Protocol of the Session on October 12, 2000

Ich würde gern wissen, wie hoch die Einnahmen sind, die mit dem neuen System entstehen, falls es die SPD wider Erwarten schon weiß.

Wenn Sie in die Drucksache geguckt haben, die der Beschlußfassung über das Elternbeitragssystem zugrunde lag, werden Sie festgestellt haben, daß wir an dieser Stelle von einer Entlastung von 4 Millionen bis 4,7 Millionen DM ausgehen.

Zweitens haben Sie gesagt, es gebe Beschwerden von Eltern, die sich auf den Halbtagsbereich bezögen, die man auch im „Hamburger Abendblatt“ nachlesen konnte. Es wurde gesagt, es gebe Widersprüche. Wenn man sich die einzelnen Beispiele angesehen hat, konnte man feststellen, daß sich das Netto-Einkommen der Familien im wesentlichen um die eklatante Größenordnung von 1000 DM und 2000 DM verändert hat. Daraus resultierte dann ein Stück mehr Elternbeitrag.

Punkt 2: Hinsichtlich der ISKA-Studie haben Sie sich etwas zurückgenommen. Darin heißt es: „Von Hören und Sagen.“ Das ist so ein bißchen wie „Uli Hoeneß“. Ich weiß nicht, warum mir bei Ihnen immer Fußballspieler einfallen. Nach Hören und Sagen hat Uli Hoeneß sich auch ausgebreitet.

(Zuruf von Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Sie haben gesagt, nach „hören und sagen“ gebe es bestimmte Ergebnisse aus einer Studie, die uns erst in vier Wochen vorliegen würden.

Ich glaube, es ist richtig, wie wir es im Jugend- und Sportausschuß vereinbart haben – der Kollege Jobs hat daran teilgenommen –, daß wir uns am 23.November mit der Studie und den Ergebnissen befassen werden.

Daher meine ich, daß man dem Antrag nicht zustimmen kann, weil er im wesentlichen zu sozialen Verwerfungen führen würde. Über die ISKA-Studie können wir an anderer Stelle noch einmal reden. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Frau Pawlowski.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Sudmann, ich muß Ihnen in einem Punkt recht geben, wenn Sie sagen, daß da einiges überarbeitet werden sollte. Herr Böwer, Sie hätten ihr in zwei Punkten recht geben müssen.Das ist das, was Sie in der letzten Debatte gesagt haben, nämlich Kindertagesbetreuung in sozialen Brennpunkten besonders zu berücksichtigen und Erziehungs- und Förderungsbedürftigkeit zu erkennen und zu beachten. Das haben Sie auch gesagt, und insofern sind wir gar nicht auseinander, aber allem anderen können wir in Ihrem Antrag leider nicht zustimmen.

Was Herr Böwer schon in Punkt 1.2 ausführte, wäre – das sehen wir genauso – eine starke Ungerechtigkeit allen anderen Eltern gegenüber.Was wir sicherlich auch kritisieren können, ist, daß es vorher keine Bestandsanalyse gegeben hat, daß die ISKA-Studie jetzt doch so lange dauert, so daß wir jetzt überhaupt keine Auswertungen machen können. Wir werden den Antrag auf jeden Fall ablehnen, da wir davon überzeugt sind, daß ein Aufschub weder uns noch den Eltern überhaupt Vorteile bringt,

(Beifall bei Sonja Deuter GAL)

sondern wir werden weiterhin kritisch an der Einführung der Kita-Card mitarbeiten zum Wohle der Eltern und Kinder. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das Wort hat Frau Deuter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist ein ehrenwerter Ansatz, Frau Sudmann, daß Sie sich seit Ihrem Rückzug in die REGENBOGEN-Gruppe nun plötzlich der Thematik der Kinderbetreuung zuwenden. Doch ist Kinder- und Familienpolitik kein Randgruppenthema, das man plötzlich nach Überfliegen der aktuellen Flugblätter von Regierungsgegnern eben mal schnell bearbeiten kann.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und SPD)

Die REGENBOGEN-Gruppe hat nun die Patchworkfamilie entdeckt.Die CDU hatte sie schon entdeckt.Das haben wir heute erfahren. Nun wissen wir es alle, und ich freue mich darüber. Aber das ist ein komplexes Thema. Man muß zum Beispiel die langjährigen Forderungen der Familienverbände landes- und bundesweit kennen, um nicht den meist unfreiwilligen Barunterhaltszahlern auf den Leim zu gehen, die bis heute nicht anerkennen, daß diejenigen, bei denen das Kind lebt, die für sein tägliches Wohl zu sorgen haben, den Betreuungsunterhalt leisten. So aber hat es das Gesetz nun endlich und zu Recht definiert. Eine Uraltforderung, auch des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter, ist: Familie zählt dort, wo die Kinder leben. Dort sollen sie gewertet und angerechnet werden.

