Protocol of the Session on February 15, 2001

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Wenn Hamburg das Zentrum der Luftfahrtindustrie bleiben will, muß es Wachstumschancen gewähren. Wachstum hat immer auch die Folgen, die ich eben geschildert habe. Aber ich bin fest davon überzeugt, daß sich auch das Gericht daran orientieren wird, das öffentliche Interesse für diese Stadt im Gegensatz zu der ersten Instanz zu bejahen, weil ich denke, daß der Sachverhalt ist, daß fünf Parlamente – drei regionale, ein nationales und ein internationales europäisches – ihrerseits durch ihr Engagement bekundet haben, daß es öffentliches Interesse gibt. Dies wird auch das Gericht nicht unbeeindruckt lassen, jedenfalls hoffe ich das sehr. Es zu reduzieren auf ein Privatinteresse einer Firma, glaube ich, ist zu kurz gesprungen.

Sechstens: Wir glauben, daß der A380 benötigt wird, weil die Fluggesellschaften größere Maschinen brauchen. Auch der Luftraum und die Flughäfen sind nicht beliebig erweiterbar, das heißt, wir müssen mit Geräten arbeiten, die größer sind. Die 50 Bestellungen und 42 Optionen, die inzwischen vorliegen, machen deutlich, daß das offenbar auch bei der Luftfahrtindustrie so gesehen wird. Daß jetzt

der Mitbewerber Boeing ganz offenbar auf seine Weise nachzieht, nachdem er zwei Jahre versäumt hat, macht mir deutlich, daß hier insgesamt das Konsortium Airbus auf dem richtigen Weg gewesen ist.

Siebtens: EADS verfügt in Norddeutschland über 3000 Fachleute im Bereich Forschung und Entwicklung. Die direkte Beschäftigungswirkung des A380 liegt im hochqualifizierten Bereich weit über den 4000 in Norddeutschland, von denen ich mit Herrn Hajen davon ausgehe, daß sie hier in Hamburg alleine angesiedelt werden.

Achtens: Finkenwerder bietet eine logistische Möglichkeit, etwa mit dem Seetransport, der deutliche Möglichkeiten bietet, sich beispielsweise auch international besser zu stellen als Toulouse. Diese Chance für diese Stadt nicht zu nutzen, fänden wir wenig erträglich, Herr Hackbusch, wobei wir der Meinung sind, daß auf der Straße deutliche Verbesserungen nötig sind. Hier ist in der Tat der Kritikpunkt an der Politik des Senates in der Vergangenheit.

Neuntens: Der A380 profitiert ganz deutlich von der wissenschaftlichen Kompetenz des Raums Hamburg, wie auch die wissenschaftliche Kompetenz dieses Raums Hamburg davon profitieren wird, daß diese Ansiedlung in der Stadt gelingt. Es wird eine Wechselwirkung sein, und diese Wechselwirkung wird insgesamt dem Standort Hamburg nützen.

Zehntens: Das Bestellvolumen des A380 ist ein gigantisches Förderungsprogramm für die mittelständische Wirtschaft in diesem Raum. Bereits das heutige Bestellvolumen für mittelständische Wirtschaft von etwa 1 Milliarde DM wird sich durch die Neuansiedlung des A380 deutlich erhöhen.

Elftens ist dieses ein Programm, das eine Laufzeit von etwa 30 Jahren hat, das heißt, das Strohfeuer, das viele andere Industrieansiedlungen deutlich auszeichnet, die auch von der Stadt gefördert werden, wird es in diesem Bereich nicht geben. Es wird allein in der Anfangsphase – zwölfter Grund – einen großen Beschäftigungsschub für die gar nichts mit der Airbus-Industrie zu tun habende Bauwirtschaft in dieser Stadt geben, denn dieses Programm ist in zweiter Linie eines, das flugzeugtechnologisch interessant ist, aber es ist in erster Linie auch ein deutliches Programm für eine – im Moment jedenfalls – daniederliegende Bauwirtschaft.

