Wenn man also die Löhne erhöhe, stiegen die Preise. – Das hat man in den letzten beiden Jahren gesehen, da haben wir ja massive Lohnerhöhungen gehabt.
Jetzt empfiehlt man uns, Lohnzurückhaltung zu predigen wegen der hohen Preise, und sonst wegen der niedrigen Preise. Das scheint mir nicht besonders einleuchtend zu sein.
Der zweite Punkt. Wir hätten uns in dem Antrag nicht zu erneuerbaren Energien bekannt. – Wir reden hier über die aktuelle Situation und über die Lage der betroffenen Menschen hinsichtlich der Preise. Wir können zu jedweder Sache drei Minuten voranstellen und verkünden, dass wir im Übrigen auch für die erneuerbaren regenerativen Energien sind. Das kann man machen, das kann man wie eine Monstranz vor sich hertragen. Schicker wäre es allerdings, wenn man es denn dann auch tut.
In Sachen Windkraft würde ich angesichts der Menge der heißen Luft, die die Landesregierung produziert, sagen, das ist sicherlich ein ziemlich hohes Potenzial. Aber angesichts
der konkreten Lage, wie schneckenartig vorgegangen wird, sehe ich nicht, dass nach der Zeitenwende auf einmal neue Maßnahmen ergriffen worden sind.
Überhaupt ist mir die Verwendung des Begriffes „Zeitenwende“ nicht so ganz einsichtig. Denn, außer dass nunmehr vertreten wird, dass wir noch 100 Milliarden € zusätzlich für Bomben brauchen, habe ich noch nicht so ganz verstanden, was denn das Neue an dieser Politik ist, die jetzt betrieben wird, gegenüber dem, was vorher von der Landesregierung betrieben wurde. Außer in der Frage, welche Rolle die Bundeswehr spielen soll und welche Rolle die NATO spielen soll, kann ich keine so grundlegend neuen Erkenntnisse bei der Landesregierung finden, auch nicht im Rahmen der Debatte. Klar, es wird der eine Disput durch den anderen ausgetauscht, was die fossilen Energien angeht. Ob das jetzt den Begriff „Zeitenwende“ rechtfertigt – das halte ich doch, ehrlich gesagt, für ein bisschen übertrieben.
So oder so, es besteht nach wie vor das Problem, dass wir einen großen Teil der Bevölkerung haben, der auf einmal vor diesen gravierenden Preisen steht, bei gleichzeitig relativ niedrigem Einkommen. Das mag hier nicht das gefühlte Problem sein – das ist auch logisch bei dem Einkommen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier, dass sie das nicht so spüren –, aber ein großer Teil der Menschen hat eben dieses Problem. Dieses Problem ist weder kurz- noch mittelfristig adäquat angegangen worden,
Vorhin wurde berichtet, wie sich die Erwerbslosenzahlen entwickeln und wie sich das Wachstum entwickelt. Da hieß es, das sei alles gar nicht so schlecht. Wenn das alles gar nicht so schlecht ist, warum soll dann der Teil der Bevölkerung, der wenig verdient, auf einmal von diesen Wachstums- und Produktivitätsgewinnen abgekoppelt werden? Das ist nicht einsichtig.
Hier wird Umverteilung von unten nach oben betrieben. Das werden wir nicht mitmachen. – Herzlichen Dank.
Ich schaue noch einmal in die Runde und bitte die parlamentarischen Geschäftsführer, mir zu helfen, was wir mit den Anträgen machen. Tagesordnungspunkt 62, Antrag DIE LINKE: Soll darüber heute Abend abgestimmt werden, oder soll er in den Ausschuss?
Der parlamentarische Geschäftsführer sagt, er soll in den Ausschuss. Wenn er mir noch sagt, in welchen Ausschuss.
In den Wirtschaftsausschuss. Okay, das nehmen wir für das Protokoll auf. – Liebe Kollegen der Union und der GRÜNEN, was passiert mit eurem Dringlichen Entschließungsantrag, soll der auch in den Ausschuss gehen?
Soll ich jetzt lieb sein oder böse sein? Ich sage einmal: Um 15:10 Uhr geht es weiter. Guten Appetit.
Meine Damen und Herren, wenn wir ein bisschen zur Ruhe kommen, können wir die unterbrochene Sitzung fortsetzen. Es sind auch schon ein paar wieder da. – Die Uhr hier im Raum geht ein bisschen nach; ich habe schon zwei Minuten drangegeben.
Antrag Fraktion der Freien Demokraten Angriffskrieg Russlands bedroht globale Ernährungssicherheit – Nahrungsmittelproduktion in Hessen erhöhen – Drucks. 20/8121 –
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine dauert inzwischen 35 Tage. Mit jedem Tag Krieg wächst das Leid der Menschen in der Ukraine. Mit jedem Tag bekommt auch der Rest der Welt die Auswirkungen des Krieges stärker zu spüren.
