Dennoch ist sehr viel notwendig, um zu erreichen, daß in Hamburg mehr Fahrrad gefahren wird als jetzt. Das ist auch deswegen notwendig, weil es praktisch und umweltfreundlich ist und weil in der Tat in der Zukunft nicht für alle Platz auf den Straßen sein wird, die Auto fahren wollen.
Auch hier, meine ich, muß viel deutlicher als bisher darauf geachtet werden, wo die wahrscheinlich günstigsten Voraussetzungen sind, daß sehr viel mehr Leute Fahrrad fahren. Nach wie vor sind in Hamburg beispielsweise die Radwege zu Einkaufszentren oder Schulen hin und her nicht besonders gut. Dazu müssen genaue Programme erstellt werden, wie man es besser macht, und da gibt es in den nächsten Jahren viel zu tun.
Was in den letzten Jahren auch nicht gesehen wurde und wobei noch viel verbessert werden könnte, ist, die Möglichkeiten des Zufußgehens zu verbessern. Meiner Meinung nach müßte es in den nächsten Jahren ein Programm geben, daß die Schnellbahnstationen gründlich dahin gehend untersucht werden, wie man zu ihnen kommt. Es gibt Schnellbahnstationen, die so abgrundhäßlich sind und der Weg zu ihnen so gräßlich schlecht, daß sie schon allein deswegen wenig Publikum haben. Das ist ein ganz wichtiger Teil, um dafür zu sorgen, daß mehr Menschen kleinere Strecken gern zu Fuß und damit auch zum öffentlichen Personennahverkehr gehen.
Im Verkehrsentwicklungsplan gibt es eine ganze Seite über ein wichtiges Thema, das ich heute ansprechen möchte, nämlich die zukünftige Notwendigkeit der Bekämpfung des Straßenlärms.
Die Umweltbehörde hat in den letzten Jahren Untersuchungen anstellen lassen mit dem Ergebnis, daß etwa hunderttausend Menschen in Hamburg einem Straßenlärm ausgesetzt sind, der in dieser Höhe nicht zulässig und gesundheitsschädlich ist.
Der Senat hat mit diesem Verkehrsentwicklungsplan jetzt die Bekämpfung dieses Lärms zu seinem erklärten Ziel gemacht.
Wie das vonstatten gehen soll, steht noch nicht im Plan. Dennoch meine ich, daß es eine der Aufgaben der nächsten Jahre ist, die in Gang gesetzt werden muß.
Im Verkehrsentwicklungsplan wird auch deutlich, daß die Sicherheit von Menschen ein erklärtes Ziel ist. Wir haben in den letzen Tagen ein ganz wunderbares Resultat der
Statistik des letzten Jahres bekommen. Es ist deutlich geworden, daß die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Menschen in Hamburg im letzten Jahr so niedrig war wie noch nie, seit diese Zahlen in der Nachkriegszeit erhoben wurden. Das ist ein außerordentlicher Erfolg. Ich habe hier schon mehrfach betont, daß es so ganz genau nicht erklärbar ist, welche Ursachen dafür verantwortlich sind. Mit Sicherheit ist dafür unter anderem die Tatsache verantwortlich, daß eine Großstadt mit so vielen Autos den Verkehr naturgemäß langsamer macht.
Deswegen finde ich es erschreckend und völlig unverantwortlich, wenn die CDU uns für die nächste Bürgerschaft den Antrag vorlegen will, daß in der Nacht die Ampeln abgeschaltet werden sollen, damit die Autofahrer möglichst schnell durch die Stadt fahren können und das Zufußgehen nachts für die Hamburger unmöglich gemacht wird.
Ich kann nicht verstehen, wie Sie zu solchen Anträgen kommen. Selbst der ADAC – bestimmt unverdächtig – sagt, daß man wenigstens jeden Einzelfall genau prüfen müßte.
