Dieses hohe Sicherheitsniveau macht uns aber nicht selbstzufrieden; denn wir wollen auch weiterhin für Sicherheit eintreten. Klar ist: Unsere Sicherheitslage ist aktuell – insgesamt gesehen – angespannt. Das hat auch der Verfassungsschutzbericht, den ich am vergangenen Montag vorgestellt habe, deutlich gemacht. Es gibt Gefahren durch Islamisten in unserem Land, und es gibt Gefahren, die vom Rechtsextremismus ausgehen. Beide Erscheinungsformen sind Gefahren für die Demokratie und für unser friedliches Zusammenleben, und deshalb ist es so wichtig, dass wir beide Phänomene in den Mittelpunkt der Arbeit der Sicherheitsbehörden stellen und nicht das eine Phänomen gegen das andere ausspielen.
Selbstverständlich haben uns die Ereignisse in Solingen, in München, in Mannheim und in Linz ins Mark getroffen. Selbstverständlich verunsichern diese Ereignisse auch die Menschen. Wir geben aber Antworten darauf. Das ist das, was die Politik an der Stelle tun muss. Für uns ist klar, dass wir alles dafür tun, um – jedenfalls in Hessen – ein Höchstmaß an Sicherheit für die Menschen garantieren zu können.
Lassen Sie mich an dieser Stelle drei Punkte herausstellen, die ich für besonders wichtig halte. An erster Stelle steht eine starke und leistungsfähige Polizei. Als unmittelbare Antwort auf die Ereignisse in Solingen haben wir die Polizeipräsenz in Hessen noch weiter erhöht. Das ist auf den Festen und Veranstaltungen sichtbar, die in Hessen stattfinden, und das ist ein Sicherheitsgewinn für die Menschen. Das stärkt auch das subjektive Sicherheitsgefühl. Ich bin ausgesprochen dankbar dafür, dass die Polizei an der Stelle sehr viele positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung bekommt.
Selbstverständlich stärken wir unsere Polizei auch personell. Wir haben in diesem Jahr alle Anwärterstellen besetzt: 635 Anwärter treten ihren Dienst bei der hessischen Polizei an. Wir werden ungefähr 800 Absolventen zur Verfügung haben, die die Polizei vor Ort verstärken werden. Wir haben so viele Polizisten in Hessen, wie es sie noch nie gegeben hat. Das ermöglicht es uns, mit einer hohen Polizeipräsenz auf die Herausforderungen insgesamt zu antworten.
Außerdem haben wir bereits im Nachtragshaushalt mit 50 weiteren Stellen für unsere Polizei in schwierigen finanziellen Zeiten erneut einen Schwerpunkt bei der besseren personellen Ausstattung unserer Polizei gesetzt.
Zweitens setzen wir darauf, dass unsere Sicherheitsbehörden mit den notwendigen rechtlichen Befugnissen ausgestattet sind. An dieser Stelle sind sowohl der Bund als auch das Land in der Pflicht. Auf der Bundesebene ist es beispielsweise in dieser Zeit erforderlich, die Verfassungsschutzbehörden zu stärken, vor allen Dingen deshalb, damit wir von ausländischen Geheimdiensten unabhängiger werden. Auch der Bund muss weitere Befugnisse eröffnen. Es gibt ein Sicherheitspaket der Ampelkoalition, über das in dieser Woche im Bundestag beraten wird. Darin sind durchaus wichtige Schritte enthalten. Das erkenne ich ausdrücklich an.
Aber zwei Themen fehlen – das will ich sehr deutlich machen –: Es gibt wieder keine Regelung zur Speicherung von IP-Adressen. Herr Promny, das liegt wahrscheinlich vor allem an Ihrer Partei. Ich bitte Sie eindringlich: Wirken Sie auf Ihre Parteifreunde in Berlin ein, damit es hier endlich eine Regelung gibt. Eine solche Regelung brauchen wir zur Bekämpfung von Kinderpornografie, wir brauchen sie aber auch zur Terrorismusbekämpfung. Das sagen alle Experten. Davor können Sie doch nicht die ganze Zeit die Augen und Ohren verschließen.
Außerdem sollten Sie mit dem Bundesjustizminister darüber sprechen, dass er sein Vorhaben zur Einschränkung des Einsatzes von Vertrauenspersonen und von verdeckten Ermittlern endlich ad acta legt. Das ist nämlich in Anbetracht unserer angespannten Sicherheitslage der völlig falsche Schritt.
