Protocol of the Session on May 9, 2001

Vielmehr glaube ich, daß wir nur eines nach dem anderen machen konnten, womit ich folgendes meine:

Das Parlament hat in dieser Legislaturperiode die Priorität auf die Konsolidierung des Haushalts gesetzt. Damit sind wir ein ganzes Stück weitergekommen, so daß wir im Betriebshaushalt eine positive Entwicklung erzielt haben. Diese Entwicklung ist eine Bedingung dafür, um diese Leistungsanreize jetzt auch vollziehen zu können.

Entgegen dem vorhin gefallenen Argument, daß nämlich schon eine Vorfinanzierung gegeben sei, habe ich die praktische Auswirkung so verstanden, daß die auf Bundesebene 1997 im Beamtenrecht stattgefundenen Veränderungen noch nicht zu einer Einsparung geführt haben. Deswegen kann nicht die Rede davon sein, daß man diese

(Walter Zuckerer SPD)

finanziellen Leistungsanreize schlicht und einfach hätte haushaltsneutral umsetzen können.

Ich gehe davon aus, daß es sich bei der Einführung dieser Leistungsanreize beim gesamten Hamburger Personalhaushalt um eine Größenordnung handeln kann, die sich unter Zugrundelegung der Zehnprozentmarke bei den Begünstigten locker im zweistelligen Millionenbereich befindet. Wenn ich dann konstatiere, daß unser Einsparvolumen im Personalhaushalt von 75 Millionen DM pro Jahr zusätzlich vielleicht noch einmal 20 Millionen DM oder mehr hätte erwirtschaften müssen, um die finanziellen Leistungsanreize zu bezahlen, dann erkenne ich an, daß dies auch ein Zielkonflikt für unser Konsolidierungsprogramm im Jahr 2001 gewesen ist.

Die Mehrheit dieses Hauses hat diese Form der Konsolidierung gewünscht. Wenn ich mir dann überlege, daß die Fluktuation des Personalkörpers in den verschiedenen Behörden immer eine ähnliche Größenordnung hat wie die Einsparquote, dann erkenne ich an, daß zumindest Schwierigkeiten für ein gleichmäßiges Verfahren über die verschiedenen Behörden hinweg bestehen, um diese Leistungsansätze auch verwirklichen zu können.

Ich komme zu der Zukunft. Ich glaube, es gibt keinen Grund, weiterhin auf die Möglichkeiten von Leistungsanreizen zu verzichten. Ich glaube, daß wir ab nächstem Jahr dringend eine solche Einführung brauchen. Ich hoffe auch, daß wir im Ausschuß über eine konkrete Umsetzung auch schon etwas hören werden, sonst wären wir natürlich selbst in der Pflicht; das muß man zugestehen.

Wir müssen bei der Situation des öffentlichen Dienstes – das ist das, was Herr Zuckerer am Ende seiner Rede gesagt hat – tatsächlich berücksichtigen, daß wir in Zukunft eine andere, schärfere Wettbewerbssituation auch im öffentlichen Dienst haben werden. Da sind solche Dinge wie die finanziellen Anreize nicht das einzige Argument, aber es ist eines, das dazu führt, den öffentlichen Dienst auch wettbewerbsfähig zu halten.

Ich will aber nicht verhehlen, daß es grundsätzlich noch weiter darüber hinausgehen kann. Von unserer Fraktion ist sehr begrüßt worden, finanzielle Leistungsanreize so zu verstehen, daß auch ein Weiteraufsteigen in Besoldungsstufen möglich ist. Zum Beispiel haben wir immer bei den Lehrern gefordert, daß der Übergang zu A14 auch nicht einfach an das Dienstalter, sondern an die Übernahme bestimmter Aufgaben gekoppelt sein sollte. Ich glaube, wir müssen hier noch viel mutigere und radikalere Schritte unternehmen. Dafür sollte nicht nur ein geringer Anteil vorgesehen werden, sondern wir sollten uns grundsätzlich eine Änderung zutrauen, Beförderungen an Aufgabenentwicklungen und Leistungsmerkmale zu koppeln.

Noch kurz zu dem Antrag über die Mobilität. Dieser Antrag weist in fast allen Punkten in die richtige Richtung. Wir müssen sehr kritisch bedenken und beraten, welche Folgen die dezentrale Budgetierung der Personalkosten haben kann, indem sich beispielsweise Behörden abschotten. Zum Beispiel haben behördeninterne Ausschreibungen einen Vorrang vor denen des gesamten öffentlichen Dienstes. Das sind keine wünschenswerte Effekte, die hier eingetreten sind.

Andererseits berührt es natürlich die von uns getroffenen grundsätzlichen Entscheidungen, daß wir gerade die dezentrale Ressourcenverantwortung wollten, weil wir daran die Konsolidierungsquoten gekoppelt haben.