Das heißt, der A380 ist für Hamburg eine technologische Jahrhundertchance. Wenn dieses Projekt gestoppt wird, werden auch die schon vorhandenen Arbeitsplätze darunter leiden. Wir dürfen uns einen zweiten Flop, wie den Transrapid, in dieser Stadt nicht leisten. Mir tränen die Augen,

(Dr. Martin Schmidt GAL: Oh, oh, oh!)

wenn ich sehe, daß ein Super-Zukunftsprojekt dieser Stadt degradiert worden ist, Herr Schmidt, zu einer Vorortbahn in Shanghai.

Wir hoffen sehr, daß der Senat seine Schularbeiten gut gemacht hat. Wenn wir die Gutachten zu sehen bekommen, können wir beurteilen, ob das so ist. Und wir hoffen sehr, daß, wenn diese Schularbeiten gut gemacht sind, das Urteil, das wir in der nächsten Woche zu erwarten haben, ein erfreuliches Urteil für diese Stadt sein wird, und ein erfreuliches Urteil, Herr Hackbusch, wäre nicht das Urteil, das Sie erhoffen, sondern das Gegenteil. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

(Karl-Heinz Ehlers CDU)

Das Wort erhält Frau Hajduk.

Ich finde, das ist eine ganz eigentümliche Debatte, wenn ich auch dem Satz, den Herr Hackbusch einführend gesagt hat, sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt habe, nämlich was das Niveau der Debatte angeht. Mir fiel auf, daß das, was Herr Hackbusch eingebracht hat, weitgehend Dinge einer gelaufenen Debatte hier im Hause waren.

Sie haben mit Deutlichkeit und Konsequenz an Ihrem Antrag vorbeigeredet, aber Sie haben uns trotzdem noch eine Neufassung präsentiert, und in dieser Form haben Sie es natürlich organisiert, kurz vor der Gerichtsentscheidung noch einmal eine Debatte zu inszenieren. Ich finde das ein bißchen fraglich, weil ich nicht genau weiß, wie ernst Sie Ihren eigenen Antrag dabei genommen haben. Im Grunde war es dann die logische Folge, daß wir durch die Bewertung von Herrn Hajen ein bißchen eine Debatte hatten, welche Intention denn wohl der REGENBOGEN hat. Das wurde dann unter dem Begriff Störfeuer diagnostiziert, und so landeten wir schließlich wieder bei dem Projekt. Das hat Herr Ehlers auch genutzt, doch noch einmal ein langes Bekenntnis für das Projekt abzulegen.

Ich möchte mich nicht dazu entscheiden, die Debatte, die wir sowohl im Haushaltsausschuß als auch in der Bürgerschaft hinsichtlich des Projekts hatten, noch einmal zu wiederholen. Ich finde, das braucht man nicht zu tun. Es ist jetzt wichtig, ins Auge zu fassen und möglicherweise weitere Debatten zu führen, wenn die Gerichtsentscheidung gefallen ist. Wir werden diese Gerichtsentscheidung so oder so zu akzeptieren haben, und von politischer Seite müssen wir dann die besten und klügsten Konsequenzen daraus ziehen. Wir werden sehen, ob die Vorbereitung, die die politische Mehrheit getroffen hat und durch die Opposition zu einer großen Mehrheit geworden ist, ausgereicht hat und uns dem Ziel näher bringt. Dieses Ziel war von den Grünen immer noch konditioniert worden mit dem Ausmaß der Arbeitsplätze, die entstehen, und auch mit der Sicherstellung für die Ausgleichsmaßnahmen. Eines ist sicherlich richtig: Wenn das Projekt A380 nach Hamburg kommt, werden wir mit der Zuschüttung des Mühlenberger Lochs einen nicht nur teuren Preis in Sachen Umwelt bezahlen, sondern es wird auch viel Geld kosten. Aber es ist viel dazu gesagt worden, mit welchen Gründen wir dieses Projekt mittragen.

