Doch, ich sage in letzter Konsequenz, frei nach dem Motto: Deutscher Müll den Franzosen, den Engländern.
Wo ist denn da die Ausländerfreundlichkeit, die Sie sonst immer so demonstrativ mit Lichterketten hervorheben?
Das nützt Ihnen alles nichts. Wenn Sie Transporte nach Deutschland verhindern, bleibt der Müll eben im Ausland, das ist doch wohl die Logik, anders geht es nicht.
Es nützt Ihnen überhaupt nichts, wenn Sie versuchen, die dortigen Demonstrationen, ihre Redeweise und ihre Demagogie mit höheren Weihen zu versehen. Sie wollten gegen die alte
und auch gegen die neue Atompolitik bei den Transporten ein Zeichen setzen. Das nützt überhaupt nichts.
Herr Engels, was glauben Sie, warum die französischen Atomkraftgegnerinnen damit einverstanden sind, daß die deutsche Antiatombewegung sagt: Der deutsche Müll bleibt erst einmal da, solange Deutschland weiterhin die doppelte Menge Atommüll produzieren will. Was glauben Sie nach Ihrer Logik, warum sie das sagen?
Daß es in Frankreich auch einige wenige Versprengte gibt, die Ihre Auffassung teilen, ist überhaupt nichts Besonderes.
Tatsache ist aber, daß im Gegensatz zu Deutschland in Frankreich geradezu eine überwältigende Mehrheit für den weiteren Betrieb und die weitere Nutzung der Kernenergie ist, zum Segen erstens der Wirtschaft Frankreichs und im übrigen auch zum Segen des CO2-Ausstoßes in ganz Europa. Also, das ist absurd.
Nein. Mit vielen der Organisationen, Herr Jobs, befindet sich Ihre REGENBOGEN-Gruppe bei den Demonstrationen schlicht und ergreifend in einer Falle der Unvernunft. Sie müssen eine Antwort darauf geben, was mit diesen Abfällen geschehen soll, denn sie sind existent.
Nun komme ich noch einmal auf die Demonstration zu sprechen. Auch wenn ein Großteil der Demonstranten
das sei zugebilligt, Frau Schaal hat es auch bereits gesagt – sicherlich in friedlicher Absicht angereist ist und sich beim Skandieren einiger Gruppen „keine Gewalt“ zum Teil wohltuend friedlich verhalten haben, so waren sich bestimmte Organisationen scheinheilig und im übrigen feixend der Tatsache bewußt, daß sie sozusagen x-tausendmal hin und her und quer einen Schutzschild für bestimmte radikale Chaoten gebildet haben. Das wußten sie ganz genau und haben dies auch in Kauf genommen.
Ich hatte ohnehin den Eindruck, daß einige der Organisatoren im wesentlichen ihre eigene mediale Selbstdarstellung im Auge hatten und nicht die Sache selbst, sonst würden sie ein paar Alternativen genannt haben. Das Beispiel wurde schon genannt: Es war geradezu widerwärtig, zu sehen, wie eine Organisation „Robin Wood“ – ich nenne sie mal ausdrücklich – dort eine Sechzehnjährige auf den Gleisen festgekettet und einbetoniert hat, und das stundenlang bei den Temperaturen, die dort geherrscht haben.
Dies ist ein abscheulicher Vorgang, und da nützen hinterher auch keine Presseerklärungen oder Konferenzen, auf denen dann gesagt wird, eine Sechzehnjährige hätte das freiwillig getan. Meine Damen und Herren, ich bin als Lehrer, weiß Gott, den Umgang mit sechzehnjährigen jungen Menschen gewohnt. Ich schätze die Auffassung und Meinung junger Menschen sehr und diskutiere mit ihnen. Es ist aber unverantwortlich, solche jungen Menschen bewußt in eine derartige Situation hineinzubringen und es ihnen nicht auszureden.
Genauso ärgert mich die Unwahrhaftigkeit, die Verlogenheit mancher Organisation. Da wird beispielsweise ein angeblicher Wissenschaftler zitiert, der gesagt hat: Der Aufenthalt in der Nähe der Castor-Behälter wäre hinsichtlich des Erbgutes bezüglich der eigenen potentiellen Nachkommenschaft vergleichbar mit russischem Roulett. Und was geschieht? Es setzt sich jemand rittlings und feixend
unter dem Gejohle und dem Beifall der Menge und im übrigen auch der Organisation auf so einen Castor, und plötzlich besteht keine Gefahr mehr. Vorher hatte man den Polizisten bis hinein in die Gewerkschaft Angst gemacht. Meine Damen und Herren, dies ist schlicht unwahrhaftig, verlogen und aus meiner Sicht abzulehnen.
