Protocol of the Session on June 23, 2016

Deshalb enthält dieser Gesetzentwurf Regelungen zu folgenden Punkten – ich will hier kurz darauf eingehen; auch Kollege Schäfer-Gümbel ist kurz auf einige Dinge eingegangen, vielleicht kann man das eine oder andere austauschen –:

Erstens die Begrenzung der Zahl staatlicher und staatsnaher Mitglieder. Außer den entsandten Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung und den gewählten Landtagsabgeordneten dürfen künftig keine Abgeordneten, Regierungsmitglieder, Kommissionsmitglieder, Wahlbeamte, Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände oder Parteivorstände den hr-Gremien angehören.

Ich finde, das ist eine gute Regelung. Sie nimmt das auf, was das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem ZDF geurteilt hat.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Im Gesetzentwurf wird geregelt, dass es keine wirtschaftlichen oder sonstigen Interessenkollisionen von Gremienmitgliedern geben darf. Das ist der Tatsache geschuldet,

dass wir bei der Transparenz ein wenig Nachholbedarf haben.

Einer sogenannten Versteinerung der Gremien soll begegnet werden. Künftig dürfen Mitglieder maximal drei Amtszeiten im Rundfunkrat und maximal zwei Amtszeiten im Verwaltungsrat bzw. maximal drei Amtszeiten in beiden Gremien zusammen haben. Die bisherige Mitgliedschaft zählt als eine Amtszeit.

Ich glaube, es ist auch wichtig, dass in einem solchen Gremium ab und an ein Wechsel stattfindet. Das ist ein richtiger Ansatz. Ich glaube, es ist gut, dass wir diese Regelung treffen.

(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es werden Karenzzeiten von 18 Monaten für staatsnahe Personen eingeführt, bevor sie in den Rundfunkrat oder in den Verwaltungsrat entsandt oder gewählt werden dürfen.

Auch das ist eine wichtige Regelung. Das haben wir in anderen Bereichen auch so geregelt: dass man, wenn man solche Ämter, z. B. in der Regierung, begleitet hat, erst einmal ein bisschen ins – ich will es so sagen – Abklingbecken soll, ehe man in ein solches Gremium entsandt wird. Auch das dient der Transparenz, und auch das ist eine gute Regelung.

Wir haben Regelungen zur Transparenz bei der Öffentlichkeit von Rundfunkratssitzungen formuliert, zur Veröffentlichung von Tagesordnungen und Sitzungsergebnissen. Das Thema Bezüge von Intendanten und Direktoren und Nebentätigkeiten war bisher beim Hessischen Rundfunk etwas unterbelichtet. Das ist eine gute Regelung. Es ist für die Gebührenzahlerinnen und -zahler wichtig, dass sie sich darüber informieren können, was denn mit ihrem Geld passiert und wie die Intendanten und die Direktoren bezahlt werden. Auch das ist eine gute Regelung.

Die geschlechterparitätische Besetzung von Rundfunkrat und Verwaltungsrat wird angegangen. Wenn im Rundfunkrat neue Mitglieder benannt werden, muss künftig einem Mann eine Frau und einer Frau ein Mann nachfolgen. Dieser Regelung kann man gut zustimmen.

Ich will nur einmal daran erinnern, dass wir zurzeit 23 Männer und nur sieben Frauen im Rundfunkrat haben. Von diesen sieben Frauen sind vier Frauen vom Hessischen Landtag entsandt. Damit will ich sagen, bei dem Thema Geschlechtergerechtigkeit der Besetzung gibt es bei den Verbänden durchaus noch Luft nach oben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der Abg. Judith Lannert (CDU))

Gleiches gilt für den Verwaltungsrat: sieben Männer, eine Frau. Die Frau wird von der Belegschaft in den Verwaltungsrat entsandt. Auch da gibt es genderpolitisch durchaus Luft nach oben. Das wollen wir angehen. Das ist eine gute Regelung. Wir rufen auch die Verbände auf, bei den Benennungen ihrer Mitglieder daran zu denken und dem auch Rechnung zu tragen, damit solche Gremien künftig paritätisch von Männern und Frauen besetzt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass künftig der Hessische Jugendring – das ist eine wichtige Gruppe, die im Rundfunkrat auch vertreten sein sollte – einen Sitz be

kommt, und wir haben uns darauf verständigt, dass neben den christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinde auch die große Gruppe der Muslime in Hessen einen Sitz im Rundfunkrat bekommen soll. Ich weiß, und der Kollege Schäfer-Gümbel hat es gesagt: Das ist keine leichte Regelung. Deswegen haben wir uns auch dazu entschlossen, das nicht ins Gesetz zu schreiben, sondern es durch eine Verordnung zu regeln.