Die Ukraine ist die Kornkammer Europas. Fast 25 Millionen t Weizen exportiert die Ukraine jedes Jahr, aber auch Mais, Sonnenblumen, Zuckerrüben, Gerste, Soja und Raps. Inzwischen müssen wir davon ausgehen, dass ein großer Teil der Ernte in der Ukraine ausfällt, zumindest wird das Land in diesem Jahr wohl nichts exportieren können. Dazu kommen Exportbeschränkungen Russlands, das ebenfalls viele Millionen Tonnen Getreide exportiert. Hinzu kommen noch Düngemittelpreise, die schon vor dem Krieg rasant gestiegen waren.
Das alles hat Auswirkungen auf die Weltmarktpreise von Getreide. Die Börsenpreise sind schon jetzt extrem hoch, und sie werden auch weiter steigen. Das belastet in Europa die Portemonnaies der Bürgerinnen und Bürger. In den armen und ärmsten Ländern der Welt belastet es aber die Mägen der Menschen. 45 afrikanische Länder und die am wenigsten entwickelten Länder in der Welt beziehen mindestens ein Drittel des Weizens aus der Ukraine und aus Russland, viele davon sogar mehr als die Hälfte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir steuern auf eine humanitäre Katastrophe zu, weil auf Hunger immer auch blutige Konflikte folgen. Hunger ist eine der größten Fluchtursachen. Viele Männer und Frauen, viele Kinder in Somalia,
Äthiopien, Eritrea und anderen afrikanischen Ländern werden verhungern. Das müssen wir uns bewusst machen. Wir müssen versuchen, dieses Leid zu verringern.
In der Verteidigungspolitik und in der Energiepolitik haben wir 180-Grad-Wenden seit dem Beginn dieses Krieges gesehen. Es wurden Maßnahmen beschlossen, die man vorher nicht für wünschenswert oder für möglich gehalten hat. Ein grüner Wirtschaftsminister, der nach Katar reist, um Flüssiggas einzukaufen – ich möchte das ausdrücklich nicht zum Vorwurf machen, aber das war noch vor einigen Wochen völlig undenkbar. Die Situation hat sich schlagartig geändert. Deswegen müssen sich auch politische Maßnahmen ändern.
In der Landwirtschaftspolitik steht uns eine solche Wende noch bevor, und wir sollten sie so schnell wie möglich durchführen. Es ist jetzt an der Zeit, alle Produktionskapazitäten zu nutzen, damit wir Hungersnöte so weit wie möglich abmildern.
Die Agrarpolitik der vergangenen Jahre in Hessen, in Deutschland und natürlich in der EU hat dazu geführt, dass wir die Produktion von Lebensmitteln weit unter die Möglichkeiten reduziert haben. Wir haben in Deutschland Flächenreserven, wenn man es positiv ausdrückt. Man könnte auch sagen, wir haben Flächen, die einfach nicht genutzt werden. Dafür mag es auch in anderen Zeiten Gründe gegeben haben. Aber in der jetzigen Situation ist es schlicht unmoralisch, diese Flächen nicht zu nutzen. Das will ich Ihnen an einer kleinen Rechnung deutlich machen.
Diese Flächenreserven bestehen vor allem aus Stilllegungsflächen und Ackerbrachen. Daran sind Zahlungen von EU-Beihilfen geknüpft. Die EU bezahlt die Landwirte dafür, dass sie Flächen nicht bewirtschaften. Von diesen Flächen gab es in Hessen im Jahr 2021 über 18.000 ha. Bundesweit waren es laut einer Erhebung von 2020 360.000 ha. Wenn diese Flächen für den Anbau von Getreide freigegeben würden, können wir bei einem Ertrag von 3,5 t Weizen pro Hektar zusätzlich 1,26 Millionen t Weizen erzeugen. Davon könnte man z. B. 18 Millionen Menschen in Ägypten ein Jahr lang mit Getreide versorgen.
Alles, was man tun muss, ist es, Landwirten zu erlauben, ihre eigenen Flächen zu bewirtschaften. Es ist absolut unmoralisch, in der jetzigen Situation an den Stilllegungsflächen festzuhalten; denn das kostet Menschenleben.
Ich habe durchaus vernommen, dass es bei der EU jetzt Bewegung gibt, was die Nutzung der Brachflächen angeht. Das ist gut. Wir haben es letzte Woche in unseren Antrag geschrieben. Deswegen muss jetzt von der Landesregierung ein Signal ausgehen, dass die Stilllegungen ausgesetzt werden.
Wir müssen uns auch über die roten Gebiete Gedanken machen. Das sind 90.000 ha in Hessen. Um das in Erinnerung zu rufen: Da ermitteln Landwirte, wie viel Düngebedarf eine Pflanze hat, und dann dürfen sie 20 % weniger