In der Einleitung wird beschrieben – Herr Lieven hat es schon aufgezählt –, welche Wirkungen vielfältige Kulturen und Subkulturen auf die Entwicklung einer Stadt haben, wie abweichende und nichtökonomisierte Lebensstile für neue Trends sorgen, wie daraus ein modernes Image entsteht und das dann wieder die Ökonomie stimuliert. Was fällt dem Senat dazu ein? Dem Senat fällt dazu ein, auf die erfolgreiche Entwicklung des Clusters Luftfahrt zu verweisen. Das ist ihm in den Schoß gefallen. Neu an dem Ganzen ist lediglich das Wort "Cluster".
Weiter stellt die GAL in der Einleitung dar, welche Rolle entwertete Räume, heruntergekommene Stadtviertel, ausgelassene Industriegelände, alte Speichergebäude als Raum für Experimente bieten. Der Verzicht auf Einnahmen heute führt zu weit höherem Nutzen morgen. Der Senat dazu:
und das in jedem Fall und ohne jede Rücksicht auf das, was mit den Arealen und Gebäuden getan werden könnte. Auch hier hat der Senat nicht erklärt, worum es dem Grunde nach geht; die Frage ist nach weiteren, in Hamburg noch nicht angewendeten Förderinstrumenten zur Unterstützung kreativer Branchen. Die Antwort des Senats:
"Die zuständigen Behörden … haben … Kenntnis über alle relevanten Förderinstrumente in Bund und Ländern."
Noch schöner wird es dort, wo – ich habe selbst gelernt, was es ist – nach kultureller Sukzession als Instrument der Stadtentwicklung gefragt wird. Es geht dabei um die Nachnutzung brachgefallener Immobilien und Areale für kulturelle Zwecke. Antwort des Senats:
Wo es dagegen um die HafenCity geht, sind die Antworten prall. Dort wird alles aufgezählt, von der Elbphilharmonie bis zum Tamm-Museum; das hat aber nichts mit dem Thema zu tun.
Am allerbesten ist es dort, wo es um Subkulturen in sozialen Brennpunkten geht. Das ist ein Thema – das springt einen förmlich aus der Antwort heraus an –, das der Senat noch nicht einmal mit der Kneifzange anfasst. Das gibt es einfach nicht, Subkulturen darf es nicht geben, von sozialen Brennpunkten wollen Sie nichts hören und dabei könnten Sie doch sehen, wenn Sie sich die Geschichte der letzten 15 Jahre angucken würden, was aus solchen Gegenden werden kann. Das Schanzenviertel wurde schon angesprochen. Vor 15 Jahren wollte kein Mensch dort hin, vor zehn Jahren war es europaweit verschrien. Was ist es heute? Man kann aus solchen Gebieten etwas machen, wenn man nur möchte.
Sie schaffen es lediglich, das alles gar nicht weiter anzugucken. Stattdessen zählen Sie penibel jede klitzekleine Kleinigkeit auf. Da hat es mich richtig gefreut, dass der Senat als Beitrag zur kreativen Stadt auch das Kinderfest des SPD-Distrikts Eimsbüttel-Süd aufgeführt hat und dabei allerdings übersehen hat, dass es gar nicht nur von uns gemacht wird, sondern in Zusammenarbeit mit Altona-Nord grenzüberschreitend und solidarisch. Das als Beitrag dazu aufzuführen zeigt, mit welcher Ärmelschonerhaltung und mit welch spitzem Bleistift das alles beantwortet wurde, aber nicht im Geiste der Fragen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sollten den Begriff "Wachstum" hier nicht künstlich auseinanderdividieren. Hamburg ist deshalb eine wachsende Stadt, weil wir hier ein besonderes qualitatives Wachstum haben. Sonst wäre Hamburg nicht die einzige Stadt, das einzige Bundesland mit einem wirklich nennenswerten Bevölkerungswachstum, sonst wäre Hamburg nicht die Stadt mit Rekorden im Tourismus – über 8 Millionen Übernachtungen pro Jahr –, sonst wäre Hamburg nicht die Stadt mit so vielen innovativen Projekten.
