Protocol of the Session on February 23, 2005

Grundlage waren aber auch die Nachfragen der Eltern bei ihrer Schulwahl in den vergangenen Jahren. Ich denke, es macht wenig Sinn, einen Standort ohne Schüler zu erhalten.

(Oh-Rufe bei der GAL)

Deshalb haben wir die Konsequenz gezogen.

(Wilfried Buss SPD: Da wären ja nicht einmal wir drauf gekommen!)

Wir haben die zahlreich eingegangenen Stellungnahmen standortbezogen und natürlich auch im Hinblick auf ganz Hamburg bezogen ziemlich genau unter die Lupe genommen. Es gab langfristige Entwicklungen, die auch mit zu berücksichtigen waren. Das haben wir getan, indem wir sämtliche Wohnungsbauprojekte mit einbezogen haben.

Ich bin davon überzeugt, dass mit diesem breiten Diskussionsprozess, in den wir alle Beteiligten vor Ort mit einbezogen haben, ein ausgewogenes Ergebnis herausgekommen ist. Ich bedauere im Nachhinein – heute noch mehr –, Herr Buss, dass Sie sich an diesem Diskussionsprozess nicht konstruktiv beteiligt haben.

(Oh-Rufe bei der SPD und der GAL – Wilfried Buss SPD: Wie bitte? – Christa Goetsch GAL: Das ist wirklich ein Hohn!)

In Ihren Beiträgen höre ich immer nur, dass es mal zu wenig Schulen sind, die ich schließen will, und mal zu viele sind, die ich zur Schließung vorschlage. Ich habe während des Diskussionsprozesses überhaupt nichts Konkretes von Ihnen gehört. Wo waren Ihre Vorschläge?

(Beifall bei der CDU – Wilfried Buss SPD: Welche Vorschläge hat denn eigentlich die CDU zu frühe- ren Standortplanungen gemacht?)

Wir brauchen die Verlässlichkeit der Planung und die Ansage für die Eltern, was in den nächsten zehn Jahren auf uns zukommen wird. Dazu dient die Schulstandortplanung, mit der diese Ansage deutlich getroffen wurde. Jetzt liegt es an den Eltern, ob sie diesen Empfehlungen folgen oder nicht.

Ich halte nichts davon – das ist vielleicht dann doch der kleine Unterschied zu Ihnen –, wenn wir kritische Entscheidungen dadurch hinauszögern, indem wir vermeintlich zwei Dinge gleichzeitig verfolgen, nämlich die Standortplanung einerseits und die interne Schulentwicklung andererseits. Die pädagogischen Reformen können erst auf einer verlässlichen Basis von Standorten aufgebaut werden. Die pädagogischen Reformen sind konzeptionell vorhanden, sei es das Konzept für die vorschulische Bildung in Kitas und Vorschulen, das übergreifend von beiden Behörden erarbeitet wurde, oder seien es die Konzepte für den Ausbau der Ganztagsschulen und auch der Ausbau der außerschulischen Einrichtungen gemeinsam mit den Freien Trägern und den Sportvereinen. Die Schule wird sich verstärkt öffnen.

Im Gegenteil dazu höre ich immer wieder von der Opposition eine Debatte, die wirklich von gestern ist. Die Veränderung von Schulstrukturen bieten für mich keine hinreichende Bedingung für mehr Qualität in der Bildung, sondern die Veränderung pädagogischen Wirkens in der Einzelschule.

(Beifall bei der CDU – Wilfried Buss SPD: Des- wegen wollen Sie gerade die Qualitätsschulen schließen!)

Wir setzen auf den Lernerfolg des einzelnen Schülers in einem für ihn zuverlässigen Lernumfeld. Dazu gehört auch eine Profilschärfung. Dazu gehört auch, insbesondere das Profil der Hauptschulen zu schärfen. Es muss gerade für diese Schülerinnen und Schüler die Anschlussfähigkeit ihres Abschlusses gewährleistet und die Anzahl der Abbrecher reduziert werden. Das geht nur über eine ganz starke Veränderung der Hauptschularbeit.

Wir werden gemeinsam mit den Schulen – so wie wir es bereits in den vergangenen Jahren getan haben –, also mit den Abnehmern, Projekte und Angebote entwickeln, um die Ausbildungsfähigkeit der einzelnen Schüler zu verbessern. Das hat auch dazu geführt, dass wir in diesem Jahr die Quote derjenigen, die von der Hauptschule in eine ungeförderte duale Berufsausbildung übergegangen sind, gestiegen ist. Das ist der Erfolg einer Maßnahme, die wir sehen können.

(Beifall bei der CDU)

Qualitätsentwicklung und größere Eigenverantwortung sind für mich ein Paar, das zusammengehört und das wir auf keinen Fall trennen dürfen. Die verlässliche Standortplanung bietet die Basis dazu.

Wir entwickeln die klaren Qualitätsstandards, die Sie – wie Sie immer sagen – auch haben wollen, aber die Schulen werden sich auch daran messen lassen müssen. Den Weg dorthin werden die Schulen ganz allein bestimmen. Ich denke, wir sind dann in der Lage, dass die Verantwortung dafür durch die Lehrerinnen und Lehrer mit allen anderen Beteiligten von Schule übernommen werden kann. Ihre Forderungen, externe und interne Evaluationen, jährliches Feedback über das Erreichte aufgrund von eindeutigen Zielen, in mehreren Jahresabständen eine durchgeführte Schulinspektion, sind zwingende Elemente, wie sie ab dem Schuljahr 2006/2007 an Hamburgs Schulen eingeführt werden. Das ist unser Weg zur Gewährleistung eines Bildungserfolgs der Kinder in Hamburg.

