Eine echte Schnapsidee scheint allerdings die Vorstellung der CDU zu sein, Eintrittsgelder in Höhe von 5 DM verlangen zu können. Wie wollen Sie denn bitte schön entlang einer 100 Kilometer langen Rennstrecke in und um Hamburg dieses bewerkstelligen? Ganz Hamburg für einen Tag als Sperrgebiet erklären? Betreten der Stadt und Verlassen der eigenen Haustür nur gegen Ticket-Kauf, oder wie soll das gehen?
Aber werfen wir doch einen vergleichenden Blick auf die Hauptstadt. Berlin hat sich bereits einmal für den Tour-Start beworben und einschlägige Erfahrungen ge
macht. Dort wird man sich aufgrund der negativen Erfahrungen sicher nicht ein zweites Mal bemühen. An anderer Stelle wurde von der Opposition gefordert, die Hansestadt solle von der Hauptstadt lernen; dann lassen Sie dieses Argument doch auch heute einmal gelten.
Im übrigen – das scheint mir auch ein ganz wichtiger Gesichtspunkt zu sein – kommen von den Radsportexperten auf nationaler Ebene nur ablehnende Signale zu diesem Antrag, Bedenken, die sicherlich Hand und Fuß beziehungsweise Pedale und Lenker haben.
Zusammengefaßt – einmal abgesehen von der Realisierungschance – bleiben für uns Sozialdemokraten zwei entscheidende Gründe für die Ablehnung, erstens die fehlende Nachhaltigkeit, für eine einzige Veranstaltung viel Geld auszugeben, da halten wir es lieber mit der Deutschlandtour, bei der begründete Hoffnung besteht, daß von Hamburg alljährlich der Start ausgehen wird, und zweitens die begrüßenswerte Verbindung zwischen Profis und Amateuren wie bei den HEW-Cyclassics. Deshalb folgen wir dem Votum des Ausschusses, lehnen den Antrag ab und können nur auf Einsicht der CDU hoffen, daß ihr klar wird, der Bürgerschaft und sich selbst mit diesem Antrag und dieser Debatte zur Tour de Farce keinen Gefallen getan zu haben. Es wäre nicht auszudenken, wenn dieser Vorgang Schule machen würde und wir uns künftig auch noch mit der Austragung der Superbowl des American Football, da das noch mehr Zuschauer bringt als die Tour de France,
oder einem Formel-1-Rennen auf dem Ring 3 beschäftigen müßten. Wir lehnen diesen Antrag ab. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer könnte glaubwürdiger dafür eintreten, daß der Start für die größte Radtour der Welt in Hamburg stattfindet, als der Sohn einer hugenottischen Familie, für den es natürlich eine Freude wäre, wenn in Hamburg, in seiner Heimatstadt, der Startschuß fiele. Aber – Herr Warnholz, Sie sind ja auch nicht gerade ein Mann der Emotionen – man muß doch dabei ein bißchen rechnen.
Sie können natürlich die Hoffnung haben, daß Hamburg 5 Millionen DM zur Verfügung stellt und das Geld wieder hereinbekommt. Aber dafür gibt es Erfahrungen; Herr Schmidt hat darauf hingewiesen. Berlin hat vor ein paar Jahren die Tour de France gestartet und die Erfahrung gemacht, daß sich das nicht amortisiert. Berlin hat auch die Erfahrung gemacht, daß es ganz schön teuer ist, sich für die Olympiade einzusetzen; diese Diskussion hatten wir auch in Hamburg. Natürlich wird jeder erst einmal spontan sagen, warum soll die Tour de France nicht hier starten, warum wollen wir die Olympiade nicht nach Hamburg holen. Aber dann muß man ein bißchen konkreter hingucken und sich fragen, wie können wir das finanzieren. Diese 5 Millionen DM stehen allerdings in keinem Verhältnis zum Ertrag. Für einen Tag kommt Hamburg in alle Medien, aber es ist ein Einmal-Ereignis.
Ich will einmal eine Zahl dagegensetzen. Hamburg bezahlt beispielsweise für den Marathon, der mittlerweile eine eta
blierte Sportveranstaltung ist und auch eine sehr große Resonanz hat, 140 000 DM Sportfördergelder. Das steht in einem Verhältnis, wo man sagen kann, der Großteil wird von privaten Sponsoren und von Teilnehmergeldern bezahlt, und wo man ernsthaft sagen kann, eine solche Veranstaltung ist sinnvoll, hat einen Imagegewinn und ist auch sportlich interessant.
