich gegenüber der eigenen damaligen Skepsis sagen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich werbe auch dafür, dass wir das alle lebhaft unterstützen und darauf achten, dass dieses Kindermuseum auch lebendig bleibt. Notfalls kann hin und wieder Pamperbedarf bestehen – im Moment ist es nicht so –, aber das sagt man ja auch vorbeugend. Das Kind ist gesund, hat guten Appetit, aber nur ein kleines Töpfchen. Das weiß man aber jetzt noch nicht.

Bleiben wir bei dem Punkt Kulturwirtschaftsbericht, der als erster dasteht und am Dürrsten behandelt ist. Wir hatten ihn im Kulturausschuss kurz besprochen. Da habe ich im Großen und Ganzen schon das gesagt, was ich auch jetzt leider wieder sagen muss: Dieser Kulturwirtschaftsbericht ist eine wirklich verpasste Chance.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ein Senat – nicht eine einzelne Behörde, die hat ihr Bestes getan – hat die Möglichkeit, die Hamburger Kreativwirtschaft, die hier in der Stadt eine größere Rolle spielt als in jeder anderen Stadt der Bundesrepublik, in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, in ihrer Unterstützung durch die Stadt, in ihrer Zukunftsträchtigkeit darzustellen, und was macht der Senat? Er ergreift diese Möglichkeit nicht, sondern lässt die Kulturbehörde alle die Institutionen abarbeiten, die bei ihr ins Ressort fallen. Dadurch kommen die Medien, die Werbewirtschaft, die Hamburger Designwirtschaft, die Hamburger Architekten, die weltweit tätig sind, nicht vor. Das heißt, ein beträchtlicher Teil, in dem sich kulturelle künstlerische Aktivitäten mit wirtschaftlichem Erfolg verbinden, ist leider weggelassen. Das ist aber, wenn man sich den Namen Kulturwirt

schaftsbericht anschaut, eigentlich der Sinn solcher Berichte, weswegen alle anderen Kulturwirtschaftsberichte in der Republik auch diese Verknüpfung genau beleuchten. Dieser Bericht tut es nicht. Ich glaube, soweit ich Abläufe in Senaten kenne, dass so etwas nicht alleine an dem Institut und auch nicht nur an der Kulturbehörde liegt, sondern so etwas liegt an der Eifersüchtelei zwischen Behörden. Wer darf zu Design was sagen, wer zu den Medien? Doch nicht die Kulturbehörde, sondern das liegt in einer anderen Behörde, völlig egal, bei wem. Aber schon wenn zwei Behörden, möglicherweise sogar drei mit Senatskanzlei, einen gemeinsamen Bericht erstellen sollen, ist das ein sehr aufwendiges Unterfangen, woran beliebige Institute scheitern können, weil solche Berichte nachher abgestimmt werden müssen und daran ist das vermutlich tatsächlich gescheitert.

Wir haben keinen Kulturwirtschaftsbericht bekommen, sondern wir haben einen Bericht über die Aktivitäten der Kulturbehörde bekommen, über viele Felder hin, die auch wirtschaftliche Effekte haben. Das ist eigentlich viel zu wenig und das erfüllt leider nicht das, worauf wir Hoffnungen setzen müssen. Wir müssen doch Hoffnungen darauf setzen, dass unsere Künstlerinnen und Künstler, unsere Musikerinnen und Musiker, unsere Schauspielerinnen und Schauspieler nicht nur Subventionen von uns bekommen, sondern dass sie nicht nur zum Verstehen in der Stadt, zu besseren Bildern, zu besserer Musik etwas beitragen, sondern auch zur Wertschöpfung dieser Stadt. Diesen Gedanken auszuarbeiten, wäre nötig gewesen und das ist leider in diesem Kulturwirtschaftsbericht nicht geschehen. Darum, liebe Bürgerschaft, muss der Senat irgendwann noch einmal mit einem wirklichen Kulturwirtschaftsbericht auf uns zukommen. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Senatorin von Welck.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Maier, was Sie eben gefordert haben, mache ich hiermit. Den Kulturwirtschaftsbericht habe ich mitgebracht, um Ihnen auch noch einmal zu zeigen, dass der existiert. Der wird von Ihnen zwar nicht als solcher gesehen, aber doch von vielen Seiten gelobt. Gestatten Sie mir, dass ich gleich noch einmal darauf zurückkomme.

Alle fünf Ersuchen haben wir zu unserer Herzensangelegenheit gemacht. Das müssen Sie bei Kultur einfach annehmen, dass es die Herzensangelegenheit nicht nur der Kultursenatorin, sondern auch der Kulturbehörde und – Gott sei Dank – auch des Senats ist.

(Dr. Willfried Maier GAL: Nur diejenigen, die es aufgeschrieben haben, sehen es offenbar anders!)

Das sehe ich nicht so.

