Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich hörte, daß der Abgeordnete Reinert sich mit Spurillen beschäftigt, dachte ich mir, das sei bestimmt eine schöne Beerensorte, denn er hat mir schon einmal einen Beerenstrauch aus seinem Garten geschenkt. Aber es sind keine Marillen und keine Spurillen,
Seit heute weiß ich, daß es folgende Sorten Spurrillen gibt. Erstens welche, die dem Senat bekannt sind und in Druck
sachen aufgelistet werden. Zweitens welche, die dem Senat bekannt sind, aber nicht in Drucksachen aufgelistet werden. Drittens: Es gibt welche, die dem Senat nicht bekannt sind und infolge dessen auch nicht aufgelistet werden; also erstens alle die mit Schild. Dieselben drei Sorten gibt es noch einmal ohne Schild,
Zweitens: Die Spurrillen müssen beseitigt werden. Das ist wahrscheinlich in diesem Hause Konsens. Vielleicht sollten wir einfach einen Beschluß fassen, daß alle Spurrillen beseitigt werden sollen.
Strittig ist nur die Frage, erstens: Wer ist schuld an den Spurrillen? Das ist aus Sicht der CDU Herr Senator Wagner, der Spurrillenproduzent der Stadt. Zweitens: Ich habe eine andere Theorie. Ich behaupte, die schweren Lkws sind schuld an den Spurrillen.
Zur Unterstützung habe ich mir dazu aus dem Blättchen des ADAC eine Aussage des jetzigen Bundesverkehrsministers geholt, der uns belehrt, daß die Achslast eines 40-Tonners eine etwa 55 000fach höhere Druckwirkung auf die Straßen hat als ein Pkw. Die Universität Cambridge geht sogar von der 160 000fachen Druckwirkung aus. Also würde ich sagen, nicht Eugen Wagner, sondern die Lkws sind schuld. – Vielen Dank.
Ich finde, es gibt einen Punkt in der Antwort des Senators, der erschreckend ist, nämlich der, daß fast alle Spurrillen, die festgestellt wurden, in Harburg liegen. Das sollte uns darüber nachdenken lassen, ob wir ein Nord-Süd-Gefälle in Hamburg haben.
Aber nun ernsthaft: Ich finde, daß Herr Polle und Herr Schmidt schon mal auf die Ursachen hingewiesen haben. Wenn wir über die Ursachen reden und etwas gegen den starken Lkw-Verkehr tun wollen, sind wir uns ganz schnell einig.
Glücklicherweise trifft Ihre Befürchtung nicht zu – das ist nicht erwähnt worden, Herr Reinert –, daß die Spurrillen dazu beitragen, daß motorisierte Zweiradfahrer verunglücken. Seit 1997 gab es deswegen keine Unfälle mehr, und wir wollen hoffen, daß das so bleibt.
Als Sie davon sprachen, welche Straßen neue Deckschichten brauchen, ist mir eingefallen, daß wir nicht mehr über Deckschichten sprechen sollten, sondern mehr über Denkschichten. Ich würde vorschlagen, daß die CDU einmal eine neue Denkschicht im Bereich Verkehr auflegen sollte.
Die haben mehrere. Wobei ich durchaus nicht verhehlen möchte, daß ich das Gefühl habe, daß neue Denkschichten im Verkehr unbedingt auch bei Rotgrün angesagt wären; aber darüber diskutieren wir ja gleich beim Verkehrsentwicklungsplan.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz, weil darüber ausführlich gesprochen worden ist, Herr Reinert. Wir leisten Erhebliches, was die Beseitigung von Straßenschäden in Hamburg betrifft. Dabei verweise ich auf die zweimal 10 Millionen DM Sonderprogramm. Wir haben allein im Jahr 2000 Mittel in Höhe von 250 Millionen DM für das Straßennetz vorgesehen und ausgegeben. Sie sehen also, daß wir dabei sind, auch diese Schäden mit zu beseitigen. Wir werden sie im Rahmen der Erhaltungsmaßnahmen und Instandsetzungsarbeiten beseitigen.
Es wird auch weiterhin Spurrillen geben, darüber mache ich mir keine Sorgen. Insofern werden Sie Ihren Forschungsauftrag, den Sie sich selbst erteilt haben, so schnell nicht los. Gehen Sie aber mal davon aus, daß die Straßen in Hamburg befahrbar sind, und das wird auch weiterhin so sein. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch zwei Sätze sagen. Es genügt nicht, daß die Straßen befahrbar sind, sie müssen gut befahrbar sein.
(Ingrid Cords SPD: Ohne Spurrillen! – Heike Sud- mann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Lang- sam befahrbar müssen sie sein!)
Zu den anderen Anmerkungen, die hier gemacht wurden, ist zu sagen, daß in den letzten 20 Jahren die zulässigen Achslasten für Lkw natürlich erhöht worden sind. Hinzu kommt der Übergang von dem Doppelreifen auf den Einzelleichtlaufreifen, auch das hat den Druck erhöht. Aber das Schlimme ist doch, daß hier in Hamburg die Straßenbautechnik immer noch die alte ist, wie bei den alten Achslasten, das heißt, hier wird fahrlässig gehandelt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf, Drucksache 16/5219, Senatsmitteilung zur Verkehrsentwicklungsplanung für Hamburg.
