Viel interessanter ist doch, welche politischen Verrenkungen hier sonst so durchblitzen, vor allem bei der FDP. Plötzlich fordert die FDP den Respekt vor den Bürgerprotesten ein, den zu diskreditieren sie seit Jahren keine Gelegenheit ausgelassen hat.
(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings!)
Wann haben Sie gesagt, jemand kneift vor den Autobahnausbau-Kritikern? Wo war Ihr Herz für den Wald in Kelsterbach, als es um den Flughafenausbau ging? Herr Rock, warum haben Sie sich nicht schon dort den Bürgerprotesten angeschlossen?
Herr Rentsch, ich kann mich noch sehr gut an die FDPBeiträge hier im Landtag erinnern, nachdem wir im Jahr 2008 im Protestcamp im Kelsterbacher Wald eine Gartenhütte aufgestellt hatten. Sogar eine Regierungserklärung wurde seinerzeit dazu abgegeben. Weltweit war das bestimmt die einzige Regierungserklärung, die jemals zu einer Gartenhütte von 2 m mal 2 m abgegeben wurde.
Meine Damen und Herren, es ist doch offensichtlich: In der heutigen Debatte geht es der FDP gar nicht um den Schutz des Waldes, sondern um ein verzweifeltes Festhalten an einer Energiepolitik von gestern und dem Modell der großen Energiekonzerne, deren Profitinteressen die FDP hier immer vertreten hat.
Meine Damen und Herren, immerhin: Es ist schon ein Fortschritt, dass selbst die FDP angesichts der Umsetzung einer Energiewende so viel über die gesellschaftliche Akzeptanz spricht, während das über Jahrzehnte bei den atomaren und fossilen Energien nicht auf ihrer Tagesordnung stand.
nur weil Ihnen beides nicht wichtig ist. Versuche seitens der Energieriesen und der FDP, Naturschutz und Energiewende gegeneinander auszuspielen, sollten wir richtigstellen und mit Energie abwehren.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir den vergangenen Sonntag unter dem Aspekt betrachten, wie viele der Menschen in Freiensteinau gegen die Windenergie und wie viele für die Windenergie unterwegs waren, dann kommen wir auf ein Verhältnis von ca. 25 % zu 75 %. Rund 1.500 Menschen sind nach Freiensteinau gekommen und haben an der Einweihung teilgenommen. Sie haben sich mit der Windenergie von der positiven Seite her beschäftigt; vielleicht 500 Menschen waren gegen die Windenergie. Also: eine deutliche Mehrheit für die Windenergie, auch bei uns in Hessen, eine deutlichere Mehrheit als z. B. bei der Abstimmung über die Schuldenbremse.
Trotzdem behauptet die FDP in ihrem Antrag, dass unser grüner Wirtschaftsminister Bürgerproteste ignoriere. Kolleginnen und Kollegen, 25 % sind in einer Demokratie eine deutliche Minderheit. Da ist es richtig, dass sich der Minis
Es käme der FDP sicherlich entgegen, wenn man mit 5 % eine Mehrheit hätte. In der Demokratie hat man aber mit 5 % keine Mehrheit; da läuft man unter jwd weit hinten.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. René Rock und Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Was hätte die FDP als Thema für eine Aktuelle Stunde beantragt, wenn sich Herr Staatsminister Al-Wazir bei der Einweihung eines Straßenbauprojektes mit den Demonstranten gegen die Straße und nicht mit der Einweihung der Straße beschäftigt hätte? Was hätten wir dann heute zu hören bekommen? Wir hätten gehört: Er ignoriert die Bürgermehrheit. – Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, mir gefällt es, wenn Staatsminister Al-Wazir unterwegs ist, wenn er kraftvoll Hand anlegt, ob es nun um Bahnlinien, Straßen oder um Windräder in Hessen geht.
Verlassen wir diese Mehrheit-Minderheit-Betrachtung. Wir haben es schon gehört: Der Freiensteinauer Investor hat ein Ordnungswidrigkeitenverfahren am Hals, weil er deutlich mehr Flächen gerodet hat, als genehmigt worden sind. Herr Al-Wazir hat ein deutliches Zeichen gesetzt, dass er ein solches Verhalten missbilligt – wie es im Übrigen auch der Regierungspräsident und der Landrat getan haben. Ein grün-schwarz-rotes Bündnis hat also gemeinsam ein Zeichen gegen die unbefugten Maßnahmen gesetzt, die dort vorgenommen worden sind. Die einzige Partei, die vertreten war, war die FDP; sie stand allerdings auf der falschen Seite.
