Was passierte also dann? Der Richter erhob Klage, was auch zu ganz großen Verwicklungen führte, weil seine Kollegin, die mit ihm im dienstlichen Umgang per Du ist, darüber entscheiden musste. Der Befangenheitsantrag, den sie gestellt hatte, wurde abgelehnt. Sie hat dann entschieden, dass 40 Watt ein Vorschlag wäre, mit dem man leben könnte. Hiermit war der Kläger nicht zufrieden und er ist in die Berufung gegangen. Die Berufungsinstanz, das Landgericht, hat dann entschieden, dass die Lampe entfernt werden muss.
Der Vater des BKA-Beamten hat das Urteil so hingenommen, es sich aber nicht nehmen lassen, die Demontage der Lampe, worüber so lange gestritten wurde, als kleine Mediengaudi zu veranstalten. Sie können sich vorstellen, dass das wiederum zu weiteren Verwicklungen führte, wie Dienstaufsichtsbeschwerde et cetera. Schließlich fing sich der Richter auch noch eine Strafanzeige wegen Beleidigung ein, weil er es gewagt hatte, im Rahmen dieser Dienstaufsichtsbeschwerde die Probleme mit seinem Nachbarn auf dessen Herkunft zurückzuführen. Die Revision läuft noch. Sie können also sehen, eine kleine Lampe mit 60 Watt reicht aus, um insgesamt fünf Gerichte zu beschäftigen und einen tatsächlich ganz langen Streit auszulösen.
Bei Mediation geht es also um die Kultur. Ich habe bewusst dieses Beispiel gewählt, dass nicht in Hamburg spielt, damit wir hier nicht irgendwelche Stadtteile wieder im schlechten Licht stehen lassen müssen.
Es geht aber um die Kultur, die wir hier in Deutschland entwickelt haben, die Kultur der Streithanseln und -greteln, Leute, die sich tatsächlich absolut im Recht fühlen und sich selbst durch erfolgreiche Gerichtsentscheidungen nicht stoppen lassen.
Wir haben jetzt im Vorfeld gehört, dass die CDU diesem Antrag leider nicht zustimmen wird. Es ist weiterhin signa
lisiert worden, dass die CDU nicht einmal bereit ist, diesen Antrag in den Ausschuss zu überweisen. Ehrlich gesagt, ich finde es gerade bei diesem Thema besonders lustig, denn diese Haltung erinnert eigentlich genau an diese sture Haltung der Streithanseln, die uns in diesem Land so viele Nerven kosten.
Wie funktioniert also eine gerichtliche Mediation? Die gerichtliche Mediation funktioniert so, dass in einem Fall, wo jemand Klage erhebt – das kann ein Nachbarschaftsstreit, ein familiärer Streit oder aber auch eine belastete geschäftliche Beziehung sein – der Richter, der für die Streitentscheidung zuständig ist, zu prüfen hat, ob sich dieser Fall nicht für die gerichtliche Mediation eignet. Wenn er das bejaht und die Parteien zustimmen, dass man sich auf ein solches Verfahren einlässt, dann wird dieser Fall auf einen Richter übertragen, der für die Mediation ausgebildet ist.
Es wird hierbei immer auf die angrenzenden Probleme geachtet. Das heißt, wo hat dieser Streit, wenn es beispielsweise um eine Lampe geht, seine Ursache oder welche Probleme müssen gelöst werden, damit auf Dauer auch Frieden in diesem nachbarschaftlichen, familiären Verhältnis oder auch in dieser geschäftlichen Beziehung einkehrt.
Es passiert tatsächlich häufig, dass eine Sache oder Frage, die zwischen Nachbarn umstritten ist, vor Gericht getragen wird und das Nachbarschaftsverhältnis ist damit auf Dauer ruiniert. Noch schlimmer ist das natürlich bei familiären Beziehungen. Es entsteht durch diese wenig konsensuale Kultur der Streitschlichtung, die wir in Deutschland haben, auch ein hoher wirtschaftlicher Schaden.
