[Antrag der Fraktion der CDU: Sicherung und langfristiger Erhalt des Nordteils der Riedsiedlung im Stadtteil Hamburg-Horn durch Aufstellung einer Milieuschutzsatzung – Drucksache 18/5554 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Beste hebt man sich bekanntlich bis zum Schluss auf, weswegen wir jetzt noch über den Teilerhalt der Riedsiedlung im Stadtteil Horn sprechen müssen.
Vermutlich werden dieses Quartier gar nicht alle Kolleginnen und Kollegen aus eigener Anschauung kennen. Da aber bei der letzten Debatte des Sitzungstages erwartet wird, dass sich alle Redner kurz fassen, bleiben Ihnen jetzt vertiefte Ausführungen meinerseits erspart, deswegen nur die Kernpunkte:
Die Riedsiedlung entstand in drei Bauabschnitten zwischen 1933 und 1939 als zweigeschossige Reihenhausanlage in Schlichtbauweise mit insgesamt 538 Wohnungen, die im Wesentlichen als Ersatzwohnraum für die durch die Sanierung des Gängeviertels in der Innenstadt wohnungslos gewordene Bevölkerung gedacht waren. Kriegsbedingt konnten dann zwar nicht mehr alle weitergehenden Pläne umgesetzt werden, die knapp 1000 dort lebenden Menschen richteten sich aber in den folgenden Jahrzehnten in ihrem Quartier ein und nutzten beispielsweise die Freifläche, die ursprünglich für ein Gemeinschaftshaus in der Mitte der Siedlung gedacht war, als Spielplatz für die Kinder. Bemerkenswert und ungewöhnlich ist, insbesondere für eine Großstadt – und das belegt unter anderem das landesweite Interesse an diesem Quartier –, dass sich in der Riedsiedlung ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Mieterinnen und Mietern entwickelte, das bis heute fortbesteht, auch wenn es natürlich im Laufe der Jahrzehnte zu gewissen Fluktuationen in der Mieterschaft gekommen ist. Alte wie neue Mieterinnen und Mieter identifizieren sich sehr mit "ihrer Riedsiedlung". Nachbarschaftshilfe wird dort auch heute noch groß geschrieben und die Kinder in der Ried
siedlung werden seit über 20 Jahren ehrenamtlich und unentgeltlich in dem selbst verantworteten privaten Kindergarten betreut.
Deswegen verwundert es auch nicht, dass sich nach dem Eigentumsübergang Mitte der Neunzigerjahre von der Freien und Hansestadt auf die SAGA und den dann umgehend bekannt gewordenen Abrissplänen mit der "Mietergemeinschaft Riedsiedlung e. V." eine organisierte Interessenvertretung bildete.
Während sich der damalige Horner SPD-Distriktsvorsitzende Michael Neumann, der heute den Abgeordneten Quast bei der Debatte vorschickt,
an die Spitze der Abrissbewegung setzte, verstand sich die CDU von Anfang an als "Anwalt der kleinen Leute".
Ole von Beust besuchte 2001 erstmals die Siedlung und bekräftigte damit auch sein persönliches Engagement in der Sache. Jetzt freuen sich die Menschen in der Riedsiedlung auf den Besuch des Ersten Bürgermeisters am 15. Februar, bei dem sich Ole von Beust einen Überblick über alle Veränderungen und die aktuelle Situation verschaffen möchte.
Ein Erhalt der kompletten Siedlung war aus verschiedenen Gründen leider nicht möglich. Nach jahrelangen Verhandlungen wurde schließlich ein Kompromiss gefunden, der vorsieht, dass der südliche Teil der Fläche als privates Bauland veräußert wird, der Mittelteil mit Duplex- und Energiesparhäusern bebaut werden soll und im Norden der Siedlung fünf ursprüngliche Wohnhäuser erhalten bleiben.
Mit aktiver Unterstützung der CDU gelang es 2003 bis 2005 der Mietergemeinschaft und der SAGA gemeinsam, mehr als 400 Personen einvernehmlich umzusiedeln. Die verbliebenen Mietparteien in den zum Abriss vorgesehenen Häusern konnten fast alle in einem elf Monate dauernden Mediationsverfahren im vergangenen Jahr, mit dessen Durchführung mich der Erste Bürgermeister beauftragt hatte, positiv gelöst werden. Allerdings steht nach wie vor bei den im Nordteil der Riedsiedlung verbliebenen Mieterinnen und Mietern die Befürchtung im Raume, dass ihre Wohnblocks mittelfristig doch eventuellen Abrissplänen zum Opfer fallen könnten.
Dieser Antrag für ein Ersuchen an den Senat, eine Milieuschutzsatzung für den Norden der Siedlung zu errichten – was weiterhin auch nach der Bezirksverwaltungsreform in die Kompetenz der Bürgerschaft fällt –, belegt deswegen eines ganz klar: Die CDU hält ihre Wahlversprechen!
Zudem belegt der Antrag auch, dass das Senatskonzept "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt" sehr wohl immer auch eine soziale Komponente beinhaltet, obwohl die Opposition gern das Gegenteil behauptet.
Ich will aber gar keine unnötige Schärfe in die Debatte bringen, insbesondere nicht, nachdem mir signalisiert wurde, dass sowohl die Kolleginnen und Kollegen der
Es freut mich aufrichtig, dass wir alle heute Abend gemeinsam mit dem Beschluss dieses Antrags dazu beitragen werden, den Menschen in der Riedsiedlung – zumindest de facto – für viele Jahre Sicherheit hinsichtlich der Sozialstruktur und ihrer Wohnsituation zu geben. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Sardina, Sie haben uns von einer Idylle erzählt, wie ich sie allerdings nicht erlebt habe, als ich mir vor Ort einen Eindruck verschafft habe.