Denn wir haben in der Tat ein Problem: Wen nehmen Sie? Wen wählen Sie aus? Sie haben als Vorschlag gesagt: Rotation. Wen wollen Sie rotieren lassen? Wen nehmen Sie da?

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Darüber können wir gerne diskutieren. Das ist eine schwierige Lage. Wir sollten uns dafür Zeit nehmen. Auch beim Thema Religionsunterricht in Schulen haben wir dieses Problem gehabt. Auch dort mussten wir eine Lösung finden.

Ich glaube, der leichte Vorschlag zählt da nicht. Deswegen haben wir gesagt, wir wollen das untergesetzlich regeln. Aber dafür gibt es, wie gesagt, letztendlich Anhörungen: damit wir uns alle darüber austauschen.

Der Gesetzentwurf, den CDU und GRÜNE Ihnen hier vorlegen, ist eine gute Grundlage für die Diskussion. Er greift die Kritikpunkte auf, die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF aufgestellt worden sind. Ich finde, das ist ein guter Gesetzentwurf. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Rentsch für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Frömmrich, ich bin Ihnen und Frau Kollegin Wolff dafür dankbar, dass Sie zu diesem Tagesordnungspunkt geredet haben. Seit Sie geredet haben, verstehe ich immerhin ungefähr 10 % dessen, was Sie machen wollen.

Sie haben mich schon häufiger überrascht, meistens nicht positiv, aber gelegentlich positiv. Aber wenn ich mir das parlamentarische Verfahren anschaue und vor allem daran denke, dass Besetzungsverfahren transparent und nachvollziehbar sein sollen, dann muss ich sagen, so etwas wie diesen Gesetzentwurf habe ich noch nicht erlebt.

Ich glaube, wir können gemeinsam feststellen, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht der Grund für die geplante Novellierung sein kann; denn das, was Sie mit dem Gesetzentwurf anstreben, geht deutlich darüber hinaus. Die sogenannte Drittelregelung, die die Staatsferne quasi widerspiegelt, ist nämlich bei der aktuellen Zusammensetzung des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats gewährleistet.

(Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Doch, sie ist gewährleistet. Darauf haben wir zu Recht geachtet.

Man kann natürlich sagen: Die Zusammensetzung gefällt mir gesellschaftspolitisch nicht, ich brauche noch jemanden aus dem Jugendbereich, ich brauche jemanden aus dem Gruppe derer, die geschlechtlich anders orientiert sind, und ich brauche jemanden, der einer anderen Religion angehört. – All das kann man vertreten. Ich will aber ganz allgemein formulieren: Das Spiel nach dem Motto „Wir ziehen ein Los, wen wir im Rat haben wollen“; halte ich mittlerweile für schwierig, auch angesichts der Debatte, die wir hier geführt haben.

(Beifall bei der FDP)

Wer wird Mitglied im Rundfunkrat? – Zumeist der, der sich lobbytechnisch am meisten Mühe gibt, bei einer Partei vorstellig wird und sagt – ich nehme meine Partei dabei nicht aus, wir alle können ein Lied davon singen –: „Wir müssen im Rundfunkrat vertreten sein, macht etwas, dass wir da reinkommen.“ – Meine Damen und Herren, die Einzigen, die wirklich legitimiert wären, dort Mitglied zu sein – ich weiß, wir sagen das hier im Parlament selten –, sind übrigens wir selbst, weil wir uns nämlich Wahlen unterziehen; die übrige Besetzung des Rates ist zusammengewürfelt. Wir stehen in direktem Kontakt mit dem Wähler, und der Wähler gibt ein Votum ab, das uns legitimiert. Daher sind die Einzigen, die wirklich legitimiert sind – das braucht den Menschen nicht zu gefallen –, wir Parlamentarier, die wir vorher den Kopf dafür hingehalten haben, dass wir gewählt werden. Es ist manchmal für alle Kollegen, die hier sitzen, nicht einfach, sich diesen Wahlen zu unterwerfen.

