Protocol of the Session on April 29, 2015

Also, politische Bestechung in Anführungszeichen. Das lassen wir noch einmal durchgehen, gut. – Frau Kollegin Wissler hat das Wort, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht noch etwas zu den Ausführungen meines Vorredners. Erst einmal bin ich grundsätzlich der Meinung, dass jemanden zu beteiligen und jemanden zu bestechen schon unterschiedliche Dinge sind.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Kommunen in dem Fall zu beteiligen, wäre sehr sinnvoll.

Herr Rock, Sie haben in Ihrer Rede auch sehr viel von Gerechtigkeit gesprochen. Ich stelle nur einmal fest, dass dies nicht gerade eine Kernkompetenz Ihrer Partei ist.

(Zuruf von der CDU: Das mögen Sie vielleicht so sehen! – Heiterkeit – Anhaltende Unruhe – Glocken- zeichen des Präsidenten)

Ich finde, wenn man sich anschaut, welche Energiepolitik Sie in den letzten Jahren vertreten haben, wird auch immer deutlicher, wer am Ende dafür bezahlt und wie ungerecht das eigentlich ist.

Wenn wir heute darüber reden, wer z. B. die Altlasten des jahrzehntelangen Betreibens von Atomkraftwerken irgendwann einmal bezahlen wird, wenn wir über die Fragen des Rückbaus oder der Lagerung reden, all solche Fragen – ich finde, da könnten Sie den Gerechtigkeitsdiskurs einmal aufmachen. Nicht aber bei der Frage, dass man endlich die Energiewende umsetzt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist richtig gesagt worden, dass die FDP an anderer Stelle mit Subventionen überhaupt kein Problem hat, solange sie die eigene Klientel betreffen. Deswegen ist mein Eindruck: Dieser ganze Kampf gegen Windräder, dem Sie sich in Hessen offensichtlich verschrieben haben, ist vielleicht die Suche nach einem Thema. Vor allem ist er dem geschuldet, dass Sie weiter Klientelpolitik für die großen Energiekonzerne machen. Deswegen ist das eigentlich kein Beitrag. Sie sagen es ja auch deutlich, dass Sie die Energiewende nicht wollen; Sie wollen keine weiteren Windräder im Wald haben. Das aber ist in einem waldreichen Bundesland wie Hessen schwierig, da müssten Sie einmal sagen, wohin man sie stattdessen stellen soll. Mein Eindruck ist, die FDP will die Energiewende einfach überhaupt nicht, sondern sie will an den alten konventionellen Energieträgern festhalten.

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Das soll jetzt auch genug zur FDP sein. Letztlich ist das, was Sie sagen, jetzt auch nicht so besonders maßgeblich für die Entscheidungen in diesem Hause.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht um die Frage, wie wir den Ausbau der Windkraft voranbringen können, und es geht auch um die Frage, wie wir gesellschaftliche Akzeptanz dafür herstellen können. Da ist gerade auf der rechten Seite des Hauses gern die Rede davon, dass beim Ausbau der Windkraft mangelnde Akzeptanz bestehe.

Wir haben in diesem Hause mehrfach durchaus auch gemeinsam festgestellt, wer Beeinträchtigungen durch die Errichtung von Windrädern hat, der soll eben auch den Nut

zen haben. Deswegen halte ich es schon für sinnvoll, zu diskutieren und auch Schritte in die Richtung zu unternehmen, wie man Kommunen an den Pachteinnahmen von Hessen-Forst beteiligen kann, damit eben die Menschen vor Ort einen Nutzen davon haben und über die Einnahmen der Kommunen daran beteiligt werden.

Ich glaube, dass dies in der Tat dazu führen kann, die Akzeptanz zu erhöhen. Wenn man das will – und in der Frage, dass man das will, war sich der Energiegipfel einigermaßen einig –, ist es wohl auch so, dass man die Landeshaushaltsordnung ändern muss. Zumindest ist dies die Auskunft der Landesregierung gewesen, dass man hierzu die Landeshaushaltsordnung ändern müsste, und das haben die GRÜNEN im Jahr 2013 auch so gesehen, als sie damals den Gesetzentwurf selbst eingebracht haben. Daher müsste es hier doch mit Ausnahme der FDP eine relativ breite Mehrheit dafür geben, wenn man dies so möchte.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich will noch hinzufügen, dass wir schon damals bei der Lesung des Gesetzentwurfs darauf hingewiesen haben, dass wir grundsätzlich der Meinung sind, dass die Energiewende mehr ist als der Austausch von Energieträgern, nämlich dass es auch darum geht, die Eigentumsstrukturen in der Energiewirtschaft zu verändern, dass es um eine Demokratisierung geht. Deswegen ist es für uns eine wichtige Frage, wie wir es schaffen, dass generell auch mehr Kommunen insbesondere in den Bereich der Energieerzeugung einsteigen,

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

wie wir es schaffen, dass es gerade im Bereich der Windkraft mehr Erzeugung in Bürgerhand und kommunaler Hand gibt.