Ich will aber zu Ihrer Geschichte gern noch einen Beitrag leisten und sie ergänzen. Sie haben ausgeführt, dass der Oppositionsführer Ole von Beust der Riedsiedlung im Juni 2000 einen Besuch abgestattet hatte. Danach konnte man in der "Morgenpost" lesen, dass er keinen Grund dafür sähe, die Riedsiedlung weiter abzureißen.
Ende Oktober 2003 hat Bürgermeister Ole von Beust von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und entschieden, dass fünf Blöcke der Riedsiedlung erhalten bleiben sollen. Er hat nicht entschieden, dass der Abriss der Riedsiedlung gestoppt wird, für den er im Jahre 2000 keinen Grund erkennen konnte. Der Abriss der südlichen Riedsiedlung steht auch heute noch auf der Agenda, wie Sie selbst erwähnt haben. Das also zu CDU-Wahlversprechen.
Erhalten bleiben sollen, so der Bürgermeister, fünf Blöcke im Norden der Siedlung. Das steht seit Oktober 2003 fest. ich frage mich deshalb, warum jetzt dieser Antrag der CDU-Fraktion zu denselben fünf Wohnblöcken gestellt wird.
Warum ist eine Erhaltungssatzung zum Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, zum Erhalt der fünf Wohnblöcke nötig, wenn doch die Stadt über die SAGA selbst Eigentümerin der fünf Wohnblöcke ist und der Aufsichtsrat der SAGA von CDU-Senatoren dominiert wird.
Demoliert ist auch richtig, das möchte ich ausdrücklich im Protokoll haben, aber ich meinte dominiert.
Misstraut die CDU dem Bürgermeister? Misstraut die CDU dem Aufsichtsrat der SAGA? Das muss so sein. Oder glauben Sie im Ernst, dass der Aufsichtsrat der SAGA in diesem Fall etwas entscheiden würde, ohne dass die Gremien einbezogen werden? Ich glaube es nicht. Fraglich ist allerdings, ob das von Ihnen gewählte
wie Sie das hier suggerieren, oder reine Camouflage ist. Manchmal empfiehlt es sich nämlich, das Gesetzbuch zu lesen, auf das man zurückgreift.
Der von Ihnen angeführte Paragraf 172 Absatz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch schützt die betroffenen Gebiete vor Rückbau, Änderung oder Nutzungsänderung und auch vor Umwandlung in Eigentumswohnungen ohne Genehmigung. Diese Genehmigung muss aber erteilt werden, wenn – siehe Absatz 4 – der Erhalt baulicher Anlagen wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist. Die mangelnde Wirtschaftlichkeit, lieber Herr Sardina, aber war immer das Argument, das die SAGA über den Senat in die Haushaltsberatungen 2003 eingestreut hat, warum eine Modernisierung der Siedlung nicht möglich ist und man sie abreißen müsse.
Ebenfalls muss die Genehmigung erteilt werden, wenn – siehe Absatz 4 Nummer 1 – die Änderung einer baulichen Anlage der Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungszustandes dient. Der – leider – unzeitgemäße Ausstattungszustand soll aber in den betroffenen Wohnblöcken erhalten bleiben. In Wirklichkeit läuft die von Ihnen vorgeschlagene Regelung also ins Leere und streut den betroffenen Mietern Sand in die Augen.
Insofern sind die Befürchtungen der Mieter, die Sie hier zitiert haben, dass sie dem Wort des Bürgermeisters von 2003 nicht trauen können und deswegen die CDU tätig werden muss, vollkommen berechtigt.
Sie fordern in Ihrem Antrag aber auch eine ordentliche Instandsetzung und vor allen Dingen eine vollständige Vermietung der seit drei Jahren zum Erhalt bestimmten Wohnblocks. Wenn man sich die Siedlung vor Ort anguckt, stellt man fest – Sie schreiben das auch im An trag –, dass dort sehr viele Wohnungen – und das drei Jahre, nachdem der Erhalt feststeht – überhaupt nicht genutzt werden. Getan wurde auch nichts Erkennbares.
Weil nichts getan wurde und weil offenbar erst die Bürgerschaft tätig werden muss, damit der Senat über die SAGA Einfluss nimmt, werden wir diesen Antrag unterstützen. Es gäbe zwar auch andere Wege, das zu erreichen, nämlich über städtische Dienststellen tätig zu werden, es gibt sehr viele Regelungen und Gesetze, die man alle auch für diesen Bereich der Stadt und für die Riedsiedlung anwenden könnte, aber offenbar gibt es keinen Willen, im Senat tätig zu werden. Deswegen muss die Bürgerschaft tätig werden und deswegen unterstützen wir den Antrag, den Sie heute eingebracht haben, denn Sie haben drei Jahre ins Land gehen lassen, ohne dass irgendetwas für die Mieter, deren Interessen Sie hier angeblich verteidigen wollen, passiert ist, Herr Sardina.
Meine Damen und Herren! Diesem Senat ist es in den letzten Jahren nicht gelungen, den Wohnungsbau in Hamburg anzukurbeln und auf ein ausreichendes Niveau zu bringen. Jahr für Jahr wird gerade die Hälfte der Wohnungen errichtet, die notwendig wären. Während jährlich
10 000 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, wurden 2005 gerade 286 neue öffentlich geförderte und damit günstige Mietwohnungen errichtet. Der Senat versagt hier völlig und die CDU-Fraktion mit ihm. Wir brauchen daher jede günstige Wohnung, die es in Hamburg gibt. Deswegen werden wir Ihrem Anliegen heute zustimmen.