Protocol of the Session on December 7, 2005

Wenn – auch das hat der Bürgermeister gesagt – die Selbstständigkeit des wirtschaftlichen Handelns bei beiden Unternehmen gesichert bleibt, dann haben wir dadurch ganz erhebliche Vorteile für Hamburg und das wird auch der Bundesregierung letztlich noch einleuchten.

(Farid Müller GAL: Alles Dummerchen da!)

Verglichen mit Ihnen sind die deutlich besser.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir schlicht und ergreifend sehen, dass wir nicht nur etwas Gutes für Hamburg tun, sondern ein deutsches Unternehmen, die Deutsche Bahn AG, stärken und zukunftsfähig machen, dann ist das etwas, was auch die Bundesregierung interessieren wird.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Hamburg opfert sich für Deutsch- land!)

Wir sind auf einem guten und richtigen Weg. Deswegen werden wir diesen Weg fortsetzen. Ob am Ende der Verhandlungen unterschrieben wird, das sieht man am Ende der Verhandlungen und nicht vor Aufnahme derselben.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dobritz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, als langjähriger Betrachter möchte ich bei Ihren Behauptungen, die Sozialdemo

kratie würde die Standortinteressen Hamburgs in großem Umfange nicht richtig wahrnehmen, ein bisschen mithelfen, Sie an einige Vorgänge zu erinnern, an denen Sie selbst beteiligt waren.

1997 hat die CDU in Hamburg – Henning Voscherau hat darauf noch einmal hingewiesen – die HafenCity unter Ihrer Führung abgelehnt. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Als wir schmerzhaft, aber notwendig einen Teil des Mühlenberger Lochs für die Expansionsnotwendigkeiten des Airbus zuschütten mussten, da hat der umweltpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion und damalige stellvertretende Fraktionsvorsitzende mit den Umweltverbänden vor Ort den Versuch unternommen, diese Zuschüttung zu verhindern. Sie haben davon gewusst, das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Als wir uns bemüht haben, den Standort Hamburg mit Toulouse durchzusetzen, da hat Ihr Bundeskanzler Kohl Hamburg in den Rücken fallen wollen und sich massiv für Rostock eingesetzt. Wir haben die Schlacht für Hamburg ohne Sie schlagen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ich frage mich sowieso, was Sie in dieser Sache treibt. Klar, Sie wollen Erfolg haben. Sie haben ein Trauma: 44 Jahre lang sind Sie in 13 geheimen und freien Wahlen vom Wähler auf die Oppositionsbank geschickt worden. Vier Jahre haben Sie regieren dürfen, mit mäßigem Erfolg. Es ist klar, Sie wollen Erfolg haben, das ist auch akzeptabel. Man macht bei dem Versuch, Erfolg zu haben, auch Stockfehler, aber in diesem Fall, Herr Bürgermeister, haben Sie keine Stockfehler gemacht, sondern gravierende, existenzielle Fehler für diese Stadt. Ich will Ihnen zwei benennen:

Erstens: Herr Petersen hat Henning Voscherau zitiert, der von uns häufig aufgefordert worden ist, auch als Bürgermeister Front gegen Kohl zu machen. Bürgermeister Voscherau hat immer gesagt, ein Hamburger Bürgermeister hat in der Öffentlichkeit zum Verfassungsorgan Bundesregierung ein tadelloses Verhältnis zu pflegen. Er hat gewusst, warum. Ich sage Ihnen, dieses tadellose Verhältnis pflegt dieser Senat in diesen Tagen nicht.

(Beifall bei der SPD)

Es kommt hinzu, dass Herr Peiner dieses auch noch so drastisch überzieht, dass die Langzeitfolgen für uns in dieser Stadt erheblich sein werden.

(Glocke)

Herr Dobritz, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Engels.

(Hartmut Engels CDU: Das ist schlicht und ergrei- fend Blödsinn, was Sie gesagt haben!)

Das Zweite: Es ist angedeutet worden, dass hier die Bahn ausschließlich mit dem Ziel einsteigt, in zwei Bereichen Monopolstrukturen zu schaffen. Sie wird dieses weitgehend über eine Fremdfinanzierung machen. Was bedeutet eigentlich eine Fremdfinanzierung für den End

verbraucher zum Beispiel im ÖPNV-Bereich? Diese Fremdfinanzierung will natürlich von den internationalen Finanzinvestoren wieder verdient werden. Das heißt, dieser Kredit, die Finanzierungskosten müssen verdient werden. Dieses werden natürlich nicht nur die Mitarbeiter der Hochbahn spüren, sondern auch wir in den Preisen bei Bahn und Bussen; die werden nicht sinken, sondern steigen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wenn Sie sich, Herr Ohlsen, im Hamburger Hafen umhören – ich habe das in diesen Tagen getan –, dann wird für den Einstieg der Bahn in der gesamten Hafenwirtschaft kein Verständnis aufgebracht und Sie wissen das.