Deswegen hatten wir gesagt, dass es notwendig und sinnvoll wäre, dass Hessen-Forst den Kommunen geeignete Flächen pachtfrei überlässt. Aber ich denke, dass die Beteiligung an den Pachteinnahmen auf jeden Fall ein Schritt ist, der die Dinge nach vorne bringen und vor allem die Akzeptanz vor Ort steigern könnte. Deswegen stehen wir dem Gesetzentwurf grundsätzlich positiv gegenüber.

Wie gesagt, wir haben an der einen oder anderen Stelle ein paar andere Ansätze, aber wir sollten gemeinsam diskutieren, wie wir mit dem Ausbau der Windkraft in Hessen vorankommen und wie wir das so gestalten können, dass am Ende das Geld in den Kommunen landet, dass man die Energieerzeugung demokratisiert und eine Dezentralisierung von Eigentumsstrukturen hinbekommt.

Wir sind gespannt auf die Anhörung und finden es erst einmal sinnvoll, dass der Gesetzentwurf so, wie er ist, eingebracht wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Priska Hinz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir uns im Ziel weitestgehend im Hessischen Landtag einig sind, dass wir nämlich die Kommunen in unterschiedlicher Art und Weise an den Errungenschaften der Windenergie beteiligen wollen. Wir haben das im Koalitionsvertrag ausdrücklich so festgehalten, auch im Hinblick auf die Pachteinnahmen.

Wir haben auch heute schon Regelungen, die es den Kommunen möglich machen, von der Windenergie zu profitieren. Wir haben einerseits – das hat die Abg. Dorn schon erwähnt – die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen auch im Energiesektor möglich gemacht durch die Änderung der HGO. Wir haben im letzten Jahr im Umweltministerium entschieden, dass Hessen-Forst bei der Vergabe von Pachtflächen an Interessenten die Aspekte regionale Wertschöpfung und Beteiligung besonders gewichten muss, d. h. dass die Wertschöpfung in der Region bleiben soll und damit Energiegenossenschaften, Stadtwerke, Beteiligungen von Kommunen als Investoren besonders gewichtet werden. Ich glaube, das ist jetzt schon ein Erfolg.

Per Erlass – das ist der sogenannte Weinmeister-Erlass – wurde noch 2013 geregelt, dass Ausgleichszahlungen im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen direkt anliegenden Kommunen für naturschutzrechtliche Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden sollen. Es ist auch so, dass inzwischen die Fristen für die Einleitung der Maßnahmen und das Abrufen der Gelder sehr großzügig gehandhabt werden, damit die Kommunen nicht das Nachsehen haben, sondern profitieren.

Wir haben des Weiteren im Haushaltsplan 2015 – das haben wir in der kursorischen Lesung im Umweltministerium ausgiebig beraten – ein neues Förderprodukt Klimaschutz eingebracht. Dafür haben wir jetzt 1 Million € im Haushalt stehen: für Kommunen, die in der Nachbarschaft von Windkraftanlagen liegen und davon betroffen sind. Es sollen zielführend konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Klimaschutzes finanziert werden. Ich halte das für einen ersten pragmatischen Ansatz, der gut für die Kommunen ist und von dem die Kommunen noch in diesem Jahr profitieren können.

Jetzt komme ich zu dem etwas schwierigeren Punkt: der direkten Beteiligung der Kommunen an den Pachteinnahmen. Wir sind in dieser Frage noch in der Prüfung, wie wir das am besten gestalten, weil es rechtssicher sein muss.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Nein, das ist nicht klar, weil es nicht nur haushaltsrechtliche Fragen sind, sondern auch wettbewerbsrechtliche Fragen.

(Timon Gremmels (SPD): In Rheinland-Pfalz funktioniert es! Wer regiert denn da?)