Man kann natürlich alles immer besser machen. Bei den fünf Ersuchen ging es bei dreien um die Verbesserung der Vernetzung und der Öffentlichkeitsarbeit der Kunstinstitutionen und Kunstaktivitäten rund um die Kunstmeile und die HafenCity. Ich denke, da haben wir inzwischen doch eine Menge erreicht. Besonders erfreulich ist wirklich die Tatsache, dass die Marketingidee, es gibt viel Kunst am zehnten Längengrad in Hamburg inzwischen zu greifen beginnt und sicher nicht zuletzt im Zusammenhang mit der IBA noch ausgebaut werden wird.

Das andere Ersuchen beschäftigte sich mit dem KL!CKMuseum. Ich glaube, da haben Frau Stapelfeldt und auch Sie, Herr Maier, schon das Notwendige gesagt. Da sind wir uns alle sehr einig, dass das eine gute, unterstützenswerte Institution ist, die wir versuchen, nach Kräften zu unterstützen.

Eine besondere Bedeutung kommt ohne Frage unter diesen fünf Ersuchen dem Kulturwirtschaftsbericht zu, den das Institut für Kultur- und Medienmanagement im Auftrag der Kulturbehörde erstellt hat. Erstaunlicherweise war es der erste Kulturwirtschaftsbericht überhaupt, der für Hamburg vorgelegt wurde. Schon in der Debatte im Kulturausschuss erwies es sich, dass wir über unsere Beschreibung, was ein Kulturwirtschaftsbericht ist und leisten kann, sehr sorgfältig auf die Begrifflichkeit achten müssen, um nicht aneinander vorbeizureden.

Dieser Bericht ist eine Bestandaufnahme, kein Gutachten, kein Entwicklungsplan oder gar ein Maßnahmenkatalog. Ein Kulturwirtschaftsbericht, lieber Herr Maier – das können wir gerne auch noch einmal bilateral vertiefen –, ist eben kein Kreativwirtschaftsbericht. Daher beschränkt sich unser Bericht auf den Kernbereich der Kultur und zieht die Medienwirtschaft bewusst nicht in die Betrachtung ein. Im Übrigen haben wir natürlich sehr intensiv, zum Beispiel mit der BWA zusammengearbeitet und sehr viele Informationen sind dort auch aus diesem Ressort eingeflossen.

Der Bericht ist zwar nicht bei der GAL in Hamburg, aber in der Fachwelt überaus positiv aufgenommen worden. So hat uns zum Beispiel der Deutsche Städtetag geschrieben, dass mit dem Kulturwirtschaftsbericht aus Hamburg eine hervorragende Arbeit gelungen ist. Ich zitiere, was den Städtetag veranlasst hat, unsere Mitgliedschaft mit den beiliegenden Informationen darüber zu unterrichten und da wird genau das hervorgehoben, dass es endlich einmal gelungen ist, das wirklich zu schärfen.

(Beifall bei der CDU)

Es wird dort gesagt:

"Die Autoren haben sich um eine sehr sorgfältige Definition und Strukturierung zur Thematik bemüht und das ist ihnen in vollem Umfang gelungen. Es bedeutet einen mutigen, aber gleichwohl sinnvollen Schritt, die Kulturwirtschaft zu einem in der Darstellung von den Aktivitäten des öffentlichen Sektors und zum anderen vom sogenannten intermediären Sektor zu trennen."

Zudem wird Kulturwirtschaft eng definiert. Die Medienwirtschaft, also Werbung, Public relations, Rundfunk und Fernsehen und so weiter werden nicht in die Gesamtbetrachtung eingenommen und dann ist es, trotzdem das nicht erfolgt ist, beeindruckend, die in dem Bericht dargestellte Leistung dieses Sektors, eben genau des Kernbereichs Kulturwirtschaftssektor, für die Hamburger Wirtschaft zu benennen. Ich meine, das ist doch eine sehr wichtige Aussage.

Ich glaube wirklich, meine Damen und Herren, dass die Leistungen der Kulturwirtschaft in Hamburg sehr beeindruckend sind. Die rund 20 700 sozialversicherungspflichtigen Menschen, die in unserer Stadt in diesem Bereich tätig sind, erwirtschaften einen Jahresumsatz von 4,37 Milliarden Euro. Das ist eine Menge. Dazu kommt, dass von den rund 98 Millionen Tagesgästen in unserer Stadt rund 20 Prozent nach Hamburg kommen, um Kultur zu