Ganz wichtig ist auch, dass diese gerichtliche Mediation nicht im Konkurrenzverhältnis zur außergerichtlichen Mediation steht, sondern dass es eine wichtige Ergänzung darstellt und die Erfahrungen vielfach sind, dass die Akzeptanz für außergerichtliche Mediation steigt, wenn die Gerichte eine solche Betonung auf die Mediation als Streitlösungsverfahren legen. Das hat eine ganz große Auswirkung auf den Bereich der außergerichtlichen Mediation, die natürlich auch schneller geht und daher in vielen Fällen eine noch bessere Lösung darstellt.
Jetzt haben neun von 16 Bundesländern bereits die gerichtliche Mediation in unterschiedlichem Umfang eingeführt. Das sind in aller Regel Modellversuche von unterschiedlicher Größe. Unter diesen neun Bundesländern, die diese gerichtliche Mediation durchführen, sind auch SPD- und CDU-geführte Bundesländer. Das ist also keineswegs ein Thema, was jetzt parteipolitisch eindeutig festgelegt ist.
Gerade vor dem Hintergrund, dass das einfach eine Sache ist, die sich als sinnvoll und vernünftig herausgestellt hat, ist es so verwunderlich, dass die CDU sich hier total stur stellt.
Am interessantesten ist hierbei das Land Niedersachsen, die schon, angestoßen durch den SPD-Justizminister, aber auch fortgeführt unter der jetzigen CDU-geführten Regierung, am weitesten sind. Dort gibt es eine ganz beachtliche Quote von Erfolgen. 1500 Verfahren wurden in diese Mediationsprojekte eingeführt und insgesamt
sind landesweit bei den verschiedenen Gerichten 75 Prozent der Fälle mit einer Einigung abgeschlossen worden. Das sind also von diesen 1500 Fällen 75 Prozent. Das ist sehr beachtlich. Es zeigt sich auch, dass es an den einzelnen Gerichten wohl unterschiedlich gute Konzepte gibt, die hier beteiligt sind. Das Landgericht Göttingen hat sogar eine Einigungsquote von 87 Prozent erreicht. Das ist sehr beachtlich, auch angesichts der großen Bandbreite, die dort in dieses Verfahren überwiesen wurde.
Wenn man hochrechnet, dass Richter, die in der Mediation arbeiten, viel effizienter sind und viel mehr Fälle auf einer Stelle erledigen können, dann ergibt sich ein Einsparpotenzial von 35 Prozent im Hinblick auf die richterliche Arbeitskraft. Das heißt, gerichtliche Mediation ist nicht nur ein Beitrag für eine andere Streitkultur, sondern auch ein echter Einsparbeitrag, jedenfalls ein Beitrag, der die Justiz in ihrer Effizienz erheblich steigern kann.
Wie ist es zu erklären, dass Sie diesen Antrag ablehnen wollen? Man kann eigentlich nur auf absurde Ideen kommen und Sie fragen, finden Sie, dass Richter in Hamburg nicht genug zu tun haben, oder meinen Sie, dass Gerichte in Hamburg zu schnell arbeiten, oder wollen Sie, dass sich die Menschen in Hamburg möglichst lange vor Gericht streiten?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es kann der liebste Mensch nicht in Frieden leben, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt. Das belegt das Beispiel aus Wiesbaden, das der Kollege Steffen hier vorgetragen hat.
Der Gesetzgeber hat mit der Zivilprozessrechtsreform nochmals sehr deutlich den Auftrag an die Zivilgerichte gegeben, auf die einvernehmliche Bereinigung eines Streites zwischen den Parteien hinzuwirken. Dieser Auftrag wird bereits von vielen Richterinnen und Richtern ernst genommen. Dies führt vor einer Entscheidung durch das Gericht mehr und mehr zu einem Vergleich, zu einer Klagrücknahme oder zu einem Anerkenntnis.