Dieses Spiel mit der Angst, meine Damen und Herren, das von den dortigen Organisationen ohne Nennung einer vernünftigen Alternative betrieben worden ist – das sage ich insbesondere an Ihre Adresse –, ist oft auch Ihre Mitschuld. Ich erinnere Sie einmal an die unzähligen Parteitage, bei denen der Atomausstieg in der Bundesrepublik bereits im letzten Jahrhundert vollendet gewesen wäre, wenn Sie ihn durchgeführt hätten. Das haben Sie den Leuten weisgemacht.
Von den Grünen ganz zu schweigen. Bei Ihnen wurden jahrelang die gleichen Reden gehalten, wie sie Herr Jobs heute gehalten hat; vielleicht mit ein paar Abzügen, nicht ganz so deftig, im Grunde aber in der Richtung genauso. Nun sind Sie selbst in der Regierung und müssen sich natürlich daran messen lassen, was Sie den Leuten in Ihrer Oppositionszeit weisgemacht haben. Sie haben den Menschen während Ihrer Oppositionszeit tatsächlich dummes Zeug eingeredet, sie in die falsche Richtung gelenkt und sie in die Irre geführt, bis hin zu Sechzehnjährigen. Das ist Ihre Verantwortung.
Die Sachaussage einer Opposition, so wie die CDU sie versteht – das sagt meine Parteivorsitzende auch immer wieder –, muß sich immer daran messen lassen, daß man jederzeit in die Regierungsverantwortung kommen kann. Dieser Tatsache waren sich insbesondere die Grünen nicht bewußt. Dadurch gibt es diese schlimme Situation, die wir zur Zeit haben.
Frau Schaal sagte, es sei jetzt ein historischer Konsens gefunden worden, die Grundlagen seien anders. Das hängt natürlich ein bißchen mit dem Thema zusammen. Diesbezüglich hat die REGENBOGEN-Gruppe in der Grundtendenz recht. Das heißt, daß ein Konsens zustande gekommen ist, aber die Politik in der Sache, Frau Schaal, darauf hinausläuft, daß alle Kernkraftwerke in der Bundesrepublik in den nächsten 30 Jahren bis zum Abschreibungstermin herunterlaufen werden. So ist die Tatsache. Daran kommen Sie überhaupt nicht vorbei. Sie haben im Grunde genommen auf die Sache der alten Regierung, der bezüglich bestehender Kernkraftwerke ohnehin schon betriebenen Politik, nur ein neues Etikett draufgeklebt. Das gilt beispielsweise auch für die Frage der Wiederaufbereitung. Es war die alte Bundesregierung, die es eingeleitet hat, daß statt der Wiederaufbereitung eine Endlagerung stattfinden muß.
Nun kommen wir zur Endlagerung. Sie haben zwar auf die Kommission hingewiesen, aber wozu wurde sie – seit 1999 – eigentlich eingerichtet? Da gibt es von der SPD-Bundestagsfraktion aus der Hüfte geschossene Vorschläge, ob eventuell die Granitschichten in Süddeutschland nicht vielleicht doch geeignet sind. Wenn man einmal die geologische und mineralogische Beschaffenheit eines Salzstocks in den norddeutschen Bundesländern mit Granitschichten in Süddeutschland vergleicht, im übrigen von der potentiell leicht höheren Vulkanität, die in Süddeutschland vorhanden ist, einmal ganz abgesehen, ist dies ein absolut sachfremder Vorschlag. Ich habe den Ein
druck, Sie wollen sich schlicht und ergreifend um die Frage der Endlagerung drücken, nichts anderes; das ist auch Ihr Moratorium.
Es kommt noch ein anderer Punkt hinzu. Daß Sie das von der alten Bundesregierung in Gang gesetzte Projekt der Pilotkonditionierungsanlage erst einmal sozusagen eingefroren haben, ist ebenfalls eine sehr schlimme Sache. Diese Anlage sollte technologisch und wissenschaftlich eine vernünftige Endlagerung vorbereiten. Genau solche Projekte haben Sie gestoppt. Hören Sie auf zu sagen, wir hätten eine historische Wende. Die historische Wende muß in Ihren Köpfen noch erst stattfinden. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Besorgniserregend finde ich den Schulterschluß der Demokraten in diesem Hause schon, zusammen mit dem gewohnten Loblied auf die Polizei und vielleicht nun auch noch der von Ihnen nachgelegten Warnung vor der Verderbtheit der Kinder, die irgendeinem Rattenfänger hinterherlaufen. Das Muster kennen wir schon, es hat aber nicht viel damit zu tun, was tatsächlich passiert.