Was Problembereiche angeht, so kündigen wir nicht nur an, sondern wir handeln auch. Natürlich gibt es in unserem Schulwesen unterschiedliche Begabungen. Die Sorgen, was die Ausbildung und Berufsperspektiven angeht, gibt es nicht bei den Abiturienten. Schauen Sie sich doch einmal an, welche Chancen sie heute im Beruf und an den Hochschulen haben. Es ist wirklich gut, was dort geboten wird. Entscheidend ist doch, daß wir auch diejenigen mitnehmen, die diese Vorteile nicht haben. Deswegen geht es darum, Jugendlichen und Jungerwachsenen zu helfen, eine Perspektive für ihren Lebensweg zu erhalten.
Wir haben in den letzten Jahren die Jugendarbeitslosigkeit von 11 000 in 1997 auf heute 7600 reduziert.
Das bedeutet einen Rückgang um 31,4 Prozent. Ich strebe in der nächsten Legislaturperiode an, mit dem Bürgermeisterprogramm nochmals die Jugendarbeitslosigkeit zu halbieren.
Wir wollen den Haupt- und Realschülern neue Chancen geben. Dabei ist es wichtig, daß wir die Partnerschaften zwischen den Schulen und den Unternehmen ausbauen und auf alle Haupt- und Realschulen ausdehnen. Das haben wir in der Initiative „Arbeit und Ausbildung“ mit allen Akteuren besprochen. Hier arbeiten die Unternehmen, die Schulen und die Arbeitsverwaltung eng zusammen, um neue Chancen für Hauptschüler zu entwickeln.
Natürlich ist es so, daß es Hauptschüler demotiviert, wenn sie in der Vergangenheit aufgrund nicht zur Verfügung stehender Ausbildungsplätze keine Berufschancen hatten. Nach drei, vier Jahren kommt dabei dann die Null-BockGeneration heraus.
Das habe ich mir in der Schule Richard-Linde-Weg angesehen. Ich habe mit den Hauptschülern und mit denjenigen Schülern, die die Praktikumsplätze von den Unternehmen zur Verfügung gestellt bekommen haben, sowie mit dem Schulleiter und dem Kollegium gesprochen. Es ist doch etwas anderes, wenn man Schule und Betriebe miteinander verzahnt, weil die Schülerinnen und Schüler durch die Praktika schon eine bessere Berufsorientierung besitzen. Wenn dort 46 Prozent des letzten Jahrgangs in duale Ausbildungsplätze vermittelt werden konnten, dann sind das schon Erfolge.
Andere fanden Anschluß in verschiedenen Bereichen. Der Schulleiter sagte mir, daß beim jetzigen Jahrgang die Quote auf 60 Prozent gesteigert werden soll. Das ist der richtige Geist, mit dem an diese Probleme herangegangen wird. Die Vorurteile, die über unsere Hauptschülerinnen und -schüler ständig verbreitet werden, müssen wir abbauen.
Herr Mehlfeldt sollte einmal die Schule Richard-Linde-Weg besuchen und sich mit den Personalberatern unterhalten, in deren Unternehmen diese Schüler ihre Praktika durchführen. Die für das Personal Zuständigen in den Unter
nehmen sagen dann: Wir hatten eigentlich immer ein Vorurteil gegen die Hauptschüler. Bei den Bewerbungen wurden sie immer aussortiert. Zunächst kamen die Abiturienten und dann die Realschüler, die Hauptschüler kamen immer auf den linken Haufen. Nachdem wir sie als Personen nicht nur im schulischen, sondern auch im betrieblichen Zusammenhang kennengelernt haben, waren wir erstaunt, zu welcher Leistung diese Schülerinnen und Schüler fähig waren. So positiv muß man als Pädagoge und als jemand, der ausbildet, an unsere Jugendlichen herangehen.
