Das ist derselbe Senator, der angesichts dieser unverschämten Äußerungen noch vor zwei Stunden die Stirn besaß, uns Abgeordneten zur Sachlichkeit in der Debatte aufzurufen.
Eine zweite Bemerkung: Vor zwei Stunden hat der Umweltsenator Porschke – auch wörtlich – den Konzernen vorgeworfen, sie würden abzocken.Es gibt viele von Ihnen, die dieses auch den Scheichs vorwerfen.
Überlegen Sie bitte sehr genau: Das sagen Sie alles im Zusammenhang mit dem autofreien Tag, der alle Bürger – darunter sind auch CDU-Wähler – mit einbeziehen soll.
Was ist denn mit der Anhebung der Preise durch die von Ihnen verteidigte Ökosteuer? Sie bekommt plötzlich den Heiligenschein einer Zukunftsvorsorge
und soll ein Umweltbeitrag sein. Nein, wer Preistreiber ist, bleibt es auch. Man kann anderen nicht Vorwürfe machen und sich selbst mit einem Glorienschein umgeben. Das ist – hier zitiere ich wiederum den Umweltsenator – scheinheilig.
Es ist eine Tatsache, daß Sie hier mit zweierlei Maß messen. Wenn die einen die Preise erhöhen, ist es sozusagen eine Wohltat für die Umwelt.
Wenn die anderen dieses tun, ist es Abzockerei.Wissen Sie jetzt, was ein Zweierleimaß bedeutet? Das ist genau Ihr Mentor für den übermorgigen autofreien Tag.
Mit dieser Äußerung, Herr Porschke, haben Sie sich aus meiner Sicht insbesondere bei denjenigen – ich komme nun zu den 70 bis 80 Prozent, die die Ökosteuer ablehnen – als Mentor für den autofreien Tag disqualifiziert. Es wäre gut, wenn Sie sich bei meiner Fraktion für diese Äußerung entschuldigen. – Danke schön.
(Beifall bei der CDU – Wolf-Dieter Scheurell SPD, an Dr. Hans-Peter de Lorent GAL gerichtet: Den Lehrer haben Sie vorhin nicht gemeint, nicht?)
Irgendwie habe ich ein Problem mit den Lehrern.Es geht mir so wie früher in der Schule. Die Lehrer stehen am Pult und dürfen reden, reden, reden, sagen Dinge, die nicht logisch sind, und die armen Schülerinnen sollen alles abnicken. Herr Engels, glücklicherweise dürfen wir dagegenhalten; und das werden wir gern tun.
Es ist interessant, wie Sie argumentieren. Sie sagen, am autofreien Freitag würden alle Autofahrerinnen verärgert. Sie machen einen kleinen Denkfehler. Nicht alle Hamburgerinnen sind Autofahrerinnen, sondern über die Hälfte fährt kein Auto und sind auch keine Beifahrerinnen.Sie sollten einmal fragen, wie viele von ihnen jeden Tag verärgert sind, weil ihre Radwege zugeparkt sind, die Luft verpestet wird und ihre Kinder nicht spielen können. Darüber können wir auch an 364 anderen Tagen im Jahr reden.
Aber ich glaube, der autofreie Freitag – der zwar nicht autofrei sein wird, aber es wird zumindest versucht – wird zeigen, daß Menschen auch ohne Auto zum Ziel kommen können und dies sogar sehr nett sein kann. Sie kennen das vielleicht nicht, weil Sie nicht so oft mit der Bahn fahren, aber Sie werden am Freitag feststellen, daß es an vielen Haltestellen witzige Aktionen und Straßentheater gibt, daß Kinder den öffentlichen Straßenraum wiederentdecken und daß alle Menschen mehr Aufenthalts- und Lebensqualität finden werden.
Nun einige Worte in Richtung Senat.Damit viele Menschen lernen, daß sie auf ihr Auto verzichten können, muß noch einiges getan werden. Denn Bahnen, in denen Menschen wie Sardinen gestapelt werden, sind nicht attraktiv.Das Ziel muß sein, langfristig jedem Fahrgast einen Sitzplatz anzubieten. Herr Wagner, ich hoffe, darin stimmen Sie mir zu. Der Wegfall der 1. Klasse in der S-Bahn darf deshalb nicht dazu führen, daß das Sitzplatzangebot verschlechtert wird.
Busse, die wie die Autos im Stau stehen, sind nicht attraktiv. Deshalb muß es mehr Busspuren geben. Wir müssen mit der Busbeschleunigung die Vorteile des Busses deutlicher und sichtbarer werden lassen.Auch hier muß der Senat noch viel mehr tun.
Es wurden schon die Pendlerinnen angesprochen. Nahverkehrszüge, die nur unregelmäßig fahren und als völlig überfüllte Bummelzüge eingesetzt sind, bringen keine Pendlerin zusätzlich in die Bahn. Deshalb muß der Senat und müssen wir uns alle dafür einsetzen, daß die Bundesbahn insbesondere auch im Ballungsraum in und um Hamburg keine weiteren Ausdünnungen im Nahverkehr vornimmt.
Der Senat selbst muß beim Thema Radwege aktiv werden. Radwege, die handtuchschmal und voller Unebenheiten sind – Herr Wagner sagt hierzu Dellen –, sind auch nicht attraktiv. Der Senat hat uns gestern in einer Drucksache mitgeteilt, daß 75 Prozent, also drei Viertel, aller Hamburger Radwege verbesserungsbedürftig sind.
Das hat ganz viel damit zu tun, weil du doch willst, daß sich die Menschen irgendwie, aber nicht mit dem Auto, sondern am besten mit dem Fahrrad fortbewegen. Mit solchen Radwegen läßt sich kein Blumentopf und erst recht keine neue Radfahrerin gewinnen.
Das ist um so tragischer – ich komme zur Frage, die eben eingeworfen wurde –, daß der Senat selbst festgestellt hat, daß jeden Tag in Hamburg 700 000 Autos eine Strecke von weniger als vier Kilometern fahren.Das ist eine ideale Fahrradstrecke.Deswegen muß ein autofreier Tag dafür sorgen, daß diese Situation endlich verbessert wird.
Zum Schluß noch ein Wort zu Frau Duden. Sie haben zu Recht gesagt, daß von den Mitgliedern auf der rechten Seite dieses Hauses mit zweierlei Maß gemessen wird. Dies wird aber auch von Rotgrün getan.
Sie haben als Beispiel den Jungfernstieg angeführt.Für die Reeperbahn war es trotz mehrerer Buslinien kein Problem, sie für den Autoverkehr zu sperren. Der Jungfernstieg als der zentrale Veranstaltungsort wird nur halbseitig gesperrt. Hier mißt der rotgrüne Senat mit zweierlei Maß. Das ist schlecht.
Der autofreie Tag, den wir am kommenden Freitag begehen werden, ist eine Anregung.Er soll an 365 Tagen im Jahr auf mehr Geschmack und Lust, auf streßfreie Mobilität, Lebens- und Umweltqualität machen. Hoffen wir, daß es etliche Bürgerinnen mitbekommen. Das gilt auch für den Senat, daß dieser autofreie Tag vor allem dort auch fruchtet.
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Engels, obwohl ich auf Ihre Vorhaltung ebenfalls gern kontrovers reagieren würde, bin ich daran aber dennoch nicht interessiert. Ich möchte versuchen, Sie zu gewinnen,
Wir diskutieren hier häufiger über die Belastung des Klimas. Es besteht bei uns ein Konsens, daß etwas dagegen getan werden muß, daß die Klimaschadgase in einem immer stärkeren Maße emittiert werden; sie müssen zurückgehen. Soweit unser erster Konsens.
Dritter Konsens: Sie sagen, man soll die Autofahrer nicht verärgern und provozieren. Das haben wir auch nicht vor.
Es gibt zwischen uns einen Dissens bei der Frage, ob die Erhöhung des Gewinns eines Mineralölkonzerns von 2 auf 6 Milliarden DM gleichzusetzen ist, wenn der Heizölpreis in einer Weise erhöht wird, wie ihn der Markt hergibt. Ich bewerte das als Abzockerei. Es handelt sich dabei um Gewinne eines privaten Unternehmens, die ich anders als die Umverteilung der Einnahmen bewerte, die der Staat benutzt, um die Rentenversicherung zu entlasten.