[Senatsmitteilung: Verkehrsentwicklungsplanung für Hamburg – Leitlinien und Handlungskonzept – – Drucksache 16/5219 –]
Die Gruppe REGENBOGEN möchte diese Drucksache an den Bau- und Verkehrsausschuß überweisen. Hierzu wird das Wort gewünscht. Der Abgeordnete Dr. Schmidt bekommt es.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach diesem eher heiteren Auftakt vielleicht etwas ernster zur Verkehrspolitik dieser Stadt.
Wir haben als Senatsmitteilung den Verkehrsentwicklungsplan bekommen, der in diesem Haus schon mehrfach debattiert worden ist, zuletzt bei der Verabschiedung des Haushaltsplans im vorigen Dezember. Er ist auch im Bauund Verkehrsausschuß in der ersten Jahreshälfte des vorigen Jahres ausführlich und gründlich und mit vielen Teilaspekten erörtert worden. Deswegen halte ich die neuerliche Überweisung an den Bau- und Verkehrsausschuß, wie sie die Gruppe REGENBOGEN beantragt, für überflüssig.
Der Verkehrsentwicklungsplan, wie er jetzt vorliegt, trägt deutlich den Charakter eines Kompromisses zwischen verschiedenen Ansprüchen, die an den Straßenverkehr wie an den Personen- und Güterverkehr gestellt werden. Auf der einen Seite ist es erforderlich, daß sich Menschen bewegen können, und auf der anderen Seite ist es notwendig, daß Güter bewegt werden können. Die Stadt hat einen begrenzten Platz für beides, und deswegen muß sie dafür sorgen, daß beides so gut wie möglich stattfindet.
Deswegen ist es das Ziel dieses Verkehrsentwicklungsplans, dafür zu sorgen, daß in den nächsten zehn Jahren die Mobilität der Menschen weitmöglichst gesichert werden kann. Dazu bedarf es einer deutlichen Hinwendung und Verstärkung des öffentlichen Personennahverkehrs, damit die Menschen nicht darauf angewiesen sind, mit den Autos unterwegs zu sein, weil wir den Platz auf den Straßen sehr viel mehr für den Güterverkehr benötigen. Das ist der andere Teilaspekt. Es soll dafür gesorgt werden, daß die wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs, wie sie sich auch im Straßengüterverkehr abspielt und widerspiegelt, gewährleistet werden kann.
Das ist im großen und ganzen die Philosophie des Planes, und den hat der Senat jetzt verabschiedet. Er soll für Hamburg gelten. Ich bin dafür, daß es so stattfindet. Ferner bin ich dafür, daß in Zukunft mindestens in jeder Legislaturperiode eine gründliche Überprüfung der erreichten Ziele und Methoden für diesen Verkehrsentwicklungsplan stattfindet. Nur so hat ein solcher Plan einen Sinn, wenn er – wie man neudeutsch sagt – hinreichend oft evaluiert wird.
Das ist das, was wir den nächsten Legislaturperioden gewissermaßen in die Hand geben. Es ist Sache des Senats, in der nächsten Legislaturperiode die Überprüfungen vorzunehmen. Es ist Sache der nächsten Bürgerschaft, darüber zu debattieren und im Zweifel Änderungen vorzunehmen. Ich bin fest davon überzeugt, so schön das Buch geworden ist, so schnell wird es notwendig sein, an der einen oder anderen Stelle Korrekturen anzubringen.
Ich möchte noch auf einige, meiner Meinung nach wichtige Hauptpunkte der Verkehrsentwicklung eingehen. Wenn es gelingen sollte, die im Verkehrsentwicklungsplan genannte Ausweitung des öffentlichen Personennahverkehrs stattfinden zu lassen, dann muß eine energische Politik dort hinführen. Meiner Meinung nach muß man davon ausgehen, daß es deutlich stärker als bisher notwendig ist, im öffentlichen Personennahverkehr dort eine Angebotspolitik zu machen, wo Fahrgäste erwartet werden können. Es gibt trotz der guten Tradition im öffentlichen Personennahverkehr Stadtteile, die schlecht versorgt sind und wo es viele Menschen gäbe, die Busse und Bahnen benutzen würden, wenn sie hinreichend praktisch bei ihnen vorbeikämen.
Insbesondere muß man sagen, daß im Hamburger Osten, in Teilen des Bezirks Wandsbek, der öffentliche Personen
nahverkehr relativ unterentwickelt ist. Die Baubehörde hat damit begonnen, ein wichtiges Projekt in Gang zu setzen, nämlich die Wiedereinführung der Hamburger Straßenbahn, der Stadtbahn, und die wird in ihren verschiedenen Entwicklungsphasen einen Teil dieser notwendigen Angebotspolitik ausmachen. Ich glaube aber, daß es noch weit darüber hinausgeht. Es wird über das, was längst im Gang ist, auch in Zukunft notwendig sein, die einzelnen Stadtteile auf ihre Kapazität für neuen öffentlichen Personennahverkehr neu zu untersuchen.
Der zweite Punkt trifft fast ähnlich zu, die notwendige Ausweitung und Vermehrung des Fahrradverkehrs. Auch hier ist mittlerweile einiges Positives in Gang gesetzt worden. Die Planung der Velo-Routen ist voll in Betrieb. Es gibt zahlreiche neue Aktivitäten, die auf der Straße auch schon sichtbar sind.
Dennoch ist sehr viel notwendig, um zu erreichen, daß in Hamburg mehr Fahrrad gefahren wird als jetzt. Das ist auch deswegen notwendig, weil es praktisch und umweltfreundlich ist und weil in der Tat in der Zukunft nicht für alle Platz auf den Straßen sein wird, die Auto fahren wollen.