Protocol of the Session on December 11, 2006

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird gern von Generationengerechtigkeit gesprochen. Auch unter diesem Aspekt ist der Verkauf von Staatseigentum spannend. CDU und Senat sprechen immer wieder davon, den nachfolgenden Generationen keine Schulden hinterlassen zu wollen und damit Spielräume für die Zukunft zu belassen. Diese Auffassung teile ich aus vollem Herzen. Zum ordentlichen Umgang der Generationen miteinander gehört auch, dass wir nicht die Substanz unserer Stadt, und dazu gehören ohne Zweifel der Hafen und die HHLA, ohne Not und vor allem ohne Vision verbrauchen oder, um es schlicht zu formulieren, sie einfach nur verscherbeln.

Es gibt dabei zwei Dinge, die den Senat immer wieder einholen werden. Das eine ist die Manipulation am Hamburger Wahlrecht, das andere ist der Verkauf unserer Krankenhäuser. Lächerliche 19,2 Millionen Euro musste Asklepios für den LBK bezahlen, nachdem die Stadt vorher 19,5 Millionen Euro nachschießen musste. Das bedeutet, Asklepios bekam den LBK praktisch geschenkt, Gratis-Erbbaurechte und 300 000 Euro als Mitgift noch obendrauf.

Allein der Verkauf des AK Eilbek an die Schön-Klinken brachte Asklepios weitere 80 Millionen Euro. Daneben gibt es noch die Netto-Umlaufvermögensgarantie. Die nächsten Jahre laufen weiter und es kann sich bis zu 75 Millionen Euro aufschaukeln. Die unternehmerischen Risiken liegen jedoch trotz des Verkaufs im Wesentlichen bei der Stadt, denn wenn der LBK eines Tages insolvent gehen sollte, fallen die Erbbaurechte an die Stadt zurück samt aller darauf lastenden Schulden und das können bis zu einer halben Milliarde Euro sein.

Von den beginnenden oder angekündigten Massenentlassungen – bisher steht die Zahl von 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Raum – zu Beginn des kommenden Jahres möchte ich gar nicht erst sprechen. Ich gehe davon aus, dass der Bürgermeister in seiner Rede da Position beziehen und deutlich machen wird, dass die Stadt die Entlassung von 600 Menschen nicht akzeptieren wird und den Menschen weiter eine Chance gibt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Ziel dieser Privatisierung, so wie es uns immer versucht wurde nahezubringen, eine Lösung der Versorgungsproblematik, wurde aber auch durch den LBK-Verkauf nicht gelöst, sondern wird durch den jetzt gegründeten Versorgungsfonds gelöst, den aber nicht Asklepios zahlt, sondern wieder einmal der Steuerzahler.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Weil Sie es früher nicht gemacht haben!)

Herr Peiner, ich kenne die aktuelle Strafanzeige nicht, die dort gestellt worden sein soll. Allerdings war bei diesem für Hamburg, für die Patienten, für die Beschäftigten und den Haushalt nachteiligen Deal schon immer klar, wie Sie dort agiert haben und ich bin sicher, dass es die Öffentlichkeit und auch dieses Parlament weit über Ihre Amtszeit hinaus beschäftigen wird. Es ist gut, dass sich jetzt Staatsanwälte und Gerichte damit eingehend beschäftigen werden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ich teile die Auffassung des Senats, dass er Strafanzeigen und Strafermittlungen nicht kommentiert. Ich halte es aber ebenso für das Recht eines Abgeordneten, Sachfragen zu Vorwürfen einer Strafanzeige zu stellen. Das Totschlagargument, Herr Peiner, das Sie immer wieder gerne nutzen, indem Sie von politischer Kampagne reden, verfängt nicht. Sie haben in einer öffentlichen Erklärung die Frage gestellt, warum der Abgeordnete Böwer Sie nerve. Ich will dazu die Hamburg-Ausgabe der "Welt" zitieren:

"Nun kann man in der Frage der Privatisierung durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Unbestritten ist jedoch das Recht des Parlaments, die Regierung zu kontrollieren, auch – oder gerade – wenn es dieser nicht gefällt."

