Protocol of the Session on May 26, 2005

Eine Nachfrage des Abgeordneten Buss.

Herr Präsident, Herr Staatsrat! Auf welcher Grundlage schätzt der Senat es als pädagogisch zulässig ein, dass die Bekleidungsbeauftragte der Haupt- und Realschule Sinstorf zur weiteren Public Relations

ihrer Kampagne eine Presseveranstaltung der CDU benutzt?

Herr Staatsrat, bitte.

Es ist der Schule Sinstorf ein großes Anliegen, für Schulkleidung zu werben, weil sie damit in den letzten Jahren gute Erfahrungen gemacht hat – die übrigens aus anderen Ländern dieser Erde bestätigt werden – und sie hat geglaubt, dass es auch zulässig sei – und diese Ansicht teilen wir –, die Veranstaltung einer Partei, die sich der Förderung der Schulkleidung annehmen will, dafür als Forum zu nutzen.

Die zweite Nachfrage des Abgeordneten Buss.

Herr Staatsrat, darf ich das so interpretieren – da ja gestern dieser Beschluss einstimmig gefasst wurde –, dass die Behörde dann auch nichts dagegen hat, es als pädagogisch zulässig zu werten, diese Bekleidungsbeauftragte zu Veranstaltungen der SPD einzuladen?

Herr Staatsrat, bitte.

Wenn die SPD eine Veranstaltung abhalten möchte, bei der sie für die Einführung oder Unterstützung von Schulkleidung wirbt, glaube ich, würde meine Behörde nichts dagegen einzuwenden haben, wenn Schüler auf dieser Veranstaltung Schulkleidung vorführen.

(Beifall bei der CDU)

Eine Nachfrage des Abgeordneten Frank.

Herr Staatsrat, nur der Klarheit wegen: Verstehe ich es richtig, dass die Behörde alle Lehrerinnen und Lehrer auf Antrag vom Unterricht befreien wird, die aus pädagogischen Gründen – und jedes bildungspolitische Thema hat eine pädagogische Relevanz – an Pressekonferenzen der Fraktionen und Parteien teilnehmen wollen?

(Ingo Egloff SPD: Das ist besser als Kabarett!)

Herr Staatsrat, bitte.

Herr Abgeordneter, die Entscheidung darüber, ob eine Lehrkraft vom Unterricht für eine Stunde oder mehr zu befreien ist, trägt die Schulleitung der jeweiligen Schule. Das ist an die Schulleitung delegiert. Sie hat den Ermessensspielraum, einzuschätzen, ob das Anliegen ein pädagogisch sinnvolles und damit gerechtfertigtes ist oder ob es ein parteipolitisches Anliegen ist, das nicht unter diese Rubrik fällt.

Eine zweite Nachfrage des Abgeordneten Frank.

Herr Staatsrat, wie wollen Sie eigentlich in Zukunft eine parteipolitisch anmutende Ungleichbehandlung von Lehrerinnen und Lehrern verhindern?

Herr Staatsrat, bitte.

Wir werden dies mit den Mitteln des Beamtenrechtes und der Lehrerdienstanweisung zu verhindern wissen. Im Übrigen möchte ich Sie darauf hinweisen, dass das Problem, wie Lehrkräfte ihre Schüler beeinflussen, nicht ein Problem von heute ist, sondern ein seit langer Zeit diskutiertes. Schulleitungen sind sich sehr wohl bewusst, wo dort die Grenzen zu ziehen sind.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Lein.

Herr Staatsrat, hat die Schulleitung der Schule Sinstorf pflichtgemäß bei der Presseabteilung der Schulbehörde vor der Veranstaltung nachgefragt, ob es eine zulässige Veranstaltung sei, ob es zulässig sei, Unterricht ausfallen zu lassen und Schüler für eine CDUVeranstaltung nach Hause zu schicken?

Herr Staatsrat, bitte.

Die Schulleitung hat, soweit mir bekannt ist, von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch gemacht und hat diese Nachfrage nicht gestellt.

Eine zweite Nachfrage des Abgeordneten Lein.