Insgesamt weisen diese beiden Anträge in eine Richtung, um deren Beschlußlagen oder Ergebnisse wir uns nicht werden herumdrücken können. Ich bin gespannt auf die Beratungen und auf die eventuellen Ergebnisse im Innenausschuß, die wir dort vielleicht schon als konkrete Planungen entgegennehmen können. Vielleicht können wir auch schon zu eigenen Beschlüssen kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 16/5941 und 16/5942 an den Innenausschuß zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Die Überweisungen sind einstimmig erfolgt.

Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt 9: Drucksache 16/5702: Große Anfrage der GAL-Fraktion zum neuen Infektionsschutzgesetz und Konsequenzen für Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Das neue Infektionsschutzgesetz und Konsequenzen für Hamburg – Drucksache 16/5702 –]

Wer meldet sich zu Wort? – Herr Zamory.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 1. Januar ist das neue Infektionsschutzgesetz in der Bundesrepublik in Kraft getreten; es hat das alte Bundesseuchengesetz abgelöst.

Es gibt wichtige Neuerungen bei der Meldung von Krankheitserregern, von Krankheiten und von anonymen Krankheitsmeldungen wie beispielsweise Aids, die bundesweit direkt an das Robert-Koch-Institut weitergeleitet werden. Sie geben einen genaueren Überblick der Neuinfektionen, aber nicht unbedingt einen Aufschluß über die Neuerkrankungen wie den Ausbruch von HIV-Infektionen.

Eine Meldung erfolgt von zwei Seiten. Es wird jetzt doppelt gemeldet. Jetzt müssen sowohl die Ärzte als auch die Labore melden, und zwar 24 Stunden nach Kenntnisnahme. Ihre Meldungen erfolgen nicht nur als Informationen, sondern es ist auch die Krankheitsgeschichte des Patienten abzugeben. Dazu sind von den Ärzten 15 Fragen zu beantworten. Damit wird es möglich sein, epidemiologisch einen erheblich genaueren Überblick über den Stand der Infektionskrankheiten in unserer Stadt zu bekommen.

Wie wichtig das ist, kann man an der vor 20 Jahren geführten Diskussion ablesen, als die Illusion geschürt wurde, die wichtigsten Infektionskrankheiten seien besiegt. Wir mußten aber in den achtziger Jahren erleben, daß Infektionskrankheiten viralen Ursprungs – wie die HIVInfektion, aber auch Hepatitis C – in der Bevölkerung immens um sich gegriffen haben und daß auch in Hamburg die Meldungen in der Vergangenheit nicht die realistische Situation abbilden konnten.

Deswegen ist es wichtig, daß in Hamburg jetzt die bei den einzelnen Gesundheits- und Umweltämtern der Bezirke eingehenden Meldungen beim Hygiene-Institut zusammenlaufen, dort aufgearbeitet werden, um dann präventiv verwertet zu werden. Das ist eine wichtige Konsequenz. Insofern stellt uns diese Antwort in unserer Großen Anfrage zufrieden.

(Anja Hajduk GAL)

Es ist wichtig, sich nicht nur, was die HIV-Infektion anbelangt, einen epidemiologischen Überblick über Infektionskrankheiten zu verschaffen. In unserer Stadt gibt es auch Armut und Elend, so daß die Tuberkulose wieder im Ansteigen begriffen ist. Die Tropenerkrankungen durch Fernreisen nehmen ebenfalls zu. Darunter befinden sich auch Viruserkrankungen, die gemeldet werden müssen.

Für die Zukunft ist es wichtig für uns, mit der Reform des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die damit verbundene Gesundheitsberichtserstattung sowie mit dem genauen epidemiologischen Überblick zu gezielten Präventionsmaßnahmen zu kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Dr. Petersen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befinden uns im Krieg. Unser Gegner ist klein, ja winzig, und seine Soldatenheere sind unermeßlich.

(Helga Christel Röder CDU: Und vermehren sich!)

Er ist heimtückisch, benutzt uns als Transportmittel und als Lebensmittelpunkt. Dieser Gegner ist insofern unerbittlich, als ihm Jahr für Jahr 20 Millionen Menschen zum Opfer fallen. Seine Soldaten heißen Viren und Bakterien, seine Bataillone Masern, Hepatitis, Polio, HIV und so weiter. Er greift nicht nur uns an, sondern auch unsere Nahrungsmittelvorräte. Hier heißen seine Bataillone zum Beispiel MKS.

Jedes Gegenmittel, das unsere Forscher erfinden, wird vom Gegner erkannt, unsere Waffen werden schnell stumpf. Jahr für Jahr sterben auch in Hamburg Menschen an Infektionen, deren Erreger gegen alle Antibiotika resistent sind.