Dieser Senat, die Herren Peiner, von Beust und Schön und auch Sie von der CDU-Fraktion glauben aber, dass die absolute Mehrheit aus dem Jahre 2004 auch bedeutet, frei von Kontrolle durch Abgeordnete oder Presse zu sein. Dazu passt auch, dass der, wie Sie sagen, nervende Abgeordnete Böwer gezielt von Herrn Schön durch das Lancieren eines geheimen Berichts mundtot gemacht werden sollte. Das hat der Bürgermeister sehr flapsig im Untersuchungsausschuss mit den Worten kommentiert – ich zitiere wiederum –:

"Ich habe es mit einer gewissen Schadenfreude gelesen."

Herr von Beust, dieser Geheimnisverrat Ihres engsten Mitarbeiters zum Schaden eines Abgeordneten, der vielleicht sogar auf Ihre Anweisung hin geschehen ist, ist der vorläufige Tiefpunkt dieser Legislaturperiode. Das ist kein Grund zur Schadenfreude, sondern ein Grund zur Scham

(Wolfhard Ploog CDU: Lächerlich!)

und deswegen sollten Sie sich für diese Äußerung und für dieses Agieren wirklich schämen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Neben dem LBK ist die Manipulation des Wahlrechts ein zumindest moralischer Verfassungsbruch, der Sie bis zur Wahl 2008 immer wieder erreichen und auch weit darüber hinaus treffen wird. Sie nutzen Ihre absolute Mehrheit, eine absolute Mehrheit, die Ihnen 2004 in den Schoß gefallen ist, nicht für klare Weichenstellungen in die Zukunft, um Hamburg endlich voranzubringen.

(Barbara Ahrons CDU: Na, also!)

Da es, Herr Peiner, voraussichtlich Ihre letzten Haushaltsberatungen als Finanzsenator sein werden, werde ich nun genauer auf die Finanzlage unserer Stadt eingehen.

(Wolfhard Ploog CDU: Oh ja! – Karen Koop CDU: Das wird ja auch Zeit!)

Im Rahmen unseres Leitbildes "Menschliche Metropole" bedeutet das Projekt starkes Hamburg nicht nur eine starke Wirtschaft mit einer starken Infrastruktur und einem starken Stadtstaat, sondern auch gesunde Staatsfinanzen. In Ihrem Haushaltsplan wachsen die Ausgaben um 2,2 Prozent im Jahre 2007, um 2,3 Prozent im Jahre 2008 und geplanten 2,6 Prozent im Jahre 2009 und das, obwohl der Finanzplanungsrat am 6. November einvernehmlich, das heißt, offensichtlich auch mit der Zustimmung der Hamburger Finanzbehörde, beschlossen hat – ich zitiere:

"Bund, Länder und Gemeinden … streben weiterhin an, das Ausgabenwachstum in den Jahren 2007 bis 2010 auf jahresdurchschnittlich 1 Prozent zu begrenzen."

Zitatende. –

Anlässlich der Vorstellung der Steuerschätzung erklärten Sie, Herr Peiner:

"Die positiven Ergebnisse dürfen uns nicht den Mut zur Konsolidierung nehmen".

Wenn ich mir diesen Haushaltsplan angucke, stelle ich fest, dass diesem Senat aber genau der Mut fehlt, den Herr Peiner einfordert.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir hatten bereits in den Jahren 1999 und 2000 einen ausgeglichenen Betriebshaushalt und seit 2005 haben wir aufgrund steigender Steuereinnahmen wieder einen ausgeglichenen Betriebshaushalt. Das heißt, nicht Sie mit Ihren angeblichen Konsolidierungsmaßnahmen haben dazu beigetragen, dass der Betriebshaushalt wieder ins Lot gekommen ist, sondern die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, die das schlichtweg mit ihren Steuern finanzieren, was Sie auf der anderen Seite wieder ausgeben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dabei stellt selbst der Rechnungshof fest, dass diejenigen, die in unserer Stadt besonders dazu beitragen müssten, besonders geschont werden.