Liebe Frau Sudmann, der Barunterhaltszahlende kann ungerechterweise noch immer den steuerlichen Halbteilungsgrundsatz geltend machen, noch immer hat er den Eigenbehalt, wohingegen auf der Seite, wo das Kind lebt, alles Einkommen, bis hin zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum, gegengerechnet wird. Das ist das Steuerund Unterhaltsrecht, und darüber sollten wir uns bundesweit einmal zusammensetzen. Da würde ich Ihnen dann nämlich völlig recht geben, aber für Hamburg haben Sie einfach den falschen Aufhänger gefunden.

(Thomas Böwer SPD)

(Zuruf von Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Wir haben – das ist richtig – bei der Anrechnung des Unterhalts eine Unterscheidung gemacht.Jetzt zählen die Kinder nur noch dort, denn sie zählten vorher auch dort, wo sie leben. Schließlich leben sie bei alleinerziehenden Elternteilen zu 88 Prozent bei den Müttern, doch die 12 Prozent Väter hatten bisher alle Vorteile der Anrechnungsverfahren. Das war weder gerecht, noch entsprach es der Bundesgesetzgebung, der sich Hamburg nun endlich angepaßt hat.

Frau Sudmann, lesen Sie sich richtig in die Materie ein, ehe Sie hier einen Popanz aufbauen. Dann werden Sie nämlich endlich feststellen, daß die Neuregelung der Elternbeiträge auf eine viel ältere Initiative der Bürgerschaft zurückgeht als die Neuerung der Nachfrageorientierung und der KitaCard.

(Rolf Harlinghausen CDU: Das war der CDU-An- trag von 1995!)

Stimmt übrigens, Herr Harlinghausen, ich gebe Ihnen ja selten recht. Es ist müßig, wieder und wieder unsere Zeit damit zu vergeuden, Ihnen wiederzukäuen, was aus relevanten Drucksachen längst hervorgeht. Ziel war es, die Elternbeiträge gerechter zu gestalten. Ein Halbtagsplatz sollte nicht länger mehr als ein Ganztagsplatz kosten. Herr Böwer hat das ausgeführt. Das war eine marktwirtschaftliche Unsinnigkeit.

Wir haben das in mühsamer Kleinarbeit hinbekommen. Es ging oft um wenige Mark, aber die sind für andere eben viel. Da mehr als zwei Drittel der Eltern nun Mindestbeiträge zahlen, bedeutet 1 DM in den unteren Gruppen der Familien mit Einkommen, daß in den oberen Gruppen der Beiträge gleich eine Steigerung von 30 bis 45 DM zu verzeichnen war. So wurde in den vielen Sitzungen der Koalitionspartner gefeilscht – ich kann es ruhig sagen – wie auf einem orientalischen Basar.

Insgesamt sind die Elternbeiträge aber gerechter, denn es ist gerecht, daß das, was die Familien in den geringeren Einkommensgruppen um ein paar Mark verschont, daß das eher von den besser verdienenden Familien geleistet wird.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD)

Im Hortbereich zahlen zwei Drittel der Eltern den Mindestbeitrag. Sie alle zahlen nach der neuen Regelung denselben Beitrag oder weniger, und trotzdem wurde die ungerechte Regelung aufgehoben, daß sie dafür nur einen unterschiedlichen Leistungsumfang erhalten. Familien, die nur ein Drei-Stunden-Angebot nutzen, zahlen nun noch weniger als Familien mit einem Vier-Stunden-Angebot zu der Verbilligung dieses Angebotes.

