Protocol of the Session on February 15, 2001

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Der Abgeordnete Schmidt hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Olympischen Spiele in Sydney liegen in der räumlichen Distanz weit weg, zeitlich jedoch noch nicht so lange zurück, deshalb wissen wir, daß das Ergebnis für die deutsche Mannschaft wahrlich nicht berauschend war. Diese Feststellung ist für den Sport in der Bundesrepublik Deutschland sicherlich deswegen von Bedeutung, weil die Mannschaften sowie die einzelnen Teilnehmer bei Olympia sehr wohl dafür sorgen, daß der Sport eine große Breitenwirkung bekommt. Die Aussage, es komme auf den olympischen Geist oder allein auf die Teilnahme an, reicht also nicht, weil der Breitensport auf Vorbilder im Leistungssport angewiesen ist.

Der Deutsche Sportbund hatte auf eine andere Karte gesetzt und in Sydney auf gutes Abschneiden gehofft, war aber nicht in der Lage, die im Mai 2000 mit dem Bundesinnenminister vereinbarte kritische Überprüfung der Olympia-Stützpunkte überflüssig zu machen.

Ergebnis siehe Seite 4629 B.

In Deutschland gibt es 20 Olympia-Stützpunkte, die in erster Linie vom Bund und von den Ländern unterstützt werden. So hat Hamburg in den letzten elf Jahren Investitionen in Höhe von 11 Millionen DM geleistet und für den laufenden Aufwand des Hamburger Stützpunkts beträchtliche Mittel zur Verfügung gestellt. Dabei soll es bleiben.

Gerade ganz aktuell hat Hamburg für das Haus der Athleten die Baukosten von einer halben Million DM übernommen. Aber auch der Hamburger Sportbund trägt ein beträchtliches Scherflein dazu bei.

Welche Arbeit wird am Olympia-Stützpunkt geleistet, und wer profitiert davon? Es geht um professionelle Betreuung im Hochleistungssport, als da unter anderem sind: trainingsbegleitend – also kein eigentliches Training, das machen die Verbände selber – eine wissenschaftliche Begleitung – Erkenntnisse über Bewegungsabläufe – sowie eine medizinische Betreuung. Dieses geschieht in Zusammenarbeit mit Hochschulen in Hamburg oder mit sportwissenschaftlichen Instituten beziehungsweise niedergelassenen Ärzten. Und wenn die Muskeln einmal schlappmachen, ist auch eine physiotherapeutische Betreuung vorhanden, damit Verletzungen auskuriert werden beziehungsweise diese Verletzungen gar nicht erst eintreten.

Außerordentlich wichtig ist die Ernähungsberatung, die, wie wir alle leidvoll wissen, in den letzten Monaten von ganz besonderer Bedeutung gewesen ist.

Als letzten Punkt möchte ich in diesem Zusammenhang die soziale Betreuung nennen, das heißt eine Art Laufbahnberatung. Wir müssen uns diese in der Weise vorstellen, als der berufliche Lebensweg, die schulischen, die beruflichen und auch die finanziellen Probleme der Hochleistungssportler berücksichtigt werden und den Sportlern mit Rat und Tat zur Seite gestanden wird.

Der Olympia-Stützpunkt ist also keine Trainingsstätte. Er ist eine Serviceeinrichtung von hoher Qualität. Damit nicht genug: Nachwuchsförderung in Form von sportbetonten Klassen – seit dem Schuljahr 1998/1999 an der Gesamtschule Alter Teichweg, in unmittelbarer Nähe des OlympiaStützpunkts – ist ein Beleg dafür, daß diese Nachwuchsförderung in Hamburg vorankommt. Andere Stützpunkte in den alten Bundesländern sind noch lange nicht so weit. Sportbetonte Klassen und – als Fernziel – sportbetonte Schulen wären sicherlich ein Bestandteil für sportliche Talentförderung. Es ist deutlich geworden, daß hier hervorragende und erfolgreiche Arbeit geleistet wird.