Denn nur, wer Chancen hat, wird zum Lernen motiviert. Man muß immer wieder feststellen, daß die alten lerntheoretischen Untersuchungen richtig sind: wie Zustimmung, Anerkennung, Selbstwertgefühl und Bestätigung. Das ist die Pädagogik, die auch Erfolge ausmacht und mit der man Erstaunliches erreichen kann.
Zum Schluß: Der integrative Ansatz zeichnet unser Schulsystem und unser Schulwesen besonders aus, weil es die Integration von Menschen gibt, die nicht so leistungsfähig sind. Das dürfen wir bei allem Fordern und Fördern nicht vergessen. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sache ist eigentlich klar: Natürlich müssen Hamburgs Jugendliche fit für das Leben sein. Die, die es sind, sind es aber nicht wegen, sondern trotz der Hamburger Bildungspolitik.
Die uns in diesem Zusammenhang beschäftigende Frage ist doch: Machen Hamburgs Schulen fit für das Leben? Mir stellt sich immer mehr – auch nach der heutigen Debatte – die Frage: Ist dieser Senat eigentlich noch fit für die Lebenswirklichkeiten in unserer schönen Stadt?
Ich fürchte, das ist nicht so, und bin fest davon überzeugt, daß dieses auch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler so sieht.
Herr Kollege Frank hat heute wieder behauptet, daß Hamburg die beste Schüler-Lehrer-Relation in der Bundesrepublik habe und hier die höchsten Ausgaben pro Schüler getätigt werden. Ich frage Sie daher: Warum sind keine besseren Erfolge zu verzeichnen? Wichtig ist doch, was herauskommt. Theorie und Praxis liegen offensichtlich weit auseinander.
Bei der letzten Diskussion mit den Handwerksmeistern wurde erneut deutlich, daß das Ausbildungsniveau der
Schulabgänger nach wie vor mangelhaft ist. Somit trifft im Alltag leider nicht das zu, was Rotgrün trotz wider besseres Wissen immer wieder in schillernden Farben als Erfolg verkaufen will.
Es ist richtig, daß Hamburgs Jugend heute nicht schlechter als früher ist, aber die Hamburger Schulabsolventen haben es leider oft schwerer als die anderer Bundesländer, wenn sie im Ersten Arbeitsmarkt eine Ausbildung antreten wollen. Und das einzig und allein aus dem Grund, weil ihre Schulbildung nicht den Anforderungen entspricht.
Hören Sie zu! Zur Zeit sind 15 Prozent der Schulabgänger nicht ausbildungsfähig. Das ist ein Skandal!
Um dieses zu ändern, fordert das Hamburger Handwerk – ich zähle die sieben wichtigsten Punkte auf –:
Drittens: Immer wichtiger wird auch die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wie zum Beispiel Kreativität, Flexibilität, Kooperations- und Kommunikationsvermögen, aber auch Zuverlässigkeit und Leistungsbereitschaft.
Viertens: Es darf auch in Zukunft keine einseitige Bevorzugung bestimmter Schularten geben. Vielmehr ist aus unserer Sicht eine Stärkung des Profils der Hauptschule unbedingt erforderlich. Die Hauptschule darf nicht länger vom Senat als Restschule behandelt werden.
Fünftens: Statt undifferenzierter Gleichmacherei fordern wir die gezielte Förderung von unterschiedlichen Begabungen, also auch Eliteschulungen, aber nicht durch Ausgrenzung, sondern die Förderung von unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten ist unser Ziel.
Das Hamburger Handwerk ist stolz darauf, daß bereits 14 Prozent Abiturienten in Handwerksbetrieben ausgebildet werden und clevere Jugendliche aufgrund der Durchlässigkeit von Gesellen- und Meisterausbildung für greifbare Karrierechancen anzieht, die sich diese aussuchen.
Siebtens und letztens: Eine weitere Stärkung der dualen Berufsausbildung bildet eine große Chance für Hamburg. Es ist also unerläßlich, daß die Schule die Grundfertigkeiten vermittelt. Lesen, Schreiben, Rechnen sind unbedingt erforderlich.