Ich halte die Argumentation des Kollegen Schmidt für völlig richtig. Es ist schwer genug, im Sport – wir haben gerade gestern im Zusammenhang mit Inline-Skating darüber gesprochen – etwas zu etablieren. Und es ist auch schwer genug, im Profi-Sport etwas zu etablieren. Hamburg macht zwei gute Ansätze, zum einen die HEW-Cyclassics, die zum sechsten Mal stattfinden. Sie haben sich in sechs Jahren zu einer Weltcup-Veranstaltung gemausert, die mit Mailand–San Remo oder der Flandern-Rundfahrt, Paris–Roubaix, zu vergleichen ist. Es gibt ein Teilnehmerfeld, wie es in anderen Ein-Tages-Veranstaltungen kaum zu finden ist, und hat den großen Vorteil, daß auch noch 10 000 Hobbyfahrerinnen und -fahrer angesprochen werden. Dieses zu etablieren und gleichzeitig die Deutschlandrundfahrt in Hamburg stattfinden zu lassen, sind zwei Ziele, für die es sich einzusetzen lohnt. Das belastet den Hamburger Etat nicht, hat einen Imagegewinn, tut etwas für den Sport, und wir müssen nicht krampfhaft versuchen, etwas an Land zu ziehen, was für Hamburg ein großes finanzielles Risiko ist.
Ich weiß nicht, was der Kollege Freytag zu dieser Idee sagt. Betrachten Sie es doch einmal ganz emotionsfrei, gehen Sie doch einmal kaufmännisch vor, wie Sie das sonst so machen. Dann kommen Sie auch zu dem Ergebnis,
Ich kann den Worten meiner beiden Vorredner zu Ihrem Antrag Tour de France eigentlich nicht viel hinzufügen, möchte aber gerne Ihr Engagement weiter nutzen, da Sie jetzt entdeckt haben, daß man das Fahrrad durchaus auch für Image- und Sympathiegewinne für diese Stadt nutzen kann.
Herr Warnholz hat eben schon die Stadt Freiburg angesprochen. Wenn wir uns einig sind, die 5 Millionen DM nicht in die Tour de France zu verpulvern, wäre es wesentlich sinnvoller, diese 5 Millionen DM, die Sie jetzt bereit sind zu investieren, in die Förderung des Fahrradverkehrs allgemein zu investieren.
Ich will noch einmal auf Freiburg und auch auf Münster verweisen. Diese beiden Städte haben einen sehr hohen Image- und Sympathiewert bei Radfahrern und Radfahrerinnen, weil sie sehr fortschrittlich sind und wirklich gute Radfahrbedingungen anbieten. Das wäre der richtige Ansatz, wo wir dann ausnahmsweise einmal gemeinsam etwas für den Radverkehr tun könnten.
(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Dr. Bettina Kähler und Dr. Dorothee Freu- denberg, beide GAL)
Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Das Wort hat Frau Senatorin Nümann-Seidewinkel.
(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Sportsenatorin! – Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Inline-Skaten und Fahrradfahren, voll sport- lich!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich rede jetzt als Sportsenatorin, aber vorweg wollte ich noch etwas als Finanzsenatorin sagen: Es geht nicht an, daß 5 Millionen DM, die es noch gar nicht gibt, jetzt schon wieder neu verteilt werden.
Herr Warnholz, Sie haben gesagt, dieser Prolog sei eine einmalige Chance für die Hansestadt. Einmalig ist es, darauf hat Herr de Lorent schon hingewiesen, und genau das ist der Punkt, denn einmalige, kostenintensive, finanziell ungesicherte und kurzfristige Ereignisse bringen wenig. Zudem ist der Anteil derjenigen, die sich im Fernsehen den Prolog angucken, auch relativ gering, denn so richtig spannend wird es erst, wenn die Etappen in den Bergen gefahren werden.
Herr de Lorent hat auf die Erfahrungen von Berlin hingewiesen. Ich möchte von Freiburg im Breisgau sprechen, weil das auch angesprochen worden ist. Laut Medienberichten haben an zwei Veranstaltungstagen insgesamt 400 000 Menschen zugeschaut. Die Stadt Freiburg hat keine genauen Zuschauerzahlen erhoben. Im Vergleich dazu: Beim Hansaplast-Marathon hatten wir 700 000 Zuschauer und 20 000 Aktive.