Welche Folgen wird das für die Schulleitung haben, nachdem wir hier von Frau DingesDierig vor längerer Zeit gehört haben, wie zu verfahren ist?

Herr Staatsrat, bitte.

Wir haben den Fall geprüft. Ich sage noch einmal: Es geht bei dieser Maßnahme darum, dass für Schulkleidung geworben wird, ein Anliegen dieser Schule, bei dem wir sie in der Vergangenheit unterstützt haben und bei dem wir sie auch in Zukunft unterstützen werden.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Goetsch.

Herr Präsident, Herr Staatsrat! Sie haben eben drei Kriterien genannt: pädagogisch wertvoll, Unterstützung aus anderen europäischen Ländern und dass dies in der selbstverwalteten Schule sowieso möglich sei. Gehe ich richtig in der Annahme, dass ich für ein Projekt, das pädagogisch wertvoll ist – wie zum Beispiel "9 macht klug" – und in anderen europäischen Ländern durchgeführt wird sowie in Selbstverantwortung an Schulen gemacht werden kann, jederzeit Schüler für eine Pressekonferenz anwerben kann?

Herr Staatsrat, bitte.

Es kommt auf den Einzelfall an, der zu prüfen ist. Um es Ihnen aber deutlich zu sagen: Wir haben auch schon heute nichts dagegen, dass hamburgische Gesamtschulen beispielsweise für Gesamtschulen werben, während wir auch nichts dage

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gen haben, dass das gegliederte Schulwesen für sich wirbt. Das ist in dieser Stadt immer schon möglich gewesen.

Eine zweite Nachfrage der Abgeordneten Goetsch.

Das heißt also, dass die Gesetzeslage, dass Lehrerinnen und Lehrer nicht parteipolitisch Werbung machen dürfen, dadurch hinfällig ist?

Herr Staatsrat, bitte.

Lehrer dürfen für pädagogische Ideen Werbung machen und haben sich politisch zurückzuhalten. Das ist die Generallinie.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Dr. Maier.

Herr Staatsrat, gehe ich Recht in der Annahme, dass ein Lehrer oder eine Lehrerin, die eine Veranstaltung bei einer Partei mit der Fragestellung gegen einheitliche Schulkleidung unterstützen möchte, und zwar aus pädagogischen Gründen, nach Auffassung der Behörde auch legitimerweise den Unterricht dafür ausfallen lassen könnte?

Herr Staatsrat, bitte.

Da gestern ein Bürgerschaftsbeschluss zur Unterstützung von Schulkleidung gefasst worden ist, müsste ich das zunächst überprüfen, Herr Abgeordneter.

Eine zweite Nachfrage des Abgeordneten Dr. Maier.

Herr Staatsrat, finden Sie es richtig, dass ein Bürgerschaftsbeschluss dahin führen kann, dass die Einzelmeinung eines Menschen nicht mehr öffentlich vertreten werden darf?

Herr Staatsrat, bitte.

Die Einzelmeinung jeder Lehrkraft in Hamburg darf öffentlich vertreten werden. Das ist ein verfassungsrechtlich hoch geschütztes Gut. Es geht darum, wann sich der Lehrer in seinem Dienst der Zurückhaltung zu befleißigen hat. In dem Fall – um es noch einmal deutlich zu sagen – der Schulkleidung sehen wir es so, dass es sich um ein pädagogisches und nicht um ein politisches Anliegen handelt und dass deshalb das Zurückhaltungsgebot nicht gegeben war.

(Dr. Willfried Maier GAL: Auch, wenn man dage- gen ist?)

Der Abgeordnete Schmidt, bitte.

Herr Staatsrat, ich will noch einmal den Teil der Frage wiederholen, den meine Kollegin Boeddinghaus hier gestellt hat. Sind die betreffenden Schüler der Klasse nun nach Hause geschickt worden und, gleich daran anschließend, hat dieses Nach-Hause

Schicken mit dem Projekt zu tun, von dem Sie vorhin berichtet haben?

(Bernd Reinert CDU: Das haben wir doch schon gehört!)