Im vorgerichtlichen Stadium wendet sich eine Partei in der Regel an den Rechtsanwalt. Der Rechtsanwalt ist als Organ der Rechtspflege aufgerufen, seinen Auftraggeber über dessen Rechte zu informieren und Auskunft über die Durchsetzungsmöglichkeiten seiner Rechte zu geben. An genau dieser Stelle setzen wir an und da hat der Rechtsanwalt seinen Auftraggeber auf die Möglichkeit zur außergerichtlichen Durchsetzung seiner Rechte hinzuweisen. An dieser Stelle sollte auch eine Kultur der außergerichtlichen Streitbeilegung in der Gesellschaft entwickelt werden und das ist das Problem, woran viele noch scheitern, auch viele Rechtsanwälte. Sie müssen diese Kultur entwickeln und wir im Parlament haben eine Appellfunktion dazu.
Der vorliegende Antrag zielt aber darauf ab, eine Streitbeilegung erst nach Anrufung eines Gerichtes durchzu
führen. Eine Streitbeilegung vor Gericht ist vor einer streitigen Gerichtsentscheidung schon jetzt im Gesetz vorgeschrieben. Gelingt es den Parteien in diesem Stadium nicht, den Rechtsstreit durch Vergleich, Klagrücknahme oder Anerkenntnis zu beenden, ist die gerichtliche Entscheidung geboten. In dem Wiesbadener Fall wird das belegt.
Im vorgerichtlichen Stadium hat der Gesetzgeber jedem Rechtsanwalt auch eine höhere Gebühr für eine vorgerichtliche Erledigung des Rechtsstreits in Aussicht gestellt. Dieser Anreiz und eine neue Einstellung zur tatsächlichen Inanspruchnahme der vorgerichtlichen Streitbeilegung müssen das Ziel sein und nicht erst eine Streitbeilegung nach Anrufen der Gerichte.
Im vorgerichtlichen Bereich hat sich auch bereits eine Mediationskultur entwickelt. Das ist eine Art Streitschlichtungsinstitution, die von den Berufskammern auch immer mehr befürwortet wird. Im Bereich der vorgerichtlichen Streitschlichtung ist auch eine Streitbeilegung durch ein Schiedsgericht möglich. Die CDU-Fraktion sieht in der vorgerichtlichen Streitbeilegung das anzustrebende Ziel. In Hamburg sind genügend Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vorhanden
Im Anwaltsverein sowie in den Berufskammern – ich sagte es bereits – wird auf Schulungen für die außergerichtliche Mediation hingewiesen. Wir müssen auch hier darauf hinweisen. Jede Rechtsanwältin und jeder Rechtsanwalt hat aufgrund der Ausbildung die Befähigung zum Richteramt, sodass es nicht unbedingt einer Richterin oder eines Richters bedarf, um Streitfälle im vorgerichtlichen Bereich zu einer einvernehmlichen Lösung zu führen. Die Erfahrung zeigt zwar, dass das Richteramt einen größeren Eindruck auf die Streitparteien hervorruft. Hier gilt es aber, das Recht suchende Publikum darüber aufzuklären, dass jede Rechtsanwältin und jeder Rechtsanwalt die Befähigung zum Richteramt hat und genauso gut einen Rechtsstreit zu einem einvernehmlichen Abschluss bringen kann.
Ich fordere Sie deshalb auf, sich dafür einzusetzen, ein Signal für die vorgerichtliche Streitbeilegung durch Aufklärung zum Durchbruch zu verhelfen. Dies schont staatliche Ressourcen und kann zum selben Ergebnis und zum besseren Verständnis in der Gesellschaft untereinander führen. Im vorliegenden Antrag wird der Rechtsfrieden erst nach Anrufen des Gerichtes erreicht. Der Antrag der GAL-Fraktion wird deshalb von der CDUFraktion abgelehnt werden.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu vorgerückter Stunde möchte ich das Wort Mediation, das versöhnende oder Frieden stiftende Vermittlung entfalten zu können bedeutet, nutzen …
Vielen Dank. Die Mediation sollte auch uns dazu bringen, uns ein wenig versöhnend zuzuhören. Ich weiß, dass die Aufmerksamkeit heute schon sehr stark strapaziert worden ist. Fast alle sind sehr müde. Deswegen möchte ich auch darauf verzichten, noch einmal zu erläutern, was Herr Dr. Steffen und auch Herr Dr. Langhein sehr ausführlich dargestellt haben, zwar aus unterschiedler Sichtweise.