Herr Wagner hat es deutlich ausgeführt: Man sollte sich einmal überlegen, wie sich die FDP bis vor einem Jahr positioniert hat und wo sie jetzt steht.
Ich finde es immer wieder prächtig, dass die FDP jetzt den Schutz des Waldes zum Ziel erkoren hat. Wenn man über Schutzzonen, über bedrohte Arten nachdenkt: Vielleicht müssen wir irgendwann einmal ein Reservat für die gelbe Partei einrichten.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, unser Minister Al-Wazir kneift nicht vor Diskussionen. Das hat er oft genug, bei Demonstrationen gegen Straßen und bei vielen anderen Gelegenheiten bewiesen. Er besteht diese Diskussionen mit Erfolg. Er braucht nicht zu kneifen, und er kneift nicht – anders, als es Herr Rentsch als Minister im letzten Jahr im Kreis Bergstraße getan hat, als er Windkraftgegner besucht hat. Er hat sich vor der Deponie fotografieren lassen, auf die ein Windrad gebaut werden sollte, beantragt von unserem ZAKB im Rahmen der energiepolitischen Maßnahmen, die von diesem betrieben werden. Er hatte nicht den Mut, sich mit denen zu unterhalten, die die Anlage bauen. Das nenne ich kneifen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Heute haben wir einen Antrag der SPD-Fraktion und einen Änderungsantrag von CDU/GRÜNEN vorliegen. Es ist schwierig, zum Antrag der SPD-Fraktion Stellung zu nehmen, denn er ist noch nicht begründet worden. Es bleibt aber dazu relativ wenig zu sagen. Herr Gremmels, ich habe in der „HNA“ gelesen, dass auch Sie gegen Windparks sind. Sie haben Herrn Minister Al-Wazir sogar gebeten, den Bau eines Windparks zu stoppen. Ich bin gespannt, wie die Entwicklung weitergeht.
denn er ist abgeschrieben aus unserem Koalitionspapier. Wer aus unserem Koalitionspapier abschreibt, der ist klug und weise.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Ti- mon Gremmels (SPD))
Das empfehle ich Ihnen nicht nur in der Frage der Windenergie, sondern bei allen politischen Szenarien. Nehmen Sie erst einmal die Koalitionsvereinbarung von CDU und GRÜNEN zur Hand, schreiben Sie Ihre Anträge daraus ab, und dann behandeln wir Ihre Anträge hier im Landtag. Das wäre die beste Politik, die Sie für Hessen machen könnten. Ich empfehle Ihnen, genau so weiterzuarbeiten, wie Sie es in diesem Fall getan haben.
Wir werden Ihrem Antrag natürlich zustimmen. Wir fügen mit unserem Änderungsantrag aber den Satz an, dass wir uns darüber freuen, dass die SPD den Koalitionsvertrag von Schwarz und Grün so gut findet, dass sie ihre Anträge dort abschreibt. – Wir werden beiden Anträgen zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Um eines für die SPD-Fraktion gleich zu Beginn unmissverständlich klarzustellen: Wenn für einen Windpark mehr Wald gerodet wird als genehmigt, wie in Freiensteinau geschehen, so muss das rechtliche Konsequenzen haben. Das ist völlig unstrittig.
Das, was dort geschehen ist, ist mehr als ärgerlich, denn es ist vor allem Wasser auf die Mühlen der Windkraftgegner. Insofern dürften Investoren an solchen Vorkommnissen kein Interesse haben.
Dass in einem solchen Fall der Minister, der Regierungspräsident und der Landrat an der offiziellen Einweihung nicht teilnehmen, ist nur konsequent. Ich möchte nicht wissen, was die FDP-Fraktion hier veranstaltet hätte, wären
die drei der Einladung des Windkraftanlagenbetreibers gefolgt. Dann hätten Sie ebenfalls eine Aktuelle Stunde beantragt.
Was aber nicht geht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ist, aus der Tatsache, dass zu viel Wald für Windkraft gerodet wurde, ein grundsätzliches Argument gegen die Windkraft zu schmieden. Das wäre ungefähr so, als würde man, wenn für eine Autobahn oder einen Flughafen zu viel Wald gerodet worden wäre, grundsätzlich Autobahnen und Flughäfen infrage stellen.