Was ich dann aber nicht nachvollziehen kann, ist, daß die CDU diesem Antrag ihre Zustimmung geben will.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das Gutachten eben!)

Ich hätte das vielleicht noch verstanden, wenn Sie sagen würden, wir sind für punktweise Abstimmungen. Aber ich will jetzt noch einmal auf das Niveau, wenn nicht der Debatte, so doch des Antrags eingehen.

Es wird der Senat in der Neufassung unter zweitens aufgefordert, darzulegen, welche Konsequenzen er aus der fachlichen Stellungnahme des – ich nenne das einmal verkürzt – Gudehus-Gutachtens zu ziehen gedenkt. Für mich ist das kein vernünftiger Vorschlag. Dieses Gutachten ist nicht vom Senat angefertigt worden. Das Gutachten liegt jetzt beim Gericht. Es wird dort vielleicht irgendwie in die Beurteilung eingehen. Ich kann keinen Sinn darin sehen, den Senat aufzufordern, uns darzulegen, welche Konsequenzen er daraus zieht. Ich weiß nicht, welches politische Ziel wir damit verbinden sollten, den Senat in der Weise zu

beauftragen. Ich glaube auch, daß Ihnen der Punkt nicht so wichtig ist. Sie sind auf den ersten eingegangen.

Ich möchte aber auf folgendes hinweisen: Es gibt immer die schnelle Forderung – dann wird das Schlagwort Transparenz bemüht –, man solle alle Gutachten vorlegen. Wenn man seine Rolle als Parlamentarier ernst nimmt, dann sollte man auch die Pflicht haben und auswählen, welche Gutachten man sehen will. Ich bin nicht dagegen, daß wir uns schlau machen und versuchen, uns eine gute Grundlage für Entscheidungen zu schaffen, die wir mittragen. Eine pauschale Vorlage von Gutachten zeugt eigentlich von der Unkenntnis, welchen Auftrag Gutachten haben.

(Dietrich Wersich CDU: Welches schlagen Sie denn auf?)

Ich schlage in diesem Falle mal keines vor. Herr Wersich, ich gehe auf den Antrag ein. Sie müssen doch überlegen, daß Sie diverse Projekte haben, wo Sie Gutachten erstellen lassen, um Risiken zu mindern. Wollen Sie als Parlament, wenn es um ganz unterschiedliche Interessenlagen bei einer Projektverwirklichung geht, einer Regierung ernsthaft sagen, ich möchte alle Gutachten haben, egal ob sie zu einer Risikoabwägung in der einen oder anderen Frage sind. Ich weiß, daß der REGENBOGEN das will. Das ist aber politisch eine unkluge und im Grunde auch nur eine populistische Informationsbeschaffungsmaßnahme, die dann nämlich keine eingehende Überprüfung zur Folge haben wird. Deswegen finde ich es auch ein bißchen inkonsequent von der CDU, daß Sie diesen Antrag damit aufwerten.

(Glocke)

Frau Hajduk, akzeptieren Sie eine Zwischenfrage? (Zustimmung)

Wie soll die Opposition nach Ihrer Auffassung die Aufgabe wahrnehmen, die in der Verfassung steht, nämlich das Regierungsprogramm und -handeln kritisch zu begleiten, wenn sie sich nur auf das verlassen soll, was der Senat als Ergebnis – aus welchem Gutachten auch immer – herausfiltert, und wir keine Kontrollmöglichkeiten haben?