Ohne Kreativität, ohne kreative Köpfe gibt es kein Wachstum; deshalb ist der Ansatz der GAL richtig. Die kreative Stadt ist eine der Ursprungszellen für Wachstum insgesamt, übrigens genauso wie eine menschliche Stadt. Es gibt kein qualitatives Wachstum ohne Menschlichkeit. Insofern sollten wir hier nicht um Begriffe streiten, sondern darüber nachdenken, was die Qualität Hamburgs ausmacht. Das Wachstum Hamburgs ist sichtbar greifbar. Es ist keine Propaganda des Senats, dass sich so viele Menschen in Hamburg wohlfühlen, in einer Stadt, die ein erfolgreicher Wirtschafts- und Industriestandort und gleichzeitig das Bundesland mit den größten Flächenanteilen von Naturschutzgebieten ist, eine echte grüne Metropole am Wasser. Das hat natürlich mit Kreativität, mit intelligenten Konzepten zu tun, die Parlament und Senat gemeinsam auf den Weg bringen, wenn Sie an Life Science denken, wenn Sie an Medien denken – dort sind doch kreative Köpfe –, wenn Sie an den Logistikstandort Hamburg denken, der Nummer eins in Deutschland ist, den Luftverkehrs-Industriestandort, wo wir zu den drei großen Standorten weltweit gehören. Die besten Architekten, nicht nur Hamburgs, sondern Deutschlands und der Welt, arbeiten an Projekten in Hamburg. Da kann man doch nicht sagen, die kreativen Potenziale dämmerten vor sich hin, was eben von der GAL behauptet worden ist. Das Gegenteil ist richtig; die kreativen Potenziale lassen unsere Stadt erst wachsen und darüber sind wir nachhaltig froh.
Es gibt in den USA maßgebliche Forschungsarbeiten, die auch die These stärken, wonach Kreativität ein ganz besonders wichtiger Faktor für Wachstum ist. Professor Richard Florida von der Carnegie Mellon University hat einen Zusammenhang zwischen erfolgreichem Wachstum und Kreativität in verschiedenen amerikanischen Städten hergestellt. Er hat verschiedene Indexe bestimm
ten Städten zugeordnet und es sind diejenigen Städte auch wirtschaftlich besonders erfolgreich, die das höchste Potenzial von Kreativen nutzen, die Kreativität zur Entfaltung kommen lassen. Interessanterweise ist Kreativität nicht nur ein positiver Indikator für mehr Lebensqualität, sondern auch für wirtschaftlichen Erfolg, denn die Städte, die in diesem Kreativitätsindex vorne liegen, haben auch überdurchschnittliche Werte beim Wirtschaftswachstum und den persönlichen Einkommensverhältnissen der Bevölkerung. Danach haben nämlich die Kreativen, die sich in diesem Umfeld gut entwickeln, ein um 50 Prozent höheres Einkommen als der Durchschnitt. Ich finde das sehr interessant. Abgestellt wird auf bestimmte positive Kreativitätsindexzahlen, im Wesentlichen auf Technologie, Talent und Toleranz.
Wenn man sich die Merkmale aus diesen Forschungsergebnissen einmal anschaut, erfüllt unsere Stadt genau diese Elemente. Hightech ist ein Merkmal des Wirtschaftswachstums unserer Stadt, Talent ist ein Merkmal unserer Stadt. Wir haben sehr viele kreative Köpfe in verschiedenen Szenen in unserer Stadt, die zu dem Erfolg beitragen. Und Toleranz ist wichtig, denn unterschiedliche Lebensformen und Lebensentwürfe haben ihren Platz auch in unserer Stadt. Wir haben einen ethnischen Mix, der diese Kreativität zur Entfaltung kommen lässt.
Deshalb bin ich überzeugt, dass wir mit der wachsenden Stadt Hamburg, die Realität ist, genau auf dem richtigen Weg sind. Ich bin genauso überzeugt, dass wir das Merkmal wachsende Stadt nicht als starres Merkmal begreifen dürfen, sondern die wachsende Stadt offen sein muss für neue Entwicklungen und weitere Schwerpunkte.
Ich finde den Ansatz richtig, den die GAL hier besonders betont, die Kreativität ganz besonders in den Fokus zu nehmen. Und danach handeln wir auch. Das Gleiche gilt für die Bereiche Soziales und Familienfreundlichkeit.
Wir müssen vor allen Dingen in den einzelnen Stadtteilen überlegen, wie dieses Potenzial von Kreativität zu fördern ist. Ich nenne zwei Beispiele: Wir haben in klassischen Stadtteilen wie St. Georg oder auf der Veddel gezielt Kreativitätspotenziale weiter entwickelt.
Wir haben gestern im Rahmen der aktiven Stadtteilentwicklung ein neues Programm für St.-Georg-Mitte aufgelegt, das wesentlich auch darauf basiert, dass dort sehr viele kreative Köpfe wohnen, und wir haben es geschafft, auf der Veddel innerhalb kürzester Zeit 300 Studenten verschiedener Fachrichtungen anzusiedeln, weil wir auch möchten, dass sich dort neues, kreatives Potenzial entfaltet. Das sind konkrete Beispiele der Stadtteilpolitik, nicht nur Potenziale zu erschließen, sondern zur Entfaltung kommen zu lassen.
