Protocol of the Session on September 5, 2001

(Beifall bei der SPD – Antje Blumenthal CDU: Was hat das mit dem Hamburger Haushalt zu tun?)

Es ist so. Er soll – mit den dazugehörigen Alternativen – so bleiben, wie er ist. Sie zeigen ja seit Jahr und Tag keine Alternativen auf, so daß man andere mit einbeziehen muß. Das versuchen auch Sie krampfhaft.

(Beifall bei der SPD – Zurufe bei der CDU)

Dann sage ich es wegen des Niveaus – Sie haben ja die Handelskammer zitiert – etwas unangreifbarer.

Ich werde den Präsidenten der Handelskammer auch zitieren. Dazu fühle ich mich berechtigt, weil ich, als ich 1979 Senator war, bei der Jahresschlußversammlung der Handelskammer in der ersten Reihe sitzen mußte.

(Dr. Michael Freytag CDU: Durfte!)

Ich durfte dort vor allem nicht reden, weil es dem Senat nicht erlaubt ist.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das ist auch gut so!)

Die Publikumsbeschimpfung findet dort so statt.

Ich habe mir alles angehört, bin in mich gegangen und habe mich geändert. Nach 22 Jahren widerfährt mir endlich Genugtuung, denn Herr Schües hat sich dem Appell der Präsidentin angeschlossen und die Hamburgerinnen und Hamburger aufgerufen, sich sehr stark an der Bürgerschaftswahl zu beteiligen. Er nimmt dabei Bezug auf die Halbzeitbilanz, die die Handelskammer herausgegeben hatte. Ihr Urteil über diese Halbzeitbilanz gipfelte in der Bemerkung, daß der Senat geräuschlos und in vielen Bereichen effektiv arbeite.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das Spiel dauert aber 90 Minuten!)

Diese Aussage greift er wieder auf und sagt – das muß ich nun wirklich zitieren –:

(Antje Blumenthal CDU: Machen Sie es doch end- lich! Zieren Sie sich nicht so!)

„Fürwahr – vieles von dem, was vor 1997 auf die Schiene gesetzt worden war, ist in der letzten Legislaturperiode zielgerichtet realisiert worden:

die Fahrrinnenanpassung der Elbe, die uns neue Umschlagrekorde beschert und Hamburgs Position als zweitwichtigster europäischer Hafen fürs erste gesichert hat; – der Neubau des Containerterminals Altenwerder, das im nächsten Jahr seiner Bestimmung übergeben werden kann.“

(Jan Ehlers SPD)

(Dr. Michael Freytag CDU: Das war in der Halbzeit 93 schon drin!)

„– die S-Bahn zum Flughafen... – die Flughafenerweiterung, die ebenfalls bis 2005 abgeschlossen sein soll... – die Arena... – jenes Jahrhundertprojekt A380, welches das industrielle Standbein unserer Stadt in nachhaltiger und eine Wende herbeiführender Weise für die nächsten Jahrzehnte stärkt.

Wer hätte auf diese Ergebnisse am Wahlabend der letzten Bürgerschaftswahl gewettet?“

(Beifall bei der SPD – Bernd Reinert CDU: Herr Eh- lers, lesen Sie doch auch die nächsten Sätze vor!)

Er wäre ja nicht Präsident der Handelskammer, wenn er nicht sagen würde, daß es auch Versäumnisse gibt, die den Himmel über dieser Stadt trüben. Es ist jedoch nicht so gleichgewichtig zu dem, was ich eben vorgelesen habe. Mit diesen Dingen habe ich bei den Negativpunkten überhaupt keine Probleme. Sie können bezüglich dieser Äußerungen die Stimmung erkennen, daß es eine Bevölkerungsgruppe gibt, die für das gesellschaftliche Handeln in der Stadt entscheidend ist. Sie denkt jedenfalls deutlich anders als Sie.

(Beifall bei der SPD – Rolf Harlinghausen CDU: Das ist wie das Märchen vom Rotkäppchen ohne Wolf!)

Ich freue mich, daß Sie ein wenig erregt sind.

Der jetzt vorgelegte Haushaltsplan enthält natürlich auch viele Inhalte, die sich mit dem beschäftigen, was wir bisher schon getan haben und auch weiterhin tun wollen, die aber auch einige neue Akzente setzen.

Für die Beratungen im Haushaltsausschuß scheint mir wichtig zu erkennen, daß das Etatrecht das höchste Recht des Parlaments ist oder jedenfalls als solches gilt. In der Vergangenheit haben wir dem Senat durch die Art unserer Finanzpolitik sehr viel Freiraum gegeben. Der Senat kann heute sehr gut und ad hoc auf Veränderungen reagieren und in manchen Bereichen auch etwas nachjustieren, ohne damit die Bürgerschaft im Detail zu befassen.

Das führt aber dazu, daß wir, wenn wir das Etatrecht behaupten wollen, wozu ich fest entschlossen bin, in unseren Ausschußberatungen eine zusätzliche Aufgabe wahrzunehmen haben, die intensiver geschehen muß, als das bisher der Fall war. Es ist die Aufgabe der Nachschau. Nach unserer Kenntnis nutzt die Verwaltung die Freiheiten, die sie bekommen hat, aber natürlich nicht immer. Wir müssen sie uns ansehen und hier und da wahrscheinlich bereit sein, Korrekturen anzubringen. Das ist eine Aufgabe, die mehr Bedeutung erhält als bisher.

Insgesamt ist dieser Haushalt eine gute Grundlage für die zukünftige Arbeit. Er ist vor allen Dingen nicht, was befürchtet werden konnte, ein Haushalt, in dem sich Wahlversprechen verstecken würden. Er basiert auf einer soliden Politik.

