Protocol of the Session on February 2, 2005

Es geht hier um die europapolitischen Schwerpunkte, Herr Egloff.

Erlauben Sie mir zum Schluss den Hinweis, dass bei allem Engagement für europäische Belange natürlich die Pflege der guten Beziehungen zu anderen Partnern in der Welt nicht vernachlässigt werden darf. Das wird auch nicht so sein, wie ich den Senat kenne. Hamburg ist das Tor zur Welt und muss es bleiben. Daran sollen wir arbeiten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Frank.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Harlinghausen, 80 Prozent Ihrer Rede waren doch mehr oder weniger Leerformeln. Das kommt vor, bei dem einen weniger,

(Rolf Harlinghausen CDU: Aber mit H!)

bei dem anderen häufiger. Und im Übrigen, Sie und der Bürgermeister sind ein tolles Gespann in dieser Stadt.

(Rolf Harlinghausen CDU: Das war ein starker Spruch!)

Meine Damen und Herren, Europas Entwicklung ist eine sehr lebhafte. Der europäische Integrationsprozess ist allerdings in vielen Fragen ein ergebnisoffener und insofern auch eine Herausforderung für die Politik und für die Menschen. Ich will hier viel konkreter reden als Sie: Wie hat sich der Hamburger Senat nun auf diese Entwicklung vorbereitet? Wie hat er Hamburg positioniert? Da genügt es einfach nicht, Herr Harlinghausen, den Senatsbericht aufzuschlagen und die Papierlage zu referieren. Sie sind ja noch nicht einmal für eine Ostseejugendstiftung – ein ganz wichtiges Projekt, das Sie ja im Ausschuss abge

lehnt haben –, aber reden sehr viel von Ostseepolitik. Das passt ja irgendwie nicht zusammen.

(Rolf-Dieter Klooß SPD: Dafür wollen Sie kein Geld ausgeben!)

Immer dann, wenn es konkret wird, wenn angepackt werden muss, ist die Europapolitik des Senates einfach unzulänglich.

(Beifall bei der SPD)

Der Senat verschläft auch Entwicklungen. Es wird viel geredet und schön geredet, aber es fehlen erfolgreiche Impulse. Sie haben unsere Unterstützung immer dann, wenn es um die Interessen Hamburgs geht, aber die jetzige Europapolitik des Senates – das muss man an dieser Stelle einfach einmal festhalten – ist nicht geeignet, Hamburg im Rahmen der europäischen Neuorientierung ausreichend zu positionieren. Ich will das an einigen Beispielen verdeutlichen:

Sie haben vorhin das Stichwort "Port Package II" genannt, das hat mich ein bisschen erstaunt, die europäische Richtlinie für eine Liberalisierung der Hafendienste. Das ist geradezu ein Hamburger Trauerspiel, Herr Harlinghausen. Port Package I ist zum Glück an der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament gescheitert – nicht an der konservativen Fraktion, an der sozialdemokratischen. Diese neue Kommission legt wiederum eine in Teilen noch verschärfte Richtlinie vor, Port Package II. Diese Richtlinie gefährdet Hamburg in hohem Maße. Ich glaube, darüber kann man gar nicht streiten. Sie gefährdet nicht nur die Leistungsfähigkeit unseres Hafens, sie bedroht auch die Arbeitsplätze der vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ganz existenziell.

(Rolf Harlinghausen CDU: Sie haben offensichtlich keine Ahnung vom Standpunkt der hamburgischen Vertreter! – Gegenruf von Michael Neumann SPD: Hören Sie einmal zu!)

Wenn Port Package II Realität wird, wird Asien und werden andere den Hafen übernehmen. Was sagt der Senat? – Schauen Sie doch einmal in seinen Bericht: Er werde das Verfahren aufmerksam begleiten. Meine Damen und Herren, "aufmerksam begleiten" – das ist doch bezeichnend. Hier fehlt doch eine ganz klare Absage an Port Package II. Wo steht denn das in diesem Bericht? Hier fehlt eine Kampfansage an Brüssel. So existenziell ist das nämlich für Hamburg.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Der Senat wird das aufmerksam begleiten. Meine Güte. Für diese Politik tragen Sie die Verantwortung und trägt der Bürgermeister die Verantwortung. Wissen Sie, wer die Interessen unserer Stadt in dieser Frage richtig vertritt? Das ist die rotgrüne Regierungsfraktion in Berlin mit ihrem Entschließungsantrag. Vielleicht haben Sie ihn gelesen. Nicht lachen, lesen Sie ihn.

(Rolf Harlinghausen CDU: Vielleicht lesen Sie einmal die Papiere dazu!)

Dieser Antrag ist nur wenige Tage alt und beschreibt exakt die Interessenlage unserer Stadt. Wissen Sie, wer diesen Antrag im Ausschuss abgelehnt hat? Die CDU und der Hamburger Landesvorsitzende, Herr Fischer.

(Michael Neumann SPD: Unglaublich! Dieser Vaterlandsverräter!)

Und wissen Sie, wer Port Package I im Europaparlament zugestimmt hat? Der CDU-Europaabgeordnete Jarzembowski. Der ist nun wieder Berichterstatter für Port Package II. Darauf sind Sie auch noch stolz. Das kann man auch ganz anders sehen.

Hamburg kann sich in dieser so wichtigen Frage auf die Sozialdemokraten in dieser Stadt und anderswo verlassen, aber, wie man sieht, in keiner Weise auf die CDU.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein bezeichnender Vorgang und ein Appell an Herrn von Beust. Ich kann nur sagen, treten Sie endlich in das breite Bündnis gegen Port Package II ein. Es ist Ihre Aufgabe. Sie sind dafür gewählt worden, die Interessen Hamburgs zu vertreten.