Vielleicht erinnern Sie sich nicht, daß es in Hamburg bereits einmal so ein Programm gab. Die F.D.P. hatte das in ihrer Regierungszeit durchgesetzt, und es wurde sehr bald wieder zurückgenommen, weil sich herausstellte, daß in der Tat die Unfälle an den Stellen, an denen die Ampeln abgebaut wurden, gewaltig gestiegen sind. Vielleicht wollen Sie diese Erfahrung noch einmal machen.
Zum Schluß komme ich nun noch auf die Ereignisse der letzten Tage. Wir hatten gestern und einige Tage zuvor gewaltige Staus in der Stadt, mit Problemen, die nicht zu bewältigen waren.
Nun kann man sagen, daß wir an Stelle des jetzigen Elbtunnels an der A7 noch einmal drei weitere Röhren bauen, damit wir immer, wenn eine Röhre zu ist, eine andere zur Verfügung haben. Ich glaube, daß das niemand vorschlagen wird. Dennoch ist mir nicht ganz klar, ob die Bewältigung des Chaos der letzten Tage gut stattgefunden hat. Zum Beispiel habe ich die Rundfunkdurchsage vermißt, daß wegen Verkehrsproblemen allen Menschen Hamburgs, die keine schweren Sachen zu befördern haben, empfohlen wird, auf U- und S-Bahnen umzusteigen. Ich habe die Mitteilungen an die potentiellen Passanten vermißt, daß die Buslinien teilweise eingestellt werden. Das heißt, daß wir in der Vorbereitung auf solche Situationen, die auf Dauer niemals zu verhindern sein werden, besser werden.
Es gibt zwei Dinge, die Vorrang haben müssen, nämlich einmal der öffentliche Personennahverkehr und zweitens der Wirtschaftsverkehr; das muß auch für solche Chaostage gelten. Das, was der Verkehrsentwicklungsplan im Ganzen sagt, muß auch an Krisentagen für Hamburg sichtbar sein. Ich wünsche mir, daß der Senat das in Zukunft besser schafft als gestern. – Vielen Dank.
Herr Vorsitzender, liebe interessierte Öffentlichkeit! Wir haben uns das Thema heute aufgeteilt: Martin Schmidt hat heute den staatstragenden Teil
genommen, darum bleibt mir nicht mehr so viel zu sagen. Er hat ausführlich in die Philosophie des Verkehrsentwicklungsplans eingeführt.
Der Verkehrsentwicklungsplan ist in diesem Hause schon mehrfach und unter anderem auch in den Haushaltsberatungen, im Bau- und Verkehrsausschuß und vielen anderen Gremien beraten worden. Das Ergebnis: Es besteht ein breiter Konsens in diesem Haus und mit den meisten Verbänden dieser Stadt. Er ist eine sinnvolle Grundlage für die Hamburger Verkehrspolitik. Autoverkehr muß für alle erträglich gesteuert werden. Die Schwerpunkte will ich mir sparen; Herr Dr. Schmidt hat sie in seiner Rede schon ausführlich dargelegt.
Der Verkehrsentwicklungsplan wird – auch das ist deutlich geworden – nicht wie alle anderen erstellten Gutachten in die Schublade gelegt und vergessen, sondern es wird in den kommenden Jahren durch Berichte in der Bürgerschaft und im Verkehrsausschuß eine Erfolgskontrolle geben, so daß wir auch in der nächsten Legislaturperiode das Vergnügen haben werden – in welcher personellen Konstellation auch immer –, über Verkehrsentwicklung miteinander zu streiten, zu beraten und zu diskutieren.
Viele Projekte, die immer wieder gefordert werden – der Autobahnring um Hamburg, Brücken über Kreuzungen im Bereich der B75, die Elbtunnelröhren fünf bis sieben und andere Lieblingskinder der Verkehrspolitik –, haben wir in diesen Verkehrsentwicklungsplan nicht aufgenommen. Zum einen, weil sie sich nicht mit einem der Leitmotive des Verkehrsentwicklungsplans vereinbaren lassen – dem Vermeiden, Vermindern und Verlagern von Verkehr –, zum anderen, weil sie schlichtweg Quatsch sind – auch das muß man hier einmal deutlich sagen – oder weil von Menschen Baumaßnahmen gefordert werden, die verkennen, wie Hamburgs Stadtgrenzen wirklich verlaufen.