Im Olympia-Stützpunkt Hamburg-Kiel sind zur Zeit 180 Sportler, und es gibt eine steigende Tendenz. 24 Sportler haben an den Olympischen Spielen teilgenommen. Von ihnen sind fünf mit Medaillen nach Hamburg gekommen, unter anderem so erfolgreiche und beliebte Sportler wie Sandra Völker oder die Beach-Volleyballer Ahmann und Hager. Wenn Herr von Richthofen, der Präsident des Deutschen Sportbundes, nach den Olympischen Spielen gefragt hat, ob alle Olympia-Stützpunkte effektiv gearbeitet haben, kann für Hamburg die Antwort nur uneingeschränkt ja lauten.

In diesem Zusammenhang ein paar Bemerkungen zu dem zweiten Teil des CDU-Antrags; er spricht von der Leistungssportentwicklung, die noch intensiviert werden sollte. Nach unserer Auffassung wird diese Leistungssportentwicklung im Olympia-Stützpunkt Hamburg-Kiel erfolgreich vorgenommen und ist zuvörderst eine Sache der Sportselbstverwaltung.

Sie fordern Trainingsangebote für weitere Sportarten. Ich habe den Eindruck, Sie haben das System noch nicht ganz erkannt. Es sind keine Trainingszentren, sondern dort gibt es, wie ich schon ausgeführt habe, nur eine trainingsbegleitende Betreuung. Das ist schon ein kleiner Unterschied. Im übrigen sind neben Schwimmen, Rudern und Hockey bereits Leichtathletik, Segeln und Volleyball zugewiesen.

Es leuchtet ein, dieser Stützpunkt darf nicht zur Disposition gestellt werden. Die Qualität der Sportstadt Hamburg würde unsäglich leiden.

Im Schwimmen – das ist sicherlich das Besondere dieses Olympia-Stützpunkts – hat Hamburg eine herausragende Position mit der modernsten Gegenstromanlage, die es in Europa gibt. Das Verfahren, das der Deutsche Sportbund hier exerziert, ist sicherlich sehr angreifbar, nämlich einen Stein, mit der Ansage der Schließung von bis zu sechs Stützpunkten, ins Wasser zu werfen und bisher keine nachprüfbaren Kriterien zu nennen. Hier bedarf es unverzüglich der Nennung von Parametern. Was soll dieser Aktionismus, der nur Unruhe schafft? Ein bißchen habe ich den Eindruck, daß die Fragesteller der Großen Anfrage, die wir in der nächsten Sitzung zur Debatte haben, auch davon infiziert worden sind, denn die Nachfrage von vermeintlich 40 Prozent Kürzungen gibt genug Belege und trifft – so die Antwort Senats – ausdrücklich nicht zu.

Unbefriedigend und personalpolitisch überhaupt nicht vertretbar ist in diesem Zusammenhang die lange Vakanz der Stützpunktleitung. Ich hoffe sehr, daß es jetzt zügig zu der angestrebten Nachbesetzung kommt. Der Bürgermeister hat sich frühzeitig und eindeutig zum Olympia-Stützpunkt bekannt. Senator Wrocklage hat auf der fachpolitischen Ebene starke Pflöcke eingeschlagen. Unser Antrag soll dies noch einmal kräftig verdeutlichen.

Es freut uns, daß die CDU dem Hauptteil des Antrags identisch – sogar wortwörtlich – zustimmt. Das Beiwerk in Teil 2 vergessen wir lieber.

Kurzsichtiges Handeln des DSB liegt vor. Das enorme Wissen, die gewachsenen Partnerschaften, die gewachsenen Strukturen einfach vom Tisch zu wischen, kann sicherlich nicht richtig sein. Der Bürgermeister hat es beim Empfang der Olympioniken auf den Punkt gebracht. Schnellschüsse solcher Art gehen erfahrungsgemäß nach hinten los, und was erst einmal kaputt gemacht wird, ist kaputt.