Oder betrachten wir die Berechnung bei der Kombinationsbetreuung aus zum Beispiel einem Teiltagsplatz plus Tagesmutter. Die unterschiedliche Praxis der Bezirke oder aber auch einzelner Sachbearbeiter wird so vereinheitlicht, daß nun Familien nur noch einen Elternbeitrag zu bezahlen haben statt zwei verschiedene Beiträge, und zwar gemäß ihren genutzten Stunden. Im Zweifelsfalle aber wird die günstigere Option gerechnet – das betrifft jetzt wieder mehr die Elterngruppen aus den mittleren Einkommensgruppen –, und so sieht für uns soziale Gerechtigkeit in der Praxis aus.

Um Vereinheitlichung geht es uns auch bei der Anwendung des Paragraphen 76 BSHG für nun alle Einkommensbe

rechnungen nach dem Familiennettoeinkommen. Daß damit Eigenheimzulagen als Teile von Einkommen behandelt werden, Herr Tants, um mich auf Ihre Rede zu beziehen – er ist leider nicht da –, ist für uns ein Aspekt sozialer Gerechtigkeit.

Frau Sudmann, es ist einfach unlauter, unsere Bemühungen um soziale Abfederung bei geringer Verdienenden zu Lasten derer mit größerem Einkommen oder derer mit Besitz zu verunglimpfen. Es zeigt mir, wie richtig wir liegen, wenn Sie beim Ritt als Robin Hood durch die Stadt sich schützend vor die mit Besitztümern werfen müssen.Bei Robin Hood waren es nämlich die Armen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Aber wir haben Ihnen anscheinend auf seiten der Armen nicht genug Spielraum gelassen. Denn, meine Damen und Herren, zu all dem, was ich bereits erwähnte, kommt, daß Sozialhilfeempfänger oder jene mit vergleichbar geringem Einkommen den ohnehin von 80 DM auf 50 DM beziehungsweise 55 DM abgesenkten Mindestbeitrag nochmals um 20 DM absenken lassen können und bei vorliegenden besonderen Gründen ganz erlassen bekommen, und diese Regelung geht auf Initiative der SPD und GAL zurück, denn statt bloßem Lamentieren haben wir gehandelt, Frau Sudmann.

Lassen Sie mich abschließend aus den Schriften der Europäischen Kommission zu den Qualitätszielen der Kinderbetreuung zitieren, die vom Netzwerk Kinderbetreuung herausgegeben werden. Die Elternbeiträge sollen 15 Prozent des Familiennettoeinkommens nicht überschreiten, besser noch darunter liegen. Dies erfüllen wir bei weitem. Die Mindestbeiträge in Hamburg liegen bei 3,5 bis maximal 4,2 Prozent des Familiennettoeinkommens und die Höchstbeiträge zwischen 10,7 und 13,3 Prozent. Dabei habe ich hier nur die teureren Teil- und Ganztagsplätze plus Frühund Spätschicht gewertet. Die Beiträge der kürzeren Angebote liegen noch mal weit darunter. Das alles muß man wissen, ehe man sich Kinder- und Familienpolitik zuwendet, Frau Sudmann.

Wir werden Ihren Antrag ablehnen und lieber zügig mit den Verbesserungen und Anpassungen des Angebotes an den Bedarf fortfahren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Frau Sudmann.

Falls irgend jemand meinen Namen heute noch nicht oft genug gehört hat, es ist wunderbar, ihn in jedem zweiten Satz zu hören.

Nichtsdestotrotz sollten wir noch einmal auf die Inhalte gucken. Sie beide, Herr Böwer und Frau Deuter, sind dem Hauptkritikpunkt von uns ausgewichen.Es ist enorm, wenn Sie, wie Frau Deuter eben, noch einmal darstellen, daß die oberen Einkommensgruppen – so waren Ihre Worte – 30 bis 45 DM mehr bezahlen müssen.

(Sonja Deuter GAL: 1 DM in den unteren Gruppen!)

Die unteren Einkommensgruppen – und ich spreche von den Sozialhilfeempfängerinnen –

(Sonja Deuter GAL: Sie haben wieder nicht zu- gehört!)

(Sonja Deuter GAL)

haben bisher null Mark bezahlt. Die haben einen NullSchein bekommen.

(Sonja Deuter GAL: Die Null-Schein-Regelung ist in der Bürgerschaft nie beschlossen worden!)