An den HEW-Cyclassics nehmen 12 000 Radsportler teil und ungefähr eine gleiche Anzahl von Zuschauern wie beim Marathon, also exzeptionell mehr, als es zumindest in Freiburg waren. Freiburg sagt, sie hätten 1,3 Millionen DM aufgewendet; dieses sei kostendeckend gewesen. Sie, Herr Warnholz, wollen 5 Millionen DM ausgeben. Unsere Linie ist es, nur regelmäßige Veranstaltungen, immer möglichst zum gleichen Termin, stattfinden zu lassen, um daraus ein „Event“ zu machen. Wir wollen organisatorische Nachhaltigkeit, seriösen Imagegewinn und solide Finanzierung. – Vielen Dank.
Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Herr Warnholz wünscht noch einmal das Wort; Sie haben es.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens: Warum wird das Berliner Beispiel hier angeführt? Ich habe das Freiburger Beispiel angeführt und von 5 Millionen DM gesprochen. Ich habe auch nicht gesagt, daß diese 5 Millionen DM aus dem Staatshaushalt verwirtschaftet werden. Die werden doch durch Werbeeinnahmen und so weiter wieder hereinkommen. Man muß natürlich ein kleines Risiko, wie bei jeder Veranstaltung, eingehen.
Zweitens: Das französische Konsulat – die CDU hat einen regen Schriftverkehr durchgeführt – und auch die Veranstalter in Paris würden es wirklich sehr begrüßen, wenn wir in Hamburg eine derartige Veranstaltung durchführten. Es würde uns gut stehen, und es wäre eine einmalige Veranstaltung.
Drittens: Hamburg ist sportbegeistert. Es wurde gesagt, wir haben zwei tolle Veranstaltungen; das ist auch gut. Warum sagen wir nicht, aller guten Dinge sind drei? Aber ich versichere Ihnen, da Sie zur Zeit noch die Mehrheit haben, wenn Ole von Beust Bürgermeister wird, dann werden wir die Tour de France nach Hamburg bekommen. – Vielen Dank.
Eleonore Rudolph CDU (als Vertreterin der Sitzungsprä- sidentin): Weiter wird das Wort nicht gewünscht. – Wir kommen zur Abstimmung. Wer möchte der Ausschußempfehlung folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Die Ausschußempfehlung ist mit Mehrheit beschlossen.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 11, Drucksache 16/5738: Große Anfrage der GAL-Fraktion zu Autonomieverlust alter und behinderter Menschen durch Reduzierung personengestützter Dienstleistungen der Sparkassen und Banken.
[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Autonomieverlust alter und behinderter Menschen durch Reduzierung personengestützter Dienstleistungen der Sparkassen und Banken – Drucksache 16/5738 –]
Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Wirtschaftsausschuß überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Freudenberg.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Schneider schaut immer nach, ob mit dem Konto alles in Ordnung ist und ob sie das überweisen soll. Aber wenn Frau Schneider plötzlich weg ist und so ein junger Schnösel unverständliche und unakzeptable Tips gibt, geht oft gar nichts mehr. „Da gehe ich nicht mehr hin“, sagt die alte Dame. Es kommt zum ängstlichen Rückzug, zum Liegenlassen von Rechnungen. Das kann zum Beispiel zum Abstellen des Telefons führen, denn aus Angst vor Kontrollverlust geben viele ältere Menschen auch keine Einzugsermächtigungen. Der Wegfall der vertrauten Bankangestellten kann im Einzelfall dazu führen, daß eine Betreuerbestellung erforderlich wird; ich habe schon solche Fälle erlebt.
Bei der Regelung ihrer finanziellen Angelegenheiten sind viele ältere und behinderte Menschen auf die Dienstleistungen ihrer Bank- und Sparkassenfiliale angewiesen. Viele benötigen zum Beispiel beim Ausfüllen von Überweisungen die Unterstützung der ihnen vertrauten Bankangestellten, und sie kommen mit deren Hilfe auch ganz gut zurecht. Die gut erreichbare Sparkassenfiliale hat eine wichtige Funktion im nachbarschaftlichen Sozialnetz. Für die Selbständigkeit vieler älterer Menschen, die ohne alltägliche familiäre Unterstützung leben, haben der persönliche Kontakt, die Unterstützung durch vertraute Bankange