Herr Dr. Freytag, bei Ihnen und Ihrer Partei spüre ich keine Beharrlichkeit und Realismus in der Finanzpolitik,

(Dr. Michael Freytag CDU: Den Senat verkleinern wir schon mal!)

sondern ich spüre nur, daß Sie sie so weitermachen wollen wie bisher: Niemandem wehtun, allen alles verspre

chen. Das ist keine Politik von Beharrlichkeit und Realismus, sondern von Behaglichkeit und Populismus.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man es ernst nimmt, was Herr Dr. Freytag gesagt hat, daß die CDU eine klare Linie verfolgen würde, dann muß man einen ganz schönen Knick in der Optik haben, um das nachvollziehen zu können.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Debatten sind dazu da, sich scharf anzugreifen. Aber der Unterschied ist, daß Sie aus scharfen Angriffen schlicht und ergreifend eine billige Vollmundigkeit machen. Die wird Sie auch noch einholen. Ich werde darauf noch näher eingehen.

(Rolf Harlinghausen CDU: Sie wollen keine sach- liche, sondern eine Wahlrede halten!)

Wir sind mit der CDU einig – weil sie auch die gleichen Zahlen zur Verfügung hat –, daß die Haushaltslage Hamburgs – im übrigen auch die der anderen Kommunen, Länder und des Bundes – ziemlich schwierig ist. Im Unterschied zu der Opposition ziehen wir daraus auch Konsequenzen.

Ich will kurz auf das eingehen, was uns aus grüner Sicht in der Haushaltspolitik wichtig ist, jedoch auch nicht versäumen – wir sind kurz vor einem spannenden Wahltag –, mich damit zu beschäftigen, was andere bei einem Wechsel Hamburg angedeihen lassen wollen. Darüber sollte man ernsthafte Worte verlieren, denn sie tragen ihre Ziele mit viel Euphorie vor, deren Folgen ziemlich bitter sind. Ich habe den Eindruck, daß alle nicht genau wissen, was ihnen von einigen vorgeschlagen wird.

Die Grünen wollen dagegen eine nachhaltige Finanzpolitik fortsetzen. Wir haben uns diesem Ziel im Grundsatzprogramm verpflichtet, was sowohl für das Regierungshandeln in Berlin als auch in Hamburg gilt. Das stetige dynamische Anwachsen des Schuldenbergs muß gebremst und die politischen Handlungsspielräume müssen zurückgewonnen werden. Das ist nicht leicht.

Wir sind für das eine oder andere im Konsolierungsprogramm von der Opposition in Hamburg angegriffen worden. Gleichzeitig sind wir aber davon überzeugt, daß ein Konsolidierungskurs, ein sparsamer Ausgabenkurs in mehreren Schritten und langfristigen Perspektiven weitergefahren werden muß. Wir haben uns in der Vergangenheit und für die Zukunft Ziele gesetzt, von denen ich drei nennen möchte.

Zunächst haben wir uns den Betriebshaushalt vorgenommen; das ist schon angesprochen worden. Ihn auszugleichen war unser Ziel. Das haben wir erreicht, wenn auch die Perspektiven des Betriebshaushalts für die nächsten zwei Jahre – was seine Ausgeglichenheit angeht – ziemlich eingeschränkt sind.

Wir haben aber auch – darauf sind Sie wenig eingegangen, Herr Dr. Freytag – in diesem Haushaltsplan eine nur sehr moderate Steigerung. Eines verstehe ich nicht: Sie begrüßen zwar, daß Hamburg in den letzten Jahren 2 Milliarden DM mehr Steuern eingenommen hat; aber Sie bezeichnen dies nicht als politische Leistung, sondern es sei auf die Leistungsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger zurückzuführen.

(Jan Ehlers SPD)

Hier machen Sie einen ganz einfachen Rechenfehler. Die Preis- und Tarifsteigerungsraten liegen eher über 2 Prozent. Wenn Sie in den letzten fünf Jahren eine durchschnittliche Haushaltssteigerung von 0,1 Prozent haben, wurde sehr wohl eine politische Entscheidung getroffen, die Ihnen vielleicht nicht immer geschmeckt hat. Sie weichen nämlich aus, wenn es schwierig wird. Aber Ihre Behauptung, die Zunahme der Steuern und das geringe Wachstum des Haushalts hätten nichts mit Konsolidierung zu tun, ist schlicht und ergreifend eine Falschaussage.

Die Rahmenbedingungen für den Haushalt werden weiterhin schwierig sein. Das liegt auch an den Steuerentlastungen, die auf Bundesebene entschieden werden.

Wir glauben, daß die Haushaltsmodernisierung wie die Budgetierung und die Flexibilisierung im Haushaltsvollzug ein wichtiger Schritt für die Konsolidierung des Haushalts war. Dies hat regelmäßig zu zwei- bis dreistelligen Millionenbeträgen an Einsparungen geführt. Bezeichnend ist auch, daß der CDU, wenn es eine Steuerschätzung gibt, die etwas knapper ausfällt, nichts anderes als das alte Rezept einfällt, eine Haushaltssperre zu fordern.

Wenn Sie die Haushaltssperre durchgezogen hätten, dann hätten Sie sich die Flexibilisierung und Modernisierung im Haushaltsvollzug schenken können, dann hätten noch nicht einmal die effizienzsteigernden Verwaltungshandlungen eine Auswirkung gehabt. Da sieht man, wie wenig ernsthaft Sie es mit einer realistischen Politik meinen. Es liegt aber auch vielleicht daran, daß Sie eine realistische Politik noch nie verantworten mußten.

(Beifall bei Antje Möller GAL und vereinzelt bei der SPD)