Es ist wichtig, daß sich die Opposition nicht mit Papier zuschmeißt. Ich finde es ebenfalls wichtig, daß sich die Regierungsfraktionen und die Opposition in den entsprechenden Ausschüssen – das ist bei uns auch so geregelt – intensiv mit den Dingen befassen, die uns vorgelegt werden,

(Dietrich Wersich CDU: Aber das findet doch nicht statt, Frau Hajduk!)

und vor dem Hintergrund nachfragen. Es gibt natürlich definierte Rechte, was man sich vorlegen läßt. Diesbezüglich will ich niemanden beschneiden. Aber ich möchte Ihrer Illusion vorbeugen, daß Sie glauben, es wäre politischen Zielen förderlich, alle Gutachten, die eine Regierung in Auftrag gibt, vorzulegen.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Das müssen wir selbst entscheiden! – Dietrich Wersich CDU: Wir wissen ja leider nicht, welche Gutachten es gibt, dann können wir auch nicht auswählen – Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja, genau!)

Sie könnten immer nachfragen, welche Gutachten es gibt. Ich will nicht Ihr Frageverhalten kommentieren. Da sind Sie laut unserer Geschäftsordnung und Verfassung komplett frei. So soll das auch bleiben. Dagegen wollte ich nicht geredet haben.

Mich hat gewundert, daß Sie in Ihrem Debattenbeitrag nicht noch einmal näher auf den Sinn Ihres Antrags eingegangen sind, obwohl die Nachfrage von Frau Sudmann gezeigt hat, daß Sie darauf soviel Wert legen. Als Zeitungsleser könnte man auf den Gedanken kommen, daß es bei der Diskussion um die Gutachten darum geht, das eine als Gefälligkeitsgutachten zu diffamieren und das andere, was vielleicht auch mit dem Wort „Gefälligkeit“ behaftet sein könnte, spontan als eine Senatsentscheidung aufzuwerten, obwohl es bei Gericht vorliegt. Beides ist eine Konstruktion, heute eine Debatte zum A380 zu inszenieren. Nach dem Urteil werden wir bestimmt noch weitere Debatten zu der ganzen Gemengelage – Mühlenberger Loch und A380 – zu führen haben, weil dieses ein großes Projekt ist, das über einen langen Zeitraum gehen wird. Wir werden es im Parlament und im Haushaltsausschuß noch lange verfolgen müssen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Schade, daß Herr Mirow nicht redet.

(Anja Hajduk GAL: Also, ganz klappt die Inszenie- rung dann nicht! – Michael Dose SPD: Das ist im- mer ein Genuß, oder!)

Nein, es geht jetzt erst einmal um die Inszenierung, die dort stattgefunden hat.

Frau Hajduk, Sie haben deutlich gemacht, warum es notwendig ist, daß wir den Inhalt dieses Gutachtens erfahren, gerade um diese Diskussion zu erfüllen, um Transparenz zu bekommen und um zu sehen, daß das PROGNOS-Gutachten kein Gefälligkeitsgutachten oder ein Gutachten mit Substanz ist. Das zu überprüfen, ist eine wichtige Aufgabe der Opposition.

Es ist frech von der Regierung, uns zu sagen, wir sollten so etwas nicht bekommen. Sie würde schon aufpassen, daß wir nicht mit Papier vollgeschmissen werden. Das ist unverfroren.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Herr Hajen, es ist auch unverfroren, wenn Sie behaupten, ich spreche von falschen Informationen und würde etwas mit Schmutz überziehen, aber dafür keine Beispiele liefern. Das geht nicht.

(Beifall bei Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Man muß mir belegen, daß ich falsche Sachen sage. Im Zusammenhang mit den Arbeitsplätzen habe ich aktuelle Informationen über Verhandlungen zwischen EADS-Betriebsrat und der Geschäftsleitung, und Sie meinen, nicht einmal ein Wort dazu sagen zu müssen. Sie meinen, es gibt irgendein Gutachten, es wird von 2000 Arbeitsplätze gesprochen, was aber keiner so genau weiß, und das reicht dann. Wenn ich versuche, genauere Informationen zu nennen, werde ich verunglimpft. Das ist nicht seriös.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das einzige Beispiel, das Sie liefern, ist die Kleine Anfrage.