(Beifall bei der SPD und bei der GAL)

Meine Damen und Herren, ich will einen allerletzten Punkt benennen, den Herr Schira angesprochen hat, und zwar die Rolle, die ein Eigentümer hat, wenn er Einfluss auf ein öffentliches Unternehmen nimmt. Auf uns kommt eine Drucksache zu, in der der Senat die SAGA zwingt, ein privatwirtschaftlich unsinniges Geschäft in einer Größenordnung von 100 Millionen Euro zu machen, und zwar sollen die Erbbaurechte und Wiederkaufsrechte abgelöst werden. Dieses ist für die SAGA, die eine AG ist, ein privatwirtschaftlich schlechtes Geschäft. Dieses wird ausdrücklich auf Druck dieses Senats gemacht. Sie handeln als Eigentümer nicht anders als andere Eigentümer mit ihren Unternehmen auch. Deshalb ist das, was in Berlin durch die Bundesregierung geschieht, nicht verwerflich, sondern es ist korrekt im Sinne des Eigentümers.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GAL)

Meine Damen und Herren, zum Schluss: Wir haben in diesen Stadtmauern drei große Verkehrsunternehmen: Flughafen, HHLA und Hochbahn. Die müssen im Mehrheitsbesitz bleiben. Stoppen wir den Amoklauf von Herrn Peiner.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Lühmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt wollen wir noch einmal zusammenfassen, was wir heute vom Senat gelernt haben. Vier Monate, heißt es, ist nicht verhandelt, sondern es sind nur Gespräche geführt worden. In diesen vier Monaten kann man auch bei den Gesprächen schon ein bisschen durcheinander kommen, denn nach den vier Monaten steht nur fest, was eigentlich schon zu Anfang festgestanden haben muss, dass man sich nämlich über ein Paket unterhalten will. Dieses Paket, von dem jetzt niemand mehr so genau sagen kann, wer das einmal abgeschickt hat – hier heißt es, die Bahn habe das Paket als Angebot losgeschickt, und in der Presse steht, die Stadt habe sich mit diesem Angebot an die Bahn gewandt –,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wer schreibt das?)

macht deutlich: Der Nutzen für Hamburg besteht einzig und allein in einem erhofften Umzug der Konzernzentrale. Die Beteiligung der Bahn an der HHLA und der Hochbahn ist der Preis, den Hamburg bezahlen soll. Über die Höhe dieses Preises will dieser Senat nach vier Monaten Ge

sprächen überhaupt keine Angaben machen. Das ist schon abenteuerlich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die Höhe dieses Preises, Herr Peiner – das haben Sie bei "Schalthoff live" tatsächlich gesagt –, sei für Sie voll variabel, ob 25, 50 oder 75 Prozent Anteil der Deutschen Bahn an Hochbahn oder HHLA, das sei letzten Endes egal. Ich glaube nicht, dass das für die Interessenvertretung Hamburgs in beiden wichtigen Politikfeldern egal ist.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn ich dann von Ihnen höre, was Sie an verkehrspolitischem Sinn hinter all dem vermuten, und wenn Sie hier noch einmal den Schlenker zum Transrapid machen, dann stelle ich fest: Es ist interessant, dass der Bürgermeister, der Finanzsenator und der Wirtschaftssenator verhandelt haben, aber niemand, der kraft seines Amtes Einfluss auf verkehrspolitische Belange und von Verkehr eine Ahnung hat oder haben müsste.

(Jens Kerstan GAL: Das ist ein Unterschied!)

Das ist jetzt ein Unterschied.

Von Herrn Freytag und von verkehrspolitischen Belangen gab es da keine Spur.

Das Interessante ist, dass wir morgen in der Sitzung wahrscheinlich über die Drucksache 18/3053 abstimmen werden. Sie ist unstrittig durch alle Ausschüsse gegangen. Es geht dabei um die Vergabe der Verkehrsleistungen an die NOB auf der Strecke Hamburg-Sylt. Was ist das Ergebnis dieser Verhandlungen? Das Ergebnis lautet: 40 Prozent weniger Kosten für die öffentlichen Hände und eine Steigerung der Qualität. Das ist das Ergebnis dessen, was in neun Jahren rotgrüner Regierungsarbeit in Schleswig-Holstein gelungen ist. Dort hat man sich sehr erfolgreich mit der Bahn angelegt. Mittlerweile sind mehr als die Hälfte aller Strecken ausgeschrieben und den Gewinn, der daraus eingefahren wird, nämlich 40 Prozent weniger Kosten, streicht auch der Senat gern ein. Aber, dass Schleswig-Holstein über dieses Mehr an Wettbewerb 30 Prozent mehr Verkehrsleistung auf der Schiene und 6 Prozent weniger auf der Straße erreicht hat, das wird hier überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Wir brauchen also mehr und nicht weniger Wettbewerb auf der Schiene!

(Beifall bei der GAL und bei Jan Quast SPD)

Deshalb argumentieren Sie hier immer betriebswirtschaftlich mit den Belangen der Deutschen Bahn. Für die ist es selbstverständlich ein Gewinn, wenn sie sich die Hochbahn, ihren stärksten Konkurrenten auf nationaler Ebene – nämlich dem zweitgrößten –, einverleiben kann. Wenn Sie auf dessen Unternehmensentscheidungen Einfluss nehmen können, dann ist das im Interesse der Bahn, aber nicht zwingend im Interesse Hamburgs.