Hamburg will und muß diesen Olympia-Stützpunkt erhalten. Der bewährte Olympia-Stützpunkt Hamburg-Kiel – so die Auffassung der SPD-Fraktion – darf nicht von der Landkarte gestrichen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Okun.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Olympia-Stützpunkt in Hamburg muß unbedingt erhalten bleiben, wenn Hamburg nicht in die Bedeutungslosigkeit im Bereich des Leistungssports zurückfallen will. Der Erste Bürgermeister – Herr Schmidt hat darauf hingewiesen – hat dies bekräftigt und beim Sportempfang im November des vergangenen Jahres gesagt:

„Der Schaden, der durch eine Schließung eintreten würde, wäre nicht wieder gutzumachen.“

Wir unterstützen diese Position des Ersten Bürgermeisters voll und ganz und sind uns – davon gehe ich, nach dem, was Herr Schmidt gesagt hat, aus – zwischen den Fraktionen in der Zielsetzung einig. Nicht einig sind wir uns, Herr Schmidt – das hat Ihr Beitrag deutlich gemacht –, in der Analyse des Zustandes und in der weiteren Entwicklung. Da liegt die Crux. Ihr Antrag, den Sie heute eingebracht haben, scheint mir bei unserer gemeinsamen Zielsetzung wenig hilfreich. Der Antrag ist schlichtweg substanzlos, weil er keinerlei sportkompetente Handlungsrahmen an die Hand gibt, die aber für den Erhalt des Olympia-Stützpunkts von entscheidender strategischer Bedeutung sind. Bekanntlich ist nicht der Senat sportpolitisch für die Aufrechterhaltung entscheidend, sondern die Entscheidung, ob der Stützpunkt erhalten bleibt oder nicht, wird in der Eigenkompetenz des Sports getroffen. Der Senat, und das ist wichtig – darauf muß immer wieder hingewiesen werden –, ist aber zuständig und verantwortlich für die Rahmenbedingungen.

Eine der wesentlichen Rahmenbedingungen in diesem Bereich sind die Finanzen. Da ist es bekanntlich nicht so gut bestellt. Der Sport – das gilt für Bund und Land gleichermaßen – ist in den finanziellen Würgegriff von rotgrünen Regierungen gekommen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man sich die Entwicklung der Sportförderung an Zahlen verdeutlicht, ist das auch plausibel. Die rotgrüne Bundesregierung hat bereits im Jahre 2000 – also in einem olympischen Jahr – die Sportförderung um 8,2 Millionen DM reduziert; drastisch gekürzt allein um 2,1 Millionen DM für Olympia-Stützpunkte. Diese Kürzungspolitik schlägt Jahr für Jahr durch, insbesondere bei der sportmedizinischen Betreuung und den leistungsdiagnostischen Untersuchungen. Das kann vom Sport in Eigenverantwortung natürlich nicht aufgefangen werden. Das haben Sie auch gesagt.

Die Sportministerkonferenz hat dies übrigens bundesweit sehr früh auf ihre Fahnen geschrieben und die drastischen Kürzungen kritisiert. Genau deswegen drohen jetzt möglicherweise sechs Streichungen von 20 Olympia-Stützpunkten. Hamburg ist Kandidat, weil der drohende Wegfall von rund 900 000 DM Bundeszuschuß zur Zeit nicht alternativ darstellbar ist.

Zur Landesentwicklung. In den letzten Jahren hat Hamburg im Bereich der Sportförderung im Titel 8200 im Etat der Innenbehörde kontinuierlich eingespart. Gleichwohl, das will ich bestätigen, hat Hamburg seinen Kofinanzierungsanteil, die Komplementärmittel, in Höhe von 298 000 DM laufend, auch für das Jahr 2001 eingebracht und seinen Anteil an den Gesamtkosten erbracht. Mit diesem Anteil, der allerdings bundesweit vergleichsweise nur Mittelmaß ist, ist das Olympia-Stützpunkt-bezogene finanzielle Soll – wenn man so will – erfolgt. Dieses darf aber grundsätzlich nicht davon ablenken, daß der Leistungssport in anderen Bundesländern auch in der Politik eine deutlich höhere Priorität hat. Andere Länder sind nicht der Auffassung, daß die finanzielle Förderung der A- und B-Kader, um die es im wesentlichen geht, ausschließlich Bundesangelegenheit ist. Darüber muß in Hamburg neu nachgedacht werden.

(Beifall bei der CDU)

Zu beklagen ist darüber hinaus – da wird es grundsätzlich schwierig –, daß die Förderung des Sports in Hamburg im Ländervergleich am Ende rangiert. Nach einer Datenüber

(Jürgen Schmidt SPD)

sicht des Bundes von 1993 bezahlt Hamburg pro Einwohner und pro Jahr 14 DM und liegt damit noch hinter Berlin mit 25 DM und Bremen und nur ganz knapp vor NordrheinWestfalen mit 12 DM und dem Saarland mit 6 DM.