(Beifall bei der SPD und bei Jörg Lühmann GAL)

Vor ähnlichen Problemen stehen wir bei der Chemikalienverordnung – REACH heißt sie – oder auch bei der nicht nur für Hamburg, aber auch für Hamburg gefährlichen EU-Dienstleistungsrichtlinie. Auch bei der Außenwirtschaftsförderung ist in Brüssel von Hamburg wenig zu sehen und zu hören. In Hamburg kürzen der Senat und die CDU-Fraktion die Außenwirtschaftsförderung um 30 Prozent. Die CDU-Fraktion verlangt jetzt vom Senat endlich ein Konzept zur Außenwirtschaftsförderung von kleinen und mittleren Betrieben. Das sollte eigentlich sehr nachdenklich stimmen, aber Recht hat die Fraktion dennoch.

Der Senat hat auch die für Hamburg sehr schwierige Entwicklung der europäischen Förderprogramme völlig verschlafen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Nein. Herr Harlinghausen, ich habe nicht so viel Redezeit. Außerdem habe ich keine Lust dazu.

(Michael Neumann SPD: Das war ehrlich richtig!)

Es geht um das Thema Förderprogramme. Das hat Hamburg aus meiner Sicht – wir haben häufig darauf hingewiesen – wirklich verschlafen. Hamburg wird nach 2006 bei einigen Förderprogrammen mit leeren Händen dastehen, zulasten zum Beispiel der vielen Projekte im Beschäftigungsbereich. Mit dem äußerst professionell vorbereiteten Meereskonzept hat Schleswig-Holstein rechtzeitig neue Fördertöpfe erobert. Und Hamburg? – Keine Impulse, nichts. Die Zukunft werden der Senat und Herr von Beust mit dieser doch sehr lau wirkenden und unzulänglichen Europapolitik nicht gewinnen.

(Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Der Herr badet gern lau!)

Deswegen kann man nur sagen: Überlassen Sie die Europapolitik nicht Ihrem Staatsrat. Dabei kommt nichts heraus. Ich würde an Herrn von Beust die Aufforderung richten wollen: Machen Sie Europa im Interesse Hamburgs zur Chefsache!

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ob das hilft?)

Ich sage noch einmal: Sie haben uns Sozialdemokraten an Ihrer Seite, wenn es darum geht, die Interessen Hamburgs zu vertreten, aber Hamburg muss in der Europa

politik eine deutlich bessere Politik machen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Sarrazin.

Frau Präsidentin, verehrte Kollegen! Herr Harlinghausen sprach die kulinarischen Genüsse bei der Europawoche an.

(Rolf Harlinghausen CDU: Da haben Sie nicht zu- gehört!)

Die scheinen beim Thema Europa nicht nur bei der Europawoche manchmal zu überwiegen, sondern auch in diesem Hause, wenn man sich die Gefülltheit der Reihen anguckt. Das ist natürlich schade.

(Michael Neumann SPD: Sie kennen das Essen hier!)

Ja, trotz des Essens hier. Das ist sehr richtig.

(Wolfgang Drews CDU: Herr Sarrazin, Sie verste- hen doch von Wein und Essen mittlerweile mehr als alle anderen!)

Wir verstehen von ziemlich vielen Sachen eine ganze Menge. Da haben Sie Recht, Herr Drews. Da kann ich Ihnen nur zustimmen.

Ich möchte auch zur Mitteilung des Senates zu den europapolitischen Schwerpunkten Stellung nehmen. Ich weiß, obwohl ich in diesem Hause neu bin, dass die Europapolitik normalerweise nicht der Themenbereich war, in dem es große Konfrontationslinien gab – Herr Frank hat das auch schon aufgeführt –, sondern in dem vor allem Streit im Detail notwendig ist. Natürlich sind auch wir uns heute einig und stimmen dem Senat auch zu in seiner Beschreibung der großen Bedeutung des Projektes der Europäischen Verfassung auch für Hamburg, der großen Bedeutung der Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau, auch unter anderem über das Strukturmittel, der großen Bedeutung der Zusammenarbeit im Ostseeraum und der Zusammenarbeit mit anderen Städten und Regionen. Auch wir Grünen unterstützen stets die Vertretung hamburgischer Interessen in Berlin und in Brüssel, zum Beispiel bei der Ansiedlung des Deutsch-Russischen Jugendbüros. Solange es mit unserer politischen Überzeugung hier vor Ort übereinstimmt, machen wir das auch mit sehr viel Einsatz und sehr gern. Selbstverständlich werden wir aber auch nicht bei allen Fragen miteinander übereinkommen. Herrn Lühmann und mir würden viele Einzelfälle zum Beispiel in der Verkehrspolitik einfallen. Das ist auch normal.

Das klingt soweit alles ganz gemütlich, aber so gemütlich kann es leider nicht bleiben, denn es gibt einen großen Pferdefuss bei der Europapolitik dieses Senates, den auch ich hier ansprechen möchte. In meiner Pressemitteilung habe ich einen Vergleich zu einem Wetterbericht, der nicht ganz zutrifft, gewählt und der dann letztlich dazu führt, dass man gerade in Hamburg ohne Regenschirm hinausgeht, im Regen steht und nass wird.

Ich möchte das auf die Europapolitik des Senates übertragen: Der Senat ist stets erstklassig darin – nicht nur im Bereich Europa, aber auch dort –, Schwerpunkte öffentlichkeitswirksam auszuloben. Da muss ich Ihnen als junger Abgeordneter sagen: Da sind Sie zum Teil wirklich