erleben. Jeder von ihnen gibt im Durchschnitt 43,50 Euro aus. Das sind immerhin rund 1 Milliarde Euro pro Jahr. Dass diese Zahlen noch zu steigern sind, darüber sind wir uns alle klar, daran arbeiten wir. Das hat jüngst auch die Kunsthalle mit ihren über 300 000 Besuchern der Caspar-David-Friedrich-Ausstellung sehr eindrucksvoll belegt oder auch das Thalia-Theater, das zurzeit das am meisten besuchte Theater in Deutschland ist. Das ThaliaTheater ist zudem ein exzellentes Beispiel dafür, dass Qualität und Quantität zusammenpassen können, denn die herausragende Qualität des Theaters wird zum Beispiel durch die gerade erfolgte Einladung von drei Produktionen des Theaters zum renommierten Berliner Theatertreffen. Herzlichen Glückwunsch auch von dieser Seite aus.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Aber, meine Damen und Herren – und das treibt mich eigentlich vielmehr um als solch eine Debatte um Begriffe Kulturwirtschaft/Kreativwirtschaft –, ich glaube, dass trotz aller erfreulichen Daten, die wir haben und die wir gerne verkünden, dass das Bewusstsein um die Bedeutung der Kultur für unsere Stadt, für unsere Gesellschaft in der breiten Öffentlichkeit noch gesteigert werden muss. Da sind die Zahlen, die in diesem Kulturwirtschaftsbericht vorgelegt werden, ein gutes Material, mit dem wir gut argumentieren können. Deshalb halte ich den Bericht für unverzichtbar und wichtig.

Aber wir werden natürlich noch viele Debatten führen müssen und dafür werde ich mich weiterhin – da können Sie versichert sein – mit Leidenschaft und voller Überzeugung einsetzen und hoffe dabei auf Ihre Unterstützung, nicht zuletzt auch, wenn es darum geht, über die Elbphilharmonie abzustimmen.

Frau Stapelfeldt, Sie haben moniert, dass es keine Handlungsanweisungen sind. Ich habe schon einmal gesagt, dass unser Kulturwirtschaftsbericht wirklich eine Bestandaufnahme darstellt und Sie haben die Empfehlungs- und Handlungsanweisungen zum Beispiel zur Kinder- und Jugendkultur vermisst. Wir machen das eben so, dass wir diese Datenlage haben und darauf aufbauend, zum Beispiel jetzt diese Senatsdrucksache, die wir morgen im Kulturausschuss besprechen, zur Kinder- und Jugendkultur vorlegen, in der genau solche Handlungsempfehlungen und -überlegungen zu lesen sind, die wir uns vorgenommen haben. Behördenübergreifende Arbeitsgruppen, die Sie anmahnen, ist ein Thema, das längst in unserem Senat angekommen ist und zunehmend auch praktiziert wird, nicht zuletzt auch bei Kinder- und Jugendkultur. Ich denke, wir sind da wirklich auf dem richtigen Weg.

Es ist für uns eine Herzensangelegenheit und ich freue mich, dass das im Grunde genommen auch für die SPD und die GAL zutrifft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Maier.

Frau Senatorin, eine kleine Bemerkung möchte ich zu unserem Streit noch loswerden: In der Malerei beispielsweise gibt es die bekannte Unterscheidung zwischen der freien und der angewandten Kunst. Wenn Sie unseren Kulturwirtschaftsbericht einmal in die Situation des Mittelalters zurückversetzen

würden und die Entscheidung, dass man die Werbung auslässt, dahinein übersetzt, wäre es etwa so, als würde man über die Malwerkstätten berichten, nicht aber über die Kirchenmalerei, weil das innerhalb des Mittelalters das Anwendungsfeld gewesen ist, so wie heute viele ästhetische Erfindungen der bildenden Künste im Bereich der Werbung wieder auftauchen. Das voneinander zu trennen, entzieht dem Übergang von einem ins andere die Aufmerksamkeit und das empfinde ich als ein Problem.

(Beifall bei der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 28, 29 und 4 a, die Drucksache 18/5729, 18/5730 und 18/5355, Antrag der SPD-Fraktion: Stellungnahme des Senats zu Unklarheiten, Ungereimtheiten, Unwahrheiten in der Osmani-Mettbach-Affäre, Antrag der SPD-Fraktion: Lagebericht zur Organisierten Kriminalität in Hamburg 2001 bis 2005 – Erste Schlussfolgerungen und Große Anfrage der SPD-Fraktion: Unzuverlässige Geschäftsleute und mutmaßliche Kriminelle als Vertragspartner der Stadt Hamburg – Kontakte des Senats zum Firmengeflecht der Osmanis.

[Antrag der Fraktion der SPD: Stellungnahme des Senats zu Unklarheiten, Ungereimtheiten und Unwahrheiten in der Osmani-Mettbach-Affäre – Drucksache 18/5729 –]

[Antrag der Fraktion der SPD: Lagebericht zur Organisierten Kriminalität in Hamburg 2001 bis 2005 (II) – Erste Schlussfolgerungen – Drucksache 18/5730 –]

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Unzuverlässige Geschäftsleute und mutmaßliche Kriminelle als Vertragspartner der Stadt Hamburg – Kontakte des Senats zum Firmengeflecht der Osmanis – Drucksache 18/5355 –]