Ich denke, meine Damen und Herren, wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir die wachsende Stadt Hamburg auch in den kommenden Jahren nach vorne bringen können. Wachstum hat nämlich auch die Verpflichtung, es beizubehalten. Für mich gibt es aber nur ein qualitativ hochwertiges Wachstum. Das ist menschlich und das ist kreativ und das genau zeichnet unsere Stadt aus.
Bei Frau Hochheim fällt mir auf, dass sie hier eine Debatte eröffnen möchte – Kreativität gut und schön, wenn sich das unter das Leitbild, das wir haben, unterordnet –, also sozusagen noch einmal die Koch- und Kellnerdebatte führen möchte. Da kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Sie den Versuch machen wollen zu sagen, eine Partei wie die GAL sollte sich besser keine eigenen Vorstellungen machen, sondern irgendwo andocken, dann kommt so etwas sehr bitter bei uns an. Sie werden damit auch wenig Erfolg haben.
Jetzt aber noch einmal zu Ihren konkreten Ausführungen. Ich weiß gar nicht, warum hier immer durch die Welt geht, wir hätten etwas gegen den Hafen. Das ist doch völliger Unsinn. Wir sind dafür, dass er ausgebaut wird. Wir sagen nur, dass er nicht mit Steuergeldern ausgebaut werden muss. Die Differenz ist, dass wir ihn anders finanzieren wollen. Das ist der Vorschlag und das könnte doch vielleicht auch einmal in die geneigten Köpfe rein, dass nicht immer wieder gesagt wird, dass die GAL etwas gegen den Hafen habe. Nein, wir haben etwas gegen die öffentliche Hafenfinanzierung, bei der sich ein paar Firmen dumm und dämlich verdienen und wir die ganze Zeit unser Steuergeld da hineinschmeißen. Das ist ein Problem.
Dann ist offenkundig auch etwas nicht richtig verstanden worden, wenn gesagt wird, dass das ein Programm für Eliten sei, für wenige Leute, für Kreative oder für kreative Branchen. Nein, wir sind der Meinung, dass Kreativität die Fähigkeit eines jeden Menschen ist. Deswegen setzen wir so auf das Thema Kita, auf das Thema Schule und Hochschule, weil wir sagen, dass Hamburg zu wenig tut, um die kreativen Potenziale all seiner Menschen zu entfalten. Das ist aber der eigentliche Reichtum der Stadt. Die wollen wir besser entfalten und darum steht das bei uns im Zentrum. Das hat überhaupt nichts mit Elitenthematik zu tun, sondern damit, dass wir gerade auch den Leuten, denen es schlechter geht, bessere Entfaltungsmöglichkeiten geben wollen, weil wir ihnen viel mehr zutrauen als Sie.
Schließlich Ihre Idee, Kreativität erkenne man vor allen Dingen daran, dass alles auf eine Seite passt, was man so sagen möchte.
ja, die Bierdeckelsteuerpolitik war auch so, passte alles auf den Bierdeckel, hat wunderbar funktioniert – damals als Wirtschaftssenator die Ansage gegeben haben soll, dass nichts, was über eine halbe Seite geht, auf seinen Schreibtisch kommt. Dass das besonders die Kreativität fördern würde, wenn man sich auf ein Argument gar nicht einlässt, ist bis dahin unbekannt gewesen, aber es mag sein, dass da ganz neue Gesichtspunkte gedacht werden. Ich bin, was das Verhältnis Kreativität und Wachstum angeht, der Meinung, dass Wachstum eigentlich ein relativ leerer Begriff ist, weil er noch gar nichts darüber aussagt, was denn da eigentlich wachsen soll – die Sturmflut oder was weiß ich –, sondern es geht ja gerade darum zu sagen, dass wir durch die Erweiterung der Fähigkeiten von Menschen, Neues zu tun, wollen, dass diese Stadt vorankommt. Diese Fähigkeit zu erweitern, ist unsere zentrale Aussage, die wir als Partei vertreten und mit der wir antreten wollen. Dazu gehört übrigens auch nicht nur die Kreativität in wirtschaftlichen Fragen, sondern auch bei der Lösung von Umweltproblemen und von Problemen, die sich nicht nur den Hamburgern, sondern die sich der ganzen Welt stellen: Nehmen Sie die Klimathematik. – Danke schön.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/4644 an den Stadtentwicklungsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 25, Drucksache 18/4497: Senatsmitteilung: Stärkung der Metropolregion Hamburg durch das Leitbild "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt".