Dieser rechtliche Zustand hat nach wie vor Bestand. Nun hat der Vermarkter im Oktober des letzten Jahres im Stadion einen Versuch gelegt und Vollbier ausgeschenkt. Dies hat die Behörde zu Recht beanstandet.
Gibt es Gründe für eine veränderte Situation? Die Innenbehörde – und damit die Polizei – sagt in immer wieder frischer Kenntnis der Situation vor Ort ein klares Nein. Sie befindet sich übrigens in Übereinstimmung mit dem Deutschen Fußballbund, mit dem nationalen Ausschuß Sport und Sicherheit, ein Zusammenschluß der Innenminister, des Städtetages, des Deutschen Sportbundes und des Deutschen Fußballbundes. Herr Okun, ich weiß nicht, ob Sie das vergessen haben, aber diese Information ist Ihnen sicherlich auch zugegangen. Gerade gestern hat dieses Gremium erneut getagt unter Einschluß des DFB und noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen und davor gewarnt, im Stadion entsprechend Alkohol, besonders der höheren Promille, auszuschenken. Die strengeren Auflagen insgesamt der UEFA, nehme ich an, sind Ihnen sicherlich auch nicht ganz unbekannt.
Nun zu der zugespitzten Frage. Punkt 1: Verträgt ein St.-Pauli-Fan mehr Bier als ein HSV-Fan? Natürlich nicht, das ist klar.Aber, meine Damen und Herren, man darf auch nur Gleiches mit Gleichem vergleichen. Die Situation vor Ort ist eine andere. Hier ein Stadion mit 20 000 Zuschau
Punkt 2: Das Verhalten der Problemfans – nicht der Fans, und darauf legt meine Fraktion ganz besonderen Wert – muß im Zusammenhang mit dem Verhalten vergleichbarer Fans, also auch wieder der Problemfans der jeweils gegnerischen Mannschaft, gesehen werden. Hier ist die Situation in der 1. Bundesliga so, daß diese Problemfans zahlenmäßig wesentlich massiver auftreten, es sind einfach mehr, und deswegen gibt es tendenziell stärkere Auseinandersetzungen, die hier gesucht werden.Dieses im Zusammenhang mit Alkohol, der bekanntermaßen enthemmt, wird ein Gefahrenpotential, das hierbei nicht unwesentlich erhöht wird. Deshalb ist aus unserer Sicht diese unterschiedliche Behandlung bei St.Pauli und dem HSV vertretbar und auch richtig.
Der Sicherheitslage ist der Ausschank von Light-Bier angemessen. Light-Bier hat einen ins Gewicht fallenden geringeren Alkoholgehalt.Light-Bier ist also auch Bier – „Nicht immer, aber immer öfter“ – für 90 Minuten. Im übrigen, das haben Sie bei Ihren Ausführungen vielleicht übersehen, Herr Okun, befindet sich der HSV in bester Gesellschaft. In acht weiteren Bundesligastadien gibt es nur Light-Bier beziehungsweise gar keinen Alkohol zu trinken.Zwischen den Vereinen der Bierstadt München – Bayern München und 1860 München –, Bayer Leverkusen und Hertha BSC ist der HSV sportlich gut aufgehoben. So, wie der HSV den Dortmundern zur Zeit fußballerisch nicht nacheifert, sollte er es auch nicht mit dem Bier tun.
Nun zu Ihrem Antrag:Ich weiß nicht, ob Sie bemerkt haben, daß er in sich widersprüchlich ist.Vor den Toren des Stadions hält die CDU Vollbier für schädlich und will den Verkauf unterbinden lassen, wobei hier schon Kontrollen im Rahmen des Möglichen stattfinden. Gleichzeitig soll aber der Ausschank im Stadion freigegeben werden. Hier erhebt sich die Frage nach unterschiedlicher Behandlung von Dosenbier vor dem Stadion und Stadionbier aus Plastikbechern. Wie erklärt sich das?
Ich dachte bisher immer, daß Biergenuß an frischer Luft überall gleich wirke. Um in der Fußballersprache zu bleiben: Sie haben ein klassisches Eigentor fabriziert.
Unser Fazit also: Solange sich die Einschätzung der Sicherheitslage durch die Ordnungsbehörden so darstellt, wie sie jetzt ist, und diese Auffassung gerade gestern noch einmal erneut bekräftigt wurde, soll es bei der jetzigen Erlaubnis des Ausschanks von Light-Bier vor und während des Spiels bleiben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Thema bietet Platz für einige Humoresken, andererseits ist es natürlich auch ein bierernstes Thema. Es kann bei dieser Debatte nicht um den Kampf der HSV-Anhänger auf der einen Seite gegen die St.-Pauli-Anhänger auf der anderen Seite gehen.Das ist im übrigen schon durch das Leben revidiert, weil mittlerweile auch bekennende St.-Pauli-Fans, die sich für Fußball und
nicht nur für Stimmung interessieren, ins Volksparkstadion gehen, weil da guter Fußball gespielt wird. Es ist also alles ein bißchen differenzierter geworden.
Es kann auch nicht um einen Kulturkampf gehen, der sich zwischen den Antagonisten wiederfindet, die sagen, lieber Wein, Weib und Gesang als Bier, Mann und Gebrüll. Es kann mit Sicherheit nicht ernsthaft darum gehen, die rein kommerziellen Interessen des HSV zu bedienen,
denn es geht hier insbesondere und in erster Linie um kommerzielle Interessen. Ich wiederhole an dieser Stelle ganz ernst, daß dieses Thema kein geeignetes Terrain für Populismus ist.Im Vordergrund muß die Sicherheit insbesondere der jugendlichen Zuschauer und Fans stehen. Die Erkenntnisse der Polizei über Enthemmung und gesteigerte Aggressivität durch Alkoholkonsum im und vor dem Volksparkstadion sind ernst zu nehmen. Die Jugendlichen und auch die Eltern, die ihre Kinder ins Volksparkstadion ziehen lassen, haben ein Recht darauf, daß diese Jugendlichen unversehrt nach Hause kommen.
Lassen Sie mich ein Beispiel aus eigener Anschauung sagen. Es ist von beiden Vorrednern darauf hingewiesen worden, daß es im Volksparkstadion vor etwas mehr als 20 Jahren Alkoholausschank gab. Nach meiner Beobachtung als Zuschauer in den siebziger Jahren war es zum Teil unerträglich gewesen, beim HSV beispielsweise in den Stehplatzkurven zu stehen. Ständig wurde man von irgendwelchen torkelnden, alkoholumnebelten Fans angerempelt, so daß es keinen Spaß machte, dort zu stehen. Als Lehrer kann ich Ihnen sagen, in den siebziger Jahren war es an der Schule, an der ich unterrichtete, gang und gäbe, daß montags einige Schüler mit Verletzungen in die Schule kamen, weil es im und um das Volksparkstadion herum Schlägereien gegeben hatte. Wir Politiker – der HSV natürlich insbesondere – haben Verantwortung gegenüber den Jugendlichen und gegenüber der Unversehrtheit der Jugendlichen, die ins Volksparkstadion gehen.
Ein anderes Argument: Mittlerweile spielt der HSV so gut Fußball, daß es geradezu ein Muß ist, dieses alkoholfrei zu erleben.Die Ballbehandlung von Anthony Yeboah muß man nüchtern erleben.
Eine Probephase einzulegen – das war der Vorschlag von Herrn Okun – halte ich, insbesondere wenn man an eine Phase von circa einem Jahr denkt, für unpraktikabel und unrealistisch. Der HSV spielt zur Zeit so gut Fußball, daß die Wahrscheinlichkeit, es könnte in der Euphorie der Erfolge zu Alkoholausschreitungen kommen, schon psychologisch unwahrscheinlich ist. Alkoholausschreitungen gibt es häufig dann, wenn Vereine häufiger hintereinander verlieren und es dadurch zu Frustrationserscheinungen kommt. Diese Beobachtungen kann man zur Zeit in anderen Stadien machen.
Die Phase, in der der HSV gerade so gut spielt, ist sicherlich völlig ungeeignet für eine Beobachtungsphase.
Ein Argument zu dem Aspekt, die fliegenden Händler zu kassieren: Aus der Pädagogik kenne ich das Prinzip, man sollte immer nur androhen, beschließen und verkünden, was man auch wirklich durchsetzen kann.
Das Problem bei den fliegenden Händler ist doch nicht, daß sie gerne geduldet werden.Die Praxis ist von mir selbst beobachtet folgendermaßen: Die fliegenden Händler kommen mit ihren Autos auf den Parkplatz, öffnen die hintere Autoklappe und holen zwei Paletten mit Getränken heraus. Wenn irgendeiner kommt, der nach Ordnungskraft aussieht, nehmen sie die Paletten, schieben sie wieder ins Auto und sind nicht dingfest zu machen. Das darauf zu kaprizieren, halte ich für problematisch.
Ich will gegenüber dem Kollegen Okun anerkennen, daß es in der Gesamtproblamtik und -argumentation natürlich einige Schwierigkeiten gibt. Ein Beispiel sind die baulichen Aspekte.Beim HSV gibt es viele gravierende und unschöne bauliche Aspekte.Das getrunkene Bier wieder sachgemäß zu entsorgen, ist schwergemacht worden, weil die sanitären Einrichtungen bis vor kurzem in einem ziemlich problematischen Zustand waren. Aber das bauliche Problem beim HSV würde natürlich auch den FC St.Pauli in einer Umbauphase treffen. Wenn der FC St.Pauli im Volksparkstadion spielt, weil sein eigenes Stadion umgebaut wird, müßten natürlich dieselben Kriterien angelegt werden.
Das Zwei-Klassen-Recht, daß im VIP-Bereich unendlich getrunken werden kann, sehe ich ebenso wie Herr Okun als Problem. Wenn es um die Frage von Gleichbehandlung zwischen dem FC St.Pauli und dem Hamburger Sportverein geht, muß man auf eine andere Ungleichbehandlung hinweisen – Herr Senator Mirow ist ja noch da –:Zur Gleichberechtigung gehört auch, daß der FC St.Pauli
bei seinen Bemühungen, ein neues Stadion zu bauen, ebenfalls die entsprechende staatliche Unterstützung wie der Hamburger Sportverein erhält. Mit der staatlichen Unterstützung meine ich nicht nur die materielle Unterstützung beim Bau des Stadions, sondern auch...
Ich habe mich durch die Aussage „Gleichbehandlung“ inspiriert gefühlt, darüber zwei Aussagen zu machen. Zur Gleichbehandlung gehört auch, daß der Hamburger Sportverein durch halbstaatliche Institutionen wie NDR 2 und HEW unterstützt wird und der FC St. Pauli nicht. Wir wissen, daß der sportliche Erfolg auch mit dem ökonomischen Erfolg zusammengeht.
Meinen Worten ist zu entnehmen, daß wir diesen Antrag ablehnen werden. Einigkeit besteht natürlich in diesem Hause, daß in dieser Frage eine nüchterne Debatte geführt werden muß.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fanclub-Rede von Herrn Okun hörte sich fast so an wie ein Plädoyer für Alkoholverbot auf St. Pauli. Die Probleme von St. Pauli sollten uns heute abend nicht beschäftigen, obwohl wir jetzt ein Thema zu fassen haben, das in den vergangenen Wochen ganz viele Gemüter der Stadt zutiefst bewegt hat. Der Wirbel hat ein bißchen verwundert, man könnte fast von einem Sturm im Light-Bier-Glas sprechen.