Ist dieser Kampf nun völlig aussichtslos? Nein. Die von unserem Gegner gefürchtetste Waffe ist die Immunisierung, die Impfung. Seine Streitmacht Pocken konnten wir 1980 ausrotten, aber auf anderen Schlachtfeldern sind wir noch nicht konsequent genug. So sterben Jahr für Jahr fast drei Millionen Menschen an Masern, obwohl es eine Impfung gibt. Dies liegt sicher daran, daß die Impfung für viele Länder zu teuer ist und daß die Menschen leider viel mehr Geld für die gegenseitige Vernichtung als für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten ausgeben.

(Beifall bei Farid Müller GAL)

Ich wünsche mir, daß Sie dieses kriegerische Szenario etwas sensibilisiert, und ich würde mich freuen, wenn Sie erstens Ihren eigenen Impfschutz hinterfragen und zweitens das Thema Impfen in Ihre politische Diskussion mit aufnehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Jürs.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die vorliegende Drucksache 16/5702 fragt ab, inwieweit das neue Infektionsschutzgesetz zum 1. Januar 2001 in Hamburg bereits umgesetzt wurde. Erfreulich ist, daß nicht nur in Diskussionen und Arbeitskreisen sehr viel geschehen ist, sondern auch damit, daß wir gemeinsam be

reits eine Zuständigkeitsanordnung und eine Globalrichtlinie beschlossen haben, auch wenn es Mehrarbeit für die Meldepflichtigen bedeutet.

Ich vermisse allerdings in der Fragestellung – auch in der Antwort wird nicht darauf eingegangen – die Einbeziehung der Berufsgruppe der Heilpraktiker in die Meldepflicht. Es ist eine bedeutsame Neuerung dieses Gesetzes, daß Heilpraktiker seit dem 1. Januar 2001 verpflichtet sind, den Gesundheitsämtern meldepflichtige Krankheiten aufzugeben. Warum wurde das vergessen?

Aber es gibt für mich noch eine weitere Irritation. In Anlage 1 sind verschiedene Tabellen aufgeführt. Ich spreche jetzt von der Tabelle 5: Erkrankungen und Sterbefälle an humanen spongiformen Enzephalopathien, die nicht erbliche Form von CJK. Es ist mir unverständlich, warum darin für das Jahr 1998 in Hamburg zwei Sterbefälle an CJK in Eimsbüttel angegeben werden. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage vom 3. März 2000 sind für Hamburg dagegen null Sterbefälle an CJK vermerkt. Ich fürchte, das bestätigt den Eindruck der CDU, daß Anfragen nicht mit der nötigen Sorgfalt beantwortet werden – frei nach dem Motto „wer kann das schon nachprüfen? Hauptsache, es hört sich gut an.“ An einer Aufklärung dieser Diskrepanz wäre ich äußerst interessiert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Senatorin Roth.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Infektionsschutzgesetz, das das veraltete Bundesseuchengesetz ablöst, trat am 1. Januar 2001 in Kraft. Die Absicht des Bundesgesetzgebers, dem Infektionsschutz in der Bundesrepublik einen zeitgemäßen Stellenwert einzuräumen, wurde damit in die Tat umgesetzt. Das Gesetz trägt insbesondere den aktuellen Erkenntnissen über neue Risiken auf dem Gebiet des Infektionsschutzes Rechnung, so zum Beispiel bei der Tuberkulose, der Hygiene, und insbesondere auch im Bereich der Krankenhäuser wird hier genauer hingeschaut. Das Gesetz schneidet vor allen Dingen alte Zöpfe ab, zum Beispiel im Bereich der Pflichtuntersuchungen im Gaststättenbereich oder im Umgang mit Prostituierten. Dies gilt insbesondere im Bereich der Infektionsepidemiologie. Hier zeigt sich vor allen Dingen die Hamburger Handschrift. Die wesentlichen Neuerungen finden sich in folgenden Bereichen: neues Meldesystem, veränderte Meldeinhalte, neue Verfahrenstandards, Erweiterung von Pflichten und Befugnissen im Bereich der Krankenhaushygiene und der allgemeinen Hygieneüberwachung, neue Konzepte zur Risikominimierung im Lebensmittelbereich und in Gemeinschaftseinrichtungen. Hierzu finden Sie in der Großen Anfrage einige Details.

Für eine erste Bilanz ist das sicher noch zu früh. Gleichwohl war gerade in der letzten Woche auf einem Kongreß zum Öffentlichen Gesundheitsdienst zu hören, daß es aus den Ländern erfreulich wenig Klagen und Beschwerden aus der Praxis gibt. Gleichzeitig wurde berichtet, daß die Anzahl der Meldungen von meldepflichtigen Krankheiten aus dem Bereich der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und der Labore erheblich angestiegen ist. Das heißt, das Meldesystem funktioniert besser als früher. Das sind die ersten positiven Anzeichen. Dies begründet auch die Erwartungen, die die Länder und der Bund hatten, dieses durch das Gesetz zu erreichen.

(Peter Zamory GAL)

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