Protocol of the Session on September 12, 2018

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen auch kein bürokratisches Monster. Wie werden 60 Millionen € verteilt? – Wir kommen auf 60 Millionen €, weil der Innenminister auf parlamentarische Nachfrage mitgeteilt hat, dass die Kommunen durch die Erhebung von Anwohnerbeiträgen 36 oder 37 Millionen € in den Jahren 2016/2017 eingenommen haben. Das war ohne die Städte Frankfurt und Wiesbaden; das sind große Städte. Damit kommen wir auf die 60 Millionen €.

Wie wird das finanziert? – Herr Frömmrich hat auf meinen Zwischenruf, wie die angekündigten zusätzlichen Polizeistellen finanziert werden, gesagt: aus Haushaltsmitteln. Auch aus Haushaltsmitteln wollen wir die 60 Millionen € finanzieren. Das ist genauso seriös, wie Sie mit dem Geld umgehen.

(Beifall bei der SPD – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben die Haushalte beschlossen! Sie haben sie abgelehnt! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, diese 60 Millionen € sind haushalterisch darstellbar.

Beim Thema Straßenausbaubeiträge brennt vielen Bürgerinnen und Bürgern nach wie vor die Hütte. Thorsten Schäfer-Gümbel war im Rahmen der Sommertour an verschiedenen Orten. Überall war es der gleiche Tenor: Wir fühlen uns ungerecht behandelt. An einer Gemeindestraße muss ich etwas bezahlen, teilweise fünfstellige Beträge – wir haben Exzesse, wo es um sechsstellige Beträge, weit über 100.000 €, geht –, während 100 m weiter jemand an einer übergeordneten Straße nichts zahlen muss. – Das schafft Verdruss vor Ort. Der Verwaltungsaufwand ist groß. Das ist ein Konjunkturprogramm für Steuerberatungsbüros und Ähnliches.

Meine Damen und Herren, wenn die Kommunen ordentlich finanziell ausgestattet sind, brauchen sie solche Beiträge nicht zu erheben. Oft ist das nicht der Fall. Deswegen ist dieser Gesetzentwurf der SPD nach wie vor aktuell und richtig. Mal sehen, wie Sie mit dem Thema umgehen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass sie darauf eine Antwort bekommen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich deswegen am Schluss den stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP, Herrn Kubicki, aus einem Zeitungsinterview zitieren. Ein großes Thema im Kreis Bad Hersfeld-Rotenburg sind die Straßenbeiträge. Kubicki sagt:

Sofort abschaffen. Das ist das Ungerechteste, was es überhaupt gibt. … Egal, ob das wiederkehrende Beiträge sind oder nicht …

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Straßenausbaubeiträge – einmalig oder wiederkehrend – gehören abgeschafft. Ich finde, wo Herr Kubicki recht hat, hat er recht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Rudolph.

Meine Damen und Herren Besucher auf der Tribüne, ich darf Sie darauf hinweisen, dass es nicht zulässig ist, Beifalls- oder Missfallenskundgebungen zu geben. Deshalb bitte ich Sie ganz herzlich, sich an die Ordnung hier im Hause zu halten.

(Norbert Kartmann (CDU): Deshalb hat er sie eingeladen!)

Jetzt hat Herr Kollege Dr. Jörg-Uwe Hahn, FDP-Fraktion, das Wort.

Das war ein Eigentor, mein lieber Herr Rudolph. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will gleich das Rätsel auflösen, von dem der Kollege Rudolph hier meinte, es in einen Torschuss verwandeln zu können. Ich habe mit Kubicki darüber gesprochen. – Kubicki hat die örtlichen Entscheider gemeint, z. B. die Sozialdemokraten vor Ort, die in der einen oder anderen Kommune in Hessen verhindern,

(Manfred Pentz (CDU): Aha!)

dass von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird, die wir mit dieser Koalition zusammen aufgebaut haben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, man merkt es ja an dem Stil des Vortrags.

(Manfred Pentz (CDU): Ja!)

Wir kennen uns nun schon ein paar Wochen. Deshalb bin ich dem Kollegen überhaupt nicht böse. Aber man merkt an Ihrem Vortrag deutlich – ich komme nachher noch zum Kreistag Gießen; Sie können schon einmal googeln, was da passiert ist –: Es geht ausschließlich um Populismus, und es geht ausschließlich um scheinheiligen Populismus.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb habe ich auch großes Verständnis dafür, dass der Spitzenkandidat eben geflüchtet ist. Er hat das Thema zwar der SPD verordnet, möchte damit aber eigentlich nichts zu tun haben.