Es wäre schön, Herr Dr. Langhein, wenn die Rechtsanwälte tatsächlich ihre Geschäftsinteressen dem Wunsch, Frieden zu stiften, hinten anstellen würden. Dann hätten wir mit Sicherheit auch weniger Prozesse in den Gerichten, die dort von Richtern, hoch bezahlt und teuer, von uns allen finanziert, verhandelt werden müssen. Dem ist aber leider mitnichten so, Herr Dr. Langhein.
Deswegen bitte ich Sie, doch noch einmal in sich zu gehen und Ihre Entscheidung zu überprüfen, ob es denn so verkehrt sein kann, wenn in Bayern, in Baden-Württemberg, in Niedersachsen sehr erfolgreich – auch unter dem Aspekt von Entbürokratisierung im Bereich der Justiz, was Sie hier so oft und gerne im Munde führen – damit gearbeitet wird. Ich bitte Sie, diesen Antrag zumindest in den Rechtsausschuss zu überweisen, damit wir uns die erfolgreiche Arbeit aus Bayern, aus Baden-Württemberg, aus Niedersachsen einmal angucken können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Langhein, Sie haben es im Kern nicht verstanden, was der Ansatz der gerichtlichen Mediation ist, denn es gibt natürlich in Hamburg, es gibt in allen diesen neun Bundesländern, die die gerichtliche Mediation eingeführt haben, diese breite Palette, sowohl von staatlichen Schlichtungsstellen als auch in Mediation ausgebildeten Anwälten. Es gibt ein breites Angebot für außergerichtliche Mediation. Das haben Sie auch richtig gesagt. Es ist in der Tat so, dass es sich für Anwälte lohnt, sich zu einigen. Das ist ein sehr kluger Schachzug des Gesetzgebers gewesen, hier mit wirtschaftlichen Anreizen zu arbeiten. Aber trotzdem bestehen viele Kläger darauf, dass ihr Anliegen zum Gericht getragen wird und das auch gegen den Rat des Anwalts. Im Zweifelsfall entsteht bei vielen Leuten der Eindruck, der Anwalt versucht, das irgendwie schnell beizulegen und das sei dann nicht der richtige Anwalt. Das Denken der Menschen, die wir häufig in Medienberichten als "Streithanseln", "Streitgreteln" kennen, ist da in dem Verhalten sehr prägend. Deswegen kommen nach wie vor, obwohl es dieses breite Angebot gibt, viele Fälle vor Gericht und deswegen ist auch der Ansatz gemacht worden, gerichtliche Mediation einzuführen. Diese gerichtliche Mediation soll auch dazu führen, dass das Verfahren etabliert wird, dass die Methode akzeptiert wird, dass die Leute lernen, dass es eine sinnvolle Sache sein kann.
Aber was Sie übersehen, ist, dass Mediation nicht das Gleiche ist wie die Suche des Richters im streitigen Verfahren nach einem Vergleich, denn Mediation ist deutlich mehr. Mediation ist wirklich die systematische Bestandsaufnahme, welche Dinge alle streitig zwischen den Parteien sind und das kann ein Richter, der für die streitige Entscheidung zuständig ist, im Rahmen des Vergleichs nicht leisten. Genau das wäre wirklich der entscheidende Schritt, der entscheidende Durchbruch, damit Mediation als Streitschlichtungsverfahren in Hamburg mehr Bedeutung bekommt und genau diesem Durchbruch verweigern Sie sich und das ist schade.