Ich muß deswegen feststellen – Herr Schmidt, was Sie hier ausgeführt haben, macht dies auch deutlich –, Senat und Koalitionsfraktionen haben die Zusammenhänge zwischen Einrichtung, dem laufenden Betrieb und der Entwicklung eines Olympia-Stützpunkts offensichtlich nicht richtig verstanden. Ursächlich für die aktuelle Entwicklung und die Gefährdung dieses Stützpunkts – das wird latent so bleiben, wenn der Senat für die Rahmenbedingungen nicht rasch andere Prioritäten setzt – sind neben den durch Kürzungen entstandenen finanziellen Engpässen primär strukturelle oder auch konzeptionelle Rahmenbedingungen dieser Stadt, die internationale sportliche Spitzenleistungen in einer anderen Zahl, als wir uns das alle wünschen, nicht erwarten lassen können. Deswegen spricht der DSB in bezug auf Hamburg – das haben Sie leider nicht ausgeführt, Herr Schmidt – im Zusammenhang mit der Frequentierung durch die Athleten von Stützpunkten, die nicht hinreichend von Athleten frequentiert werden.

Die anstehende drohende Schließung hat vorrangig etwas mit anderen Dingen zu tun, nämlich mit einer jahrelangen Geringschätzung des Sports durch den Senat und die ihn tragenden Fraktionen.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Das ist doch Un- sinn!)

Ich will das an drei Beispielen deutlich machen.

Wer erstens konsequent, Herr de Lorent, über Jahre den Schulsport an allgemeinbildenden Schulen aushöhlt, wer zweitens den Berufsschulsport konsequent abgeschafft hat und wem es drittens nicht gelingt, Leistungssport und Wirtschaft mit der Stadt Hamburg zu identifizieren und zu vernetzen und deutliche Akzente zu setzen, der hat sein sportpolitisches Soll verfehlt.

(Beifall bei der CDU)

Der darf sich nicht wundern, neben den mittelmäßigen Zuwendungen auch nicht nur als Mittelmaß bezeichnet zu werden.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Da ist dein Zettel- kasten ein bißchen durcheinandergeraten!)

Herr de Lorent, seien Sie doch ein bißchen zurückhaltender mit Ihren Äußerungen. Sie gehören einer Fraktion an, die den Spitzensport als Luxus bezeichnet, an dem kräftig gespart werden soll.

Diese Debatte gibt Gelegenheit, über solche Bezeichnungen und Ausführungen ernst nachzudenken. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das bei dieser Debatte korrigieren würden.

(Beifall bei der CDU – Dr. Martin Schmidt GAL: Das mußte mal gesagt werden!)

Der Sport braucht in dieser Stadt einen anderen Stellenwert, und zwar sowohl der Breiten- als auch der Spitzenund Leistungssport, denn sie bedingen sich wechselseitig. Statt auf gutgemeinte, sportbetonte Klassen zu setzen, die wir haben, die wir unterstützen und mit entwickelt haben, die primär von den Verbänden alimentiert werden, braucht Hamburg wie in Berlin, was ein gutes Beispiel ist, gesetzlich verankerte sportbetonte Schulen mit einer sachgerechten Ausstattung. Wir brauchen Leistungskursförde

rung im Fachbereich Sport und entsprechende ausreichende Bereitstellungen von Lehrer-Trainer-Stellen, die Mädchen und Jungen – entsprechend ihren sportlichen Neigungen – konsequent unterstützen und fördern.

Wenn diese innerbehördliche Vernetzung, Sportamt und Schulbehörde mit bestimmten geeigneten Schulen einerseits und dem HSB zusammen mit bestimmten Vereinen und Verbänden andererseits, auf der fachlichen Ebene und die konsequente Förderung nicht erfolgt, dann brauchen wir den Senat mit diesem hohlen Antrag, Herr Schmidt, wie Sie ihn gestellt haben, nicht länger antragsweise aufzufordern, sich für den OSP-Erhalt einzusetzen. Dann erledigt sich dieser Stützpunkt in aller Kürze von ganz alleine. Wer das will, meine Damen und Herren, sollte den CDU-Antrag ablehnen, andererseits zustimmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten de Lorent.