(Manfred Pentz (CDU): Genau!)

Deshalb ist er ja bei der Debatte eben fluchtartig herausgegangen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum sage ich „scheinheilig“?

(Beifall des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Erstens. Ich sage „scheinheilig“; denn bis zu der Debatte, die im letzten Jahr hier begonnen hat, waren die Sozialdemokraten immer für Straßenbeiträge in Hessen, und zwar zwanghaft.

(Jürgen Lenders (FDP): Ja!)

Es gab von ihnen keinen eigenen Beitrag. Als wir aus der Kannvorschrift eine Sollvorschrift gemacht haben – im Nachhinein war das nicht richtig; das nennt man auf Neudeutsch auch Fehler –, hat kein einziger Genosse der Sozialdemokraten damals gesagt: Das ist unerhört, ganz abschaffen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielmehr haben sie, als sie bemerkt haben, dass es jetzt eine Einigung zwischen den Schwarzen und Grünen gibt – – Die Vermittlungsprovision hat die FDP zwar nicht bekommen, aber wir haben hier jedenfalls zusammen ein Gesetz verabschiedet.

(Norbert Kartmann (CDU): Unbar!)

Sie ist unbar ausbezahlt worden? Okay, lieber Kollege Norbert Kartmann.

Sie haben gemerkt: Das Thema ist weg. Jetzt müssen sie noch einmal einen draufsetzen. – Also: Verhalten der SPD vorher, Verhalten der SPD vor Ort – das ist mein zweites Beispiel. Ich kenne eine Reihe von Kommunen, in denen die FDP beantragt hat, dass es eine Abschaffung der Straßenbeitragssatzung gibt, und wo die sozialdemokratischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder auch die sozialdemokratischen Fraktionen nicht wirklich dabei sind, dies zu tun,

(Manfred Pentz (CDU): Hört, hört, Herr Rudolph!)

weil sie meinen, es wäre nicht okay für ihre Kasse.

Die dritte Bemerkung ob der Scheinheiligkeit betrifft das Verhalten der Sozialdemokraten in den Bundesländern.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich gebe zu: reiner Zufall. Kollege Lenders schiebt mir gestern die aktuelle Ausgabe von „Haus & Grund“, Frankfurt am Main, zu. Er wollte mir eigentlich nur zeigen, was er darin für ein Superinterview gegeben hat. Lieber Jürgen, das Interview war auch wirklich super.

(Beifall des Abg. René Rock (FDP) – Zuruf von der SPD: Das glaube ich nicht!)

Eine Seite weiter, auf Seite 10, war eine Aufstellung der Straßenausbaubeiträge bundesweit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fange einmal positiv für die Sozialdemokratie an: In Berlin gibt es das nicht. Ja, in Brandenburg gibt es das zwar, aber das Land bezahlt. Ja, in Hamburg gibt es das nicht. – Das war die gute Seite.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Und in BadenWürttemberg?)

Jetzt kommt die nicht ganz so gute Seite. Es gibt in Niedersachsen – – Ja, Sie haben recht: In Baden-Württemberg sind die Sozialdemokraten nicht dabei.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie waren aber dabei!)

Nein, Sie haben die Logik nicht verstanden. Ich habe eben Länder aufgezählt, in denen die Sozialdemokraten in der Regierung sind.

Jetzt geht es weiter. Es gibt das Land Niedersachsen, es gibt das Land Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen – und fertig. Diese vier Bundesländer erheben Straßenbeiträge und machen genau dasselbe wie wir. Sie stellen es den Kommunen frei, ob sie sie erheben wollen oder nicht – Zufall, Zufall, Zufall.

Jetzt kommen Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Da gibt es Straßenbeiträge, aber es gibt da kein Wahlrecht. Dort müssen die Kommunen die Straßenbeiträge erheben, ob sie wollen oder nicht. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, schöne Grüße an Frau Schwesig, die sich sonst immer als die soziale Versteherin in diesem Lande gibt.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Haben Sie ein Problem damit, dass ich Ihnen einmal aufzeige, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen vor Ort argumentieren?