Ein ausgeglichener Betriebshaushalt bedeutet, dass die Investitionsausgaben von rund 1 Milliarde Euro nicht durch laufende Einnahmen finanziert sind, sondern durch Kredite und Vermögens-, insbesondere Immobilienver

käufe, oder solche Tricksereien wie bei SAGA und GWG finanziert werden müssen. Ein ausgeglichener Betriebshaushalt bedeutet aber auch die Perspektive, dass eine weiterhin strikte Politik der Ausgabenbegrenzung auch in Hamburg einen langfristig wirklich ausgeglichenen Haushalt einschließlich der Investitionen möglich macht. In der Schweiz und auch in Großbritannien betrachtet man das Haushaltssaldo über einen gewissen Konjunkturzyklus hinweg. In diesem Zeitraum gesehen muss der Haushalt insgesamt ausgeglichen, das Defizit also mit der Schuldenaufnahme gleich Null sein.

Gerne diskutieren Sie auch ein generelles Verbot der Kreditaufnahme; darüber kann man diskutieren. Wir müssen uns aber davor hüten, dass allein ein Verbot der Kreditaufnahme das Problem löst. Das Schuldenproblem ist nur durch eine strikte Ausgabenbegrenzung auf der einen Seite und eine stabile Einnahmesituation dauerhaft in den Griff zu bekommen. Sie lösen das Verschuldungsproblem, indem Sie die Neuverschuldung durch Vermögensverkäufe ersetzen. Sie verscherbeln das letzte Hamburger Tafelsilber und das ist endlich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs, steigender Steuererwartungen wurden in der Vergangenheit nicht genutzt, um das Haushaltsdefizit wirklich strukturell zu verkleinern, sondern es wurde leider immer wieder genutzt, um die Ausweitung des Haushalts zu propagieren. Deshalb verplanen die Anträge meiner Fraktion die zusätzlichen Einnahmen aufgrund höherer Steuerschätzungen nicht für dauerhaft zusätzliche Ausgaben. Die Richtschnur meiner Fraktion ist: Wir fordern nur, was der Haushalt auch hergibt. Unsere Anträge umfassen in den kommenden beiden Jahren mehr als 280 Millionen Euro. Trotz dieser Summe halten wir an unseren haushalts- und finanzpolitischen Grundsätzen fest, die da sind:

Erstens: Der Haushalt wird nicht ausgeweitet.

Zweitens: Wir machen keine zusätzlichen Schulden.

Drittens: Wir verkaufen kein weiteres Vermögen.

Viertens: Wir verbuchen keine vagen Aussichten auf Steuermehreinnahmen oder Bundesratsinitiativen wie Abschaffung des Familiensplittings, das ich politisch sehr teile, aber für eher unwahrscheinlich halte, in unseren Haushaltsplänen.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt, unsere Finanzierung erfolgt zum einen durch bessere Verwendung der vorhandenen Mittel, durch Umschichtungen im jeweiligen Einzelplan und darüber hinaus durch Umschichtungen aus Haushaltskürzungen. Ich will nur einige Beispiele nennen:

Wir haben einen enormen Zuwachs im Bereich der Spitzenbeamten unserer Stadt. Über 136 Stellen sind dort geschaffen worden. Diese Stellen wollen wir kürzen, wollen wir abschaffen und diesen Barwert von 10 Millionen Euro in die Zukunft unserer Kinder investieren.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Was soll denn das? – Wolfgang Beuß CDU: Wie soll das denn gehen?)

Wir wollen ebenso die wie durch ein Naturgesetz angestiegenen Personalkosten im Amt für Verwaltung der Schulbehörde, ohne dass jemals jemand festgestellt hätte, dass die Arbeit in der Schulbehörde deswegen

besser geworden wäre, zurückstutzen. Und durch den Wegfall von Stellen in der Stadtentwicklungsbehörde wie die Korrektur der Überveranschlagung der Kosten zur Unterkunft und der zentral veranschlagten Verstärkungsmittel machen wir konkrete Deckungsvorschläge für unsere politischen Vorschläge und Anträge.

Als Opposition könnte man es sich in den letzten Haushaltsberatungen vor der anstehenden Bürgerschaftswahl einfach machen. Man verspricht allen alles und wenn dazu noch optimistische Steuerschätzungen kommen, ist es leicht, sich vom Zwang der Deckung zu lösen. Wir Sozialdemokraten fühlen uns aber auch in der Opposition in der Verantwortung für unsere Stadt,

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das haben wir zwei Jahre lang gespürt!)

eine Verantwortung, die wir spätestens 2008 in diesem Haus übernehmen wollen.