Wir handeln in Hessen. Wir werden in Hessen auch gesetzgeberisch das tun, was in dieser Zeit erforderlich ist. Ich bin der SPD außerordentlich dankbar für die guten und zügigen Gespräche, die wir in den letzten Tagen hatten, die es uns ermöglichen, sehr bald auch hier im Parlament über Reformvorschläge für das HSOG zu beraten. Wir werden den Umfang der Videoüberwachung ausweiten, beispielsweise durch einen verstärkten Einsatz von Drohnen. Wir werden die Befugnisse der Sicherheitsbehörden in Waffenverbotszonen ausweiten. Wir werden die Einsatzmöglich
keiten der elektronischen Fußfessel bei Gefährdern erweitern. Damit setzen wir auch eine Festlegung um, die das Sicherheitskabinett bereits vor einigen Wochen beschlossen hat. Damit machen wir Hessen insgesamt sicherer.
Lassen Sie mich drittens zum Thema Migration kommen. Die Ereignisse in Solingen und andere Vorfälle in der letzten Zeit haben deutlich gemacht, dass die Migration auch ein Sicherheitsthema ist. Ungezügelte Migration ist ein Sicherheitsrisiko. Je mehr Menschen zu uns kommen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass darunter auch Straftäter und am Ende gar Terroristen sind. Je mehr Menschen zu uns kommen, umso schwieriger ist es, sie zu integrieren. Je mehr Menschen zu uns kommen, umso schwieriger ist es für die Sicherheitsbehörden, sich um problematische Fälle zu kümmern.
Sehr geehrte Damen und Herren von der AfD, freuen Sie sich nicht zu früh. Es gibt große Unterschiede zwischen Ihnen und uns.
Ich erkenne ausdrücklich an, dass sich die meisten Menschen, die zu uns geflüchtet sind, rechtschaffen verhalten.
Ich erkenne ausdrücklich an, dass viele Menschen zu uns gekommen sind, die einen wertvollen Beitrag für unser Land und für unser Gemeinwesen leisten.
Das sage ich ganz bewusst im Hinblick auf Ihre verwerflichen Remigrationsfantasien. Herr Lambrou, auch wenn Sie hier versuchen, sich in der Causa Müger herauszureden: Sie tragen in jedem Fall die Verantwortung dafür, dass in diesem Parlament ein Abgeordneter sitzt, der den Anschein erweckt, er möchte Migrationspolitik mit Waffengewalt betreiben. Das ist unerträglich, und das ist Ihre persönliche Verantwortung, Herr Lambrou.
Lassen Sie mich zum Schluss zu dem gestrigen Gipfeltreffen kommen, an dem ich teilnehmen durfte. Wir haben in einer durchaus sehr guten Atmosphäre miteinander gesprochen, und wir haben auch viele Gemeinsamkeiten festgestellt. Gemeinsam gibt es das Ziel, die Migration zu begrenzen, und da beziehe ich alle demokratischen Kräfte, die teilgenommen haben, ausdrücklich ein.
Ich finde es auch gut, dass die Bundesinnenministerin flächendeckend Grenzkontrollen angewiesen hat. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Sicherheit. Ich will auch
daran erinnern, dass unser Ministerpräsident Boris Rhein das schon vor über einem Jahr gefordert hat.
Wir waren uns an einer wichtigen Stelle nicht einig, und das ist auch deutlich geworden. Aus meiner Sicht erreichen wir eine wirkliche Begrenzung der Migration nur über umfassende Zurückweisungen an den Grenzen.
Das ist aus meiner Sicht auch rechtlich möglich, und da bin ich auf einer Linie mit namhaften Rechtswissenschaftlern und Praktikern.
Auf Michael Huber, den ehemaligen Bundesverfassungsrichter, will ich an dieser Stelle beispielhaft hinweisen. Auch Frau Klaes hat gesagt, dass Dublin nicht funktioniert,
(Dr. Frank Grobe (AfD): Wie war es, als wir das gesagt haben? – Weitere Zurufe AfD – Unruhe – Glockenzeichen)
weil andere Mitgliedstaaten ihre Verpflichtung aus Dublin nicht einhalten. Wenn wir aber ein nicht funktionierendes, ein dysfunktionales System haben, muss etwas anderes an dessen Stelle treten können. Das sind eben unsere nationalen Regeln, wie wir sie in Art. 16a des Grundgesetzes und in § 18 des Asylgesetzes haben. Dort steht sehr klar, dass die Menschen, die aus einem sicheren Drittstaat kommen, an der Grenze keine Einreiseerlaubnis erhalten. Das heißt, dass sie an der Grenze zurückgewiesen werden müssen.
In der Demokratie ist es wichtig, dass man miteinander redet. Genauso gehört es zur Demokratie, dass unterschiedliche Meinungen vertreten werden. Aber, lieber Herr Wagner, ich will mir von Ihnen nicht absprechen lassen, dass wir ernsthaft daran interessiert sind, Probleme zu lösen. Ich glaube, so steht es in Ihrer heutigen Presseerklärung. Ich meine, das wird dem Ernst der Lage und im Übrigen auch dem Stil, in dem wir die gestrige Diskussion geführt haben, nicht gerecht.