Wenn wir eine östliche Elbquerung brauchen – daß wir sie brauchen, dürfte in diesem Hause Konsens sein –, dann können wir diese nicht auf Hamburger Gebiet bauen, sondern müssen erst mehrere andere Bundesländer davon überzeugen. Sie wissen alle, wie schwierig das ist.
Unser Credo bleibt weiterhin eine Verkehrspolitik mit Augenmaß, die dieser Verkehrsentwicklungsplan gewährleistet.
(Bernd Reinert CDU: Aber mit sehr kurzsichtigem Augenmaß! – Gegenruf von Petra Brinkmann SPD: Dann müssen Sie eine Brille aufsetzen!)
Was die Überweisung betrifft, so werden wir eine digitale, endlose Beratungsschleife des Verkehrsentwicklungsplans zwischen dem Ausschuß und dem Plenum auf keinen Fall mitmachen.
Dr. Schmidt hat in seiner Rede danach gefragt, wie wir mit den aktuellen Ereignissen der letzten Tage in dieser Stadt umgehen wollen. Die Staus können auch nicht durch die beste Verkehrspolitik der Welt aufgelöst werden. Das, was im Elbtunnel heute passierte, ist durch eine Verkettung unglücklicher Umstände entstanden. Das muß man in den Diskussionen immer wieder deutlich machen.
Wir sollten im Bauausschuß oder hier im Plenum einmal darüber diskutieren, unter welchen Arbeitsbedingungen
die Lkw-Fahrer teilweise von Termin zu Termin hetzen. Nur so kann man erklären, daß es zu solchen Unfällen kommt. Der Lastwagenfahrer hatte vergessen, daß sein Kipper noch oben war. Auch durch die hohe Geschwindigkeit, mit der die Lkw-Fahrer durch den Elbtunnel rasen, kommt es zu derartigen Unfällen. Alles andere, vielleicht der polemische Teil, könnte in der letzten Debatte des Tages angebracht werden. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe bisher relativ wenig Neues in dieser Debatte gehört. Aber in einem Punkt war ich von Herrn Dr. Schmidt arg enttäuscht.
Ich muß ehrlich zugeben, daß meine Kenntnisse in Altgriechisch den Ihren sicher nicht standhalten können. Sie haben das, was wir gestern in Hamburg erlebt haben, als „Chaos auf den Straßen“ bezeichnet. Das Wort „Chaos“ heißt meines Wissens „gähnende Leere“. Ich glaube, es war eher das Gegenteil davon.
Hier stellt sich die Frage: Wenn wir die Ereignisse der letzten Tage betrachten – ich beziehe mich auf den Titel des Verkehrsentwicklungsplans... Aber bevor ich das tue, unterbreche ich, denn es möchte jemand eine Zwischenfrage stellen.
Herr Abgeordneter Reinert, würden Sie die Erkenntnis von mir entgegennehmen, daß Chaos nicht die gähnende Leere, sondern die ungeordnete Masse ist?
Ich bedanke mich für die Belehrung. Ich lag also mit meiner Vermutung richtig, daß meine Griechischkenntnisse nicht ausreichen, und beschränke mich lieber auf das,
Wenn ich mich auf den Titel „An Arbeit und Umwelt orientiert“ dieser Verkehrsentwicklungsplanung beziehe, dann stelle ich die Frage: Ist es eine an Arbeit und Umwelt orientierte Verkehrspolitik, wenn in West-Ost-Richtung ganz Hamburg stundenlang im Stau steht? Wieviel Arbeitszeit wurde im Stau vergeudet, und wie sehr wurde die Umwelt geschädigt?