Sie sprechen in Ihrem Antrag von Freiheiten für die Schulen. Wenn Sie die Freiheit der Weggestaltung mit gesetzten und überprüfbaren Zielen meinen, Frau Ernst, dann sind wir beieinander. Wenn Sie jedoch mit Freiheit Beliebigkeit meinen, dann sind wir ganz weit auseinander. Das ist mit mir nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Ich stehe zu meiner Verantwortung, Reformen entschlossen anzugehen, sie tatsächlich auch umzusetzen und nicht nur davon zu sprechen. Ich werde mich jedoch nicht in ideologischen Grundsatzdiskussionen verzetteln. Deshalb wird es auch künftig in Hamburg ein vielfältiges und differenziertes Schulwesen geben, das allen Kindern Chancen für eine gute Schulausbildung bietet. Eine Einheitsschule wird es mit mir nicht geben.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Fiedler.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Das Motto dieser Senatsdrucksache

ist geradezu verheißungsvoll: Zweistufige Schulstandortplanung, breite Beteiligung von Anfang an. Sie haben heute mit Selbstlob nicht gerade gegeizt.

(Robert Heinemann CDU: Nein, dazu gab es auch keinen Anlass!)

Was ist das für ein Euphemismus? Die Schulstandortplanung ist schlicht und einfach zum Überlebenskampf von Schulen in unterprivilegierten Stadtteilen degeneriert. Für Sie zählt allein, wer in der nächsten Anmelderunde die erhöhte Mindestzügigkeit erreicht. Es geht doch nicht um Qualität, es geht doch nicht um Profil, es geht einzig und allein um nackte Zahlen.

Was der Senat hier Beteiligung nennt, hat Dauerproteste einer aufgebrachten Schulöffentlichkeit hervorgerufen und so wird es auch weiterhin sein. Das, aber nicht die Nebelkerzen, die Sie heute geworfen haben, ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Wer sich in diesem Haus das parlamentarische Suchen in Erinnerung ruft, kann über das Produkt, das der Senat vorgelegt hat, nicht begeistert, sondern muss geradezu entgeistert sein. Ich zitiere aus Ihrer Drucksache.

"Und viele Probleme lassen sich mit den jährlichen Organisationsmaßnahmen nicht lösen, …"

Eben. Dieses Problem verschärft der Senat mit den Mindestzügigkeiten, die die Senatorin heute verankern möchte. Damit hat sie den Auftrag verfehlt.

Zweitens:

"Bei der Aufstellung des Schulentwicklungsplanes sollten das Wissen und die Ideen der Schulen … einbezogen werden, um von der Kompetenz vor Ort zu profitieren … und einen breiten Konsens in der Stadt herzustellen."

Auch hier hat sie ihren Auftrag verfehlt.

(Beifall bei der SPD – Robert Heinemann CDU: Dumm, Frau Fiedler, wie immer!)

Der Senat hat der Bürgerschaft keine Standortplanung vorgelegt, die bis zum Jahre 2015 auf der Basis einer gegengeprüften Ist-Analyse Bestand haben wird, sondern es ist eine echte Planungsruine. Um es deutlicher zu formulieren: Dieses zweihundertseitige Werk ist und bleibt Makulatur.

Wo können Sie in diesem Druckwerk nachlesen, dass die Anmeldung für die Grundschulen in 58 Anmeldeverbünden erfolgen soll? Sagen Sie das!

(Robert Heinemann CDU: Das hängt damit doch gar nicht zusammen!)

In der Pressemitteilung vom 17. Dezember 2004 war noch von zwei Verbünden die Rede. Die Deputation hat diese zwei Verbünde beschlossen, nicht einen mehr.

(Robert Heinemann CDU: Das habe ich Ihnen schon zehnmal erklärt! Sie wollen es einfach nicht begreifen!)

Wenige Tage später war aus der Zeitung zu erfahren, dass es nicht zwei, sondern 58 Verbünde werden sollen. Der Senat behauptet, damit die Wahlfreiheit stärken zu

wollen. De facto nimmt er die offenkundige Gefahr von mehr sozialer, mehr ethnischer Segregation in Grundschulen ohne Bedenken in Kauf. Das ist ebenfalls kein Zeichen für eine verantwortungsvolle Schulentwicklungsplanung. Dieser Wankelmut, diese Sprunghaftigkeit in einem Planungsprozess, der die Grundlage für die Schulentwicklung bis zum Jahre 2015 schaffen soll, ist einfach beispiellos.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Und als wäre das nicht genug: Die BBS toppt sich selbst mit dem Vorhaben, genau das zur Planungsgrundlage zu machen, was sich dafür am wenigsten eignet, nämlich die von Jahr zu Jahr aus vielfältigen Gründen schwankenden Anmeldezahlen. Das ist einfach programmiertes Chaos und sonst gar nichts.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Wer die Drucksache, die heute beraten wird, für wahr nimmt, sieht sich abermals enttäuscht, wenn nicht getäuscht, denn darin wird abschließend die Aufgabe von elf Schulstandorten festgestellt. Davon kann nach den jüngsten Entwicklungen nicht mehr die Rede sein.

(Unruhe im Hause – Glocke)