Rheinland-Pfalz hat eine völlig andere Struktur, wie Sie wissen. Dort sind Kommunen zusammengeschlossen, und innerhalb dieser Kommunen werden Pachteinnahmen verteilt. Das müsste bei uns auf Landkreisebene passieren. Ich komme gleich noch auf die Frage zu sprechen, wie viel zur Verfügung stünde. Wir müssten das auf Landkreisebene machen. Ich gebe zu bedenken, ob das eigentlich sinnvoll ist.

Ich komme jetzt zu den wettbewerbsrechtlichen Fragen. Wir haben festgelegt, dass am besten kommunale Energiegenossenschaften Vorhabenträger sein sollen oder können, dass sie höher gewichtet werden sollen. Die könnten künftig im Bieterverfahren dem Verpächter Hessen-Forst gleich ein höheres Angebot machen, weil sie das einrechnen könnten, was sie über Pachteinnahmen wieder zurückbekommen. Das wäre tatsächlich Wettbewerbsverzerrung.

(Timon Gremmels (SPD): In Rheinland-Pfalz nicht?)

Deswegen prüfen wir das genau, um eine gangbare Lösung zu finden; denn wir wollen, dass die Kommunen zusätzlich profitieren, auch über die Pachteinnahmen. Aber wir versuchen, das unterhalb der Neuregelung der LHO zu machen, weil die LHO der schwierigere Weg ist, weil er haushaltsrechtliche Regelungen notwendig machen würde.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Timon Gremmels und Norbert Schmitt (SPD) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir als Landesregierung wollen Kommunen nicht bestechen. Ich halte das für einen völlig abwegigen Vorwurf. Wir alle möchten, dass der Gewinn von sauberer Energie den Kommunen zur Verfügung gestellt wird, dass sie daran partizipieren. Ich gebe aber auch zu bedenken, dass wir die Erwartungshaltung nicht zu hoch schrauben sollten. Wenn man sich überlegt, dass eine Windkraftanlage in der heutigen Zeit in der Regel mit 2,3 MW gebaut wird, dann bedeutet das, dass Hessen-Forst etwa 30.000 € Pacht erhält. Wenn man 20 % davon in die Kommunen zurückgibt

(Timon Gremmels (SPD): 30!)

in Rheinland-Pfalz sind es 10 bis 30 % –, sind das 7.500 € jährlich. Von daher muss man sagen,

(Timon Gremmels (SPD): Ihr Förderprogramm ist viel weniger! Ihre 1 Million € sind viel weniger!)

dass dies ein mögliches Instrument ist, um die Akzeptanz zu fördern. Man darf aber keine Erwartungshaltung schüren, dass damit finanzielle Probleme der Kommunen in irgendeiner Form gelöst wären.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ti- mon Gremmels (SPD): Das hat niemand gesagt!)

Von daher ist das ein Mosaikstein, den wir zusätzlich zu allen anderen in die Waagschale werfen. Wir werden bei diesem fünften Baustein, den wir verfolgen, weil er in unserer Koalitionsvereinbarung steht, auch noch in diesem Jahr zu einer Lösung kommen, damit wir auf jeden Fall eine rechtlich saubere Lösung haben, die der Mehrheit hier im Hause entspricht. Denn in der Zielsetzung, die Sie alle formuliert haben, sind wir uns weitestgehend einig – außer der Fraktion, die sagt: „Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose, am liebsten aus Braunkohle, aus Fracking, und Umwelt ist uns egal.“ Das ist jedenfalls nicht die Haltung der Landesregierung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Die Debatte ist damit beendet.

Der Landtag überweist den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Haushaltsausschuss, federführend, und den Wirtschaftsausschuss, mitberatend. So war es verabredet. – Das ist so. Dann ist auch dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

Dann weise ich Sie noch auf das partizipatorische Kunstprojekt von Jens Lay „POLITIK MACHT KUNST“ hin. In der Plenarwoche vom 23.06. bis zum 25.06.2015 findet in der Ausstellungshalle des Landtags die Präsentation des Kunstprojekts statt. Dazu benötigt er die Mitwirkung der Abgeordneten, der Mitglieder der Landesregierung, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtags. Ich glaube, das haben Sie auch schon schriftlich bekommen.

Sie sollen dafür Digitalkameras, Handys, Smartphones usw. verwenden, also all das Zeug, das es heute gibt. Bitte schicken Sie das dann an die E-Mail-Adresse des Herrn Lay. Die technische Qualität soll gut sein usw. Wenn viele mitmachen, wird es interessant. Dann bekommt auch jeder ein Exemplar. Der Überschuss wird an eine hessische Institution, die sich der kulturellen Bildung widmet, gespendet werden.