(Beifall bei der FDP)

Was die Frage angeht, die Zusammensetzung des Rats über eine Rechtsverordnung zu regeln, auf diese Weise festzuhalten, wer letztlich entsandt wird, da hat der Kollege Schäfer-Gümbel schon recht. Ich vertraue der Verwaltung und der Exekutive in diesem Land grundsätzlich schon, aber

(Heiterkeit und Zurufe)

in der Abwägung würde ich sagen: Man muss sehr vorsichtig sein. Ich habe zwar ein gewisses Vertrauen in den Staat, aber ich kenne ihn eben auch von der Seite der Exekutive her. Deshalb bin ich an vielen Stellen skeptisch.

(Große Heiterkeit)

Der Exekutive quasi einen Freifahrtschein zu erteilen, dass sie – Herr Boddenberg hat darauf hingewiesen, dass ich nicht mehr „in Hinterzimmern“ sagen darf – außerhalb des Parlaments darüber entscheiden kann, wer Vertreter im Rat wird, damit habe ich ein Problem. Es ist auch demokratietechnisch nicht gerade ein Fortschritt, was Sie in diesen Gesetzentwurf geschrieben haben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ich komme jetzt zu einem Punkt, von dem ich weiß, wenn ich in früheren Zeiten diese Rede gehalten hätte, hätten die Kollegen der Union meinen Argumenten wahrscheinlich nicht völlig ferngestanden: die geschlechterparitätische Besetzung des Rundfunkrates. Meine Damen und Herren von der CDU und den GRÜNEN, das, was Sie hier vorschlagen, kann doch nicht Ihr Ernst sein. Korrigieren Sie mich, wenn ich es falsch zusammenfasse: Wenn in einer Wahlperiode sieben der 30 Rundfunkratsmitglieder Frauen sind, dann sollen dem nächsten Rundfunkrat nur sieben Männer

angehören, und in der nächsten Wahlperiode dreht sich die Zusammensetzung wieder um – wie in einem Karussell.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, nur bei einem Wechsel! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht solltest du den Gesetzentwurf einmal lesen!)

Bei einem Wechsel? Bei einem Wechsel muss aber doch wieder andersherum besetzt werden. – Frau Kollegin Dorn, Sie beteiligen sich so aktiv an dieser Diskussion, dass man daraus schließen muss, dass Sie an dieser Regelung massiv mitgewirkt haben. Diese Idee kann doch nur von Ihnen stammen. Das hört sich doch an wie eine Besetzungsliste auf einem Parteitag der GRÜNEN.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe zuerst gedacht, das sei ein Scherz. Dann bekam der Gesetzentwurf eine Drucksachennummer; er war also nicht als Scherz gemeint.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist eine ZDF-Regelung, Herr Kollege Rentsch!)

Herr Kollege Frömmrich, ich muss Ihnen offen sagen, ich weiß nicht, ob alle in der Koalition wissen, was Sie da gerade vorgelegt haben. Ich halte das für groben Unsinn, und es wird bei der Frage einer geschlechterparitätischen Besetzung nichts nutzen, wenn wir mit solchen unsinnigen Quoten – wie ich finde – arbeiten. Aber sei es drum, Sie haben hier die Mehrheit, Sie dürfen zum Schluss entscheiden, was Sie für richtig und für falsch halten.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Eine Anmerkung zum Thema Religionsgemeinschaften. Ich denke, wir sind uns einig, dass wir bei der Frage, welche Kriterien wir der Entscheidung, welche Religionsgemeinschaft wir hinzuziehen, zugrunde legen, mit größter Sorgfalt agieren sollten. Ich sage das selbstkritisch, weil ich weiß, wie in der Frage des islamischen Religionsunterrichts agiert worden ist. Ich hoffe, dass sich die Landesregierung bewusst ist, dass sie hinsichtlich der Religionsgemeinschaften mit höchster Sensibilität agieren sollte. Das Thema ist schwierig – das weiß ich –, aber ich habe die Hoffnung, dass es mit großer Sensibilität behandelt wird.